Zwei aktuelle Kriminalromane erlauben weitläufige Spekulationen über das Ausmaß der Sache, ein Krimiautor darf, was Journalisten nicht dürfen – doch hier sind Journalisten am Werk, denen man unterstellen kann, sich im politischen Gefüge bestens auszukennen.
Was wusste Olaf Scholz? Was tat er – und was tat er nicht? Hat er der Hamburger Warburg-Bank das Überleben gerettet, indem er als Erster Bürgermeister der Hansestadt dafür gesorgt hat, dass der Schaden nicht zurückgezahlt wurde, der den Finanzbehörden durch Cum-Ex-Geschäfte entstanden ist? Und wenn ja: warum? Und ist das überhaupt der wichtigste Aspekt beim Cum-Ex-Skandal?
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wird trotz einer Anzeige nicht gegen Scholz ermitteln – die Kölner Staatsanwaltschaft hält sich das aber noch offen. Und da wird’s interessant. Denn Deutschlands erfolgreichste und vermutlich mutigste Staatsanwältin, Anne Brorhilker, beharrliche Ermittlerin in Sachen Cum-Ex, soll entmachtet werden.
Ihre Abteilung soll aufgeteilt, ihr die Hälfte der Fälle und ihrer Mitarbeiter genommen werden. Warum? Und welche Rolle spielt dabei Justizminister Limbach von den Grünen? Wer profitiert von der Behinderung der Aufklärung der Sache, die den Fiskus 30 Milliarden Euro gekostet hat?
Zwei aktuelle Kriminalromane erlauben weitläufige Spekulationen über das Ausmaß der Sache, ein Krimiautor darf, was Journalisten nicht dürfen – doch hier sind drei Journalisten am Werk, denen man unterstellen kann, sich im politischen Gefüge bestens auszukennen.
„Derby der trojanischen Pferde“ nennt sich eine „Finanzgroteske“, ihre Autoren sind Carl-Ludwig Paeschke, bis 2022 beim ZDF, und Franz Wauschkuhn, einst auch Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums und heute Vertrauter des Miteigentümers der Warburg Bank, Christian Olearius. Es wird also nicht überraschen, dass in diesem Buch die Hamburger Bank Weinheim eher Opfer als Täter ist. Der 78 Jahre alte Privatbankier Sebastian Franck hat nämlich das unappetitliche Cum-Ex-Geschäft ausgelagert und der Primus-Bank überlassen – welche Bank könnte wohl gemeint sein? Das Buch lädt zum Rätselraten ein. Ist mit dem im Buch als hessischer Finanzminister firmierenden Kattenberger womöglich Thomas Schäfer gemeint, der sich ebenfalls das Leben genommen hat? Und hat Kattenberger sich das Leben genommen, weil er einen Deal mit der Primus-Bank unterzeichnet hat, der Hessen jährlich 90 Millionen kostete?
Nun, auch die vier hessischen Steuerfahnder tauchen auf, die man mit einem falschen psychiatrischen Gutachten aus den Finanzamt gemobbt hat sowie die Ermordung von Alfred Herrhausen 1989, damals Chef der Deutschen Bank. Schließlich gibt es noch einen Überläufer: Meinhard Kellner, der vom obersten Steuerfahnder zum Drahtzieher und Profiteur der Cum-Ex-Geschäfte wurde und sehr an einen gewissen Hanno Berger erinnert. Cum-Ex, stellt sich heraus, ist Subvention für alle maroden deutschen Landesbanken. Darauf will niemand verzichten, weshalb die Primus Bank weitermachen darf.
Guter Stoff also für Leser des Wirtschafteils der Zeitungen, die das Buch trotz Disclaimer der Autoren als Enthüllungsroman lesen dürften.
Mehr Roman, mehr Krimi ist das Buch von Hartmut Palmer: „Abkassiert. Die tödliche Gier der Cum-Ex-Zocker“. Hartmut Palmer, von 1968 bis 2015 Journalist, davon jahrelang Bonner Korrespondent beim Spiegel, kann auch mit 82 vom Schreiben nicht lassen. „Abkassiert“ ist sein zweiter Roman und spielt, wie der erste, „vor einem realen politisch-historischen Hintergrund“, Ähnlichkeiten mit einigen nicht mehr lebenden Personen seien daher durchaus gewollt. Allerdings sei es „belanglos“, ob der Bundeskanzler in die Cum-Ex-Affäre verwickelt sei, er habe sich wohl aus Angst in eine Gedächtnislücke geflüchtet, aus der er nicht mehr herauskommt, man kenne das ja von Helmut Kohl. Kann man so sehen. Jedenfalls darf man in einem Roman, was man als Journalist nicht darf: spekulieren und erfinden. Im Roman wird Scholz freigesprochen.
Palmers Alter Ego heißt Kurt Zink, 77, einst Enthüllungsjournalist, der von einem alten Freund kontaktiert wird, welcher ihm vor Jahrzehnten die Freundin ausgespannt hat. Ihm, nur ihm will der Ex-Freund einen USB-Stick übergeben und ihm persönlich das Codewort dafür nennen. Worum es geht? Genau. Um Cum-Ex. Freund Ali hat mitgezockt, nein: eigentlich hat er die ganze Sache erfunden. Man verabredet sich in einer Villa im Siebengebirge, doch als Zink dort eintrifft, hat der Freund ein Schussloch in der Stirn.
Wie es sich für einen ordentlichen Krimi gehört, spielen alte Liebesbeziehungen und gestörte Ehen eine Rolle, während Zink gegen den Verdacht ankämpft, er habe den Freund erschossen – und auf der Suche nach dem Speicherstick mit Alis Enthüllungen ist.
In der Schweiz fürchtet der Steueranwalt Harald Becker um seine Existenz, eine Figur, die Hanno Berger ähnelt, jenem Steuerfahnder, der die Seiten wechselte, seinen Kunden Cum-Ex-Geschäfte vermittelte und in die Schweiz auswich, die ihn 2021 auslieferte. In Köln waltet seine Erzfeindin, die Leitende Oberstaatsanwältin Anne Hilkerbrok, in der man ohne weiteres Anne Brorhilker erkennen kann.
Die Suche nach dem Speicherstick mündet in einer Verfolgungsjagd, die mit einer Explosion endet. Mehr soll nicht verraten werden.
Man kann die Geschichte des Cum-Ex-Skandals nachlesen – etwa im Bericht des Untersuchungsausschusses zu Cum-Ex, Deutscher Bundestag Drucksache 18/12700 vom 20. 6. 2017.
Weit unterhaltsamer aber und ebenfalls nicht ohne Aufklärungswert ist Hartmut Palmers Buch: ein schön verwickelter und spannender Krimi.
Franz Wauschkuhn und Carl-Ludwig Paeschke, Derby der trojanischen Pferde. Eine Finanzgroteske, Osburg Verlag 2023, 224 Seiten
Hartmut Palmer, Abkassiert. Die tödliche Gier der Cum-Ex-Zocker, Gmeiner Verlag 2023, 404 Seite, 18 Euro
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Es gab schon immer korrupte Politiker, aber in der Gesamtheit so betrügerisch und verschlagen war noch keine Regierung in der dieser Republik.
Deutschland ist ein Land, in dem es keine wirkliche Gewaltenteilung gibt, wie der EuGH vor einigen Jahren festgestellt hat. Die Staatsanwaltschaften unterstehen der Exekutive und sind nicht wirklich Bestandteil der Justiz. Das macht es denkbar einfach, unangenehme Ermittlungen gegen politische Amtsinhaber zu lenken bzw. zu unterbinden. Solche Zustände herrschen in einem Land, das andere Nachbarstaaten gerne über Rechtsstaatlichkeit belehrt.
Tschentscher wusste von der angeblich selbständigen Entscheidung des zuständigen Finanzamtes am 16. Nov. 2016. Scholz mit Sicherheit einen Anruf später. Beide hätten, wenn Ihre Einlassungen stimmten, dass alles ohne sie gelaufen sei, spätestens jetzt eingreifen müssen. Das taten sie aber nicht, und das ist der eigentliche Skandal.
Dieser Skandal stinkt durch alle Gassen und niemand glaubt doch daran, daß ,man nur den Unschuldigen mimt und auch das ganze drum herum ist doch äußerst verdächtig und alles wird verschleiert und gäbe es in der Geschichte nicht laufend ähnliche Fälle, dann könnte man noch an das Gute im Menschen glauben, was aber damit erneut glänzend widerlegt wird. So aber werden oftmals andere, aus welchen Gründen auch immer benutzt um die Machenschaften anderer zu decken und das geht bis zur eigenen Selbstaufgabe der Erinnerungslosigkeit und im gleichem Atemzug stehen dann solche Typen noch einem gesamten Staatswesen vor, als letzte Verhöhnung… Mehr
Unsere Politiker werden von ausländischen Freunden bestens abgehört, die wissen genau welche Graichen sich im Keller befinden, und werden diese zu nutzen wissen.
Gähn, ein paar neue Romane, die die fehlende Gewaltenteilung im Lande thematisieren, wenn man die 4. Gewalt mit einbezieht. Langweilig. Das finde ich von der Windradlobby bis zur Asylindustrie, von Anne Will bis Markus Lanz überall.
Auch wenn es nicht zum aktuellen Thema pass. War ein paar Tage in Österreich. Wir hatten immer ein „angespanntes“ verhältnis zum großen „Bruder“. Aber es war auch „Bewunderung“ für die Leistungen der Deutschen vorhanden.
Gegenwärtig gibt es nur Hohn und Spott. Die halten sich die Bauch vor Lachen, ob Fußball, Gendern, Wirtschaft und Migration. Die Machen sich in den Medien und Stammtischen.
Habe das wirklich so noch nie erlebt.
Die Cum-Ex-Gesetze wurden geschrieben von der amerikanischen Kanzlei Shearman & Stirling (Harbarth war zu der Zeit dort tätig) vor dem Hintergrund des Iraqkrieges a.D. 2005, Finanzminister war – kommissarisch tätig – Werner Müller. Bereits nach der Veröffentlichung des Gesetzesvorhabens warnte der deutsche Sparkassenverband, daß dieses Gesetz zur doppelten Steuererstattung missbraucht werden könnte. Mit Steinbrück/Merkel wurde das Gesetz dann trotzdem durchgewunken. Schon 2006/2007 konnte man in der Finanzpresse versteckt im Kleingedruckten davon lesen, daß Banken sich Steuern doppelt erstatten lassen. Das ist für mich das Irre an dem an dem ganzen Cum-Ex-Skandal: Das war die ganze Zeit öffentlich bekannt und politisch… Mehr
Ergänzend:
Was wußte Olaf Scholz über die Hunderttausende verkaufte Visa durch die polnische Regierung?
Was wußte Olaf Scholz über die Deutschen NGOs, welche Migranten nach Lampedusa schleusen?
Die Cum-Ex-Prozesse gehen in die heiße Phase und in NRW wird die bei den Ermittlungen führende Staatsanwältin jetzt entmachtet. – Weshalb wundert mich das nicht?