Der Anteil der Amish-Mennoniten an der US-Wahl

Die Amish nehmen sonst nicht an politischen Wahlen teil. Staatsferne liegt seit ihren Anfängen 1693 in ihren theologischen Genen. Doch 2024 bei der US-Präsidentenwahl war alles anders. Was hat die Amish so aufgeregt, dass sie als Glaubensgemeinschaft diesen neuen Weg eingeschlagen haben?

Eine interessante christliche Konfession sind die Amish-Mennoniten in den USA; eine kinderreiche wachsende Glaubensgemeinschaft mit ca. 300.000 Anhängern vor allem in Pennsylvania. Sie lehnen Autos ab und bevorzugen Pferdekutschen. In ihrer Kleidung sehen sie aus, als kämen sie gerade aus den Vitrinen des Heimatmuseums.

Früher dachte ich, dass die Amish aus religiösen Gründen so leben würden. Doch der Amish-Tourguide klärte mich auf: „Dass wir Trecker, Smartphones und Insektenspritzmittel ablehnen, das hat nichts mit unserem Glauben zu tun. Das ist einfach unsere Lebensart, wie wir sie von unseren Vätern übernommen haben. Das hat sich für uns bewährt. Warum sollten wir das ändern? Wir lehnen moderne Dinge nicht prinzipiell ab. Unsere Gemeinde hat sogar ein Telefon. Das dürfen alle in bestimmten Notfällen mal benutzen. Aber wir kommen ohne Impfungen und Fox-News und CNN sehr gesund und vital durchs Leben.“ In den Häusern der Amish singen vier Generationen unter einem Dach mehrstimmig geistliche Lieder.

Das Verhältnis der Amish zum Staat ist äußerst reserviert. Die Amish mögen keine staatlichen Schul-, Erziehungs- und Indoktrinationssysteme; als radikale Friedenskirche lehnen sie Militärdienst prinzipell ab. Die Amish mögen den Staat nur, sofern er sie schlicht und einfach in Ruhe lässt.

Umgekehrt lassen die Amish den Staat in Ruhe. Der Touristenführer erklärt: „Nur wenige Amish wählen. Das war schon immer so. Nur ein Nachbar von mir wählt. Wegen der Abtreibungsfrage. Gott liebt Kinder nicht erst mit der Geburt. Mein Nachbar betrachtet Wählen darum als seinen Auftrag von Gott und hat sich deshalb schon lange in die Wählerliste eintragen lassen; aber wir anderen Amish stehen dem skeptisch gegenüber. Wir können nicht anderen Menschen unseren Lebensstil und unsere Liebe zu Kindern aufzwingen. Solange der Staat nicht in unser Kinderkriegen eingreift, kann der Staat in den USA machen, was er will. Der Staat kann sogar Männer zu Frauen erklären, solange er uns Amish mit diesem modischen Mist in Ruhe lässt.“

2024 ist jedoch etwas bahnbrechend Neues passiert. Tausende Amish haben sich zum ersten Mal in die Wählerlisten zur Präsidentenwahl eintragen lassen. In Konvois sind sie mit ihren Pferdekutschen in die Wahllokale gefahren. Und das nicht still und zurückhaltend, wie es eigentlich ihre Art ist. Mit großen Trump-Fahnen an ihren Kutschen haben sie ganz parteiisch keinen Hehl aus ihrer Wahl gemacht. „Wir alle wählen Trump, nur Trump.“ Elon Musk twitterte dazu: „Ich nehme an, dass nicht viele Amish auf dieser Plattform X sind. Aber kann ihnen irgendjemand sagen, dass wir ihre Unterstützung sehr schätzen?“ Musk wusste, dass die Amish im hart umkämpften Swing State Pennsylvania wahlentscheidend sein könnten.

Was hat zu diesem Wandel im Wahlverhalten der Amish geführt, der in ganz Amerika erstaunt zur Kenntnis genommen wurde?

Es waren keine intellektuellen Gedankenspiele, keine neuen theologischen Erkenntnisse oder gar aufgeputschte Amerika- oder Weltrettungsphantasien. Es ging gut amerikanisch um alltagspraktische Fragen. Die Biden-Harris-Regierung und ihre „Food and Drug Administration“ (FDA) haben Amish-Farmer massiv unter Druck gesetzt, weil sie unpasteurisierte Milch an Nachbarn oder Freunde verschenken oder an Kunden verkaufen. Der Tiefpunkt war eine polizeiliche Durchsuchung und Beschlagnahmung von Milchprodukten in einer kleinen Molkerei der Amish. Das hat die Amish empört und politisch aufgeweckt. „Wir haben Kühe und wir trinken und verarbeiten Rohmilch seit hunderten Jahren. Wir sind weit gesünder als der Durchschnitt der Amerikaner. Wie kommt ein Staat dazu, uns das verbieten zu wollen? Kein Mensch ist gezwungen, unsere Milch zu trinken. Es gibt überall Lebensmittelgeschäfte. Die bieten Milch an, die der pasteurisierten Propaganda der Gesundheitsbehörde FDA entspricht. Wir Amish aber trinken die Milch, wie wir es von unseren Vätern gelernt haben und wie es sich über Jahrhunderte bewährt hat. Wer das nicht will, kocht sie sich halt einfach selber ab.“

Ein Amish-Handwerker ergänzt: „Wir Amish sind fleißig und arbeiten in kleinen selbständigen Betrieben. Als Farmer, als Handwerker, als Touristenguides. Wir sind Geschäftsleute. Und auch Trump ist ein Geschäftsmann. Wir stimmen nicht in allem mit ihm überein. Aber als Geschäftsmann versteht er uns im Innersten. Wir brauchen Freiheit. Überregulierung nimmt uns die Luft zum Atmen. George Washington hat den Staat nicht auf Bürokratie, sondern auf Freiheit aufgebaut.“

Die Amish äußern sich erstaunlich amerikanisch. Sie stehen für ihren eigenen amerikanischen Traum: „Vom Tellerwäscher zum Amish-Tellerwäscher, der vom Staat nicht vorgeschrieben bekommen möchte, wie pasteurisiert das Spülwasser sein muss.“

Das ist Demokratie. Menschen dürfen ihre ganz indivdiuellen Kriterien bilden, mit denen sie ihr Nichtwählen oder ihre Wahlentscheidung treffen. Diese Kriterien brauchen für andere Menschen nicht nachvollziehbar zu sein. Bei den Amish spielt unpasteurisierte Milch auf jeden Fall eine größere Rolle als Raumfahrtprogramme zum Mars.

Trump hat meines Erachtens in diesem Wahljahr mehr liberale Kräfte in seinem innersten Team um sich gesammelt als 2016. Mal schauen, ob diese den Amish die Freiheit liefern können, die diese für ihre Kleinbetriebe und ihren staatsfreien Milchgenuss bestellt haben.

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Kommentare ( 51 )

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51 Comments
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Carl22
1 Monat her

Anfang der 70er Jahren war Amish ein Thema u.a. in der fortschrittlichen Pädagogik (Summerhill usw.). Amish meiden neben dem Pasteurisieren aber auch den Reißverschluß und beherrschen dafür die Kulturtechnik des Zuknöpfens! Jahrzehnte später lernte ich Nähen und Schneidern, und daß das Anfertigen von Knopflöchern und der Verschluß von Stoffteilen durch Knöpfen zum Schönsten und Anspruchvollsten des textilen Handwerks gehört. Auch das Schnüren mit Schnürsenkeln gehört zu diesem Bereich. Reißverschluß und Klettverschluß sind zwar „praktisch“, ein Mieder mit Klettverschluß bleibt für jeden echten Kavalier dennoch den Eisguß der Erotik.Vielen vielen Dank für diesen bemerkenswerten Artikel von Herrn Zorn. I like amish.

Retlapsneklow
1 Monat her

Wo die Grünen hindrängen, machen die Amish-Leute freiwillig. Gelungen!

AnSi
1 Monat her

Die Amish sind auch als Hilfstrupp nach North Carolina gefahren, als Helen dort alles verwüstete. Mit ihren Kutschen und Pferden/Mulis konnten sie Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete bringen. Sie haben also auch mitbekommen, dass vom Staat dort keine Hilfe kam. Trump und Musk waren die ersten, die halfen! Auch das war ein Punkt, der sie dazu anregte, an der Wahl teilzunehmen.
Hier in Ohio, wo ich lebe, gibt es auch einige kleine Amish-Dörfer. Auch sie haben hier zum ersten Mal gewählt. Trump.

Last edited 1 Monat her by AnSi
Manfred_Hbg
1 Monat her

Zitat: „Wir können nicht anderen Menschen unseren Lebensstil und unsere Liebe zu Kindern aufzwingen.“

> Welch klugen und weisen Worte. Die sollten sich man auch mal gewisse andere Gesellschaftsteile zu Gemüte führen.

Und anbei bezüglich der Milch gedacht: Man, waren das noch Zeiten, als ich als kleiner Bengel mit der Blechkanne zum Milchmann mußte und der dann den Hebel der Handpunpe hin und her drücke um meine Blechkanne mit Milch zu füllen.

Übrigens: die leckere Dickmilch ist mir auch in guter Erinnerung geblieben.

NinMV
1 Monat her
Antworten an  Manfred_Hbg

Obwohl die Milch Anfang der 1960 iger auch schon pasteurisiert war, in Glasflachen mit einem weichen Alu Deckel , war Dickmilch herstellen,allein duch Stehenlassen eines Tellers mit Milch offen über Nacht , kein Problem. Stellen sie heute mal einen Teller Milch über einen gewissen Zeitraum auf,dann bekommen sie was weiß ich,aber keine Dickmilch.

Retlapsneklow
1 Monat her

Zum Glück gibt es keinen Zwang, unpasteurisierte Milch mit dem Risiko von pathogenen Keimen incl. Fäkalkeimen trinken zu müssen, u.a. Staphylokokken, Salmonellen, Listerien. Unpasteurisiert = Leichtsinn ohne Nutzen! Die Lebensart der Amisch-Leute sei ihnen in Freiheit überlassen. Das muss deswegen aber nicht klug und vorbildlich sein. Sie leben wie vielleicht vor 200 Jahren, aber den Fortschritt seit der Steinzeit bis dahin verschmähen sie ja nicht. Aus welchem unersichtlichen Grund ist das Leben von vor 200 Jahren gerade das maßgeblich richtige aber nicht das in der Steinzeit und auch nicht das heutige? Man könnte vom Heute die vorteilhaften Dinge genießen und… Mehr

Last edited 1 Monat her by Retlapsneklow
verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Retlapsneklow

„…Ungeimpft sind dann 80% tot…“

Bei Corona (Pest 2.0!) hat man sogar von nahezu 100% gesprochen.
Zitat Jens Spahn in 11.2021:
(…) geimpft, genesen, oder gestorben!
Keine Ahnung, wie viele damals genesen, oder geimpft waren, aber ich lebe immer noch. Und ich bin nachweislich weder genesen, noch geimpft!

Retlapsneklow
1 Monat her
Antworten an  verblichene Rose

Ja, ja. Es gibt gar keine Krankheiten und erst recht keine schlimmen. Pest ist mit Corona gleichzusetzen, also nichts. Ein wahrer Übermensch, der gegen alles gefeit ist!

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Retlapsneklow

Warum so ungehalten?
Ich mache eben nur nicht alles mit, was mir von „oben“ als Krankheit vorgeschrieben wird.
Und dass es keine Krankheiten gäbe habe ich mit keinem Wort behauptet.
Vielleicht ist der Kelch daher nur an mir vorbei gegangen, weil ich an keinem dieser „Corona-Gottesdienste“ (Impfungen) teil genommen habe.
Aber darüber wird ja leider immer noch gestritten.

Retlapsneklow
1 Monat her
Antworten an  verblichene Rose

Doch, Sie haben die Pest relativiert, in dem Sie nur auf Corona abgehoben haben, während ich von Schlimmerem sprach, das theoretisch kommen könnte. Was machen Sie, wenn die Pest kommt, und die Regierung sagt „Pest“. Ist es dann wieder nur Corona?

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Retlapsneklow

Die Pest ist auch Dank der Pockenimpfungen zumindest in Europa ausgerottet! Letzter Ausnahmefall: 1978 in England, wegen eines Laborunfalls!
Trotzdem habe ich die „Pest“ nicht relativiert, sondern wie Sie von Impfungen gesprochen, die es gegen Pocken in Deutschland zuletzt bis 1976 gab, in der ehemaligen DDR noch bis 1982.
Irgendwas muss also die damaligen Verantwortlichen von einer gewissen Hysterie befreit haben, nicht wahr?

Deutscher
1 Monat her

Was war denn wrong mit meinem Statement, Herr Pfarrer? 😟

Retlapsneklow
1 Monat her
Antworten an  Deutscher

Was war? Von Freiheit geredet, das Gegenteil gemacht?

achijah
1 Monat her
Antworten an  Deutscher

Ich verwalte nicht die Kommentare zu meinen Artikeln. Manchmal kommen leider auch manche Kommentare von mir nicht durch die Schranke der Arbeitsbelastung. Das hat nichts mit „wrong“ zu tun.

Gabriele Kremmel
1 Monat her

Völlig nachvollziehbar. Einen solchen Freiheitsbegriff kennen die meisten Deutschen gar nicht. Sie wollen Vorschriften und Regularien und denken, dann wären sie sicher.

Mausi
1 Monat her

Die Amisch wehrten sich anscheinend gegen etwas, was wir hier gar nicht mehr bemerken. Was bei uns „normal“ ist: Einmischung in unser Leben fürs Klima, für die Gemeinschaft, gegen Pandemie, fürs E-Auto.
Wieso gibt es bei uns keine Gemeinschaften, die wie die Amisch funktionieren? Keine Gemeinde zeigt, wie Bio funktionieren kann, keine Gemeinde zeigt, wie Strom aus Biogas, Wind und Sonne funktionieren kann, keine kleine Einheit bildet sich und zeigt, wie das funktionieren kann, was sie der Gemeinschaft insgesamt vorschreiben und vorschreiben wollen.

Last edited 1 Monat her by Mausi
Andreas Meier
1 Monat her
Antworten an  Mausi

In der BRD wird für alles eine Genehmigung gebraucht. Biogas? Nur zertifizierte Anlage. Heizung mit Holz? Ach nee. Eine Scheune bauen? Bauamt. Pferd? Impfen beim Tierarzt. Hühner? Seuchenüberwachung. Landwirtschaft? Online-Meldung bei der EU. undsoweiter. Das Land steht sich selbst im Weg. Und „BIO“ ist nur der Windquirl im Wald.

Nibelung
1 Monat her

Nun mag man ja über diese Menschen denken was man will, aber sie stören niemand und besinnen sich auf Gott und sich selbst und nicht alles neue muß immer besser sein, denn es gibt noch viele Dinge im Leben im Gebrauch die uralt sind und auch verwendet werden, weil es immer noch sinnvoll erscheint und außerdem fallen sie ihren Mitmenschen nicht zur Last, weil sie autark sind und das ist doch ein weit besseres Zeichen, als die Verwaltung von Leuten, die in ihrer Wohnung sitzen und sich reichlich überflüssig fühlen. Interessant aber ist doch das große Schild am Pferdewagen, wo… Mehr

AnSi
1 Monat her
Antworten an  Nibelung

Ja, das Schild wäre in D sicher ein Problem. Hier in den USA darf man noch zeigen, welchem Lager man angehört. Bei uns in der Nachbarschaft standen unzählige „Harris+Walz“ Schilder in den Vorgärten. Autos hatten Aufkleber am Heck. Als Trump-Anhänger musste man da echt schwer an seiner Beherrschung arbeiten ;-). Aber trotz der unterschiedlichen Ansichten spricht man hier miteinander, verurteilt nicht, sondern lässt dem anderen seine Meinung. An der politischen Einstellung scheitern hier keine Freundschaften. Man grüsst sich, spricht miteinander und hilft. Momentan hängen an beinahe jedem Haus Amerika-Flaggen, da morgen der Veterans Day gefeiert wird. In D wäre es… Mehr

Alfons Kuchlbacher
1 Monat her

Und bitte nicht Scott Presler vergessen.

achijah
1 Monat her
Antworten an  Alfons Kuchlbacher

Er (aus dem Trump Wahlkampf-Team) hat ja den Amish nur Mut gemacht, sich politisch in Wahllisten registrieren zu lassen. Den Boden dafür „erfolgreich“ gepflügt hatte die Biden-Harris-Administration und ihren übergriffigen Regulierungen.