Jusos wollen 60.000 Euro „Grunderbe“ für alle mit Aufenthalt in Deutschland

Anstrengung und Leistungsbereitschaft als Basis des Wohlstandes und der sozialen Komponente der Marktwirtschaft kennen die Jusos nicht. Stattdessen wollen sie ein Land mit Vollkaskoanspruch auf Wohlfahrt und ein sorgenfreies Leben ohne Eigenbeteiligung. Es geht um Umverteilung, und es geht um Enteignung.

IMAGO / photothek

Für Märchenstunden, zumal für Märchen, die Kinder zu faszinieren vermögen, ist TE bekanntermaßen eher weniger zu haben. Diesmal aber muss es sein. Denn die SPD-Jungsozialisten, kurz: die Jusos, wollen aus Deutschland ein Schlaraffenland machen. Die angeblich 70.000 Mitglieder starke SPD-Jugendorganisation will nämlich auf ihrem Bundeskongress vom 17. bis 19. November einen Beschluss verabschieden, nach dem jeder Achtzehnjährige ein 60.000-Euro-„Grunderbe“ bekommen soll. Finanziert durch drastisch erhöhte Sätze der Erbschaftssteuer.

Nun ist das Schlaraffenland ja eine wiederkehrende, schier archaische Utopie, die sich von der Bibel (Deuteronomium) über Hans Sachs (1494 – 1576), die Fastnachtsspiele des 15. Jahrhunderts, Pieter Bruegels entsprechendes Gemälde, die Grimm’schen Märchen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis hin zu Heinrich Mann, Erich Kästner und Paul Hindemiths Kinderoper zieht. Das neuhochdeutsche Wort „Schlaraffen“ geht bezeichnenderweise zurück auf das mittelhochdeutsche Wort „sluraff“ = Faulenzer. Das wiederum bedeutet: Schlaraffenland ist das Land der faulen Affen.

»Erkläre, inwiefern das Gemälde ›Das Schlaraffenland‹ von Pieter Bruegel d. Ä. als gesellschaftskritisch betrachtet werden kann.« pic.twitter.com/53w0CgzE7j

— stefanolix (@stefanolix) July 27, 2022

Erinnern wir also in Auszügen an das „Schlaraffenland“, wie es zum Beispiel ein Ludwig Bechstein 1845 herbeiphantasiert.

… Da sind Häuser gedeckt mit Eierkuchen, die Türen sind von Lebzelten und die Wände von Schweinebraten. Um jedes Haus steht ein Zaun, der ist aus Bratwürsten geflochten. Aus allen Brunnen fließt süßer Wein und süßer Saft … Die Fische schwimmen oben auf dem Wasser. Sie sind auch schon gebacken oder gesotten und schwimmen ganz nahe am Ufer … Die Vögel fliegen dort gebraten in der Luft herum, die Gänse, Enten und Hühner, die Truthühner und die Tauben … Die Spanferkel laufen gebraten umher, das Messer steckt ihnen schon im Rücken, damit, wer will, sich ein frisches, saftiges Stück abschneiden kann … Käse liegt im Schlaraffenland wie Steine, groß und klein umher. Die Steine selbst sind lauter gefüllte Pastetchen … In dem Land, da gibt es auch große Wälder. Da wachsen im Buschwerk und auf den Bäumen die schönsten Kleider, Röcke, Mäntel, Hosen und Westen in allen Farben … Die Wacholderstöcke tragen Broschen und goldene Nadeln, und die Beeren sind nicht schwarz, sondern echte Perlen … Wer die Leute am besten necken und aufziehen kann, bekommt jedes Mal ein Goldstück … Jede Stunde Schlafen bringt dort ein Silberstück ein und jedes Mal Gähnen ein Goldstück. Wer gern arbeitet, das Gute tut und das Böse lässt, der wird aus dem Schlaraffenland vertrieben. Aber wer nichts kann, nur schlafen, essen, trinken, tanzen und spielen, der wird zum Grafen ernannt. Und der Faulste wird König im Schlaraffenland.“

Der erste Satz des Märchens bei Ludwig Bechstein indes lautet: „Ich weiß ein Land, dahin mancher gern ziehen möchte, wenn er wüsste, wo es liegt.“

Alte Blütenträume: Enteignung und Umverteilung

Nun, die Jusos wissen es. Es ist Deutschland. Denn laut Juso-Antrag, für den eine große Mehrheit erwartet wird, sollen die 60.000 Euro des „Grunderbes“ nur an den Wohnsitz in Deutschland gekoppelt sein und unabhängig vom Aufenthaltsstatus ausgezahlt werden. Jährlich Kosten: die Kleinigkeit von 45 Milliarden! Sogar der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) kann sich so etwas vorstellen. Der gute Mann hatte sich zum Tag der Deutschen Einheit des Jahres 2023 für ein Grunderbe von 20.000 Euro für alle 18-Jährigen in Deutschland ausgesprochen. Die SPD Mecklenburg-Vorpommerns will das Thema auch beim SPD-Bundesparteitag im Dezember debattiert wissen. Das Modell des Grunderbes war schon 2021 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und von dessen professoralem Edel-Sozialisten Marcel Fratzscher ersonnen worden. Denn eine solche Ausschüttung könnte den Gini-Koeffizienten – also das Maß der ökonomischen Ungleichheit im Land – um fünf bis sieben Prozent senken.

Für die Finanzierung fordern Juso und Co. eine Erbschaftssteuer von zehn Prozent ab einem Freibetrag von einer Million Euro. Der Steuersatz soll progressiv steigen, sodass die zweite Million mit 20 Prozent besteuert würde, die dritte Million mit 30 Prozent, und ab der neunten Million ein Spitzensteuersatz von 90 Prozent griffe.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Was das heißt, weiß jeder auch nur rudimentär Kundige: Es geht um Umverteilung, und es geht um Enteignung. Womit wieder einmal bewiesen ist: Der Karl-Marx-Satz „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“ aus dem Jahr 1848 ist wieder quicklebendig – jedenfalls in den Köpfen der „Jung“-Sozialisten. Womit sich erneut erweist, dass Kommunismus/Sozialismus ein Friedhof ist, auf dem beständig Auferstehung gefeiert wird. 1989 hatte Francis Fukuyama zwar gemeint, dass mit dem Zerfall des Ostblocks die liberale Ordnung gesiegt habe, weil sich alle Ideologien erschöpft hätten. Fukuyama lag gewaltig falsch. Er hat Adornos ersten Satz seiner „Negativen Dialektik“ (1966) übersehen: „Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward.“

Die Jusos glauben daran, auch wenn sie den Satz mangels Bildung nicht kennen. Richtig lag aber damals schon der große Publizist Joachim Fest: „Die vom Sozialismus gebundenen Bedürfnisse nach einem Glauben und einer Daseinsbotschaft sind mit dessen Ende ziellos geworden und werden nicht lange damit warten, neue Uniformen anzulegen und unter neuen Fahnen zu neuen Phantasiereichen aufzubrechen“ (Joachim Fest in seinem Bändchen „Die schwierige Freiheit. Über die offene Flanke der offenen Gesellschaft“ des Jahres 1993).

Jusos wollen Deutschland mit einem neuen Pull-Faktor umkrempeln und Jungwähler bestechen

Sind es nur Traumtänzereien der Jusos und Ausdruck des von ihnen gepflegten historischen Analphabetismus? Nein, das sind sie nicht. Die Jusos wollen Deutschland umkrempeln, in Neusprech: „transformieren“. Von Anstrengung und Leistungsbereitschaft als anthropologischer Konstante, als Basis des Wohlstandes und auch der sozialen Komponente der Marktwirtschaft halten sie nichts und wollen sie nichts wissen. Sie haben es ja erfahren: Dieses Deutschland ist ein Land mit einem Vollkaskoanspruch auf Wohlfahrt und ein sorgenfreies Leben ohne Eigenbeteiligung. Es sind dies Leute, denen bis hin zu besten Noten für schwächste Bildungsleistung alles geschenkt wurde und die es in nennenswerter Zahl ohne Berufsabschluss in Parlamente schaffen. Und apropos Faulheit: Paul Lafargue, französischer Arbeiterführer (1841 bis 1911), verfasste 1883 ein Pamphlet mit dem Titel „Recht auf Faulheit“. Darin finden sich so poetische Sätze wie: „O Faulheit, Mutter der Künste und der edlen Tugenden, du Balsam für die Schmerzen der Menschheit.“ Lafargue, der mit Suizid endete, war übrigens der Schwiegersohn von Karl Marx.

Vermutlich spielen aber auch zwei weitere Juso-Motive eine Rolle. Mit dem 60.000-Euro-Grunderbe soll ein weiterer Pull-Faktor geschaffen werden, um die „schon länger hier Lebenden“ (Merkel-Diktion) noch schneller zu einer Minderheit zu machen.

Allerdings muss die Panik in der SPD und bei ihrer Jugend schon sehr ausgeprägt sein, wenn man jetzt meint, mit solchen Geschenken Jung- und Erstwähler zur Wahl der SPD bestechen zu können. Schließlich ist es ja nicht ganz ausgeschlossen, dass die SPD vor allem bei den in den neuen Ländern 2024 anstehenden Landtagswahlen unter die 5 Prozent fällt. Vielleicht wacht die Kanzler-SPD dann doch noch auf.


Unterstützung
oder