Es ist fatal, wie ein ernsthaftes Problem, das mit Pädagogik und Menschlichkeit vom damaligen Lehrerkollegium gelöst wurde, nach 35 Jahren erneut hervorgekramt wird, um damit einen demokratischen Konkurrenten im Wahlkampf zu schwächen.
Nach dem Konfirmandenunterricht ruft jemand aufgeregt bei mir an. Am Gemeindehaus seien überall Hakenkreuze mit weißer Kreide aufgemalt; von der Tafel über das Treppenhaus bis hin am Gemäuer draußen. „Das ist total schlimm. Das Symbol eines Terrorregimes, das 70 Millionen Tote auf dem Gewissen hat, in unserer Gemeinde. Da müssen Sie hart durchgreifen. Das ist eine Schande für unsere Kirchengemeinde.“ Dann ist das Telefonat auch schon beendet.
Mit meinem Stammhirn stimme ich reflexartig zu: „Ich muss jetzt hochalarmistisch und hochemotional antifaschistisch durchgreifen.“ Viele Gemeindemitglieder würden mir begeistert Beifall klatschen. Beim radikalen Kampf gegen das Hakenkreuz hat man immer recht.
Doch dann nehme ich mir Zeit zum Innehalten und zur Ruhe vor Gott. Zu den zwei Jungs, die ich als Täter vermute, kommt mir dabei folgende Einschätzung: Es geht den beiden gar nicht um politische Agitation. Ihnen mit ihren 14 Jahren geht es um Provokation, Mutprobe, versuchte Spaßigkeit, Aufmerksamkeit erregen. Dafür ist das Riesentabu Hakenkreuz gerade recht. Warum sollte ich eine große antifaschistische Welle starten, wenn eigentlich „Pubertät“ das Thema ist? Wer bin ich? Wie bekomme ich Ansehen? Wo sind Grenzen? Was ist mein Weg?
Ich zitiere die beiden zum Gemeindehaus. Sie bekommen Putzmittel von mir und ich bestehe darauf, dass sie gründlichst ihre Schmierereien beseitigen. Unter meiner Aufsicht machen das beide schweigsam und zufriedenstellend. Am Ende verabschiede ich mich von ihnen: „Danke, dass ihr eure Schmierereien so sauber beseitigt habt. Damit ist die Sache für mich erledigt. Wenn das allerdings noch einmal vorkommt, müsste ich Kontakt mit euren Eltern aufnehmen und dick Ärger machen. Das Hakenkreuz ist ein teuflisches Symbol. Werde ich im Unterricht aufgreifen.“ Die zwei machen sich erleichtert vom Acker.
Heute stehen die beiden ihren Mann in Familie und Beruf. Politisch sind sie nicht aktiv. Einen von ihnen habe ich vor Jahren nochmal getroffen. Wir waren gut in Kontakt. Falls einer von beiden doch eine Karriere bei den Freien Wählern hinlegen sollte, würde ich mich hüten, mein Wissen an irgendwelche Klatsch- und Tratschtanten oder an die Süddeutsche Zeitung weiterzugeben. Das finde ich erschütternd, wenn ein Vertrauenslehrer die Ecken und Kanten eines ihm anbefohlenen minderjährigen Schülers nach vielen Jahren einer Zeitung verrät, damit diese damit eine Schmutzkampagne in einem Wahlkampf starten kann.
Ein Lehrer, der seine Schüler denunziert, zerstört Vertrauen und Fehlerfreundlichkeit, was im Lern- und Selbstfindungsprozess Jugendlicher fundamental wichtig ist. Die Bildungsmisere in unserem Land scheint bei den Lehrern zu beginnen. Schüler begehen Jugendsünden. Lehrer begehen Erwachsenensünden. Wenn es um „Kampf gegen rechts“ geht, scheint bei manchen Lehrern der Verstand auszusetzen. Dann regiert der gutmenschliche Hardcore aus den Tiefen des Stammhirns.
In dieser Woche bot der wohl noch minderjährige Hubert Aiwanger eine Projektionsfläche für gesellschaftliche Stammhirn-Reflexe. Selbst die AfD forderte den Rücktritt von Aiwanger, wodurch der öffentliche Rundfunk, die Süddeutsche Zeitung, BILD und AfD gemeinsame Sache machten.
Keine Frage. Das Flugblatt in Aiwangers Schultasche ist zutiefst rechtsextremistisch, menschenverachtend, widerlich und dumm. Umstritten unter seinen ehemaligen Mitschülern ist allerdings, ob überhaupt oder wie tief Hubert Aiwanger in dieser Zeit von rechtsextremistischem Gedankengut und Gehabe fasziniert war.
Ich finde bemerkenswert, wie Aiwangers Schule damals auf die Angelegenheit reagiert hatte. Aiwanger wurde nicht von der Schule geworfen. Er konnte dort ganz normal seine Schullaufbahn fortsetzen und mit dem Abitur beenden. Ein Referat über die Gräuel der Naziherrschaft soll er als Strafarbeit aufbekommen haben. Auf Aiwangers Schule scheint es 1987 einige ernsthafte Pädagogen gegeben zu haben. Aiwangers politische Karriere in einer liberalen Partei und sein Engagement für ein demokratisches Bayern gibt diesen Pädagogen nachträglich recht.
Die gegenwärtige Medienlandschaft dagegen fordert das sofortige Ende der politischen Karriere von Aiwanger. „Hier geht es um eine Jugend-Todsünde“, bringt Heribert Prantl ungeschminkt das XXL-Urteil der Linken auf den Punkt. Für mich als evangelischen Christen ist der Begriff der „Todsünde“ in diesem Zusammenhang problematisch, weil er suggeriert, dass es eine moralische Sünde gäbe, die größer als Gott und seine lebenschaffende Vergebung sei. Aber wenn das Antifa-Stammhirn die Ruder übernommen hat, dann kann sogar ein Vorzeige-Journalist wie Prantl für 16-Jährige die religiöse Kategorie einer unvergebbaren Schuld, die den Tod verdient hat, ins Spiel bringen. Mit dieser scheinbar frommen Vokabel wird die Kampagne antichristlich angeheizt, an deren Ende die politische Hinrichtung stehen muss.
Es ist fatal, wie ein ernsthaftes Problem, das mit Pädagogik und Menschlichkeit vom damaligen Lehrerkollegium gelöst wurde, nach 35 Jahren erneut hervorgekramt wird, um damit einen demokratischen Konkurrenten im Wahlkampf zu schwächen. Die Opfer der Shoah spielen bei dieser Inszenierung keinerlei Rolle; sie werden erneut für politische Suppen und Parteiengezänk instrumentalisiert. Um die Sache geht es nicht. Eigentlich alles wie immer. Stammhirn, Taktiererei und Eigennutz haben in der Politik die Regie fest in der Hand. Man könnte angesichts dieser vermeintlichen „Staatsaffäre“ zu dem Schluss kommen, dass die Bürger sich unbedingt die Grundgesetz-Demokratie zurückholen müssen.
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Danke Herr Zorn, dass Sie uns wieder mal an die wesentlichen Grundlagen des christlichen Glaubens erinnert haben. In Gottes Wort wird nur genau EINE Sünde benannt, die nicht vergeben werden kann, und zwar ist das die Behauptung, es gebe Sünden, die nicht vergeben werden könnten. Das ist Widerspruch gegen das, was uns der Geist Gottes bezeugt, nämlich dass Jesus Christus für ALLE unsere Sünde ans Kreuz gegangen ist und sie auf sich und weggenommen hat, was für alle gilt, die mit ihrer Sünde ein Problem haben und mit diesem Problem zu ihm kommen. Das gilt sogar für Nazis… Und wir… Mehr
Das Papier ist zynisch,boshaft usw. Aber eins isr es nicht rechtsextremistisch. Wenn ich an meine Schulzeit denke, worum drehte sich 90% des Geschichtsunterrichts? Um 12 Jahre Gröfaz, so als ob die deutsche Geschichte nur aus diesem Österreicher bestand. Das Ganze nicht nur einmal, nein: 1x Unterstufe, 1x Mittelstufe und einmal Oberstufe.Und wenn dann noch der passende Lehrer dazu kommt, dann hängt es allen Schülern zum Hals raus und aus Frust wird halt die ganze Sache richtig durch den Kakao gezogen, je boshafter je besser. Und genau ist dieses Papier: Es nimmt alles auf dies Schippe, vom Freiflug durch den Dachauer… Mehr
Prantl ist doch kein Vorzeigejournalist. Er ist ein linker Pharisäer und missbraucht seine juristische Ausbildung zu primitivem Aktionismus. Solche Journalisten beschmutzen den eh schon stark beschädigen Berufsstand.
Das ist kein Wahlkampf mehr, dass ist unterste Schublade. Und ich gebe zu bedenken, sollte das Schule machen, liebe Genossen. Nein, das muss geahndet werden, Pension kürzen ist das mindeste, ich kann nicht auf der einen Seite ein Fass für Schutzbefohlene aufmachen und dann sowas als Bagatelle abtun. Die SZ sollte auch öffentlich sich distanzieren.
Ausländer mit Strafregisterbonus gehen, wenn noch nicht 18, straffrei aus. Aiwanger war damals 17 und soll für den von seinem Bruder verzapften Käse strafrechtlich belangt werden?
Der angesehene Historiker Wolffssohn nennt dies in You Tube eine Sippenhaft.
Genau wie bei den Nazis.
Ich haette von dem Autor dieses Textes gern Beweise gelesen, dass die(!) AfD mit der Sudelpresse und den Blockparteien hier „gemeinsame Sache macht“. Vielleicht mag es ja tatsaechlich irgendwo eine Einzelmeinung eines AfD-Mitglieds gegeben haben, welche sich in eine andere Richtung abgesetzt hat, aber meiner Beobachtung nach hat die Gesamtpartei bzw. dessen Fuehrungspersonal zu keinem Zeitpunkt gegen Herrn Aiwanger oder die Freien Waehler geschossen, sondern sich – im Gegenteil – bewusst zuruckgehalten. Da dies allerdings unterlassen wurde, gehe ich davon aus, dass der Autor ueber keine solche Informationen verfuegt und die Gunst der Stunde genutzt hat, den Lesern Sand in… Mehr
Gerd Mannes, Fraktionsvorsitzende der afd im bayrischen Landtag, fordert den Rücktritt Aiwangers.
Leider wurden auch von AfD-Seite Rücktrittsforderungen laut was ich eigentlich (ok, man hat sich vermutlich ein paar Stimmen versprochen wenn es zum Rücktritt gekommen wäre) nicht so recht verstehe. Ich hätte eigentlich erwartet, das sich die AfD auf die Seite von Aiwanger stellt, denn damit hätte auch die AfD so richtig profitieren (in Form von Glaubwürdigkeit) können.
Was eigentlich ist mit jugendlichen linksextremistischer Verfehlungen einiger Minister in Landesregierungen? Werden die jetzt auch aufgearbeitet? Die AfD hat nach meiner Kenntnis keine Rücktrittsforderungen gestellt, das Thema aber kritisch beurteilt.
Linke Sünden, wie bei alten Maoisten, die noch im Amt sind oder andere Aufgaben vertreten und Mitbürger fast umgebracht haben, die dürfen gerne noch die große Lippe riskieren, während der gemeine Nazi eine verwerfliche Sache ist, obwohl er an solchen Sauereien nie beteiligt war und in grenzenlosem Leichtsinn etwas in Zeitabschnitten aufgeführt hat, was die Alten von damals noch vorgegeben haben, im übrigen die Kommunisten ebenso, deren Taten heute nicht mehr relevant erscheinen, wenn man den Stammtischgesprächen aus den fünfziger Jahren gelauscht hat, was nicht immer richtig war, aber auch nicht grundsätzlich falsch. Wer ist denn so dämlich und läßt… Mehr
Ergänzung:
Ja, das „Stammhirn“ der Menschen wird heute pol. instrumentalisiert.
Unter Vorschützung „höherer Moral“ werden all zu oft und all zu erfolgreich zu Vielen „niedere Instrikte“ adressiert.
Leider – habe ich beobachtet – scheint das Gleichnis von den Pharisäern im Verlauf all der „Bildungsreformen“ der letzten Jahrzehnte in vielen Hirnen „unter die Räder gekommen“. Viel zu oft und all zu willfähig sind Viele bereit „den ersten Stein zu werfen“.
Ein s e h r grundsätzliches Problem dieser Gesellschaft.
Keine Ahnung wie WER und DEM beikommen will …
Sehr sehr schön, der Beitrag! Danke. Ja sie haben recht, das Problem fängt bei den (heutigen) Lehrern an. Nicht all zu selten regelrecht „besoffen“ vom „Kampf gegen Rechts“ verlieren – Manche wenigstens – jede Vernunft und Verhältnismäßigkeit“ komplett aus den Augen. Kein Wunder. Der „Marsch durch die Institutionen“ hat vermutlich in vielen Kollegien wirklich deutlich linke Spuren hinterlassen. Und damit meine ich nicht nur die innere Kündigung, den Frust. – Und was Ignazio Silone (in den 50ern) prophezeite ist längst eingetreten (sinngemäß): Wenn eines Tages der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus» Nein, er wird sagen:… Mehr