Bullerbü als Programm: Der neue rot-dunkelrot-grüne Senat in Berlin

Die Metropole bleibt unter der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) weiter auf klarem Linkslinkskurs. Die Vergesellschaftung von Wohnungen ist als Sollbruchstelle vorprogrammiert.

imago Images

In Berlin kann endlich die von den Grünen so heiß ersehnte Fahrt nach „Bullerbü“ beginnen. Dorthin, wo die friedlichen und verklärten Zustände in jenem kleinen Dörfchen herrschen, welches die legendäre schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren als Traumort für Kinder beschrieben hat. Und wer jetzt gleich noch an Pippi Langstrumpf, das Mädchen mit den bunt gestreiften Söckchen und langen Zöpfen denkt, liegt absolut richtig.

Denn zu „Bullerbü“ möchte Bettina Jarasch, die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und seit gestern Verkehrssenatorin der deutschen Hauptstadt, die Metropole mit fast vier Millionen Einwohnern machen.

Ganz an die Spitze haben es die Grünen auch in Berlin nicht geschafft. Dort präsidiert, wie schon zuvor, die Berliner SPD mit der Ex-Familienministerin Franziska Giffey – bundesweit bekannt geworden erst durch die Aberkennung ihrer Doktor-Würde wegen nachgewiesener Plagiatsvorwürfe als regierende Bürgermeisterin in Nachfolge Michael Müllers. Die für die Verhältnisse der Berliner Politik auffallend gut gekleidete Dame steht zwar nicht auf „Bullerbü“, dafür aber ein größerer Teil ihrer in Berlin besonders „fortschrittlichen“ Partei.

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Da zu einer Patchwork-Familie immer mindestens drei gehören, ist Partner die in Berlin im Vergleich zum Rest der Republik immer noch prozentual passabel dastehende SED – zur Zeit unter dem Namen „Die Linke“ – im Senat dazu gestoßen. Sieht man mal davon ab, dass die ganze Landtagswahl in Berlin wegen des großen Tohuwabohus des Wahlgeschehens eigentlich hätte wiederholt werden müssen, wurden die dunkelroten Genossen mit den Ressorts Kultur, Integration, Arbeit, Soziales und – man staune und erschrecke – für Justiz bedient.

„Bullerbü“ wird wohl ein ferner Traum bleiben, doch die Bewohner Berlins werden dennoch weiter tüchtig leiden müssen. Zwar hat man beschlossen, die Vision der autofreien Stadt innerhalb des S-Bahn-Ringes bis zu einem weitgehenden Ausbau des ÖPNV vorerst aufzuschieben, doch den Weg dazu bereitet man schon. Immer neue Busspuren und noch mehr Fahrradwege machen das auch bei den Berlinern einst so beliebte PKW-Vergnügen zu einer Pein aus Stop-and-Go in einem verdichteten Verkehrsstrom, in dem man durch zusätzlich schikanöse Ampelschaltungen von Stau zu Stau kriecht. Autofahren soll weh tun. Ob der Wirtschaftsverkehr der größten Stadt Deutschlands darüber stöhnt oder nicht – egal. Wen wundert’s da, dass immer mehr Kurzzeit-Parkzonen eingerichtet werden? Überhaupt nicht lustig werden es wohl auch die Berliner finden, die als Dauerparker mittels einer Jahresvignette für 10,20 Euro beim Ankommen zuhause ihr Plätzchen sicher wussten. Das System soll bleiben, aber dafür eben ab sofort für satte 125 Euro übers Jahr. Wer sagt´s denn, auf das Wort der Linken ist Verlass!

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Den größten Kummer bereitet den Berlinern und den Zugezogenen der permanente Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Beim rund zehn Jahre langen  Warten bis zur Bereitstellung einer Baugenehmigung und jeder Menge Auflagen schlagen private Investoren einen Bogen um die Stadt. Der öffentliche Wohnungsbau verfehlt seit Jahren um Längen die angestrebten Ziele.

Ganz Berlin schüttelt den Kopf darüber, dass auch der neue Senat das Flugfeld des stillgelegten Flughafens Berlin-Tempelhof weiterhin als Freizeitfläche erhalten will – immerhin ein Areal in der Dimension von 33 Fußballplätzen! „Bullerbü“ lässt grüßen.
Die überwiegend im öffentlichen Dienst beschäftigten Wähler der Grünen, mit lebenslanger Beschäftigungsgarantie können mit passablen Einkünften getrost Grünflächen den Vorzug geben. Dabei bräuchte die Stadt dringend auch überdurchschnittlich betuchte Mieter oder Eigentümer von Wohnungen, die natürlich einen entsprechenden Grad an Komfort aufweisen müssten. Diese Leute passen aber nicht nach „Bullerbü“. Wo sie auftauchen, legen sofort Bürgerinitiativen mit ihrem Kampf gegen Gentrifizierung los. Beliebte Parole: „Wir lassen uns durch Bonzen nicht unseren Kiez kaputt machen.“

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Hinzu kommt, dass Tausende Mietverhältnisse für einstige Geringverdiener längst aus der staatlichen Förderung herausgefallen sind. Niedrige, weil subventionierte Mieten trotz hohem Einkommen? So richtig stört das aber niemanden. Nur ganz nebenbei: So sehr die Berliner Politik die Weigerung der Lufthansa, von Berlin aus auch transatlantische Destinationen anzufliegen, kritisiert, so ändert das nichts an der mangelnden Rentabilität von Flügen über den Atlantik oder nach Asien. Es fehlt schlicht an Klientel und Kaufkraft in Berlin und ringsherum. Das Herz der deutschen Wirtschaft nebst Top-Management schlägt unverändert und wohl noch für lange Zeit im Rhein-Main-Gebiet und im Großraum München.

So schön es auch ist, dass die Spreemetropole ein touristisches Highlight für Besucher aus aller Welt ist – das allein begründet noch lange keine Attraktivität für Investoren. Ein klarer Pluspunkt der Stadt, die in ihrem Westteil schon seit Jahrzehnten keine Polizeistunde mehr kennt, sind Entertainment und die Kulturszene, wobei leider neuerdings die ideologische und von links betriebene Cancel Culture besondere Blüten treibt. So muss schon in diesem Jahr die schon immer lange im Voraus ausverkaufte Aufführung der Nussknacker-Suite von Peter Tschaikowski wegen Rassismus-Vorwürfen abgesetzt werden. Besonders für Kinder war dies eine sehr traurige Nachricht. Führungskräfte haben in aller Regel genügend Bildung und Wissen, um sich nicht in einer Stadt wohlzufühlen, in der sie Lehrgänge in Political Correctness ertragen müssen.

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Ein anderer Schwachpunkt sind die Schulen. Bei entsprechenden Vergleichen der Abschlüsse belegt die Hauptstadt unter 16 Bundesländern seit Langem den vorletzten Platz; schlechter schneidet nur Bremen ab. Neueste Anordnung der Verwaltung: Die Zusammensetzung der Klassen nach Deutschen und Schülern mit Migrationshintergrund darf nicht mehr bekannt gemacht werden. Warum wohl? Auch auf der Negativliste von Städten mit hoher Kriminalitätsrate liegt Berlin ganz vorn.

Die Stadt ist im Ganzen gleich mehrfach gespalten. Da ist die Blase aus Regierung, Parlament und allem möglichen Beiwerk wie Journalisten und Ähnlichem. Dann gibt es die Hipster: Junge Leute – mehr oder weniger betucht –, die in Berlin den Kick suchen und finden und dann natürlich die Schar von Touristen. Berlin ist auch eine junge Stadt. Nirgendwo sonst sammeln sich so viele in internationaler Mischung wie hier.

Berlin hat mittlerweile auch London den ersten Rang als „Start-Up Holder“ abgelaufen. Was freilich fehlt, ist das produzierende Gewerbe. Die richtig guten Jobs entstehen woanders. Dazu kommt eine in Deutschland wohl einmalig träge Bürokratie. Wer wartet schon gern sechs Monate auf seinen KFZ-Schein oder endlos lange auf einen Termin im Bürgeramt? Reformen werden immer wieder versprochen. Doch keiner wagt sich an die Besitzstände der eingerosteten alten Strukturen heran.

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Die eigentliche Bruchstelle für das Berliner rot-grüne-dunkelrote Bündnis steht aber schon fest: Die Linkspartei besteht, ebenso wie Teile der SPD und der Grünen, auf die Umsetzung des erfolgreichen Volksbegehrens zur Enteignung der privaten Wohnungsgesellschaften. Die Regierende Giffey ist dagegen und hofft im Laufe eines Jahres auf eine Lösung am runden Tisch. Spätestens dann könnte es in Berlin knallen.

Ach so – da gibt’s ja noch eine Opposition. Die Berliner CDU als wieder stärkste Kraft ist so gut wie nicht wahrnehmbar. Unter dem Einfluss der nur scheinbar in die zweite Reihe gerückten Merkel-Marionette Grütters – zur Erinnerung, das war bis vor Kurzem die Kulturstaatssekretärin – ließ sich Landeschef Wegener zu dauernden Verbeugungen nach links nötigen. Nach dem schlechten Ergebnis der Berliner CDU herrscht Schweigen aus Angst vor Neuwahlen. Denn dann könnten die letzen Pfründe verloren gehen. Bullerbü ist alternativlos.

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Kommentare ( 20 )

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G23
2 Jahre her

Berlin hat die Regierung bekommen die Gewählt wurde.
Trotz chaotischer Vor-Legislaturperiode gibt es anscheinend immer nocht eine Mehrheit für dieses Narrenschiff = Regierung.
da muss der deutsche Berlin-Michel nocht viel lernen, falls er dazu überhaupt nocht in der Lager ist.
wir sollten das Bundenland Berlinm den Russen schenken, mit unserer sogenannten Bundesregierung.
Wetten das innnerhalb eines Jahres alles wieder normal ist?

Bernd W.
2 Jahre her

Der Länderfinanzausgleich muss weg, sofort und dauerhaft. Punkt.

Stephan Lindemann
2 Jahre her

In einem Punkt möchte ich Ihnen widersprechen:

Das Konzept für Tempelhof mag dem Wohnungsbau im Weg stehen, aber immerhin wurde hier weltweit einzigartige funktionelle Architektur der dreißiger Jahre mittels eines Volksentscheids, der umsetzbar war und in ein Gesetz umgewandelt wurde, geschützt.

Das mag der ein oder andere nicht gut finden, aber mehr Schaden würde es in meinen Augen anrichten, wenn man diesen Entscheid nicht respektieren würde, wie 1998 in Schleswig-Holstein den Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform.

Der Volksentscheid zur Enteignung hingegen ist rechtlich einfach nicht machbar.

Mausi
2 Jahre her

„Berlin hat mittlerweile auch London den ersten Rang als „Start-Up Holder“ abgelaufen.“

Hahaha. Genausowenig, wie die Zahl der Menschen mit Abitur etwas über die Bildung aussagt, sagt die Zahl der Start-Ups etwas aus. Berlin zahlenmässig auf Platz 1 zu befördern, das bekommt jeder hin, sogar Berlin. Die Zahl der erfolgreichen Start-Ups wäre mal eine Messlatte. Und da findet sich Berlin wahrscheinlich auf den hintersten Plätzen wieder.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
country boy
2 Jahre her

Das Wahlverhalten der Berliner zeigt doch auch, dass sie kein Problem damit haben, dass es in ihrer Stadt neben der staatlichen noch eine zweite Gewalt gibt: die Organisierte Kriminalität. Mir wäre es zuwider, in einem solchen Gemeinwesen leben zu müssen.

giesemann
2 Jahre her

Sobald wir denen die Finanzen aus dem Länderausgleich streichen ist Schluss mit Bullerbü.

Biskaborn
2 Jahre her

Die Verhältnisse in Berlin sind so wie sie sind, weil die Berliner, es sind nicht nur die hier genannten Behördenmitarbeiter aller Schattierungen, es so wollen. Scheinbar auch die Gutbetuchten finden Berlin wie es ist ganz toll. Also lasst sie machen, Taugt als negatives Beispiel für den Rest Deutschlands, allerdings befürchte ich, auch das interessiert die Menschen kaum, zumal sie über diesen Moloch wenig erfahren!

Amerikaner
2 Jahre her

Bullerbü funktioniert gut, wenn man die Einwohner von Bullerbü hätte. Mit der „Berliner Mischung“ kann man sich den Versuch allerdings sparen.

maxmink
2 Jahre her

Mein Kommentar ist leider aus Versehen zu früh abgeschickt worden.
Daher nochmal:
Das richtige “ Bullerby“ wie es eigentlich heißt, hat mit den Grünen soviel zu tun wie ein Fisch mit einem Fahrrad.
In Bullerby gab es keine Patchworkfamilien und auch Regeln die allem widersprechen was grüne Politiker sich für eine zukünftige Gesellschaft vorstellen.
Deswegen kann ich diesen Vergleich nicht nachvollziehen.
Ich wohne in einem, dem ECHTEN Bullerby- ähnlichen Dorf in Schweden und ich fühle mich dort so wohl wie ich mich mit grüner Politik unwohl fühle.
Es passt einfach nichts zusammen.

grauer wolf
2 Jahre her

Wer wählt solche Katastrophen? Normale Wähler doch wohl nicht oder?