Der Bundestag tagt bei Nacht und Nebel zur Berlin-Wahl und Asylgesetzgebung

Die Aufarbeitung der Berlin-Wahl findet im Bundestag um 22:25 Uhr am Donnerstagabend statt, die „Beschleunigung von Asylverfahren“ wird um 0:40 Uhr thematisiert. So soll wohl die Öffentlichkeit von diesen beunruhigenden Angelegenheiten unbehelligt bleiben.

IMAGO / Panthermedia

Man könnte es für eine alte Weisheit im Parlamentsbetrieb halten: Sag mir, zu welcher Uhrzeit du ein Thema auf die Tagesordnung des Bundestags setzt, und ich sage dir, was du damit erreichen willst. Aus vier Jahren Bundestagszeit könnte man vieler solcher Anekdoten erzählen. Etwa die merkwürdigen Zufälle, wenn besonders heiße Reformen nicht nur im Eiltempo durchgezogen werden, sondern dazu Texte im Umfang von mehr als Hundert Seiten eigentlich nicht nur überflogen, sondern auch verstanden werden müssten.

Berlin-Wahl
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Zu diesen Anekdoten gehören auch die kuriosen Tagungszeiten des deutschen Parlaments. Eigentlich hatte man nach dem Kollaps eines Abgeordneten in der letzten Legislaturperiode Besserung gelobt. Die Themen sollten mehr gestreut werden, ab einem bestimmten Punkt gar keine Sitzungen mehr stattfinden. Die Entschlackung bewerkstelligte man auch dadurch, dass Tagesordnungspunkte auch auf den Mittwoch gelegt wurden – zuungunsten der Fragestundenzeit.

Dennoch: Die Abarbeitung von Tagesordnungspunkten hat symbolischen wie praktischen Wert. Spätestens ab dem Abend leert sich das Plenum. Die besten Sitzungszeiten sind daher am Morgen. Was nach 18 oder gar 20 Uhr passiert, interessiert häufig nur noch die Hartgesottenen. Die Öffentlichkeit schaltet sowieso nur ein, wenn es eine Generaldebatte oder ein besonders reizvolles Thema am Morgen gibt.

Und darin liegt der Knackpunkt: Morgendebatten sind noch die einzigen Debatten, die öffentliches Interesse wecken. Dass spätabends ein Vorschlag der Opposition zu einem politischen Nebenschauplatz abgehandelt wird, dürfte keinen Aufschrei verursachen. Wie aber liegt die Sache, wenn ein wichtiger Themenpunkt wie die Entscheidung zur Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin spätabends eingeordnet wird?

Genau das ist passiert. Gemäß Tagesordnungsplan kamen die Abgeordneten am Donnerstag um 22:25 Uhr zusammen, um über den Zusatzpunkt 16 „Einsprüche anlässlich der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag“ zu debattieren. Es handelte sich um eine namentliche Abstammung, das heißt, die Namen jedes einzelnen Abgeordneten sind bekannt, wie sie abgestimmt haben.

Entwurf zur Beschleunigung des Verfahrens
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Zur Ehrenrettung: Trotz der vorangeschrittenen Stunde war das Plenum ungewöhnlich gut gefüllt. Nur 79 Abgeordnete fehlten; prozentual am häufigsten fehlten Mitglieder der Fraktion der Linkspartei, die sich ansonsten enthielt. AfD und CDU/CSU lehnten den Vorschlag geschlossen ab, da dieser keine Gesamtwiederholung der Berliner Bundestagswahl vorsieht, sondern nur in 400 Wahllokalen. Bei den Ampelparteien gab es je zwei Enthaltungen bei SPD und Grünen, die FDP stimmte vollständig für den Beschluss (wobei 8 FDPler der Abstimmung fernblieben, darunter Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki).

Es ist demnach vielsagend, wie der Bundestag das Thema nicht nur im Wahlprüfungsausschuss, sondern auch im Plenum selbst behandelte. Offenbar haben einige immer noch nicht verstanden, dass es beim Thema Wahlchaos in Berlin längst nicht mehr um Protokolle und Öffnungszeiten, sondern den Vertrauensverlust in demokratische Prozesse geht – und dass zuletzt „immer etwas hängen bleibt“. Dessen war man sich höchstens aufseiten der Opposition bewusst.

Nicht nur die Berlin-Wahl stand aber gestern im Zeichen nächtlicher Umtriebe. Auch die erste Beratung zur „Beschleunigung von Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren“ fand bei Nacht und Nebel statt – nämlich um 0:40 Uhr. Freilich handelt es sich dabei noch nicht um die Abstimmung. Aber die Ampel-Regierung zeigt deutlich, wie sie Themen wertet und wo sie diese einordnet.

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Kommentare ( 28 )

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Paul Brusselmans
2 Jahre her

Ich kann nur jedem empfehlen, von der Laien anzuschreiben, auf die mangelnde Rechtstaatlichkeit hinzuweisen und ein Rechtsstaatsverfahren einzuleiten. Stichworte: Berlinwahl, BVerfG, Wahlwiederholung Thüringen, AfD-Bashing. Ist die Antwort unbefriedigend, geht es zur Ombudsfrau. co Kabinettchef bjoern.seibert@ec.europa.eu https://www.ombudsman.europa.eu/de/home https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/new-push-european-democracy/european-democracy-action-plan_de „In einer gesunden und lebendigen Demokratie können die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung frei äußern, ihre politische Vertretung wählen und über ihre Zukunft mitentscheiden. Die Demokratie in der EU steht vor großen Herausforderungen wie zunehmendem Extremismus, Einmischung bei Wahlen, Verbreitung manipulativer Informationen oder Drohungen gegen Journalistinnen und Journalisten. Die Bürgerinnen und Bürger sollten in der Lage sein, Wahlentscheidungen in einem öffentlichen Raum zu… Mehr

martschy
2 Jahre her
Antworten an  Paul Brusselmans

Ich kann nur jedem empfehlen, von der Laien anzuschreiben, auf die mangelnde Rechtstaatlichkeit hinzuweisen also ich kann mir nicht helfen aber von der leyen ist wohl die letzte die mir bei den stichwörtern einfallen würde. derzeit wird die offenlegung ihrer handydaten im zusammenhang mit den völlig intransparenten „impfstoff“ milliarden verträgen gefordert. das mit den handydaten kennen wir doch bereits von ihrem bundeswehr korruptions / vetternwirtschaftsskandal. und anstatt dass diese person für immer von der politischen bühne verbannt wird wurde sie auch noch an die wichtigste stelle der eu gehoben. genau aus solchen gründen stößt das eu gebilde ja auch immer… Mehr

Paul Brusselmans
2 Jahre her
Antworten an  martschy

korrekt – aber die Europäische Kommission muss antworten, tut sie das nicht, geht es an die Ombudsfrau. Besser als nichts, hartnäckig nachbohren.

Richard28
2 Jahre her

Gerade eben lese ich, dass in USA der Senat weiter in den Händen der „Demokraten „ ist.
Eine von mir erhoffte Änderung der deutschen Verhältnisse durch ein Durchsetzen der Republikaner ist damit erledigt.
Die politische Änderung findet nicht statt.
Ob nun dem deutschen Volke über dem Bundestagsgebäude steht oder der deutschen Bevölkerung?
Ist den bequemen Deutschen egal !
Mir jetzt auch !

Brauer
2 Jahre her

Die FDP ist der Sargnagel für Deutschland und ich behaupte, Merkel zieht im Hintergrund noch immer die Fäden.

flo
2 Jahre her

Ernsthaft? Der Bundestag tagt in tiefer Dunkelheit, von 13.00 Uhr bis 01.40 Uhr. Aber auch viele Entscheidungen, die tagsüber fallen, dürften vom Normalbürger kaum zur Kenntnis genommen werden. Wer die Kurzmeldungen (hib) im Pressebereich überfliegt, erfährt immerhin, für was alles Geld ausgegeben wird und was alles thematisiert bzw. verändert wird. So z.B. unter der Überschrift Extremistisches Personenpotential im Jahr 2021, Globalzuschüsse an 6 parteinahe Stiftungen (steigen auf 148 Millionen Euro) oder Mehr Geld für Integrationskurse und Resettlement in 2023 („Ein deutliches Plus haben die Haushaltsberatungen für den Posten ‚Resettlement und Leistungen im Rahmen der humanitären Aufnahme‘ erbracht. Statt wie geplant… Mehr

Holsteiner Jung
2 Jahre her

“ die FDP stimmte vollständig für den Beschluss (wobei 8 FDPler der Abstimmung fernblieben, darunter Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki). “
Kubicki ist der lauteste Krakeeler der FDP, wenn er evtl. mal etwas bewirken
könnte, glänzt er durch Abwesenheit. Passiert ja ziemlich regelmäßig. Hatte wohl
einen wichtigeren Termin mit Mandant/Mandanten seiner Kanzlei, oder so.

JuergenR
2 Jahre her

Seit Merkel sind wir in Deutschland bei einer Demokratiesimulation angekommen. Wer das noch nicht gemerkt hat, dem ist nicht mehr zu helfen.

Protestwaehler
2 Jahre her

SKANDAL… Thüringer Landtag stimmt mehrheitlich gegen Gendersprache. Unverzeihlich, das muss umgehend rückgängig gemacht werden. Sicher laufen schon die ersten Parteiausschlussverfahren gegen die CDU Vertreter die hier gemeinsam mit den Unberührbaren gestimmt haben hahaha….

Lotus
2 Jahre her

Demokratie ist dann, wenn Linksgrüne und ihre medialen Büchsenspanner sagen, dass es demokratisch ist.

Die Haltungsjournos würden das deutsche „Demokratie“-Modell ja am liebsten ganz schnell nach Polen und Ungarn exportieren. So vorbildlich! Der politisch-mediale Komplex findet es unerträglich, dass in einer zunehmenden Zahl von Ländern nicht so gewählt wird, wie er (und die EU) es will.

Peter Pascht
2 Jahre her

Gemäß Urteilen des Bundesverfassunsgerichts dürfen Regierungsgewalt und Jutiz nach eigener Willkür schalten und walten wie sie wollen.
Durch Urteile und Beschlüsse des Bundesverfassungserichts in eigener Selbstherrlichkeit hat der deutsche Rechtstaat schon längst aufgehört zu existieren.
Ein Bundesverfassungsgericht das nur noch eine Schande für den Rechtstaat ist, das sich allein auf seine formale Macht beruft immer Recht zu haben.
„Wir haben diktatorisch Recht weil wir Recht haben“
Unrecht wird aber nicht zu Recht nur weil eine Diktatur es zu Recht erklärt.

Last edited 2 Jahre her by Peter Pascht
Peter Pascht
2 Jahre her

Teilweise rechtlich richtig, gibt es lt. Grundgsetz und Bundeswahlgesetz bei Wahlen nicht !!! So wie es „teilweise rechtlich richtig“ überhaupt nicht gibt, denn Gesetz ist Gesetzespflicht vollumfänglich. Ob die Bundestgaswahlen rechtmäßig gültig waren, hat der Bundestag durch Beschluss festgestellt. Diese Entscheidung ist lt. Grundgsetz zu jeder Wahl einmalig. Das ist lt. Recht und Gesetz ein Verwaltungakt. Verwaltungsakte können lt. Recht und Gesetz nicht rückgänigi gemacht werden. Sie sind aber rechtlich ungültig, wenn sie schon bei ihren Erlass rechtwidrig waren. Nun stellt der Bundestag fest, dass sein Beschluss von nach den Wahlen rechtswidrig war, dass die Bundestagswahlen nicht rechgmäßig und insofern… Mehr