Vom edlen Wein im gesprungenen Glas

Ist das alte gebrochene Weinglas Kirche noch brauchbar, den kostbaren Inhalt von Jesus Christus weiterzugeben – so wie ein Glas mit Sprung trotzdem noch seinen Zweck erfüllt und man aus ihm trinken kann? Oder sind die Risse in der Kirche so groß, dass sie diesen edlen Tropfen nicht mehr ausschenken kann? Das muss jeder Christ selbst in Verantwortung vor Gott entscheiden.

Eine Feier nach letzter Prüfung an der Uni. Die Stimmung ist ausgelassen. Auch der Onkel vom neuen „Master-Meister“ ist da. Er hat zur Feier des Tages einen edlen Tropfen Wein mitgebracht. Ich bekomme das letzte Weinglas. Es hat einen Sprung; und oben eine Kerbe im Rand. Doch das macht mir nichts; ich bin da nicht so pingelig. Ich will auch feierlich mitanstoßen. Und das Glas erfüllt noch seinen Zweck.

Das erinnert mich an meine Kirche. Sie ist wie das alte Weinglas, das von manchen Rissen und Kerben gezeichnet ist:

  • Schuld und Versagen in der 2000-jährigen Kirchengeschichte.
  • In der Gegenwart der Missbrauchsskandal.
  • Die Impf-Apartheidsgottesdienste.
  • Die neukirchliche Klimaideologie: „Die Klimafrage muss zutiefst unser aller Anliegen sein. Sie gehört in die Mitte (!) unserer Gesellschaft, unserer Kirche (!) und unserer Gottesdienste (!)“ (so die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus).

Ist das alte gebrochene Weinglas Kirche noch brauchbar, den kostbaren Inhalt von Jesus Christus weiterzugeben? Die Adventszeit steht für die „Ankunft“ der frohen Botschaft: Die Welt ginge verloren ohne die Hoffnung, ohne die Vergebung, ohne den Trost, ohne die Geborgenheit, die Christus schenkt als ausgestreckte Hand Gottes zu den Menschen.

Doch hat die Kirche mittlerweile so viele und große Risse bekommen, dass sie diesen edlen Tropfen nicht mehr ausschenken kann?

Der Missbrauchsskandal ist in seiner Fülle und in jedem Einzelfall unerträglich. Kranke und kriminelle Täter sind oft genug von der Kircheninstitution gedeckt und damit in ihren Schandtaten gefördert worden.

Doch zumindest hat die Kirche diesen Riss erkannt. Und sie versucht, diesen Riss abzudichten. Kirche bittet um Vergebung. Opfer werden entschädigt, hoffentlich großzügig genug. Tausende ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter werden psychologisch präventiv geschult. Vieles bleibt menschlich-allzumenschlich.

Und doch ist dieser Weg der offenen Schuldaufarbeitung ein verheißungsvoller Weg. Kann der Riss der Missbrauchsskandale beseitigt werden? Nein. Niemals. Aber er kann hoffentlich so gekittet werden, dass an dieser Stelle der heilsame edle Wein Jesus Christus nicht verlorengeht und vielleicht sogar mit seiner erneuernden Kraft gerade in diesen tiefen Wunden wirksam werden kann.

Was aber, wenn es Risse im Weinglas gibt, die die Kirche gar nicht als solche erkennt? Auf der Frühjahrs-Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland stellt ein Synodaler einen Antrag. Er wollte, dass der alte Synodenbeschluss „Impfen ist Nächstenliebe“ neu überdacht wird.

Logisch: Impfen ist eine medizinische Maßnahme, die zwischen Arzt und Patient individuell abgewogen werden muss; Impfen sollte darum nicht auf kirchlichen Synoden in medizinischer Anmaßung als quasireligiöser Akt hochgejazzt werden.

Doch der Synodale hatte mit seinem Rücknahme-Antrag keine Chance: Er wurde abgeschmettert nach dem Motto, es lohne sich nicht, mit Leuten zu sprechen, die die Erde für eine Scheibe hielten. Ende der Diskussion.

So werden Risse und Spannungen im Kirchenglas größer. Nichtwahrhabenwollen von eigenen Fehlentscheidungen ist selten eine heilsame Strategie.

Doch was ist mit Kirche, wenn sie die Risse in ihrem Glas verleugnet? Und wenn sie darüber hinaus kein Gespür mehr für ihren spirituellen Schatz Jesus Christus hat, sondern ihr gebrochenes Glas mit dem Allerwelts-Zuckerwasser von Tempolimit, Gender-Sprachverhunzung und No-Border-Illusion füllen möchte?

Ich gebe auf diese Frage folgende persönliche Antwort:

Die Bibel weiß um einen Riss, der durch alles auf dieser Welt geht; auch durch die Kirche. Darum erwarte ich von mir, von meinen Mitmenschen und auch von der Kirche keine Fehlerlosigkeit. Das ist befreiend und macht mich gelassener im Umgang mit Schwächen und Schuld.

Allerdings erwarte ich von der Kirche, dass sie in all ihrer Schuld und Fehlerhaftigkeit ein Zeigefinger auf ihren spirituellen Schatz ist: „Denn in Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Paulus im Kolosserbrief 2,9).

Ob die Risse im Weinglas Kirche mittlerweile schon so stark sind, dass das Glas für den edlen Tropfen unbrauchbar geworden ist, das muss jeder Christ selber aufgrund seiner Erfahrungen und in Verantwortung vor Gott entscheiden.

In allem trägt mich ein festes Gottvertrauen: Gott wird immer wieder neue Wege finden, dass die frohe Botschaft auf Erden ankommt („Advent“). Und wenn die Amtskirchen an dieser Aufgabe versagen sollten, dann wird Gott Steine, Berge, Täler oder sogar das Internet befähigen, auf ihn hinzuweisen.

„O Heiland, reiß die Himmel auf.
Herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloß und Riegel für.

O Gott, ein Tau vom Himmel gieß,
im Tau herab vom Himmel fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus,
den König über Jakobs Haus.

O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd.
Dass Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, hervor dies Blümlein bring,
o Heiland aus der Erden spring.“

(Adventslied von Friedrich Spee, 1622; Friedrich Spee ist auch bekannt durch seine Schrift „Buch über die Prozesse gegen Hexen“ 1631, mit der er den damaligen gesellschaftlich-kirchlichen Zeitgeistwahn der Hexenverfolgungen ad absurdum führte.)

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Kommentare ( 41 )

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Alexis de Tocqueville
1 Jahr her

Niemand erwartet von einer menschlichen Institution, göttlich zu sein. Kein Christ – und auch kein Nicht-Christ wie ich – erwartet eine perfekte, makellose Kirche.
Aber es ist schon traurig wie wenig Christen von ihrer Kirche erwarten. Nicht mal Glaube wird noch erwartet, Klima genügt. Oder gar Nächstenliebe. Impfen genügt.

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Lieber Herr Zorn,
Sie setzen bei den aktuellen Vertretern der evangelischen Kirche etwas voraus, was dort nicht mehr ist: Glaube.

Normalzeitfreund
1 Jahr her

Nach meinem Eindruck ist in der EKD der Punkt schon längst überschritten, an dem noch ein wirksamer Widerstand oder gar eine nennenswerte Gegenbewegung zur rotgrünen Ideologie möglich gewesen wäre. Deren Anhänger und Netzwerke haben die Macht in den Gremien und dominieren die Entscheidungsprozesse. Dagegen kommt man nicht mehr an. Abwendung und Austritt sind effizienter als ein aufreibender Kampf gegen die Hegemonie. Ist eigentlich ganz ähnlich wie bei der EU 😉

Axel Fachtan
1 Jahr her

Greta ist der neue Messias. Da werden sich Habeck und Bad Thing ganz schnell handelseinig.

Jesus war gestern Greta is forever.

Die Amtskirche wird zur Zeitgeistkirche des Klimas.

Alle Christen werden zu Erfüllungsgehilfen der grünen Partei.

Die Grünen sind für die Amtskirchen der allein seelig machende Gott für heute und die Ewigkeit.

Das ist kein Götzendenst sondern die einzig wahre Botschaft der neuen Herrin.

Nicht nur am Stadtschloss und in Münster gehört Christus abgehängt, sondern überall.

Wenn ihr schon abhängen wollt, dann nicht mit Christus, sondern mit Greta, Habeck und den Klimaklebern.

Last edited 1 Jahr her by Axel Fachtan
Reinhard Schroeter
1 Jahr her

Als evangelischer Christ in Mitteldeutschland reicht mir ein Blick auf das Personal, dass sich in den miefigen Amtsstuben der EKD tummelt und tummelte. Ein EKD-Vorsitzende von atemberaubender Einfältigkeit und Schlichtheit gibt es da. Dazu eine Präses – was soll das eigentlich sein und vor allem, wozu ist die nützlich? – die es für notwendig hält, andere ungefragt mit ihren sexuellen Präferenzen auf die Nerven zu fallen. Dann gibt es da noch eine Doppelnamen Bischöfin, die sich glaubt anmaßen zu müssen als Schöpfungsbeauftragte durch die Lande ziehen zu müssen. Gott hat niemandem von seinen Geschöpfen mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt… Mehr

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Die Kirchen haben immer mit den Mächtigen gekuschelt. Heute kuscheln sie nicht nur mit den Mächtigen, sondern auch mit dem Zeitgeist. Wenn die Kirchen nicht mehr bereit und fähig sind, die ewigen Wahrheiten zu verkünden, sollten sie ihren Laden vielleicht einfach schließen. Wer an Gott glaubt, wird zu ihm finden, unabhängig davon, was die Vorfeldorganisationen der Grünen so im Programm haben.

Sidon
1 Jahr her

„Das Bodenpersonal ist grottenschlecht“. Es sind halt Menschen wie alle anderen auch; wir erwarten vielleicht zu viel. Therese von Lisieux sagte einmal angesichts des wachsenden Unglaubens: „Es gibt zu wenige heilige Priester.“
Glauben an Gott ist Vertrauen und auch eine Willensentscheidung; Entmutigung ist Stolz. Die Weihnachtsbotschaft ist: „Friede auf Erden den Menschen , die guten Willens sind!“

doncorleone46
1 Jahr her

Ruck Zuck sind wir, was den Glauben angeht, um hunderten von Jahren zurück katapultiert und frönen heute wieder der Götzenanbetung. Kaum verständlich, dass die Kirchen in Deutschland dies noch unterstützen.

alex01130
1 Jahr her

Ich weiss gar nicht, wo das Problem liegt. Von Kirchen erwartet man doch Traditionspflege. Und die Tradition der Staatsnähe wird nicht erst seit der „Kirche im Nationalsozialismus“ gepflegt.

giesemann
1 Jahr her

Friedrich Spee hat sein Buch „cautio criminalis“ erst nach seinem Tode veröffentlichen lassen, zu groß die Furcht, das Schicksal derer zu teilen, die er zum Scheiterhaufen begleitete. Er schrieb: Sie waren alle verurteilt und sie waren alle unschuldig. GBS, altes irisches Lästermaul mal: Alle Berufsstände sind Verschwörungen gegen die Laien. Der älteste Beruf ist der der Schamanen, Druiden, Brahmanen, Rebbes, Priester, Pfarrer, Imame: Die wussten immer schon: Alle haben Angst vorm Tod – sie selbst auch, aber: Kann man sich damit nicht ein besseres Leben finanzieren lassen, bis es einen selbst … ? Ich bin zwar vor 45 Jahren aus… Mehr