Die ewig gleichen Beteuerungen, das habe mit dem Islam nichts zu tun, machen Sebastian Antrak fast noch mehr Angst als der gewöhnliche Terror.
Mit der Al-Ashar-Universität in Kairo fing es an. Die Gelehrten verurteilen die Anschläge von Brüssel, selbstredend. Sie werden nicht die letzten Muslime sein, die sich angesichts des Wahnsinns gegen den Wahnsinn stellen. Ich würde den Beschwichtigungen, den Verurteilungen und Solidaritätsbekundungen vieler Islam-Vertreter gerne glauben. Nur: Ich kann es langsam nicht mehr.
Haben die Taten dieser Irren, sei es in Istanbul, Paris oder Brüssel, ein weiteres Ziel erreicht? Nicht nur so viele Tote wie möglich zu produzieren – sondern das Misstrauen in ihre Religion zu stärken, um ihre Existenz und Taten auf Dauer selbst zu legitimieren? Wenn Anschläge dazu führen, dass sich Nicht-Muslime irgendwann gegen den Islam radikalisieren, hätten diese Attentäter den ultimativen Beweis. Nicht sie sind es, die Böses tun, sondern Ungläubige, die den Islam generell ablehnen und ihn aus dieser Ablehnung heraus bekämpfen wollen. Jeder Tote, der auf das Konto dieser Mörder geht, ist womöglich eine weitere Sprosse auf der Leiter der Disharmonie. Es scheint, dass die Spaltung nicht mehr aufzuhalten ist.
Die Mahner, die Ereignisse wie dieses nicht mit dem Islam in Verbindung bringen wollen, sorgen für das genaue Gegenteil. Denn ein Großteil zieht die kausale Verbindung. Wenn unschuldige Menschen nicht im Namen des Islams abgeknallt oder zerfetzt werden, in wessen Namen dann? Welche andere Rechtfertigung nennen diese Verbrecher als jene, eben im Namen Allahs zu handeln? Doch, es hat mit dem Islam zu tun. Jetzt wieder und wieder darauf hinzuweisen, dass dem nicht so sei, begreift ein gesunder Menschenverstand nicht mehr.
Ein Großteil der arabischen Welt dürfte die Ereignisse bejubeln, laut oder still und leise. Kann ich also den Islamvertretern, ob hier oder im Ausland, die das verurteilen, noch glauben, ihnen trauen und wirklich meinen, ihre Äußerungen kommen aus tiefstem Herzen? Es fällt mir schwerer und schwerer. Und das macht mir fast noch mehr Angst als der gewöhnliche Terror.
Sebastian Antrak ist nach vielfältigen Erfahrungen von Journalismus bis Werbebranche freier Autor.
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