Die Krise kommt, der Wahlkampf geht weiter

Sickert angesichts der großen Krise Realitätssinn in die abgehobene politische Sphäre ein? Ach was. Es ist immer nur Wahlkampf. Profilierung hat dementsprechend Vorrang, während bitter notwendige Entscheidungen, die das ganze Land betreffen, aufgeschoben werden.

IMAGO / Sven Simon

Sie streiten sich, unsere Ampelosis. Insbesondere der Kanzler der Herzen Robert Habeck bekommt derzeit Zunder. „Murksminister“ nennen ihn bereits einige, darunter auch solche, die ihm ansonsten zugetan sind. Das Gehampele um die Idee einer „Gasumlage“, mit der eh schon gebeutelte Bürger auch solche Unternehmen retten sollten, die aus der Energienotlage bislang Gewinne geschöpft haben, ist hochnotpeinlich, und da hilft es auch nicht, dass Habeck – „er ist ja so authentisch“ – in seiner bekannten und Journalistinnen landauf, landab begeisternden Art den Kopf schief legt und nun eine Korrektur anbietet, die wahrscheinlich zu spät kommt.

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Wenigstens seine Partei steht hinter ihm, mehr oder weniger, vermuten wir mal, und der eine oder andere teilt derweil gegen den Bundeskanzler aus. Ach ja, die SPD – dort entdeckt manch einer mittlerweile wieder sein soziales Gewissen, bevor das gänzlich zum Alleinstellungsmerkmal der Linkspartei wird, und selbst in der CDU unter Merz wagt manch einer Unerhörtes und täuscht auf Opposition an. Aus der FDP hört man überdies den Ruf nach einem „klaren Signal“, die Kernkraftwerke über das Jahresende hinaus zu betreiben, über den schlitzohrigen Vorschlag von Wolfgang Kubicki, sich einfach aus Nord Stream 2 mit Gas zu versorgen, wird der Mantel des Schweigens gebreitet.

Sickert Realitätssinn in die abgehobene politische Sphäre ein? Ach was. Es ist immer nur Wahlkampf. Genauer gesagt: Am 9. Oktober sind Landtagswahlen in Niedersachsen. Und so, wie es sich in Umfragen andeutet, wird der Höhenflug der Grünen anhalten, während die SPD heftig und die CDU mäßig Federn lassen muss.

Der Logik von Wahlkämpfen folgend nimmt der Profilierungskampf in den Wochen davor zu, während bitter notwendige Entscheidungen, die das ganze Land betreffen, aufgeschoben werden. Das gilt etwa für den Abschied vom AKW-Nein-Danke-Credo der Grünen. Wenn weitere Preisexplosionen abgefedert werden sollen, ist es unumgänglich, wenigstens die drei noch arbeitenden Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen. „Frieren für den Frieden“ und „Hungern gegen die Despotie“ gibt bloß dem Wutbürger die Sporen und „Gas sparen“ zwingt vor allem die Wirtschaft in die Knie.

Doch die niedersächsischen Grünen werden schon wissen, warum eine solche Entscheidung frühestens am 10. Oktober bekannt werden darf, viele ihrer Wähler glauben womöglich noch immer, dass Sonne und Wind keine Rechnung schicken.

Was die SPD betrifft: Es kommt ihr entgegen, wenn der Nimbus von Robert Habeck als eigentlichem Bundeskanzler an ihm selbst zerschellt, da muss man nur noch ein ganz klein wenig nachlegen.

Doch nicht zu früh gefreut: Sie werden sich schon wieder zusammenraufen, jetzt, während der Klausur der Bundesregierung in Meseberg. Am Ende wird der Wunsch nach Machterhalt wie immer siegen.

Was der Bürger davon hat?
Genau. Nichts.


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Kommentare ( 32 )

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32 Comments
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Waldorf
2 Jahre her

Bürgerinteressen werden bei uns von den Parteien seit Jahrzehnten mit Füßen getreten. Wir wurden nicht über Nacht zum Steuer+Abgaben(Vize)Weltmeister, haben nicht erst seit gestern den teuersten „Staatsfunk“ der Welt, nicht erst seit gestern die wenigste politische „Inklusion“ des Wählers, aka Mitspracherechte. Wir wählen weder Präsidenten noch Kanzler direkt, haben auf Bundesebene keinerlei Chance auf Mitsprache per Volksentscheide. Unsere Form von Demokratie ist schon derart „mittelbar“ bzw „repräsentativ“, daß ernsthaft von „Demokratiedefiziten“ gesprochen werden muss. Auch diese Debatten sind alt und werden gerne, meistens mit historischen Scheinargumenten in die Rundablage transportiert, der Parteienzirkus wünscht nicht durch den unmündigen Pöbel in seiner… Mehr

Mikmi
2 Jahre her

Insbesondere der Kanzler der Herzen Robert Habeck“, höre nicht auf dein Herz, schalte deinen Verstand ein, so auch hoffentlich in Niedersachsen.

Prometheus
2 Jahre her

Das ist doch nur noch Show. Wirkliche Sorgen vor der Wahl hat doch keiner mehr. Wieso eigentlich nicht? Diese Leute verraten uns durch ihr Verhalten, wie demokratisch dieses System noch ist. Man bemüht sich nicht mehr um Wähler, alles macht man nur noch halbherzig. So halbherzig, dass die meisten es noch nicht durchschauen, so halbherzig, dass ein Großteil der Menschen immer noch an eine funktionierende Demokratie glaubt.

StefanZ
2 Jahre her

Ist doch ganz einfach, die CDU träumt doch schon lange von Grün-Schwarz. Was glauben Sie denn, was nach der Ampel kommt?

a.bayer
2 Jahre her

Natürlich hat man in Niedersachsen mit Schaudern das Wort „Fracking“ gehört, und das wird die Wahl dort möglicherweise zu Gunsten der Grünen beeinflussen.

89-erlebt
2 Jahre her

Die wahren Preistreiber sitzen in Washington und Berlin. Ein „Markt“ dem whatever … ermöglicht wird, treibt die Preise höher und höher … bei Strafe des eigenen Untergangs – das war schon bei Marx nachzulesen.
Untergang bedeutet aber Verelendung der Massen. Doch die haben in der BRD all das selbst gewählt … den totalen Embargo Krieg gegen „ RUS „ – ins Knie der eigenen Bevölkerung.

Arndt Schuster
2 Jahre her

Sie schreiben zur SPD: „…dort entdeckt manch einer mittlerweile wieder sein soziales Gewissen, bevor das gänzlich zum Alleinstellungsmerkmal der Linkspartei wird.“ Dies ist aus zweierlei Gründen falsch. Die SPD kann ihr soziales Gewissen solange nicht wieder schärfen, solange sie an der Energiewende und der Klimaideologie festhält, denn die Folge dieser desaströsen Politik ist eine gigantische Umverteilung von unten nach oben. Vor allem sind Mittelschicht und untere Einkommensschichten überprortional davon betroffen, also die ursprüngliche Klientel der SPD.

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Das Wahlergebnis in Niedersachsen wird zeigen, ob die deutschen Schlafschafe so langsam aufwachen, oder ob sie weiter lieber diejenigen wählen, die sie ausplündern, entrechten, beschimpfen und moralisch belehren. Ehrlich gesagt, ich habe da wenig Hoffnung. Die infantilen Nichtwähler, die ihre Enthaltung als Widerstandshandlung sehen, obwohl sie eine Bestätigung der herrschenden Verhältnisse darstellt, werden auch weiterhin den notwendigen Widerstand gegen die links-grünen Zerstörer vermissen lassen. Wer nicht Protest wählt, der soll halt künftig schweigend weiter leiden.

Franjo
2 Jahre her

Was die Nazis und die Kommunisten nicht geschafft haben schaffen die Grünen und die roten Grünen und die gelben Grünen mit LINKS…
DIE MACHEN UNS FERTIG!!!

Last edited 2 Jahre her by Franjo
Monika
2 Jahre her

Jetzt fällt es uns voll auf die Füße, daß den Stimmen nicht gefolgt wurde, die sagten, daß Landtagswahlen möglichst zeitgleich mit Bundestagswahlen sein sollten. Diesmal könnte allerdings 1 Monat sehr entscheidend sein. In diesem einen Monat kann noch viel passieren. Die SPD und die Grünen haben immerhin schon einige Prozentpunkte in den aktuellen Umfragen eingebüßt. Die Urlaubszeit ist vorbei, die neuen Gaspreise kommen jetzt. Da könnte noch beim einen oder anderen Wähler ein Denkprozess in Gang kommen. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben. Es käme jetzt natürlich sehr auf die Medien an. Die tragen letztendlich die Schuld, wenn Deutschland… Mehr