Es ist vollbracht: Der Brexit findet statt, mit einem 660 Milliarden Pfund schweren Abkommen, das den Namen verdient. Boris Johnson hat überraschend gewonnen. The British way of life ist nicht tot.
Mehr Boris geht nicht: Mit verwuschelter Haarpracht steht der britische Premier vor einem Weihnachtsbaum, er trägt eine Krawatte, die Fische zieren. Zunächst wirkt es wie eine klassische Weihnachtsansprache, die tiefere Botschaft von Weihnachten, sagt er, sei Hoffnung. Nachdem er gut zwei Minuten vor sich hin faselt, sagt er „And by the way“, er habe ein kleines Weihnachtsgeschenk. Dann hält er einen faustdicken Papier-Stapel in die Kamera, der Brexit-Handelsdeal über 660 Milliarden Britische Pfund. „And its full of fish“, sagt er anspielend auf einen der wichtigsten Streitpunkte, den Fischereiregulationen.
Dieses über 500 Seiten lange Dokument ist noch nicht restlos öffentlich, manche vermuten, Johnson versuche, den Vertrag so lange wie möglich zurück zu halten, um dem Parlament keine Zeit zu lassen, das Dokument vollständig zu durchdenken. Die Sehnsucht nach dem Ende der Brexit-Wars ist so groß, dass sogar die Labour Party zustimmen will und Johnsons Sieg damit perfektionieren würde; das Kleingedruckte kann man dann ja mal beiseite lassen.
Es wurde zuletzt eng für Mr. Brexit. Der harte Brexit-Flügel seiner Partei war nach Johnsons endlosen Aufschüben und Nachverhandlungen zusehends genervt. Man befürchtete einen Brexit-Deal mit der EU, der keinen echten Brexit mehr beinhalten würde – weitere Gültigkeit von EU-Gesetzen und Zuständigkeiten des EU-Gerichtshofs im Vereinigten Königreich. Die Lage wirkte aussichtslos: Die EU schien ein Exempel statuieren zu wollen, es blieb Boris nur der Weg des unkontrollierten harten Brexits. Den hat er aber so oft angekündigt und verzögert, dass man ihm das nicht mehr richtig zugetraut hat. Der Urenkel des letzten Innenministers des Osmanischen Reiches ist schließlich alles andere als ein zweiter Trump, sondern vielmehr eine zarte, bildungsbürgerliche Seele. Doch sein Coup ist geglückt. Vielleicht ist der Deal nicht perfekt, aber es ist einer, der den Namen verdient. Boris hat sein Wahlkampfversprechen doch noch erfüllt: Get Brexit Done.
Konkret beinhaltet das Abkommen: Keine Gültigkeit von EU-Gesetzen, keine Zuständigkeit des EuGHs, und das für das Land der großen Seefahrer so entscheidende Fischerei-Thema ist auch eher zu Boris Gunsten ausgefallen. Die Souveränität über britische Gewässer ist hergestellt, europäische Fischer dürfen für eine Übergangsfrist weiter fischen, müssen aber Fang abzweigen, dann wird neu verhandelt. Getreu der inoffiziellen britischen Nationalhymne also: Rule Britannia, Britannia rule the Waves. Ein politisch vielleicht nicht so wichtiger, für die britische Seele aber alles entscheidender Punkt.
Ein Manko, das man bisher schwer abschätzen kann, bleibt bei den Umwelt- und Arbeitsschutzrichtlinien, einer der härtesten umkämpften Punkte. Die EU berfürchtet, dass England durch Unterlaufen der Standards aus Brüssel wettbewerbsfähiger und zu einem „Singapur an der Themse“ werden könnte. Von der Leyen pochte daher auf einen Mechanismus, nach dem Großbritannien die Standards der EU quasi automatisch übernehmen müsste. Jetzt gibt es zwar einige Mindeststandards, grundsätzlich hat Großbritannien aber weitestgehende Autonomie, wie die konkrete Regelung bei einem angedachten Schiedsgerichtssystem aussieht, bleibt zunächst unklar.
Und so tut Großbritannein das, was es immer getan hat: sein eigener Herr bleiben. Es war das Jahr 1805, als ein gewisser Lord Horatio Nelson vor Kap Trafalgar gegen eine weit überlegene Kontinentalflotte in ein Himmelfahrtskommando segelte, um Napoleons Allmachtphantasien zumindest für Großbritannien ein jähes Ende zu bereiten. Kein einziges Schiff verlor die Royal Navy an diesem Tag, nur ihren Kommandanten, der mit den Worten: „Gott sei Dank: ich habe meine Pflicht erfüllt“ starb. Rund 140 Jahre später war es der Legende nach ein Dudelsackspieler, der als einer der ersten den Boden der Normandie betrat, die deutschen Scharfschützen töteten ihn nach seiner Vermutung nur nicht, weil sie ihn für verrückt hielten.
Es ist zweifelsohne ein verrücktes Völkchen, das auf die Idee kommt, Fleisch in Pfefferminzsoße zu essen. Aber ihr Schädel ist so dick, dass sie sich der Bevormundung durch die eingebildet vernünftigeren Kontinentalbewohner schlicht nicht beugen wollen. Insofern sind die Briten das wohl freiheitlichste und demokratischste Volk Europas, und unabhängig von der Richtigkeit ihrer Entscheidung verdient es schon Respekt, gegen alle Ratgeber und Empfehlungen eine eigene Entscheidung zu treffen und den eigenen Weg gegen alle Widerstände zu gehen. Und auch die neuerliche Virus-Kontinentalsperre kann nichts daran ändern: Die britische Flotte segelt wieder – vielleicht in den Sturm, vielleicht auf die Felsen, aber immer mit wehenden Fahnen.
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Nun, der Brexit ist jetzt da: Die protestantischen Angelsachen, die Zerstörer des kontinentalen Europas, haben Mal wieder gewonnen, wegen der „Wissenschaft“ von Hume, Hobbes, Malthus, Darwin und Galton bleiben sie
a) dank des besetzten Gibraltars: Teil der Schengen-Zone,
b) dank des besetzten Nordirlands: in der EU-Zollunion, nun mit XI statt GB in der UStId-Nr
ganz ohne jede Gegenleistung … Wegelagerer zur See …
Wer hat’s erfunden? Sicher nicht die Schweizer, oder?!
Ich freue hoffe so sehr, dass die Engländer und die übrigen Briten bleiben können wie sie sind. Für Freiheit muss man kämpfen, sie kostet. Sonst droht man zu enden wie wir bereits: als ohnmächtige Ernährer einer cleveren und kaltschnäuzigen polit-medialen Empörungs-, Belehrungs- und Enteignungsmaschinerie. Wir haben uns von zweiter die Lenkung aller maßgeblichen Geschicke aus der Hand nehmen lassen.
Lieber Air Türkis, ich freue mich für die Briten und ich beneide sie. Und ich glaube nicht, dass Boris Johnson eine „zarte, bildungsbürgerliche Seele“ ist, wie Sie in Ihrem Artikel schreiben. Ich halte ihn für sehr intelligent, ihn ansonsten einzuschätzen, wage ich aber nicht, u.a. aus folgendem Grund: In einem Podiumsgespräch auf dem Melbourne Writers Festival (Video wurde 2013 hochgeladen) kommt er auf die hypothetische Situation zu sprechen, was man machen kann, um wach zu bleiben, wenn man in einem Mangrovensumpf auf einem Baum sitzt und unten lauert ein Krokodil. Problem: Wenn man einschläft, verliert man den Halt, fällt runter… Mehr
Es wäre schön, hätten wir noch den selben Esprit und die selben Dickschädel wie unsere Verwandten jenseits des Ärmelkanals. Nein, wir sind und bleiben die Laborratten unserer Herrschaften. Und lieben es….
„Es ist zweifelsohne ein verrücktes Völkchen, das auf die Idee kommt, Fleisch in Pfefferminzsoße zu essen.“
Lammbraten mit Pfefferminzsoße war fast das einzige Gericht in England, das mir tatsächlich geschmeckt hat. ?
Clever Britains. Done right. Congratulations.
Beneidenswert. Ich wünsche den Briten alles Gute.
Sehr schöner Artikel – macht Spaß und wärmt das Herz eines jeden Freiheitsfreundes. Congratulations über den Kanal!
Der Brexit: Eine Erfolgsgeschichte…..aber nur für Grossbritannien (ohne Schuldenunion, ohne Fremdbestimmung, ohne Leyenspieltruppe etc.)
Aber was nutzt das alles, falls der fischige Brexit-Deal im Kleingedruckten einige Schlupflöcher für die NWO-Weltregierung enthält und Klaus Schwab seinen Great Reset auch in UK am Ende durchsetzen kann ? Was bringt das alles, wenn auch die Briten unter der NWO in Zukunft ein Sklavendasein fristen müssen ? Kann sich UK wirklich aus der tödlichen Umklammerung eines Klaus Schwab und seiner satanistischen NWO befreien ? The Post Covid World, The WEF’s Diabolical Project: “Resetting the Future of Work Agenda” – After „The Great Reset“. A Horrifying Future – Global ResearchGlobal Research – Centre for Research on Globalization Komisch ist… Mehr
Man sollte auch nicht übersehen, daß hier zwei sehr ungleiche Partner verhandelt haben.
Auf der einen Seite der britische Premier, doppelt legitimiert durch einen Volksentscheid ( der eher ein Zufallsergebnis brachte – aber Mehrheit ist Mehrheit) und eine überaus komfortable Mehrheit im Parlament.
Johnson stand für eine scharf umrissene Position. Rückgewinnung der nationalen Selbstbestimmung.
Worauf stützte sich die Gegenseite? Wo war da ein echtes demokratisches Mandat? Der Unterhändler hatte nur ein diffuses Gebilde ohne kollektive Identität und konzentrierten Willen hinter sich. Dazu allenfalls noch den Machtwillen einer Monster-Bürokratie.
Wenn Partikularismus gegen Universalismus steht, ist immer klar, wer am Ende gewinnt.