Schwankt China?

Die 25 Prozent können China an den Rand des Zusammenbruchs führen. Hält Trump die durch, sortiert sich die Weltwirtschaft von Grund auf neu, weil zahlreiche chinesische Player ausfallen.

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Geht das? Sich selbst wirtschaftlich den Hals umdrehen? Und wenn, dann wie? Die Europäer haben gezeigt, wie man es macht. In ihrem Umgang mit einer der undurchsichtigsten und protektionistischen Volkswirtschaften auf diesem Planeten.

Schon in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts staunte ich, als ich mitbekam, wer so alles auf dem Pilgerzug nach Peking war, Geld und Wissen in der Tasche, um davon großzügig zu geben. Irgendwelche sogenannten Unternehmensberater hatten die Parole ausgegeben, dass in China das große Geld zu verdienen sei. Also pilgerten sie. Erst die ganz Großen. Siemens beispielsweise, das seine Transrapidtechnik faktisch mit Aufschlag an die Chinesen übergab. Die Autoindustrie, die in China fertigte und dabei sicher sein durfte, dass all die mit viel ingenieurtechnischem Fachwissen entwickelten Innovationen künftig von chinesischen Experten kopiert würden. Auch Mittelständler machten sich auf die Pilgerreise.  Ob Armaturen-Grohe, Kettensägen-Stihl – gerade diese früheren Weltmarktführer spürten, wie chinesische Kopierkunst mit Billigprodukten an den Gewinnen – und am Umsatz und Image sägte.

Selbst die Spielwarenproduzenten – ein deutsches Qualitäts- und Traditionsgeschäft – müssten angesichts der Billigkonkurrenz aufgeben. Plastikmüll aus China, bunt in Tamagochiformen gegossen und von „Toys’R’Us“ auf dem Markt gebracht, überschwemmte die Kinderzimmer. Stofftier-Leitproduzent Steiff gab nach vier Jahren China-Produktion wegen schlechter Qualität auf. Da war der gute Ruf bereits deutlich angekratzt. Der gefühlte Elastolin-Nachfolger Schleich produziert nicht nur zum Großteil in China – dortige Kopisten machen auch mit via Penny und Co. vertriebener Billigware kräftig Konkurrenz.

Das Konzept lief immer nach demselben Muster ab – gleich, ob im Hightech-Sektor oder in der Manufaktur: Europäische Hochleistungsunternehmen begaben sich im Reich der Mitte in Joint Venture mit massiver chinesischer Beteiligung. Die sicherte sich das Know How und die Ideen – und begann, mit Billigware in die Konkurrenz einzusteigen.

Donald Trump hat insofern völlig recht, wenn er die unfairen Mittel der Chinesen beklagt. Denn die haben das Prinzip des Ausverkaufs der ehemals führenden Weltwirtschaftsnationen perfektioniert. Mit gestohlenem Knowhow und geklauten Patenten werden die Zielmärkte mit Billig-Produkten überschwemmt. Hochsubventioniert durch staatliche Beteiligung, hinter teilweise abenteuerlichen, undurchschaubaren Geschäftskonstruktionen versteckt. Damit wird die Konkurrenz aufgehebelt und im Zweifel zur Übernahme sturmreif geschossen. Oder das durch unausgeglichene Handelsbilanzen erwirtschaftete Geld wird gleich eingesetzt, um in den Zielländern die innovativsten Unternehmen in chinesisches Eigentum zu überführen. Auf bis zu 44 Übernahmen im Jahr addierte sich der chinesische Unternehmenseinkauf allein in Deutschland – fast zehn Milliarden Euro lassen sich das die Pekinger im Jahr kosten. Stützpunkte, um in Krisenzeiten intervenieren zu können, haben die Kommfuzionisten im Reich der Mitte dabei auch im Blick: So übernahmen sie für 16 Millionen Euro den früheren US-Militärflughafen Hahn bei Frankfurt, wollen sich in Deutschlands größten Binnenhafen einkaufen.

Im Ergebnis läuft es immer auf dasselbe hinaus: Die einstmals führenden Nationen finanzieren ihren eigenen Ausverkauf – und damit die Schlinge, die ihnen die Chinesen freundlich lächelnd um den Hals legen.

Die mit dem Prinzip des Copy, Invade & Sell erwirtschafteten Dollarberge sollten sogar reichen, um den chinesischen Kolonialismus – getarnt unter dem Schlagwort „Neue Seidenstraße“ – voranzutreiben.

Trumps Gegenschlag

Als Trump 2018 die Strafzölle für chinesische Waren mit 10 Prozent festlegte, erzählte mir ein guter Bekannter, dessen Familie seit den Fünfzigern im Chinahandel tätig ist, dass allein diese zehn Prozent zahlreiche Unternehmen in China in den Ruin treiben werden. Denn um die Strategie des westlichen Ausverkaufs zu gewährleisten, waren die chinesischen Unternehmen gezwungen, mit minimalen Gewinnmargen auszukommen. Das stetige Wachstum der Exporte schien zu reichen, um das chinesische Perpetuum mobile zu betreiben.

Das Gejammer seiner chinesischen Partner hatte also gute Gründe. Vor allem deshalb, weil Chinas Führung die Parole ausgegeben hatte, dass die Unternehmen allein zusehen müssten, wie sie mit der Situation klarkommen. Wobei ein erkennbarer Rückgang von Produktions- und Verkaufszahlen schon als gefühlter Staatsverrat gebrandmarkt wird.

Also geschah mittlerweile längst das, was auch in den Europäischen Volkswirtschaften gern versucht wird, wenn die Kosten den Einnahmen fortlaufen: Man greift zu Personalabbau. Schon jetzt, so bestätigt ein Insider, hat Trumps Zollpolitik zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten geführt. Offiziell gibt es die selbstverständlich ebenso wenig wie defizitäre Unternehmen.

Der Chinahändler, der aus guten Gründen darauf verzichten möchte, namentlich genannt zu werden, sagt: „Die 25 Prozent können China an den Rand des Zusammenbruchs führen. Hält Trump die durch, sortiert sich die Weltwirtschaft von Grund auf neu, weil zahlreiche chinesische Player ausfallen. Gleichzeitig wird die Arbeitslosigkeit die innere Situation Chinas erheblich destabilisieren. Die neue chinesische Mittelschicht hat sich an ihren bescheidenen Wohlstand gewöhnt – fällt sie in die Arbeitslosigkeit, brennen im Reich der Mitte an allen Ecken kleine Lunten.“

Die Angst vor der Unkontrollierbarkeit

Xi ahnt offenbar, was auf ihn zukommt. Chinesische Insider berichten, dass die Stimmung innerhalb Chinas teilweise schon wieder die Züge der sogenannten Kulturrevolution annimmt. Kritische Geister und renommierte Volkswirtschaftler an den Universitäten, die das chinesische Dilemma erkennen, werden demnach bereits massiv unter Druck gesetzt, um ja keine von der offiziellen Wohlfühllinie abweichenden Erklärungen zur Lage abzugeben. Der mittlerweile allmächtige Xi kann nicht zulassen, dass an seinem Erfolgsbild gekratzt wird – soziale Unruhen wird er dennoch nicht vermeiden können, sollte Trump seine 25-Prozent-Politik durchhalten.

So erinnert die Situation ein wenig an jene Zeit, als die damals noch jungen USA das isolierte, japanische Kaiserreich zwischen 1853 und 1867 dazu zwangen, sich den europäischen Handelsgepflogenheiten anzuschließen. Damals setzten die Amerikaner auf Kanonenboote – heute reichen Strafzölle. Ob sich allerdings im Reich der Mitte auch der damals in Japan bewirkte Zusammenbruch der alten Ordnung wiederholen wird, darf dennoch angezweifelt werden. Zu fest sitzt die allmächtige Kommunistische Partei Chinas im Sattel, zu sehr ist die chinesische Gesellschaft mit der Machtusurpation Maos verwoben, als dass die bestehenden Strukturen im Handstreich beseitigt werden könnten.

Unruhige Zeiten könnten dennoch auf die Chinesen zukommen – und mit ihnen auf alle, die zu fest auf den neuen Global Player aus Peking gesetzt haben. Denn dem Fundament des chinesischen Erfolgs geht es ähnlich wie den dort produzierten Waren: Ihre schiere Masse scheint die Konkurrenz zu erschlagen. Doch wenn man dahinter schaut, dann wird offenbar: Sie steht auf den labilen Fundamenten schlecht kopierter Vorlagen und wenig Verständnis für marktwirtschaftliche Mechanismen. Und an diesen Fundamenten rüttelt derzeit recht heftig der US-Präsident, weil er offenbar nicht länger bereit ist, den Ausverkauf seiner Wirtschaftskraft an das Reich der Mitte zuzulassen. Das bereits stattfindende Armdrücken hält insofern noch manche Überraschung bereit.

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Kommentare ( 73 )

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Will Anders
5 Jahre her

Ach Herr Spahn, immer wenn Sie nach Osten schauen, verdüstert sich Ihre Laune. Mein „insider“ sagt mir, dass wenn nicht konkurrenzfähige Unternehmen vom Markt verschwinden, es sich ganz sicher um Marktwirtschaft handelt. Und wenn die Regierung nichts dagegen unternimmt, dann ist es Kapitalismus pur. Das Gegenteil davon heißt Sozialismus bzw. Staatskapitalismus – also das was wir gegenwärtig in der Merkel-BRD haben. Wer am Ende als Sieger übrig bleibt – werden wir sehen; ich habe da eine leise Vermutung. Die „unfairen Mittel der Chinesen“ bestanden von Anfang an darin, den ausländischen Firmen klare Bedingungen – zum Beispiel Technologie-Transfer, Mehrheitsbeteiligung der Chinesen… Mehr

Il Jolly
5 Jahre her

Wenn ich dem Vortrag in seinem Tenor auch zumindest für die nähere Zukunft weitgehend zustimme, so bitte ich doch folgendes zu bedenken: Die Chinesen sind, wenn man die gesamte Produktpalette prüft, zumindest in Teilen längst über den Status des bloßen Kopierens hinaus und ihre Anstrengungen die Kundschaft durch vorbildlichen Service weitweit zufrieden zu stellen, tun ein übriges dazu. Kein Grund für uns zur Beruhigung also und Trump macht Politik zu Gunsten der USA, nicht für den Westen allgemein. Was unsere hiesigen Wirtschaftspolitiker an Ideen haben, halte ich nicht nur für blamabel, sondern für regelrecht destruktiv. Herrn Altmaiers Ideen folgen denen… Mehr

Franz Ludwigsburger
5 Jahre her

Das Ganze kann doch nur mittel- und langfristig ein Erfolg werden, wenn die Importe durch einheimische Produkte substituiert werden. Dies ist der Zweck von Erziehung- oder Schutzzöllen, gegen die ich nicht grundsätzlich bin. Alles was der Globalisierung schadet, sollte in diesem Zusammenhang genutzt werden. Allerdings frage ich mich, ob die USA überhaupt in der Lage sind, diese Erzeugnisse selbst herzustellen. Andernfalls führt dies zu einer Verteuerung der Konsumentenpreise in den USA. An einem baldigen Ausgleich der Handelsdefizite führt aber kein Weg vorbei. Entweder die USA veräußern reale Werte, oder ihr Wohlstand, der künstlich hochgehalten wird, muß sinken.

lube
5 Jahre her

Go Donald go

giesemann
5 Jahre her

Ich denke auch, dass China ein Pulverfass ist, das jederzeit hochfetzen kann. Innovation? So jedenfalls nicht, sehe das an den Patentanmeldungen aus China, kann man vergessen. Die Innovation weltweit kommt zu 60% aus drei Ländern: USA, Japan und Deutschland, in dieser Reihenfolge. Die Nr. 4 ist Frankreich, mit großem Abstand zur Nr. 3 DE. Abgelesen an den Patentanmeldungen beim EPA (epo.org). Europäische Patentorganisation. Ähnliche Zahlen zu finden beim USPTO. Das muss nicht so bleiben, China steht ein viel größerer Anteil zu – was machen eigentlich Indien und die islamischen Staaten? Nix. Die stellen zusammen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.… Mehr

Armin V.
5 Jahre her

Ich kann die Begeisterung auch nicht verstehen. Das gilt auch für Israel…ähm…Usrael.

Will Anders
5 Jahre her
Antworten an  Armin V.

Diese Begeisterung ist auch nur in Deutschland so ausgeprägt, die anderen Länder sind da schon weiter. Wenn ich mir Holländern oder Griechen oder Franzosen nur Amerika oder Israel erwähne, dann geht es richtig zur Sache.

Armin V.
5 Jahre her

Die USA ist doch über beide Ohren bei China verschuldet. Mitte dieses Jahres erreichten die von der Zentralbank Chinas gehaltenen Devisenreserven knapp vier Billionen (also 4.000.000.000.000) Dollar. Fünf Jahre zuvor war die Summe noch halb so groß. Der Währungsschatz der Volksbank Chinas, wie die Zentralbank offiziell heißt, ist der bei weitem größte Schatz an Vermögenswerten, der von irgendeinem Staat dieser Erde gehalten wird. Die nach China größten Devisenreserven halten derzeit nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) Japan (1,25 Bill. $), Saudi-Arabien (733 Mrd. $), die Schweiz (521 Mrd. $) und Rußland (432 Mrd. $). Aus „Theorie und Praxis“ (T &… Mehr

Il Jolly
5 Jahre her
Antworten an  Armin V.

Dieser Schatz ist in US-Dollar nominiert, derzeit weltweit akzeptiertes Zahlungsmittel, gültiges Zahlungsmittel aber nur in den Vereinigten Staaten.

Donald Trump ist der Präsident der Vereinigten Staaten.

Was könnte uns das sagen!?

Thorsten
5 Jahre her

Das Problem der westlichen „Markenprodukte“ ist, dass sie (vereinfacht) 30% teurer als China-Ware sind. Bei diesem Preisunterschied akzeptieren viele Kunden den Qualitätsunterschied.

Bei Trumps Zöllen ist es recht einfach: Chinas Preisvorteil gegenüber anderen und vor allem loyalen Asiaten (wie Koreanern und Japanern) wird zerstört. Dadurch werden die Waren nicht 25%, sondern nur um 10%. Das hat Trump mit seiner Steuerreform schon geschenkt.

StefanH
5 Jahre her

Ich hatte durchaus viel mit Chinesen zu tun und m. E. gibt es nur eine Möglichkeit, gegen China zu bestehen:

Besser, schneller, fleißiger und innovativer zu sein.

Da sich die schuleschwänzenden deutschen Klimahüpfdohlen inzwischen sogar noch das Matheabitur erklagen müssen, sehe ich da leider absolut schwarz für Deutschland.

Aber egal, geliefert wie bestellt.

GermanMichel
5 Jahre her

„Donald Trump hat insofern völlig recht, wenn er die unfairen Mittel der Chinesen beklagt. “ Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Wir warten noch auf die Verhaftung der Industrieeliten in den USA und anderswo, die durch umfassendes Outsourcing von Arbeit und Know-how erstmal die White Trash Klasse der obsolete Arbeiter im Westen geschaffen haben, und dann die eigene ebenbürtig technologisierte Konkurrenz (bei massiven Lohnunterschieden). Wenn die Kaffeepflanze früher Grundlage des Wohlstandes einer Nation war, wurde der Export bzw das Schmuggeln dieser Pflanze in potenzielle Konkurrenten Länder als Hochverrat mit dem Tod bestraft. Die Eliten des Westens können aber… Mehr