Der Friedhof ist ein friedevoller Ort der Ruhe und der Trauer, durch eine Mauer abgeschieden von der lauten und trubeligen Welt da draußen.
Ein Friedhof in Düsseldorf an einem schönen Herbsttag im November 2020. Einige Menschen pflegen die Grabstätten mit hingebungsvoller oder pflichtbewusster Sorgfalt. Ihre Sprache der Trauer und der Liebe.
Andere gehen ihren Erinnerungen nach oder unterhalten sich gar mit dem Verstorbenen. Ihre Art tiefer Verbundenheit.
Wieder andere haben sich im laufe der letzten Friedhofsbesuche etwas kennengelernt und kommen ein wenig ins Gespräch. Das tut gut. „Hier versteht mich jemand, weil er in einer ähnlichen Situation ist.“
Und manche nutzen den Friedhof einfach als grüne Oase und Besinnungsmeile inmitten der Stadt. Der Friedhof – ein friedevoller Ort der Ruhe und der Trauer, durch eine Friedhofsmauer abgeschieden von der lauten und trubeligen Welt da draußen.
In der Nähe des Eingangs steht ein „Schaukasten“; das Aushängeschild des Friedhofsbesitzers, eine evangelische Kirchengemeinde. Mit dem Schaukasten kann die Kirche in Kontakt mit den Friedhofsbesuchern treten.
Was ist der Kirche wichtig zum Thema Tod und Trauer und Seelsorge?
Der Schaukasten wird dominiert von einem großen grellroten Plakat. Darauf stehen folgende Worte: „Düsseldorf steht für Humanität, Respekt, Vielfalt.
Rassismus, Hetze und Ausgrenzung haben bei uns keinen Platz.“
Hat die Kirche keine eigene Botschaft? Hat die Kirche im Angesicht des Todes nichts anderes als das, was auch sonst tausend mal in der ganzen Stadt plakatiert ist?
Ungewollt wird dieser Schaukasten für mich zu einem Symbol für eine ichschwache evangelische Kirche: Sie verleugnet ihre eigenen jahrtausendbewährten Goldschätze der Empathie und des Trostes und wird zur abgehalfterten Echokammer staatlicher Propaganda in staatlich-kirchlicher Symbiose.
Wenn die Inhalte des Propaganda-Plakats wenigstens noch Sinn machen würden.
„Ausgrenzung hat bei uns keinen Platz“, sagt die Kirche auf dem Friedhof. Dabei drückt die Friedhofsmauer doch das Gegenteil aus – eben genau die Sinnhaftigkeit mancher Ausgrenzung. Oder möchte die Kirche auf dem Friedhof Fußball-Grillparties und Skateboard-Slalomfahrten zwischen den Grabsteinen erlauben?
„Düsseldorf steht für Vielfalt“ – auch darüber lässt sich streiten. Versuchen Sie mal auf einem städtischen Friedhof einen Trauerfeiertermin freitags nach 13.00 Uhr zu bekommen. Wer solche Vielfalt will, der muss sich schon an private Friedhöfe wenden, wo sogar Beerdigungen um 2.00 Uhr nachts bei Mondschein möglich sind. Von den oftmals knappen Zeit-Taktungen einer Trauerfeier in großstädtischen Trauerhallen ganz zu schweigen. Auch hat die Vielfalt auf manchen Friedhöfen in Punkto Grab- und Grabsteingestaltung durchaus noch Luft nach oben.
Und wie sieht es aus mit Rassismus und Hetze auf dem Friedhof? Ist das an diesem Ort ein ernsthaftes Problem, dem der Kampf angesagt werden muss? Lassen Sie mich dazu ein Begebenheit aus meinem Arbeitsbereich in Mülheim erzählen. Als ich nach einer Beerdigung zu meinem Auto gehen will, treffe ich auf dem Friedhof einen Mann serbischer Herkunft, nennen wir ihn Herrn Ilic. Wir kennen uns von einer Diskussion in seinem Schrebergarten.
Er ist immer noch voll Hass auf Albaner und Kroaten, sogar antisemitische Töne spuckt er immer wieder aus. Ich versuche tapfer dagegenzuhalten. Doch es ist vollkommen zwecklos. Die „Diskussion“ bringt nur heiße Köpfe und kalte Herzen.
Die Trauer als Brücke. Das Wunder einer kleinen Annäherung, die außerhalb der Friedhofsmauern eventuell sogar Konsequenzen für unsere politischen Diskussionen haben könnte.
Billige Platzverweise mit roten Karten oder roten Plakaten auf dem Friedhof helfen nicht weiter. Vielleicht spüren das die Menschen. Kein Friedhofsbesucher bleibt an diesem Nachmittag vor diesem Schaukasten stehen. Auch in der DDR hatten viele Bewohner die Propaganda schon gar nicht mehr wahrgenommen. Wo vor lauter Parolen und Ideologie die Realität aus dem Blick gerät, da wenden sich die Menschen ab – die einen früher, die anderen später.
Aber irgendwie schaffe ich es noch nicht, Worte nicht beim Wort zu nehmen. Irgendwie schaffe ich es noch nicht, Schaukästen nicht ernst zu nehmen, meine Kirche nicht ernst zu nehmen. Ich bin vielleicht noch nicht ganz im Neuen Deutschland angekommen.
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Gute Worte. Sie werden auch nicht im neuen Deutschland ankommen, lieber Achijah Zorn. Zum einen wegen Ihrer guten Worte, zum anderen, weil dieses Land kein Deutschland mehr ist.
„Ich bin vielleicht noch nicht ganz im Neuen Deutschland angekommen.“ Möchten Sie das, in diesem neue Deutschland ankommen? In einem neuen Deutschland, in dem Kirchen NGOs sind, in dem ihre Bischöfe das Kreuz vor dem Islam ablegen und meinen, dies wäre Toleranz? Ich möchte nicht in diesem neuen Deutschland ankommen, dessen Parolen so verlogen sind, wie in jeder Diktatur. In dem Denunziation wieder an der Tagesordnung ist und die Grundrechtr geschleift werden. Ich persönlich halte mich an ein Gedicht des Theologen Lothar Zenetti: „Was keiner wagt, das sollt ihr wagen. Was keiner sagt, das sagt heraus. Was keiner denkt, das… Mehr
„Ausgrenzung hat bei uns keinen Platz“
Und was macht nicht nur diese Kirche genau mit diesem Satz???
Sie grenzt all diejenigen aus, die zu dem Thema anderer Meinung sind, und das oft auch zu Recht, wie Sie im Weiteren selbst ausführen!
Manchmal muss der Mensch andere Ausgrenzen, um selbst in Frieden leben zu können. Und das hat dann nichts mit böswilligkeit zu tun sondern einfach damit, dass jeder erstmal für sich selbst verantwortlich ist und sich auch verantwortlich gegenüber anderen zeigt. Und wenn dies nicht geschieht, grenzt man sich ab – oder andere aus! Nicht mehr als natürlich!
Ein wunderbarer Kommentar, danke.
Wenn man (frau/divers/extraterrestrisch) tatsächlich an Gott glaubt, kann man sagen, dass der Chef schon in Ordnung ist. Aber sein Bodenpersonal taugt größtenteils nichts. Deswegen habe ich der Kirche schon seit Jahrzehnten den Rücken gekehrt.
Mein Credo heute: Man kann heute ein besserer Christ sein ohne eine der Kirchen!
Hier bei uns in der Nordkirche wird ein Gotteshaus nach dem andern seiner Kirchenbänke beraubt. Und mit Bürostuhl-artigen Sitzgelegenheiten versehen, weil man die gut stapeln kann. Sodass die Kirche auch anders genutzt werden kann, wenn entleert, etwa für Tanzveranstaltungen, Trommelworkshops, Filmvorführungen ect. Man glaubt mit diesem etwas anderen Nutzungskonzept den Fortbestand der Kirche zu sichern. Das Gegenteil ist der Fall. Mich erinnert dies Geschehen an Sodom und Gomorrah.
Jesus kann nun nichts dafür das die Kirchen in seinem Namen Handlungen vornehmen.
Aber er hat und davor gewarnt:
„Viele werden in meinem Namen auftreten, aber es sind Wölfe im Schafspelz. An Ihren Taten werdet Ihr sie erkennen!“ – Das bestätigt sich ständig.
Die Kirche eben, da muss man keine Worte mehr verlieren. Die überholen die Kartellparteien noch links in Riesenschritten , widerlich. Gott sei Dank ist es nicht überall so. Bei uns im Osten, Kleinstadt, sind die Friedhöfe noch ! ideologiefrei. Wie lange noch?
Ein inhaltlich starker Kommentar….Licht in trüber Novemberzeit. Und mal kein Kirchenwort, bei dem man im Vorherein schon weiß, was kommt.
Diese Schaukästen sind fürwahr eine Sache für sich, so auch hier bei Kirche (evangelisch) im Viertel. Wüßte ich nicht, daß das Gebäude neben der Kirche das Pfarrhaus ist, hielte ich das für Geschäftsstelle der „Grünen“.
Friedhof: Die Tage erst machte ich Grabpflege. Oma liegt da ganz allein mit Opa, rundum alles weg, sieht aus wie ein vernachlässigter Fußballplatz. Nicht Baum, nicht Strauch. Da wäre glatt ein Schild angebracht „Ballsport und Grillen verboten“.
Schon traurig, daß Erdbestattung wohl aus der Mode gekommen ist.
Man mag daran das Absterben und Verschwinden einer Kultur ablesen.