Im Rückblick auf 89/90 muss man feststellen: Die Falschen haben gesiegt

Was wir erleben, ist ein Verrat an der friedlichen Revolution von 1989. Im Osten gibt es auch 32 Jahre nach der Vereinigung noch genug Menschen, die sich an die „Transformation“ von damals erinnern, vielleicht haben sie deshalb so wenig Lust auf eine erneute „Große Transformation“.

IMAGO / Roland Hartig
Rostock, 1990

Im Sommer 1990 habe ich in Schwerin dem Untergehen eines Gemeinwesens zugesehen. Auch für mich, kein Freund der DDR, waren das Tage täglich neuen Schreckens. Denn alle, die der neue Mittelstand werden wollten, selbständige Gewerbe anmeldeten, dem Sozialheim VEB entfliehen wollten, scheiterten an einer unscheinbaren „Anordnung“ – „über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche“. Die Sache war gut gemeint: man wollte nicht im Nachhinein unrechtmäßige Enteignungen legitimieren. 

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Die Anordnung hatte zwar keine Gesetzeskraft, hatte es aber in sich. Solange die Eigentumsfrage nicht geklärt war, gab es keinen Ort für den Gewerbefleiß. Und es gab, da keine Sicherheiten vorhanden waren, auch kein Geld von der Bank. Wo Volkseigentum nicht mehr, Privateigentum noch nicht existiert, bekam alles Gespenstercharakter: Schwerin, die Stadt, existierte eigentlich gar nicht mehr. 

Das war der erste Bremsklotz. Der zweite: Die örtliche Organisation der Treuhandgesellschaft. Auch das mit der Treuhand war ja ursprünglich gut gemeint: mit ihr sollte das Volkseigentum wieder ans Volk zurückgegeben werden. In Schwerin aber saßen in Windeseile die alten Kader wieder bereit, die über „Volkseigentun“ (oft zu eigenen Gunsten) entschieden, ohne den demokratisch gewählten Organen Rechenschaft schuldig zu sein. Nein, nicht nur Schnäppchenmacher aus dem Westen bereicherten sich, noch mehr taten es womöglich diejenigen, die sich auskannten: die alten roten Socken. 

Die AfD in Thüringen hat bereits mehrfach beantragt, das Treiben der Treuhand in den frühen Neunzigerjahren zu untersuchen – als der heutige Ministerpräsident Bodo Ramelow Gewerkschaftsfunktionär in Bischofferode war. Immerhin sind mittlerweile zwölf Kilometer Treuhandakten ausgewertet.

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Doch auch im Großen und Ganzen konnte das Treuhandkonzept – privatisieren, streuen, dem Staat Geld erwirtschaften – nicht funktionieren. Viele aus dem Westen begriffen damals gar nicht, dass ein volkseigener Betrieb nur in zweiter Linie dazu gedacht war, produktiv im Sinne des Ergebnisses eines Arbeitsprozesses zu sein. Ein Betrieb in der DDR war viel mehr als das: er diente der Lebenshilfe im weitesten Sinn, der Freizeitgestaltung, der Kultur, sorgte für Kindergärten und Altersbetreuung.  Das alles musste wegfallen, wenn man privatisieren oder verkaufen wollte, ohne dass bereits neue Institutionen dafür vorhanden waren.

Mal abgesehen davon: Auch dass die westdeutschen Gewerkschaften dafür sorgten, dass niemand in der DDR mit niedrigerem Lohn als „Lohndrücker“ konkurrenzfähig war, trug nicht eben zur Produktivität bei. Das war keine „Gleichstellung“ oder eine Frage der Gerechtigkeit, sondern Egoismus, sonst nichts.

Während viele im Osten der Treuhand als „allmächtiger Kolonialbehörde“ und dem Westen die Schuld am endgültigen Zerfall der maroden DDR gaben, übernahm die Stasi die Rolle, die Zuschauer im Westen von der SED abzulenken. Wer sich über das Bespitzeln aufregte, verlor diejenigen aus den Augen, die solches beauftragt hatten. Einige von ihnen sitzen heute noch im Bundestag – als Abgeordnete der „Linken“, die einst PDS und davor SED hieß und deren Rechtsnachfolgerin ist – schon um das SED-Vermögen nicht aufgeben zu müssen, über dessen Größe und Verbleib bis heute nichts bekannt ist. 

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Im Osten gibt es auch 32 Jahre nach der Vereinigung noch genug Menschen, die sich an die „Transformation“ von damals erinnern, vielleicht haben sie deshalb so wenig Lust auf eine erneute „Große Transformation“. Viele von ihnen fordern die Einlösung des Versprechens, das der Westen einst gegeben hatte: Den Übertritt vom Fürsorgestaat in ein rechtsstaatlich fundiertes Reich der Freiheit. Das wäre zumindest eine gewisse Entschädigung für all die damaligen Zumutungen. 

Genau das aber scheint niemand zu verstehen, der den Osten ausgerechnet mit dem Ossi Joachim Gauck zum „Dunkeldeutschland“ erklärt. Dabei: wo im Westen Politiker an maßgeblicher Stelle unterwegs sind, die sich zum „Antifaschismus“ bekennen, also der Staatsdoktrin und Legitimation der DDR, muss ein Protest gegen wiederauferstandene linke Transformationswünsche notgedrungen „rechts“ sein. 

Was wir erleben, ist ein Verrat an der friedlichen Revolution von 1989. Ausgerechnet im Westen fehlt dazu die Einsicht. 


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Kommentare ( 55 )

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Bad Sponzer
1 Jahr her

Transformation? Sehr richtig! Wir erleben gerade die Transformation der BRD in eine DDR2.0. RAF und Stasi haben sich verbündet und kämpfen nicht mehr offen gewalttätig gegen unsere freiheitliche Grundordnung, sondern zersetzen sie von innen heraus, indem sie den Weg durch die Institutioenen genommen haben. Ein ostdeutscher Bekannter erzählte mir immer voller frust, wie die alten Stasi und SED Kader schon wieder in den Institutionen sitzen. Ich kann ihm heute aus westlicher Sicht frustriert berichten, wie sich ehemalige RAF-Terroristen (heute Grüne) in die Institutionen geschlichen haben. Das größte Krebsgeschwür aus Ost und West zerfressen heute gemeinsam unsere Freiheit und unseren Wohlstand.

Chrisamar
1 Jahr her

Zur Erinnerung an 2014: Die „schwarzen Kassen“ des Helmut Kohl. Waren es Gelder aus dem Volksvermögen der SED? Erkauften sich die Funktionäre und STASI-Schergen Straffreiheit, Güter und Posten im Deutschen Staatsapparat? Wo befindet sich das Volksvermögen der SED heute? Sicher ist, ohne die Wähler aus den „Neuen Ländern“ gäbe es keinen Rekord-Kanzler Helmut Kohl. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits Wahlmanipulationen ermöglicht wurden, ist nicht bekannt. Sein Nachfolger, Gerhard Schröder und die Flutschäden an Elbe und Oder… Ohne die Flutschäden und den Kampagnen zum finanziellen Ausgleich der SPD-Regierung unter Gerhard Schröder, wäre dieser nicht mehr gewählt worden. Heute wissen wir, dass… Mehr

RomyD
1 Jahr her

Diese „friedliche Revolution“ war von Anfang an gesteuert und lange geplant. Und wer weiß, wer diese Planungen gemacht hat und wer diese Veränderung (eigentlich auch eine feindliche Übernahme) durchgeführt hat, der erkennt, dass es damals schon genau so war wie heute. Damals erfolgte die größte Wirtschaftskriminalität der Welt ever und was wurde aufgeklärt und bestraft? Nichts. Es wurde enteignet und ausgeraubt, nicht umsonst gibt es bis heute keine Abschlussbilanz der DDR. Was meint Ihr denn warum Rohwedder umgebracht wurde? Weil er die DDR-Betriebe sanieren und gewinnbringend verkaufen wollte. Der Rest ist Geschichte. Und wir DDR-Bürger erkennen einen sterbenden Staat, denn… Mehr

Demokratius
1 Jahr her

Das DDR-Volksvermögen wurde von der sog. Treuhandanstalt unter Birgit Breuel an sog. Investoren aus dem Westen verschleudert. Nur wenigen DDR-Bürgern ist es gelungen, ihre Betriebe zu übernehmen, weil man ihnen die Betriebsgrudstücke nich mit verkaufen wollte mit Hinweis auf „Rückgabe auf möglich Ansprüche von Alteigentümern“. Bei Investoren aus dem Westen spielte das offenbar keine Rolle, die bekamen neben den Betrieben oftmals noch Fördermittel in Größenordnung zugesagt. Rohwedder hatte ganz andere Vorstellungen über die Art und Weise der Privatisierung – leider musste er unter mysteriösen Umständen sterben.

Demokratius
1 Jahr her

Die sog. Treuhandanstalt hatte gar nicht die Absicht, die ostdeutschen Betriebe bestehen zu lassen, selbst wenn sie mit den modernsten Maschinen ausgerüstet waren und auf dem Weltmarkt erfolgreich mit westdeutschen Unternehmen konkurriert hatten. Im Rahmen der Privatsierung wurden ebendiese Konkurrenten von der Treuhandanstalt herzlich dazu eingeladen, Einsicht in die Betriebsgeheimnisse zu nehmen – sowohl in Konstruktionsunterlagen, know how bis hin zu Lieferanten- und Kundenlisten. Natürlich gab es auch Betriebe mit veralteten Anlagen und nicht wettbewerbsfähigen Produkten, aber die Pauschalierung von der „maroden DDR-Industrie“ finde ich nach wie vor unerträglich. Nach 1990 wurde unsere Hoffnung auf eine faire Behandlung auf Augenhöhe… Mehr

Ralf Poehling
1 Jahr her

Zitat:“Ausgerechnet im Westen fehlt dazu die Einsicht. “ Kein Wunder. Im Vergleich zum damaligen Osten, der sämtliche Westagenten im Dauerakkord eingeknastet hat, hat sich der damalige freie Westen nahezu uneingeschränkt unterwandern, von Ostagenten fremdsteuern und das Gehirn waschen lassen. Das wirkt bis heute nach. Der heutige Westen ist damit zum damaligen Osten mutiert. Menschen zu manipulieren ist ein leichtes. Wenn man weiß wie es geht. Wer das erfolgreich zur Anwendung bringt, manipuliert andere derart, dass sie fremde Meinungen übernehmen und diese zu den ihrigen machen und dann auch noch vollends davon überzeugt sind, es wäre auf ihrem eigenen Mist gewachsen.… Mehr

Bad Sponzer
1 Jahr her
Antworten an  Ralf Poehling

Sehr richtig! Ich kann mich an eine Aussage einer DDR Bürgerrechtlerin erinnern, nachdem das gesamte Ausmaß der Stasi-Überwachung und die Methodik ans Tageslicht kam, die davor gewarnt hat, dass dieses Wissen, dass die Stasi über Jahrzehnte angesammelt hat,auch wieder angewendet werden würde. Die Amis waren ganz heiß darauf, das gesamte Stasiwissen zu bekommen. Im damaligen Freiheitstaumel hat niemand daran gedacht, dass es tatsächlich Leute (Institutionen) gab, die den Einsatz des Stasiwissen schon vorbereiten. Der Einsatz des Stasiwissens kommt heute im sog. „freien Westen“ völlig ungehemmt zum Einsatz.

Oneiroi
1 Jahr her

So sieht die totale linksextreme Unterwanderung aus. In wie weit Wahlen angesichts der totalen politischen Beschallung in allen Lebensabschnitten noch relevant sind, wird wohl niemand genau beziffern könen. Wenn man aber im Alter von 4 Jahren die Indoktrination in der Kita beginnt, ist es fast unmöglich, dass ein denkfähiger Mensch nach dem Studium rauskommen kann. Außer Haltung und Nachplappern der Haltungsphrasen ist da nichts. Deswegen sind wohl auch die meisten AFD Wähler im mittleren Alter ab 30, da die Gehirnwäsche damals noch nicht so früh so intensiv begann. Die heutige Generation hat da keine Chance und wäre vor 100 Jahren… Mehr

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Genau diesen Punkt hatte ich auch geschrieben. Ich vermute, dass es tatsächlich nur um Gewinnmaximierung ging und da viele Ostdeutsche gar nicht den Einblick in die Wirtschaftssituation hatten, haben sie sich über den Tisch ziehen lassen – vor allem auch mit dem Ausblick auf die Wiedervereinigung und die „goldenen Landschaften“, die ihnen „ausgemalt“ wurden. Denn Kosten für die Wiedervereinigung wurden auch von den Ostdeutschen mit dem „Soli“ bezahlt von Anfang mit bezahlt. Viele Westdeutsche dachten, dass nur sie diesen Beitrag zahlen müssen.

SB
1 Jahr her

„…übernahm die Stasi die Rolle, die Zuschauer im Westen von der SED abzulenken.“ Das ist wenig verwunderlich, da sich die Stasi immer als „Schwert und Schild der Partei“ begriffen hat. Jetzt sitzt die mehrfach umbenannte SED in unseren Parlamenten. Auftrag ausgeführt.

Bad Sponzer
1 Jahr her
Antworten an  SB

Genau! Das SED und Stasi Gesindel hat sich mit der Linkspartei eine „Geschäftsgrundlage“ geschaffen. Man sieht es auch an den Wahlergebnissen. Je mehr von diesem Stasigesindel wegstirbt, desto kleiner die Wahlergebnisse. Da wir zu blöde waren dieses Stasigesindel, da hin zu befördern, wo sie hingehörten, nämlich hinter Schloss und Riegel, übernimmt das nun der natürliche Reinigungsprozess für uns.

Desert Sled
1 Jahr her

Meine Theorie: Die sog. „friedliche Revolution“ war eine gelenkte Stasiaktion der DDR zur Übernahme der BRD. Schon die Aktion mit Schabowskis Zettel („meines Erachtens gilt das ab sofort, unverzüglich“), löste bei mir ein komisches Gefühl aus. Als Merkel Kanzlerin wurde und immer länger blieb, sah ich meine ursprüngliche Besorgnis, daß führende Mitglieder des Systems DDR im gemeinsamen Deutschland an die Macht kommen, bestätigt. Als Margot Honecker nach Chile abflog, lauteten ihre letzten Worte an die versammelte Journaille: „Ihr werdet euch noch alle wundern“. Die Frau wußte Bescheid.

Bad Sponzer
1 Jahr her
Antworten an  Desert Sled

Es ist für mich heute noch unbegreiflich wie man diese SED-Merkel, im Kommunismus sozialisiert, ideologisch durch die SED geformt, an die Spitze eines der größten Industrieländer im Kapitalismus hat kommen lassen. Der Schaden den diese Frau angerichtet hat, muss unbedingt aufgearbeitet werden. Die Einführung einer Politikerhaftung ist zwingend notwendig!