Wie sich die EKD mit Blasphemie und Antihumanismus unglaubwürdig macht

„Gott mit uns“ oder „um Gottes willen“ mag für die Islamische Republik Iran oder leider auch für die EKD eine reizvolle Denkfigur für politische Themen sein, aber nicht für einen Christen, der liberale Demokratie und einen undogmatischen politischen Diskurs ernst nimmt.

IMAGO

Alle Jahre wieder ruft die Evangelische Kirche in Deutschland im Brustton der hundertprozentigen Selbstsicherheit dazu auf, am großen „Klimastreiktag” von „Fridays For Future“ im September teilzunehmen. Dieses Jahr hörte sich das bei der EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus so an: „Die ungebremste Erderhitzung setzt die Bedingung der Möglichkeit menschlichen Lebens aufs Spiel… Darum können und müssen wir alles tun, was in unseren eigenen Möglichkeiten steht, und zwar jetzt. Um Gottes und der Menschen willen.“ An den Demonstrationen am 15.9.2023 beteiligten sich die evangelischen Landeskirchen und die Initiativen „Churches For Future“ sowie „Christians For Future“ mit eigenen Bannern und Andachten.

Das hört sich sehr humanistisch an: „um der Menschen willen“. Das hört sich sehr fromm an: „um Gottes willen“. Da sitzt jemand bei Gott auf dem Schoß und weiß darum allzu genau, was ethisch der einzig richtige Weg ist. Frau Kurschus hatte sich schon bei der „nebenwirkungsfreien“ Corona-Impfung mit Ihrer These, sich impfen zu lassen wäre eine Pflicht christlicher Nächstenliebe, so weit aus dem Fenster gelehnt, dass sie für Menschen, die evidenzbasiert denken, aus dem Fenster gefallen ist (Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus im Faktencheck). Jetzt hängt Sie sich auch beim Klimathema sehr weit aus dem Fenster. Es sagt viel über den desolaten Zustand einer Kirche aus, wenn die Ratsvorsitzende von vielen Pfarrern für ihre tollkühnen Aussagen gefeiert wird.

Selbst wenn man ihre Ansicht teilt, dass das menschenverursachte CO2 zur baldigen Zerstörung des menschlichen Lebens auf der Erde führt, kann die Teilnahme am Klimastreik durchaus kritisch gesehen werden:

  • Ist ein kirchlicher Aufruf zur Mißachtung der Schulpflicht sinnvoll, wenn damit die Brainpower geschwächt wird, Zukunftstechnologien zu entwickeln, die für eine Energiewende notwendig sind? Oder ist es angesichts des deutschen Bildungssystems nicht schlimm, wenn man immer wieder die Schule schwänzt, weil man dort sowieso weniger lernt als auf der Straße?
  • Ist der von führenden deutschen FFF-Figuren wie Luisa Neubauer propagierte sofortige Ausstieg aus Kohle und Atom sinnvoll, wenn damit die energetische Wohlstandsbasis unseres Landes zerstört wird und damit das Geld für umweltpolitische Investitionen und Innovationen in Zukunft fehlen wird?
  • Können Deutschland oder der Westen mit ihrem Verzicht auf fossile Brennstoffe überhaupt etwas erreichen, wenn die BRICS-Staaten in die entgegengesetze Richtung gehen? Oder fördert der Westen gar mit einem Nachfrageverzicht und den damit einhergehenden sinkenden Preisen den Verbrauch von fossilen Brennstoffen in anderen Ländern?
  • Führt das angestrebte Aus für fossile Brennstoffe dazu, dass die Förderländer dieser Brennstoffe ihren Schatz jetzt noch schneller aus dem Boden holen, damit er in Zukunft nicht wertlos wird, wodurch der Ausstoß von CO2 nur zeitlich vorgezogen wird?

Die EKD-Ratsvorsitzende scheint sich nicht vorstellen zu können, dass es bei der FFF-Bewegung Klima-Symbol-Handlungen gibt, die zwar ein reines Gewissen und ein gutes Glaubensgefühl erzeugen mögen, die aber angegesichts systemischer Marktmechanismen tatsächlich für die CO2-Reduktion nichts Gutes bewirken.

Wenn Frau Kurschus „um Gottes willen“ zur FFF-Demonstration aufruft, dann müsste sie eindeutig und zweifellos mit der Heiligen Schrift und mit Jesus Christus begründen können, warum ein Christ aus religiösen Gründen an diesen umstrittenen Demonstrationen teilnehmen muss, um damit auf der Seite Gottes zu sein. Wenn jedoch bereits die wenigen obigen kritischen Anfragen zeigen, dass selbst ein CO2-klimabewegter Christ den Demonstrationen kritisch gegenüberstehen kann, dann handelt es sich bei den Aussagen von Frau Kurschus um Blasphemie. Denn das ist ein Missbrauch des Namens Gottes, wenn man einen offenen gesellschaftlichen Diskurs vernunftlos abwürgt, indem man seine eigene politische Meinung zum einzig göttlichen Weg stilisiert. Das dritte der Zehn Gebote mahnt: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ (2. Mose 20,7), um damit politische Gegner ohne hinreichende biblische oder vernünftige Begründung ins vermeintlich ungöttliche Abseits zu stellen.

Die Geschichte lehrt uns, dass es für die Kirche immer katastrophal geendet hat, wenn sie wichtige und notwendige Streitfragen mit dem Rekurs auf Gott unterdrückt hat.

„Gott mit uns“ oder „um Gottes willen“ mag für die Islamische Republik Iran oder leider auch für Frau Kurschus eine reizvolle Denkfigur für politische Themen sein, aber nicht für einen Christen, der die liberale Demokratie und den undogmatischen politischen Diskurs ernst nimmt.

Auch das scheinbar humanistische Anliegen von Frau Kurschus entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Nebelkerze. Wenn die EKD-Ratsvorsitzende uns dazu auffordert, „alles (!) zu tun, was in unseren eigenen Möglichkeiten steht, und zwar jetzt“, dann führt das zu Ende gedacht dazu, dass man in Deutschland das Einkommen aller evangelischen Pfarrer und Kirchenmitarbeiter, ja aller Menschen auf Sozialhilfeniveau absenken muss, denn ein höherer Lebensstandard steigert unnötig den CO2-Verbrauch. Ja, selbst ein kollektiver Selbstmord kann mit diesem Satz von Frau Kurschus begründet werden. Der Mensch als Produzent von CO2 wird zum großen Störfaktor in einer Welt, die ohne den Menschen klimatisch viel gesünder wäre. Der Aufruf zum Gebärstreik vieler Klima-Aktivisten zeigt, dass die Klimabewegung suizidale Züge hat. Es ist meines Erachtens naiv, wenn sich die Kurschus-EKD im Namen der Humanität kritiklos in die Arme einer antihumanistischen Weltuntergangs-Sekte wirft.

Panikerzeugende Propaganda-Begriffe wie „Klimaerhitzung“ und totalitäre Aussagen wie „wir müssen ALLES tun, und zwar JETZT“ helfen nicht weiter, selbst wenn führende Kirchenleute solchen Klima-Radikalismus fromm oder humanistisch bepinseln. Es geht um technische Fortschrittsprozesse und diffizile Abwägungsprozesse der weltweiten Staatengemeinschaft, die den umweltpolitischen Schaden reduziert, den die weiterwachsende Erdbevölkerung von 8 Mrd Menschen unausweichlich anrichtet.

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Kommentare ( 42 )

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RauerMan
1 Jahr her

Die Kirchen bringen keinen realistische Beitrag zu den Themen der Zeit.
Noch schlimmer wird empfunden, daß sie Leute von ihren dogmatischen Ansichten überzeugen möchte,und das schon zwangshaft, da sie ja die besseren Menschen sind. ?

Rene Meyer
1 Jahr her

Die evangelischen Kirchen können sich nicht mehr befreien aus der satanischen Umklammerung und die damit einhergehende Verklammerung aller Mainstream-Themen nicht mehr auflösen. Sie glauben nicht mehr die Wahrheit, haben die Liebe verloren, den heiligen Weg verlassen und sind verdammt auf alle Ewigkeit. „Der Frevler aber wird kommen durch das Wirken des Satans mit großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern und mit jeglicher Verführung zur Ungerechtigkeit bei denen, die verloren werden. Denn sie haben die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen, dass sie gerettet würden. Und darum sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, dass sie der Lüge glauben, auf dass… Mehr

Wilhelm Rommel
1 Jahr her

Viele von uns werden den schönen jüdischen Witz kennen (ich glaube ihn bei Salcia Landmann gelesen zu haben), wo der kleine Moritz in Begleitung seines Vaters auf eine Kirche zu spaziert. Moritz (naseweis-stolz auf sein frisch erworbenes Schulwissen) zum Vater: ‚Tateleben, da vorn ist das Haus Gottes!‘ Vater tadelnd zum Sohn: Aber Moritzchen, das stimmt doch nun überhaupt nicht!!! Wohnen tut G’tt im Himmel – da vorne hat er nur eines seiner Geschäfte!‘
Heute müsste man ergänzen: „da vorne hat er eines seiner Geschäfte, bei denen allen er bald schon Bankrott anmelden muss, weil die ganze Belegschaft nix taugt!!!“

Last edited 1 Jahr her by Wilhelm Rommel
Dr. Rehmstack
1 Jahr her

Es ist erschütternd zu beobachten wie die intellektuelle Kraft und theologische Tiefe des Protestantismus eines Bonhoeffer, Niemöller, Barth, Tödt bis Huber in die Hände von Kanzelschwalben gelangt ist, für die Wilhelm Busch schon die passende Verse gefunden hatte:
Allzu oft paart sich im Gemüte,
Dämlichkeit mit Herzensgüte

Reinhard Schroeter
1 Jahr her

Allein die Vita von Kurschuss spricht Bände.
Eine Westdeutsche , gesegnet mit mangelnder Inteligenz, dafűr aber mit um so mehr bundesdeutscher Herrenmenschen-Moral , die sie in ihrer Einfältigkeit glaubt, ständig vor sich her tragen zu műssen um das was ihr fehlt, nämlich Verstand , kaschieren zu müssen.
Was soll das für eine Kirche sein, wo sich so etwas an der Spitze der selben tummeln darf ?
So eine wie die weiss nicht einmal was Blasphemie und Antihumanismus überhaupt ist.
Es bleibt einem nichts weiter als sich angewiedert abzuwenden.

Kristallo
1 Jahr her

Die Kirchen sind in der Hand von Funktionären die nicht verstehen, dass ihre Aufgabe nicht im Nachplappern politischer Rederei, sondern in der Vermittlung von Seelsorge bzw. von Spiritualität als Sorge für das Heil der Seele besteht. So wie die gegenwärtige Politik sich gegen die Interessen der Bürger richtet, richtet sich die Amtskirche gegen die wirklichlichen seelischen Bedürfnisse der Menschen.

Mike76
1 Jahr her

Ich befürchte, dass Annette Kurzschluss noch nicht genug alarmiert von den Kirchenaustritten ihrer Schäfchen ist. Ihr und ihrer konfusen Glaubensgemeinde wird das stetige Einmischen in Staatsangelegenheiten und das „Männchenmachen“ vor den NGOs schon bald gehörig um die Ohren fliegen. Kirche hat ihre eigenen Themen, und davon reichlich viele, aber aus der Politik und den Verwirrungen der Zeit sollten sie sich tunlichst raushalten. (Selbst-)Kritik wäre angebracht.

Last edited 1 Jahr her by Mike76
Guenter Lederer
1 Jahr her
Antworten an  Mike76

als Ausgleich für die fehlenden Steuerzahler gibts dann Unterstützung als eigenständige NGO.

Reinhard Schroeter
1 Jahr her
Antworten an  Mike76

Wer den Götzen einer Wüstensekte mit Gott gleichsetzt, den gehen die Autritte aus der EKD am Allerwertesten vorbei. Für den kommen mit jedem Tag, den der Herr werden lässt, genúgend neue Gläubige ins Land.

h.milde
1 Jahr her

In welchen der Kreise von Dantes Inferno werden diese Person & Komplizen von Gott verleugnenbden Amts & Geschäftskirchen dereinst kommen, oder wird für diese ein neuer Höllenkreis geschaffen werden müssen?

Deutscher
1 Jahr her

Erst wenn Kurschus sich in eine einsame, unbeheizte, ohne technische Hilfsmittel selbt errichtete Lehmhütte zurückgezogen hat und dem klimaschädlichen Lebenswandel moderner Art vollständig entsagt, auf alle Industrieprodukte ausnahmslos verzichtet, ebenso auf jeder Art von technischen Fortbewegungsmitteln, ausschließlich von selbst erzeugtem Gemüse und von Hand aufgesammelten Gaben der Natur lebt und sich in nichts kleidet, was die Natur nicht unverarbeitet zur Verfügung stellt, erst dann werde ich ihr glauben. Dasselbe gilt für alle anderen Klimaprediger, Klimasekten, Klimaparteien, Klimajournalisten, Klimakleber, Klimahüpfer und Klimaschulschwänzer.

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Kuestensegler
1 Jahr her

Da der ökologische Fußabdrücke eines Afrikaners in Deutschland ein Vielfaches des Ressourcenverbrauches in seiner Heimat beträgt und die EKD-Kreuzfahrer im Mittelmeer Unmengen an Kraftstoff verfeuern, müssten die sogenannten Rettungsaktionen sofort eingestellt werden.

Last edited 1 Jahr her by Kuestensegler