Anne Spiegel war 2021 die Aufsteigerin der Grünen. Der heute 41-Jährigen standen alle Karrierewege offen. Doch die Art, wie sie scheiterte, zeigt die Schwächen derer auf, die den Karriereweg Kreißsaal - Lehrsaal - Plenarsaal gehen.
Die Karriere von Anne Spiegel nahm in der Mainzer Walpodenstraße an Fahrt auf. Dort hatten die Grünen früher ihre Landesgeschäftsstelle. Ein Bürogebäude in einem Wohngebiet, in dem es immer zu wenige Parkplätze gab. Am Ende eines lang gezogenen, dunklen, zugestellten Flurs traf sich die Grüne Jugend. Die heute 41-Jährige gehörte von 1999 bis 2002 dem Landesvorstand an.
Die Grüne Jugend bedeutet für ihre Mitglieder Sozialisation. Privat. Die Spuren auf dem Sofa in der Walpodenstraße erzählen mehr Liebesgeschichten als das Sortiment von Bastei Lübbe. Aber auch karrieretechnisch sozialisieren sich um die Jahrtausendwende die grünen Jugendlichen dort. Die Generation der Älteren im Landesverband ist wenig pragmatisch, heillos zerstritten und völlig regierungsuntauglich. Entsprechend geringschätzend schaut der Nachwuchs auf die Alten. 2006 fliegt diese Generation dann völlig zurecht aus dem Landtag.
Doch die 15,4 Prozent sind Segen und Fluch zugleich. Kandidaten sind ins Parlament eingezogen, die dafür gar nicht vorgesehen waren. Der Spiegel macht sich einen Spaß und schaut sich noch in der Wahlnacht die Internetauftritte einiger dieser Kandidaten an. Eine neue Abgeordnete wirbt auf der gleichen Seite für ihre politischen Positionen – und für ihre Ansichten zur Pferdezucht. Später fällt sie in der Fraktion dadurch auf, dass sie Pressemitteilungen zu Büchern herausgeben will, die sie gerade gelesen hat. Die Mehrzahl der Abgeordneten erreicht kein professionelles Niveau und muss nach nur einer Legislatur folgerichtig wieder gehen.
Spiegel ist anders. Sie lässt sich beraten. Angesichts dreier Ministerinnen und eines medienaktiven Köblers entscheidet sie sich für eine defensive Strategie. Während andere negativ auffallen, wirkt sie ruhig und besetzt ihre Themen wie Gleichstellung, auch wenn die nur wenig Widerhall in der Presse finden. Sie bekommt ihre Kinder. Mitarbeiter bauen aus einem Regal einen Wickeltisch. Das Bild dazu landet in den sozialen Netzwerken. Perfekte Imagebildung: Echt, modern, emanzipiert und sympathisch. Anne Spiegel steht nur in der zweiten Reihe, entschädigt aber in der Partei manche für die schwachen Leistungen der Vertreter aus der ersten Reihe.
Doch Spiegel holt sich Verstärkung: Männer. Wieder. Zum einen Giuseppe Lipani. Ehemaliger Kreisvorsitzender in Mainz und ein begnadeter Strippenzieher in der Partei. Zum anderen Dietmar Brück. Bis dahin Korrespondent der Rhein-Zeitung, fortan ihr neuer Medienmann. Die eigentliche Katastrophen-Vorsorge wird später selbst zur Katastrophe. Brück sorgt dafür, dass wenigstens die Kommunikation stimmt. Das Pech Spiegels: Daraus wird dann, um die Menschen im Ahrtal habe sie sich nicht gekümmert, nur um ihr eigenes Image.
Davor stabilisiert sich Spiegel aber als Ministerin. Dafür patzt die Umweltministerin: Ulrike Höfken hat systematisch nach Parteibuch befördert und nicht nach Qualität. Ende 2020 ist sie nicht mehr tragbar. Höfkens ehemalige Mitarbeiterin scharrt mit den Hufen: die Mainzer Verkehrsdezernentin Katrin Eder. Doch lässt Spiegel Eder schon im bereits laufenden Wahlkampf als Ministerin zu, ist ihr eigener Führungsanspruch in Gefahr. Also füllt sie bis zur Wahl beide Ämter in Personalunion aus. Am Sonntag erklärt Spiegel das zu einem Opfer, das sie trotz privater Überlastung für die Partei gebracht habe. Dabei war es reines Machtkalkül. Nach der gut verlaufenen Wahl macht Spiegel Eder zur Staatssekretärin und demütigt die Mainzer Rivalin mit undankbaren Aufgaben wie der Tierkadaverbeseitigung.
Spiegel ist am Zenit ihrer Macht: Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. Stellvertretende Ministerpräsidentin hinter Malu Dreyer (SPD). Dann kommt die Bundestagswahl. Die Grünen brauchen Frauen für Führungsämter. Und Linke. Spiegel gilt als beides – und bekommt das Familienministerium. Bevor ihre Versäumnisse in der Flutnacht bekannt werden, fällt sie im neuen Amt durch Symbolpolitik auf: Sie fordert von Männern, die Hälfte der Hausarbeit zu übernehmen und Stiefeltern sollten, so Spiegels Wunsch, künftig Bonuseltern genannt werden.
Spiegel ist weder Abgeordnete in Rheinland-Pfalz noch im Bundestag. Ihr Mann hatte sich schon vor 2019 aus Gesundheitsgründen beruflich zurückgehalten. Aus guten Gründen wurde darüber nicht berichtet. Nun hat es Spiegel, im verzweifelten Versuch im Amt zu bleiben, öffentlich gemacht. Sie wird sich neu orientieren müssen. Als Sprachtrainerin wird sie kaum auftreten. Vermutlich wird sie nach einer gewissen Karenzzeit ein gut bezahltes Gnadenamt erhalten – da kann sie sich auf ihre Partei verlassen.
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Ministerin Spiegel steht fuer so vieles, was in der Berliner Republik falsch und in Umkehrung zur freien Wirtschaft läuft: Man wird beim Lebenslauflügen, Plagiieren und faktisch dämlichen Aussagen und Interviews erwischt und…wird auch mit radebrechendem Englisch zur Aussenministerin befördert. Man versammelt komplett eine Bundeswehrreform, faselt bei allen Ausrüstungsmängeln von Kindertagesstätten und wird zur EU-Kommissarin befördert. Man versagt beim G-20 Gipfel in Hamburg und hängt irgendwie in der Cum-Ex Affäre und…wird Kanzler. Und je weniger wir zu Angela Merkel sagen umso besser – Milliarden an deutschem Sparerguthaben seit der Griechenlandkrise vernichtet, Terroranschlaege und Dauersubventionen fuer “Fachkraefte” und “geschenkte Menschen” von gestern…und… Mehr
Die Karenzzeit ist mit annähernd 80.000 € Übergangsgeld komfortabel dotiert. Und natürlich wird sie einen Job erhalten, der mindestens in adäquater Besoldungshöhe angesiedelt ist. Annes Fall wird, materiell, kurz und weich ausfallen. Und mit 41 ist die politische Karriere ja nicht am Ende. Die kommt wieder. Sicher.
Danke, ein spannender Einblick in die grüne Befindlichkeit. Allerdings wird nicht vermittelt, daß A. Spiegel nicht nur an den persönlichen Unzulänglichkeiten, sondern an offensichtlich desaströsem Versagen ihrer Berater (Kommunikation, Medien) gescheitert ist. Sie war ausschließlich für den vorbeugenden Hochwasserschutz, die Vorsorge zuständig. Demgegenüber haben Frau Dreyer und ihr SPD-Landesvorsitzender genau so agiert, wie A. Spiegel am Morgen der Flutnacht ahnte. Dreyer und ihr Kronprinz R. Lewentz, SPD-Landesvorsitzender und als Innenminister oberster Katastrophenschutz-Verantwortlicher (er hätte die Evakuierung anordnen müssen) kommen bislang ungeschoren davon – A. Spiegel hat die Opferrolle angenommen.
„…und Stiefeltern sollten, so Spiegels Wunsch, künftig Bonuseltern genannt werden.“
Man darf nicht vergessen, dass Fr. Spiegel uns erklärt hat, wie man Roma und Sinti korrekt gendert, denn das sind die wichtigsten Aufgaben unserer Regierung:
Zur Darstellung von Sinti und Roma in aktuellen deutschen …https://www.bmi.bund.de › gei-schulbuecher
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Minderheit. Im Singular spricht man von Sinto (maskulin) und Sintezza oder Sintizza (feminin), im Plural von Sinti. (maskulin) und Sintezze oder Sintizze ..
„Noch „erfolgreicher“ als der Marsch durch die Institutionen war der Marsch durch die Definitionen.“
Roland Baader – Totgedacht.
Das war mir nicht bekannt: Spiegel hatte bis zum Rauswurf aus dem Landtag in der Fraktion gejobbt, jetzt sammelt sie ein wenig Berufserfahrung: als Sprachtrainerin. Also … wer da nicht mit dem Kopf schüttelt, der hat wohl keinen! Die Grünen können also auf eine ausgewiesene Fachkraft (nach Grünen-Lesart) für Sprachtraining zurückgreifen, und Annalena beweist einmal mehr ihre Beratungsresistenz, indem sie offensichtlich darauf verzichtet. Alles andere Wesentliche will ich nicht kommentieren. Das hat der geschätzte Autor Mario Thurnes auch ohne meinen Sermon prima hingekriegt.
An ein politisches Mandat ist kein Nachweis einer Qualifikationen geknüpft, es braucht noch nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung. Von einer mehrjährigen beruflichen Praxis will ich erst überhaupt nicht sprechen. Insofern darf man sich einfach nicht wundern und beschwerden das System gibt es her. Hier sehen wir einer der seltenen Fällen, indem sich eine Konsequenz abgeleitet hat. Das ist positiv zu werten.
Wenn ich die erstbesten Passanten, die am Reichstaggebäude vorbeilaufen, reinhole und zu Ministern mache würde, ist die Chance groß, dass diese bessere Arbeit abliefern würden.
Ich denke es ist unfair, bei Spiegel den Karriereweg verantwortlich zu machen. Es lenkt vom persönlichen Versagen und der Verantwortung von Spiegel ab.
Wie, eine Vertreterin dieser unfähigen Quotentussis soll ernsthaft arbeiten gehen, um die Familie zu ernähren. Wäre zu schön, um wahr zu sein. In der Realität taucht sie wohl in einem Vorstand oder in Brüssel auf, wieder hochdotiert aber genauso unfähig.
Ich vermute Brüssel: den Ort, wo sie den größtmöglichen Schaden anrichten kann, wie die jahrzehntelange Erfahrung lehrt.
Die Überschrift des Artikels sagt eigentlich alles. Die Herrschaften sind blauäugig und naiv fixiert auf die Karriere in der Politik. Dummerweise grätscht die Wirklichkeit regelmäßig rein und alle, die vorher „noch nie richtig gearbeitet“ haben stehen plötzlich unvorbereitet und vollkommen hilflos da und suchen die Schuld bei anderen.
Es ist erschreckend, wieviele es von „denen“ in höchste Ämter geschafft haben. Baerbock und Habeck schlagen gerade hart auf, hoffentlich nicht zu hart für unser Land.
Eine sehr gute Zustandsbeschreibung der Gesellschaft ist meiner Meinung nach die Doku auf 3 Sat “ Wir alle das Dorf“…..kommt fast alles drin vor.