Bei der Kernkraft will die Regierung keine anderen Meinungen hören

Die Bundesregierung hört bei der Kernkraft auf keine Expertenmeinungen, die nicht die ihren sind. Den Mangel an Brennstäben stellt sie als unüberbrückbares Hindernis dar - und lehnt ab, als man diese liefern will. Und der Social-Media-Account des Ministeriums hält seine Leser zum Narren.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

„Lieber tot als rot“ war gestern. Heute will man lieber im Dunklen sitzen, statt der Atomkraft nur einen Fußbreit Raum zu zollen. Das Bundesministerium für Wirtschaft sieht sich dabei im Kampf gegen renitente Querulanten. Dazu gehört der wirtschaftspolitischen Sprecher der AfD, Leif-Erik Holm, der die „Augenwischerei“ der Bundesregierung mit Anfragen deutlich gemacht hat. Aber er ist nicht der einzige.

Auch der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter hatte ganz ähnliche Fragen wie sein Kollege gestellt. Kleinwächter konfrontierte die Bundesregierung mit dem Gutachten der Ruhr-Universität Bochum. Darin widersprechen die Professoren der Einschätzung des Bundeswirtschafts- und Umweltministeriums. Deren Einwände gegen die Fristverlängerung seien „wenig überzeugend“.

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Konkret hatte die Bundesregierung von einer „erloschenen Betriebserlaubnis“ gesprochen. Das sei jedoch nicht richtig. „Nicht die Betriebsgenehmigung, sondern lediglich das Recht zum Leistungsbetrieb“ sei erloschen, so die Gutachter. Die Kraftwerke verfügten demnach über eine „bestandskräftige, vollziehbare und seinen Betrieb rechtfertigende Legitimation“. Mit „überschaubarem Regelungsaufwand“ könnten die AKW weiterbetrieben werden.

Die Antwort der Bundesregierung? Die Wiederholung desselben. „Die Betriebsgenehmigung im Übrigen bleibt selbstverständlich erhalten, um einen illegalen Nichtleistungsbetrieb während der Phase bis zum Abbau der Anlagen zu verhindern. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Recht zum Leistungsbetrieb erloschen ist“, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hoffmann. Es bliebe ein „erhebliches rechtliches Risiko“ bestehen, falls „notwendige Umweltverträglichkeitsprüfungen und nach § 19a AtG vorgeschriebene periodische Sicherheitsüberprüfungen unterblieben“.

Zudem verweist das Ministerium wie bei Holm auf das Gespräch zwischen Regierung und Betreibern am 5. März . Es handelt sich um die Allzweckwaffe der Bundesregierung bei unangenehmen Fragen zur Fristverlängerung: auch die Kernkraftbetreiber haben die Risiken betont, die Nicht-Verlängerung ist mit ihrem Einvernehmen beschlossen worden.

Doch auch dieses legendäre Treffen und seine Beschlüsse steht auf immer wackligerem Beinen. Die Bundesregierung hatte die langen Lieferzeiten für Brennstäbe als unüberbrückbares Hindernis für die Verlängerung dargestellt. Jetzt berichtet die Welt: Energie-Manager stellten schnellere Brennstab-Beschaffung in Aussicht. Es war die Ampel, die ablehnte.

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Die Bundesregierung stellt sich demnach nicht den Ergebnissen anderer Experten. Sie bleibt bei den Feststellungen, die sie schon seit Monaten wiederholt. Diejenigen, die so gerne behaupten, man solle der „Wissenschaft folgen“, folgen in Wirklichkeit der Behörde. In dieses Konglomerat gehört auch ein denkbarer Auftritt des Social-Media-Teams des Bundeswirtschaftsministeriums.

Wegen des Vorwurfs der Falschaussagen schaltete sich der Account des BMWK in eine Diskussion ein. Er beteuerte: „Sie dürfen darauf vertrauen, dass solche Entscheidungen von Experten vorbereitet werden – unabhängig von der jeweiligen Hausleitung und auf Basis von Fakten.“ Auf Nachfrage, wer denn diese Experten seien, äußerte der offizielle Account des Ministeriums: „Ja, das BMWK und die anderen beteiligten Behörden. Möchten Sie die Kompetenz der Behörden anzweifeln?“

Das ist doch einmal eine Ansage. Womöglich könnten Robert Habecks Mannen und die, die sich dafür halten, bald einen eigenen Ministeriumsschlage reinführen: „Die Behörde, die Behörde, die hat immer Recht!“

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Kommentare ( 71 )

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d.rahtlos
2 Jahre her

Ein Wirtschaftsminister, der schon vor der Wahl erklärt hat, daß er mit Deutschland noch nie etwas anzufangen wußte, dazu noch ein Staatssekretär, der den Stadtwerken aufträgt, die Gasnetze zurückzubauen.. Erwartet von diesen Politikern in der Regierung denn irgendjemand, daß sie etwas anderes als den maximalen Schaden für die deutsche Wirtschaft anrichten wollen??

Last edited 2 Jahre her by d.rahtlos
eschenbach
2 Jahre her

Ich glaube, man muss kein Marxist sein, um zu erkennen, dass Habeck den Strom knapp und damit die Strompreise hoch halten will. Denn davon profitieren ganz besonders seine Windmühlen-Buddies.

Siggi
2 Jahre her

Da sich der Weiterbetrieb der KKWs nicht mehr verhindern lässt, soll wohl nun das Tempolimit erpresst werden. Wenn die anderen Parteien da mitmachen, könnte das ungeahnte Folgen haben. Ob das die Mehrheit einfach so hinnimmt, wage ich zu bezweifeln, Das wäre dann wirklich grüner Terror, denn das Tempolimit bringt genau nichts.

H. Priess
2 Jahre her

Ich weiß nicht so recht, machen die drei KKWs den Kohl wirklich noch fett? Sind denn nicht sowieso alle Messen gesungen wenn nicht genügend Gas zur Verfügung steht? Was jetzt dabei rum kommt ist doch nur Wortklauberei. Brennstäbe ja, Brennstäbe nein, Betriebserlaubnis abgelaufen ja oder nein, völlig nutzlose Diskussion denn wenn die Grünen Ökofaschisten sagen, wir wollen nicht dann wird das eben so sein. Mit Glauben kann man Berge versetzen und vielleicht glauben die alle wir bekommen einen ganz ganz warmen Winter, weil wir ja Klimaerhitzung haben. Vielleicht glauben die auch, unsere Nachbarländer werden uns schon mit Strom und Gas… Mehr

Alf
2 Jahre her

Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand. Sellen wir uns vor, Kernkraftwerke werden nicht abgeschaltet. Die grünen Politdarsteller hätten ihr Pulver verschossen. Sie verschweigen doch bereits jetzt, welche Menge durch Verstromung von Gas notwendig ist, obwohl die letzten Kernkratwerke noch laufen, die Propeller sich drehen und Strom aus dem Ausland bezogen wird (Wind- und Solarenergie ans Ausland verschenkt, weil keine Speichermöglichkeit, um diese dann bei Bedarf teuer zurückzukaufen). Warum eigentlich Strom durch Gasverstromung? Wie nachhaltig ist das denn. Und der Spiegel schreibt Kernkraftwerke könnten höchstens ein Prozent des Erdgases ersetzen Die Union will wegen der Gaskrise über… Mehr

Hueckfried69
2 Jahre her

Herzlichen Dank! Eigentlich sollte man diesen Artikel im Zwei-Stunden-Turnus bei ARD und ZDF verlesen. Doch so werden die hier genannten Fakten wohl wieder einmal der völligen öffentlich-rechtlichen Ignoranz zum Opfer fallen. Oder Frau Kemfert kommt und sagt: „Stimmt ja alles gar nicht….“

Last edited 2 Jahre her by Hueckfried69
Rob Roy
2 Jahre her

So absurd es klingt, aber ich befürchte, dass es keinen Blackout geben, aus dem die Deutschen lernen könnten. Lieber wird die Regierung Strom aus anderen Ländern beziehen, Kohlestrom aus Polen, Atomstrom aus Frankreich, die ihre alten Meiler dann auf 110 Prozent Dauerbetrieb fahren. Natürlich wird der Strom dann sehr, sehr teuer sein, aber was schert das unsere Regierung, die sagen wird: Seht, es gibt genug Strom, schließlich leuchtet im Bundeskanzleramt in jedem Fenster Licht.

Johann Thiel
2 Jahre her

Meine besonderen Dank an Herrn Gallina, den ich als Autor sehr schätze, dass er zu denen gehört, die bereit sind, wenigstens ab und zu den Blick auf jene zu lenken die seit langem echte Oppositionarbeit im Bundestag machen.

AlexR
2 Jahre her

Die Behörde, der Beamte und die GrünInnen haben immer Recht. Egal was für eine Sch..ße dabei raus kommt. Wenn man sich wehrt, werden „Gutachten“ gefordert. Solange, bis das Ergebnis passt. Leider keine Einzelerfahrung.

Last edited 2 Jahre her by AlexR
alter weisser Mann
2 Jahre her

Welche Regierung will denn eine andere Meinung hören oder gar beachten? Das nicht zu tun ist doch der Normalzustand, egal wie falsch die liegen.