Bei den Parteislogans zur Bundestagswahl geht es um politisch-ideologisch motiverte Sprach- und Denksteuerung. Über Wirkung und vielleicht ungewollte Nebenwirkungen des grünen Mottos „Ein Mensch. Ein Wort.“
Vor jeder Bundestagswahl engagieren die Partein beste und teuerste Marketingagenturen und Wortakrobaten. Diese sollen die Partei emotional ins goldene Licht der Wählergunst rücken.
Bei den Grünen ist folgender Slogan herausgekommen. „Ein Mensch. Ein Wort.“ Das ist kurz und bündig. Vier Wörter, das kann man sogar in Zeiten der Wörterdiarrhöe behalten.
Durch die Anlehnung an das deutsche Sprichwort „Ein Mann, ein Wort“ kommt rüber: Wie ein ehrbarer Kaufmann mit edler Berufsethik fühlen sich die Grünen an das gesprochene Wort gebunden. Die Grünen sind eine Partei, auf die man sich verlassen kann. Ihr Wort zählt.
Die Grünen versprachen den Ausstieg aus der Atomkraft.
Und sie haben geliefert.
Die Grünen kündigten in Klimaradikalität die Zerstörung unserer fossilen Industrie an.
Und sie haben geliefert.
Die Grünen predigen die unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen zulasten der Einheimischen.
Und sie haben geliefert.
Die Grünen meinen es ernst mit dem „Kampf gegen Rechts“.
Und sie haben geliefert. Allein Habeck und Baerbock haben über 1500 Bürger wegen Beleidigung angezeigt.
Die Grünen befürworten die totale Ergebenheit in die Genderideologie.
Und sie haben geliefert. Allein schon, indem sie das ursprüngliche „Ein Mann, ein Wort“ zu „Ein Mensch. Ein Wort“ gendern, wird die Überwindung des Patriachats und der Geschlechtlichkeit hin zur universalen Menschlichkeit und Humanität unterstrichen.
Auf die Grünen kann man sich verlassen, wie kaum auf eine andere Partei. Die tun, was sie sagen. Lediglich bei den Waffenlieferungen in Kriegsgebiete sind die Grünen von ihrem ursprünglichen Kurs um 180 Grad abgewichen. Doch die Grünen haben es geschafft, diese Wortbrüchigkeit positiv umzudeuten: „Wir sind lernfähig. Wir geben sogar Fehler zu. Wir sind halt menschlich. Wir sind halt die Guten. Wir sind jetzt die zuverlässigen Olivgrünen im Fleckentarn, die heute alle zur Bundeswehr gehen würden und die den Bundeswehrhaushalt verdoppeln werden. Ein Mensch. Ein Wort.“
Es fällt auf, dass es bei dem Slogan der Grünen nicht um die Wähler geht. Deutschland und die Deutschen kommen nicht vor. Es geht ausschließllch um die Verlässlichkeit der Partei. Klar, eine moralinsaure Partei der Weltrettung kann nicht individuelle Freiheiten oder Menschen mit ihren primitiven Bedürfnissen nach Wohlstand in den Mittelpunkt stellen.
Es geht um die Partei und um den einen Menschen, der unumstritten Chef dieser Partei ist: Robert Habeck. Auf ihn ist der Wahlkampf ausgerichtet. In geschichtsträchtiger und nicht gerade demokratischer Manier wird ohne Genehmigung das Siegestor in München parteipolitisch instrumentalisiert und mit einem Portrait von Robert-Habeck angestrahlt. „Ein Mensch. Ein Wort.“
Damit bekommt der Slogan der Grünen einen Subtext, der eigentlich nicht gewollt sein kann, der aber vielleicht doch nicht ungewollt ist: „Ein Mensch. Ein Wort. Ein Führer.“ Es ist ein Paradox dieses Wahlkampfs, dass die Partei, die strikt gegen Rechts ist, den stärksten Führerkult in ihrer Partei aufgebaut hat. Auf Twitter besteht das „Team Habeck“ aus Tausenden von Papagei-Accounts, die anbiedernd und untertänig die immer wieder gleiche Propaganda auf ihren Parteichef posten: „Anhänger rennen Habeck in Lübeck die Bude ein. Kann ich verstehen. Er ist einfach der Beste. Team Habeck.“ Mit solch argumentationsfreier führerzentrierten Echolalie in Endlosschleife meint man, die Algorithmen von Twitter überlisten und Andersdenkende überzeugen zu können.
Auch Annalena Baerbock fügt sich geschmeidig in die neue Parteienhierarchie ein. Bei der Eröffnung des grünen Bundeswahlkampfes in Lübeck läuft sie sportlich elegant auf die Bühne und umarmt ostentativ den unangefochtenen ersten Mann. Ein Signal der Eintracht und Ergebenheit, das jeder versteht. Damit leuchtet kurz ein anderer Subtext des grünen Wahlkampfslogans auf: „Ein Mann. Ein Wort. Eine Frau. Ein Wörterbuch.“ Die lustigen Redewendungen von Baerbock sind weltweit ins Wörterbuch eingegangen: „Bacon of hope“ (= Schinken der Hoffnung), die für Russland notwendige „360-Grad-Wende“, „Länder, die Hunderttausende von Kilometern entfernt sind“.
Doch solcher Wörterbuch-Quoten-Feminismus ist mit Robert Habeck Vergangenheit. Jetzt gilt die neue Wahrheit. „Ein Mensch. Ein Wort.“ Als Pfarrer muss ich dabei auch an ein wunderbares weihnachtliches Bibelwort denken, selbst wenn das von den Grünen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht beabsichtigt ist: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort (…) Und das Wort ist Mensch geworden und es wohnte mitten unter uns“ (Johannes 1,1.14). Die Grünen sind zwar in Bezug auf die klassischen Religionen (Christentum oder Islam) relativ uninteressiert oder gar ignorant. Aber in Bezug auf ihre eigene Partei finden sich erstaunlich religiöse Züge: Sie kultivieren eine apokalyptische Grundhaltung mit festem Glauben an ihre messianische Retterpartei und Retterfigur, die der ganzen Welt die Erlösung bringt.
So betont Habeck öffentlich auf seinem Parteitag 2024, sogar mit dem Blick über Deutschland hinaus: „Wir müssen immer die Mehrheit organisieren (sic!). Das heißt aber auch, uns dienend in den Dienst der Mehrheit stellen.“ Die Grünen ringen nicht politisch-demokratisch um Mehrheiten. Bei ihnen geht es um die Organisation der Mehrheit im Dienst der weltweiten grünen Wahrheit. Der Slogan „Ein Mensch. Ein Wort.“ hat eine Dimension, die über die Politik hinausreicht in den Bereich des Überparteilichen und Religiösen.
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