Die Geschichte von der Woche, als der (imaginierte) Pfarrer sich entschloss total konsequent auszuleben, wovon andere nur sprechen.
Montag – Pfarrer Gutmann war überglücklich. Endlich hatte die Bundesregierung seine Kleinstadt im Sauerland 400 Meter über dem Meeresspiegel als sicheren Hafen anerkannt. Zugleich hatte die Kirchenleitung sein Pfarrhaus als Ankerplatz bestätigt. Das Gästezimmer im Souterrain war schnell hergerichtet. Noch am Abend konnte Pfarrer Gutmann den Mohammad aufnehmen, einen unbegleiteten 16-Jährigen aus Nigeria.
Dienstag – Pfarrer Gutmann erwachte geplagt von Gewissensbissen. „Unser Gast schläft unten, ich oben!“ So würde doch alles beim Alten bleiben! Pfarrer Gutmann entschloss sich zu einer Aktion gelebter Solidarität: Er selbst würde fortan das Kellerzimmer bewohnen. „Menschlichkeit jetzt!“ Mohammad wirkte überrascht. Er, in diesem großen Haus? Aber er tat, was ihm der nette Mann sagte.
Donnerstag – Das schlechte Gewissen weckte Pfarrer Gutmann auch an diesem Morgen. Mohammad ohne seine Familie hier im fremden rassistischen Deutschland – „das geht gar nicht.“ Und so engagierte er sich für den Familiennachzug. Schon am Abend stand Mohammads vielköpfige Familie vor der Tür. Lärmend, schwatzend und fröhlich ergoss sich ein Schwall Menschen in das Wohnzimmer. „So ist es richtig“, dachte Pfarrer Gutmann, „wenn wir, die wir schon länger hier leben, uns ein wenig beschränken, ist noch so viel Platz für andere, die hinzukommen! So machen wir ein Ende mit der Ungleichheit zwischen den Menschen und aller himmelschreienden Ungerechtigkeit.“
Freitag – Und wieder erwachte Pfarrer Gutmann mit schlechtem Gewissen. „In meinem Pfarrhaus hängen christliche Kreuze. Das kann ich meinen muslimischen Geschwistern nicht zumuten. Seit den Kreuzzügen ist für sie das Kreuz doch ein irreparabel verdorbenes Symbol. Doch nun kann ich diese Schuld endlich ein wenig sühnen und ein Zeichen der Weltoffenheit setzen.“ Und mit großer Genugtuung entfernte er alle Kreuze im Haus.
Samstag – Noch einmal erwachte Pfarrer Gutmann geplagt von Gewissensbissen. Wie hatte er nur glauben können, einer von ihnen zu sein? Jahrhunderte lang hatten ihre Vorfahren als Sklaven gedient! Auch das würde er wiedergutmachen! Er würde seinen Gästen fortan zu Diensten sein! So kam es, dass Pfarrer Gutmann einen großen Versöhnungstag mit Kochen, Putzen und Wischen verbrachte. Seine Gäste wunderten sich, einen Mann mit Wischlappen zu sehen. Die drei Schwestern von Mohammad wollten ihm zur Hand gehen, doch er wehrte entschieden ab.
Am Abend setzte sich Pfarrer Gutmann wieder in den Kreis seiner Gäste. Nun durfte auch er sich als Sklave fühlen, als Ausgebeuteter und Entrechteter. Und denen, so hatte er seine Bibel verstanden, gehörte schließlich das Himmelreich. Doch als er in die Runde schaute, begriff er: Seine Haut war weiß! Das war der Makel der Herrschaftsmenschen! Hatte er überhaupt eine Vorstellung davon, was es bedeutete, sich als Person of Colour in einer von Weißen dominierten Welt zu bewegen? „Ich als Weißer bin ungeheuer privilegiert. Ich darf mich in dieser Welt bewegen, ohne aufzufallen, wenn ich das nicht will. Kann ich dieses Privileg jemals loswerden? Ich werde wohl niemals einer von ihnen sein, niemals ganz wie sie!“ Doch dann übermannte ihn die Erleuchtung.
Sonntag – So kam es, dass sich Pfarrer Gutmann am nächsten Morgen in einer letzten, ebenso beispielhaften wie beispiellosen Solidaritätsaktion schwarze Schuhcreme ins Gesicht schmierte. Endlich war er auf dem Olymp des Gutseins angekommen.
Jetzt ging es nur noch darum, alle anderen Menschen auf diesen einzig-wahren Weg der Erlösung mitzunehmen. Und so predigte er an diesem Sonntagmorgen:
„Gehet hin und tuet desgleichen! Teilt alles, gebt weg, gebt auf, was ihr habt, und verleugnet euch selbst! Denn nur wer sich selbst verleugnet, kommt ins Himmelreich!“
„Merkwürdig“, dachte Mohammad, „’nur wer sich selber verleugnet, kommt ins Himmelreich’ – der hört sich ganz ähnlich an, wie der Imam in meiner Heimat, wenn er seine IS-Kämpfer in den Krieg sendet. Ob diese Art der Selbstverleugnung wirklich gut und menschlich ist?“
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Einen kleinen Fehler hat die Geschichte aber: Der Pfarrer Gutmann macht alles *selbst*, er gibt sein *eigenes* Haus, sein *eigenes* Vermögen, und er putzt *selbst*. Passt irgendwie nicht so recht zu den vielen Gutmännern (m/w/d) hierzulande…
Tolle Ironie, aber ich glaube, dass die „Gutmänner“ und „Gutmänninnen“ in diesem „unserem“ Deutschland zu verbiestert sich, um darüber zu lachen.
Andererseits: Steht „Blackfacing“ nicht auch unter Rassismusverdacht?
Ein wenig vermisse ich Frau Gutmann bei dieser Geschichtr. Und erzählen Sie mir nicht, dass ich mir Herrn Gutmann als Katholiken vorzustellen habe. Protest! So was gibt es bei uns nicht…..
* was uns die Geschichte verschweigt: Bei dem fürstlichen Anwesen aber, das der Autorengemeinschaft Achijah Zorn gehörte, kam nachts und bei Kälte die hochschwangere Maria vorbei, die haben sie vor verschlossenen Türen stehen lassen „Mir gäbe´t nix!“ und die musste dann ihr Kindlein in einem schäbigen Kuhstall auf die Welt bringen. …und so wiederholt sich nach 2000 Jahren die Weihnachtsgeschichte, die das christliche Abendland geprägt hat – folgedessen – dieses wie die folgenden Jahre entfiel das Märchen von der Hilfsbereitschaft der Christen, sie jagten auch den Heiligen Martin mit seinem Mantel zum Hof hinaus und schlossen die Gilde der Zelebranten,… Mehr
Toll, hat Spaß gemacht zu lesen. Und wie sagt man doch noch so….: „In jedem Märchen steckt auch ein Funken an Wahrheit“(o.s.ä.).
Köstlich – nur das anmalen ist zu kritisieren wegen Cultural Appropriation (Kulturelle Aneignung). Das ist ein schlimmes rassistisches Vergehen und der Glaubwürdigkeit in Sachen Unterwerfung nicht dienlich. Versuchte er doch damit, sich jenen, denen er sich unterwerfen wollte gleich zu machen, und das wäre in den Augen des Priesters eine Art Gotteslästerung. Es würde zudem seinen Demutsstolz schmälern. Besser wäre es, ihn sich verhüllen zu lassen.
Sehr geehrter Herr Pfarrer Zorn & Co-Autoren.
Fabelhaft diese Reportage. Ich vermute mal daß diese, und ihre und anderer Autoren Darstellungen von sich in den 7Sünden suhlenden, und 10Geboten vernachlässigenden AmtsGeschäfts-Kirchen, ihren Chefs*innen*diverse, die sich bereits in einer Vorstufe zum Elysium wähnen, nicht unkommentiert und unsanktioniert bleiben wird?
Bleiben Sie sich und ihrem Glauben treu.
Ich als Agnostikerin sehe es so:
WENN es einen Gott gibt, so WILL er es ja, dass die Menschen unterschiedlich sind (reich,arm, hell, dunkel usw.) Wenn er nicht wollte, könnte er es ja mit einem Handstreich ändern, er ist ja allmächtig. Also hat sich der Pfarrer über den Willen Gottes erhoben und wollte es BESSER machen als er. Ist das nicht hochmütig und anmaßend? Ja direkt blasphemisch? Wenn ich Gott wäre, würde ich ihn in die tiefste Hölle stoßen, damit er wahre Demut lernt!
Zu: „Sonntag – So kam es, dass sich Pfarrer Gutmann am nächsten Morgen in einer letzten, ebenso beispielhaften wie beispiellosen Solidaritätsaktion schwarze Schuhcreme ins Gesicht schmierte.“
Da hat sich Herr Gutmann etwas angemaßt. Das geht zu weit.
Schon Präsident Trudeau hat begriffen, wie schändlich es war, dass er sich vor 18 Jahren bei einem Kostümabend (Motto: Arabische Nächte) sein Gesicht schwarz färbte.
Er hat sich glücklicher Weise vielmals öffentlich entschuldigt. Das würde Herrn Gutmann jetzt sehr gut zu Gesicht stehen.
Ja, diesen naiven Dorfpfarrer gibt es wohl tatsächlich irgendwo. Aber wir wollen doch nicht vergessen, dass dies alles unter der Anweisung vom Landesbischof Hochmut und dem Kirchenleiter Dr. Habgier geschiet, die zwischenzeitlich Eintausend Euro für jedes Bett im Pfarrhaus, sowie weitere Tausend für Betreung und Verpflegung und Fünftausend Euro für die unbegleiteten Jugendlichen vom bereits fast ruinierten Staat monatlich kassieren. Auch die anderen kirchlichen Liegenschaften in der Nachbarschaft sind bereits vermietet. Zwanzigtausend Euro für das 45 qm Kellerloch nebenan. Halleluja- gepriesen sei der Herr. Und die Kollekte quilt auch über. Der Michel ist ja nicht nur Christ, sondern auch ein… Mehr
Sehr richtig. Dieses „Gutmenschentum“ der Kirche stinkt im wahrsten Sinn des Wortes zum Himmel. Würde der Staat der Kirche für jeden deutschen Obdachlosen monatlich 5000 Euro bezahlen – die Pfarrer und Bischöfe würden jeden zwangsweise unter der Brücke rausziehen….