Verstehen Sie den Hass auf die Juden?

Hass auf die Juden, Hass auf Israel: Das ist Hass auf die Moderne, auf den „Westen“, wenn man so will. Warum aber der Hass auf Israel außerhalb der arabischen Welt? Könnte es sein, dass auch das Hass auf die Moderne ist, auf die Marktwirtschaft, auf das, was sie „Kapitalismus“ nennen?

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Studenten an der University of Washington in Seattle, Washington, USA, 25. Oktober 2023

Ich verstehe den Hass auf „die“ Juden nicht. Einzelne mögen unangenehm sein, aber das ist kein Grund für Hass. Religiöse Orthodoxie gefällt mir nicht, wo immer sie anzutreffen ist. Aber daraus leitet sich kein Hass ab. Vor allem kein mörderischer. Und darüber, über den mörderischen Hass, wäre zu reden, nicht über „Antisemitismus“ – das ist mittlerweile eine allseits eingesetzte Moralkeule.

Hass also. Auf die arroganten Juden, die glauben, sie seien etwas Besseres, gar das „auserwählte Volk“. Das widerspricht, gewiss doch, dem Anspruch des Islam. Doch was arabische Muslime betrifft, so wäre mit Neid manches weit besser erklärt. Mit Neid auf die zionistischen Pioniere, mit denen begonnen hat, was das israelische Wunder ist: die Wüste zum Blühen zu bringen. In einem winzigen Land, umgeben von Feinden, unter den miesesten Ausgangsbedingungen wirtschaftlich erfolgreich zu werden. Dazu passt, dass die Hamas vieles an Infrastruktur, was die Israeli im Gazastreifen hinterlassen haben, zerstört hat, etwa die Kanalisation. Wasserrohre zu Bomben: Das fanden die Fanatiker passend. Einer der vielen Gründe, warum Gaza von Israel abhängig war: Die Hamas war an der Versorgung der Bevölkerung nicht interessiert.

Hass auf die Juden, Hass auf Israel: Das ist Hass auf die Moderne, auf den „Westen“, wenn man so will. Warum aber der Hass auf Israel außerhalb der arabischen Welt? Könnte es sein, dass auch das Hass auf die Moderne ist, auf die Marktwirtschaft, auf das, was sie „Kapitalismus“ nennen?

Amerikanische Studenten an Eliteuniversitäten plärren ihren Israelhass hemmungslos in die Welt. In Harvard hat eine Koalition von dreißig Studentengruppen das israelische „Regime“ als „komplett verantwortlich bezeichnet für die Gewalt … Wir müssen die gegenwärtige Vernichtung der Palästinenser stoppen.“ An der George Washington University lautete die Parole: „Vergesst den Unterschied zwischen Kombattanten und Schutzbefohlenen – zwischen Zivilisten und Militanten, Siedlern und Soldaten.“ Jeder Siedler sei Aggressor, „selbst, wenn er sich nur an besetzten Stränden wälzt“, berichtet Josef Joffe in der NZZ.

Nur die Studenten? Nein, auch die Professoren spielen mit beim hässlichen Spiel: „Ein Professor an der Cornell University empfand die Massaker als ‚beglückend und kraftspendend‘. An der Columbia zelebrierte ein anderer den Massenmord in Südisrael als ‚beeindruckende Leistung des Widerstands‘. Laut CNN hat ein Stanford-Lehrer seinen jüdischen Studenten befohlen, die Hand zu heben. Dann hat er sie als ‚Kolonialisten‘ beschimpft. Er wurde suspendiert, nicht entlassen.“

Und hier wird die künftige amerikanische Elite herangezogen? Beruhigend nur, dass einige der Sponsoren prompt ihre finanzielle Unterstützung zurückgezogen haben.

Dieser Furor entspringt offenbar der „critical race theory“, der „critical whiteness“. Juden gelten als Weiße, gar als Europäer, Israel als ein „Apartheidsstaat“. Beides ist falsch. Aber es zeigt, in welche Richtung der Hass geht: Alle Länder, die es nicht so weit gebracht haben wie Israel und der europäische Westen, sind Opfer der Kolonisation, egal, wie lange ihr Ende schon her ist. Und Israel gilt als die letzte Bastion des Kolonialismus im Nahen Osten.

In vielen Ländern Afrikas gibt es noch heute Not und Elend? Die Kolonisatoren sind schuld, die das Land ausgebeutet haben, weshalb sie noch heute Entwicklungshilfe zahlen müssen. Dabei könnte genau dieser Mechanismus, die Menschen, denen diese Hilfe zuteilwerden soll – meist landet sie bei Stammesfürsten und Despoten –, zu Hilfsbedürftigen zu erklären, schuld daran sein, dass diese Länder keine eigenständige Entwicklung genommen haben. Das ist die wahre Arroganz des Westens.

Und die neue Mode der „critical race theory“ verfestigt das noch: Sie sind alle Opfer, Opfer jener Länder, in denen Wohlstand herrscht. Eine ganz und gar zerstörerische Ideologie, die tatsächlich nur Opfer zurücklässt. Doch die Bewohner des Gazastreifens sind nicht Opfer Israels, das sich 2005 vollständig daraus zurückgezogen hat, sondern der selbstgewählten Regierung.

„Es wird eine Vorstellung auf moderne Juden in einem modernen Kontext angewendet, die seit Jahrtausenden existiert. Seit 2000 Jahren wird gesagt, dass Juden und Jüdinnen reich, mächtig und privilegiert sind. Nun, was macht das heute aus uns? Weiße“, sagt Ben Freemann.

Wie auch immer der Kampf der Israeli gegen Hamas im Gazastreifen ausgehen mag: Es gibt Strömungen, Ideologien und Theorien, wonach die Juden niemals gewinnen dürfen.

Woher also der Hass auf „die Juden“? Die meisten Muslime werden dazu erzogen. Im Westen aber, scheint mir, ankert dieser Hass in Selbsthass. Und das ist, angesichts des stetig wachsenden Anteils von Muslimen in den europäischen Ländern, schlicht und ergreifend Selbstaufgabe.


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Kommentare ( 122 )

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michael mayo
11 Monate her

In meinem Umfeld gibt es niemand der einen Hass auf Juden hat. Was aber zu beobachten ist, dass sich viele nicht getrauen etwas über sie zu sagen oder gar das Wort auszusprechen.

AlNamrood
1 Jahr her

Ich verstehe den Islam, also verstehe ich dessen immanenten Hass auf alle andere Religionen. Nichts von dem was wir jetzt erleben ist eine Überraschung und die Haltung des Islam gegenüber Juden ist nicht erst durch den Staat Israel entstanden.

GermanMichel
1 Jahr her

I’m Falle des Judenhasses wäre tatsächlich mal die von Linken sonst vielbeschworene Differenzierung nützlich. Es gibt bestimmte Gesellschaftliche Rollen, die berechtigterweise Hass auf sich ziehen, zB – Finanzparasit/Investment Banker – Ideologisierter jorrnalist mit Zersetzungsauftrag – korrupter , krimineller Oligarch der sich gigantisches Volksvermögen erschlichen hat – korrupter hochverräterischer Politiker der nur im eigenen und feindlichen Interesse agiert – brutaler Massenmörder im Deckmäntelchen des revolutionärs – Mafiosi in Film und Musikbranche und faktisch gesehen sind Juden in all diesen Rollen extrem überrepräsentiert, gerade in Russland und USA, aber damals auch un Österreich und Weimar. Das israelische Volk hingegen ist höchst sympathisch,… Mehr

Markus Gerle
1 Jahr her

Frau Stephan widmet sich einer Fragestellung, die auch mich schon seit Jahren umtreibt. Klar, wir können diesen Hass auf Menschen nur aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit nicht nachvollziehen. Da ich schon einige berufsbedingte Aufenthalte im Nahen Osten hatte und auch schon Israel besuchen durfte, habe ich da eine Theorie entwickelt, die auch erklärt, warum der Antisemitismus oder zumindest Hass auf Israel im links-grünen Milieu so weit verbreitet ist. In den arabischen Ländern kann man sich als Deutscher (bitte nur ausprobieren, wenn alle wissen, dass man Deutscher ist) das Experiment leisten, einfach mal irgendwas Positives über Israel zu erzählen. Man erntet sofort Hass-Tiraden.… Mehr

sunnyliese
1 Jahr her

Nein, ich kann den Hass auf die Juden nicht ansatzweise verstehen, ich bin an die 70 Jahre und mir ist selbst auch noch nie ein deutscher Judenhasser im ganzen Leben begegnet oder ich habe es nie bemerkt, es war nie ein Thema. Im Gegenteil, das jüdische Volk gehört zu denen, die schon lange alphabetisiert sind, ist sehr gebildet, machen nur 0,2 % der Weltbevölkerung aus, haben aber einen um die 20 %-igen Anteil an den verliehenen Nobelpreisen. Was hat die arabisch-muslimische Bevölkerung für einen Anteil an der Verleihung der Nobelpreise? Das kann man an einer Hand abzählen, weil sie zum… Mehr

sunnyliese
1 Jahr her
Antworten an  sunnyliese

Den Unterschied zwischen vormodernen und modernen Denkstrukturen zeigt sich auch in der Reaktion auf die Opfer im Nahen Osten: muslimische Araber gehen auf die Straße und feiern im Freudentaumel die Masakrierung israelischer Zivilisten. Feiern Israeli oder andere Westler den Tod von palästilensischen Zivilopfern? Natürlich nicht…

sunnyliese
1 Jahr her
Antworten an  sunnyliese

Der Unterschied zwischen vormodernen und modernen Denkstrukturen zeigt sich auch in der Reaktion auf die Opfer im Nahen Osten: muslimische Araber gehen auf die Straße und feiern im Freudentaumel die Masakrierung israelischer Zivilisten. Feiern Israeli oder andere Westler den Tod von palästilensischen Zivilopfern? Natürlich nicht…

horrex
1 Jahr her

Die „AUFKLÄRUNG“ muss man verteidigen!!!
Der „Rest erledigt sich quasi von selbst …
Wer kann schon – noch (auch bei uns) – mit dem Begriff etwas anfangen!

horrex
1 Jahr her

Sie sprechen von „Kant“, von „Aufklärung“!!! Dem KERN unserer völlig aus dem Ruder gelaufenen Zivilisation. DAS ist es was dem Islam zu 100% Islam fehlt. Und UNS abhanden gekommen ist. Fragen sie mal auf der Straße 100 Leute was „Aufklärung“ bedeutet. Und sie werden erleben, dass 99 ganz gewaltig ins Stottern geraten. Hierzulande verweigern inzwischen die Kirchen – so leider wie bedauerlicherweise – das Bekenntnis zur Aufklärung. Welch ein Armutszeugnis! Warum? Damit würden sie sich ja selbst(!) die EXISTENZBERECHIGUNG absprechen. „Mensch“ giert nach – zumindest ein klein wenig – nach „Transzendenz“. Und das gibt „Führern“ die Macht sie in die… Mehr

Kassandra
1 Jahr her

Grundlegend:
Kann man feststellen, wann die Vokabel „Hass“ derart bestimmend in unserer Sprache wurde?
Und wie kann es sein, dass das Wort „Kritik“ zu nutzen mehr und mehr unüblich wird?
.
Ich „hasse“ zum Beispiel auch keine Moslems – finde ihr indoktriniertes und damit so gut wie nicht von außen verbal anzugreifendes Verhalten aber äußerst kritikwürdig und nicht zu tolerieren.
Deshalb will ich sie auch in Masse in dieser Gesellschaft gar nicht dulden.
.
Kann es sein, dass man sich auf derart „scharfe“ Worte einlässt, weil man keine Begründungen hat für das, was man anrichtet?

flo
1 Jahr her
Antworten an  Kassandra

„Grundlegend: Kann man feststellen, wann die Vokabel „Hass“ derart bestimmend in unserer Sprache wurde?“ Nach meiner Beobachtung reiht sich der Begriff „Hass“ (& Hetze …) in eine Reihe von emotionalisierenden Schlüsselwörtern ein, die in hohem Maße durch die inzwischen extrem beliebte Verbreitung des Konzepts der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ (ab ca. 2002 ff.): Transfeindlichkeit, Homophobie, Islamfeindlichkeit … im öffentlichen Narrativ die Runde gemacht haben. Das Konzept sammelte allesamt starke negative Emotionen, konkret Ausdrücke von Irrationalität, ein, hat sich im Laufe der Zeit noch ausgeweitet („Rassismus gegen Schwarze“ nach der BLM-Bewegung). Und indem die Begriffe  pauschal angewendet wurden/werden auf Unbehagen jeglicher Art, machen sie… Mehr

LF
1 Jahr her

„Verstehen Sie den Hass auf die Juden?“
Ich nicht, aber scheinbar die echten ideologischen Nazis in Deutschland schon.
Sind das nicht die, die zu Hunderttausenden auf der Straße und in Vereinen sowie NGO`s unterwegs sind? Das ein solcher Hass gegen Menschen die zu dem Judentum gehören nochmals in Deutschland aufkeimt hätte ich niemals gedacht. Und was unternimmt, dagegen die Regierung?

Cimice
1 Jahr her
Antworten an  LF

Die Regierung fordert immerhin die Bürger auf, sich schützend vor die jüdischen Mitbürger zu stellen.
Die (unbewaffneten=entwaffneten) Bürger sollen also die Aufgabe des (bewaffneten und von unseren Steuergeldern finanzierten) Staates übernehmen, weil dieser unfähig, unwillig und zu feige ist, seine Pflicht zu erfüllen.
Ohne innere Sicherheit aber hat ein Staat seine Daseinsberechtigung verloren. Wozu noch in einem Staat leben und ihn finanzieren, wenn er einen nicht mehr schützen kann oder will?

epigone
1 Jahr her

Rainer Unsinn: „Wir erinnern uns an den April diesen Jahres, wo folgende kleine Episode …“ Man muss den Eindruck haben, dass sie sehr selektiv wahrnehmen oder gar Teil einer üblen Propagandamaschine sind! Israel ist für Schutz und Ordnung auf dem Tempelberg rechtlich verantwortlich. Und die Al Aqsa Moschee wurde damals von einer muslimischen Gruppe besetzt und blockiert – und zwar damit für alle anderen Moslems blockiert, die dort die jahreszeitlichen Feiern ebenfalls durch Beten begehen wollten. Das Kalkül war: Israel zum Handeln zwingen und dann schwachsinnige Propaganda über die bösen Juden verbreiten, wie sie sie hier gerade wiederkäuen. Tatsächlich wurden… Mehr