Der vorerst letzte Akt dieses kollektiven Totalversagens von Medien und Politik in Sachen „Flüchtlingspolitik“ fand sich im August auf Grundlage von Meldungen aus dem Haus der Bundesagentur für Arbeit. Den Journalisten fielen einfach die selbst eingebauten Widersprüche nicht auf, die sich gegenseitig aushebeln.
Es gab einmal eine Zeit, da gab es statt SÜDDEUTSCHEM Geprantl von der Kanzel, statt ZEIT-gerechtem Aufkochen der Infoblättchen aus den Pressestellen oder dem WELT-vergessenen Nachgeplapper besserer Informationsquellen SPIEGEL-gerechtes Nachbohren und Insistieren, an dessen Ende kluge und fundierte Medienberichte mit einem STERN ausgezeichnet werden konnten und weit mehr waren als FRANKFURTER ALLGEMEINES. Doch vorbei. Selbst in den Bastionen der Pressefreiheit, deren Redakteure sich dereinst lieber haben inhaftieren statt beugen lassen, sind die Sterne verblasst und durch Spiegelfechterei ersetzt. Dem deutschen Journalismus geht es wie dem Rest der Republik: Er zehrt vom Ruf und der Substanz, den frühere Generationen erworben und aufgebaut hatten.
Keine Lügenpresse – nur Unfähigkeit
Bei manchem unbedarften Betrachter hat die Unfähigkeit zum Journalismus den immer noch so genannten Qualitätsmedien den Ruf der „Lügenpresse“ eingebracht – doch das ist fast schon zu viel der Ehre. Denn es ist einfach nur die Unfähigkeit, einen Beruf zu erfüllen, der weit mehr ist als das Umschreiben von Pressebriefings und das Hinterherlaufen hinter angeblichen Trends, um so unter dem Diktat einer unerbittlichen Verlagsleitung die Verkaufszahlen in die Höhe zu treiben – und dabei immer mehr Leser zu verlieren, nur um den eigenen Arbeitsplatz zu erhalten. Es ist das fundamentale Missverständnis eines Berufs, der niemals als weltanschauliche Lehranstalt gedacht war, sondern das lesende statt schreibende Gegenüber befähigen wollte, sich selbst aus dem Angebot an Informationen und Denkanregungen ein eigenes Bild zu machen. Und es ist eine Symbiotik, die aus Berichterstattungsgegenstand und Berichtserstattungspflicht eine Kumpanei auf Gegenseitigkeit werden lässt, in der die Unterschiede zwischen Bericht und Propaganda nicht nur verschwimmen, sondern verschwinden.
Am Beispiel der „Flüchtlingskrise“ und ihrer Nachwirkungen soll diese missmediale Situation der Republik aufgezeigt werden – denn wie kaum etwas zuvor dokumentiert sie das fundamentale Versagen einer Zunft, die sich einst als Avantgarde der Gesellschaft verstand.
Wenn aus den unterschiedlichsten Interessen „Flüchtlinge“ werden
Es begann damit, dass Personen, die aus den unterschiedlichsten Gründen heraus ihre Heimat verlassen hatten und in Europa Unterschlupf suchten, pauschal zu „Flüchtlingen“ wurden und es immer noch sind. Um dieses zu erreichen, schufen Medien und Politik gemeinsam eine neue Definition des Begriffs, die eigentlich eine Nicht-Definition ist und die uneingeschränkt zu Lasten echter Flüchtlinge geht. Denn der neue deutsche Flüchtling ist eben nicht mehr jener, der unter Lebensgefahr seine Heimat verlassen musste, weil dort Krieg herrscht oder er aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wird. Der neue Flüchtling ist jeder, der aus welchen Gründen auch immer beschließt, in ein Land umzusiedeln, in dem er für sich persönlich bessere Lebensbedingungen erwartet. Nicht, dass dieses grundsätzlich illegitim wäre – aber mit Flüchtlingen hatte so etwas noch nie etwas zu tun. Sondern immer mit Einwanderung, neudeutsch Immigration.
Der Unterschied zwischen einem Flüchtling und einem Einwanderer liegt eigentlich auf der Hand. Ein Flüchtling ist jemand, bei dem es die Menschlichkeit gebietet, ihm zu helfen, so lange für ihn eine konkrete Bedrohungslage besteht. Gibt es diese nicht mehr, kehrt der Flüchtling für gewöhnlich zurück in seine Heimat. Es sei denn, er hat sich am Ort seines vorübergehenden Schutzes derart gut integriert und wird von seinen Gastgebern eingeladen, zu bleiben. Dann kann aus dem Flüchtling ein Neubürger werden.
Ein Einwanderer hingegen ist jemand, der die Fluchtvoraussetzungen des Flüchtlings nicht erfüllt und trotzdem gern in ein Land seiner Wahl einreisen und dort bleiben möchte. Ich sagte es bereits: Auch das ist nicht von vornherein illegitim. Aber es ist ausschließlich eine Angelegenheit der Gastgeber und künftigen Mitbürger des Einwanderers darüber zu entscheiden, ob der Einwanderer willkommen ist und bleiben darf. Derjenige, der den Einwanderer zu sich lässt, bestimmt die Regeln. Wäre es anders, so spräche man von Invasion. Für einen Invasor aber lässt sich aus absolut Nichts der Rechtsanspruch gegen ein Land herleiten, das ihm den entsprechenden Aufenthalt verweigert.
Es gibt auch eine dritte Kategorie. Diese nannte man früher „Gastarbeiter“ und beschrieb damit Menschen, die zeitweilig legal in ein Land einreisen um dort als Arbeitskräfte Geld zu verdienen. Im 19. Jahrhundert waren das beispielsweise hunderte Italiener, die zum Bau des Gotthard-Tunnels in die Schweiz gingen. Im 20. Jahrhundert waren es Italiener, Spanier, Jugoslawen und später Türken, die nicht nur in die Bundesrepublik fuhren, um dort an der dynamischen Wirtschaftsentwicklung mitzuwirken und daran zu partizipieren. Gastarbeiter sind – so sagt es der zutreffende Begriff – Arbeiter, die auf Zeit als Gäste des Gastlandes tätig werden. Ist die Arbeit getan, dann reisen sie zurück in ihre Heimat oder suchen sich anderswo eine Tätigkeit. Selbstverständlich gilt auch hier: Manch ein Gastarbeiter mag sich derart gut in seine Gastgesellschaft integrieren, dass er auch nach getaner Arbeit willkommen ist. Dann kann er vom Gastarbeiter zum Bürger werden – vorausgesetzt, die Gastgesellschaft akzeptiert dieses und er akzeptiert die Regeln der Gastgesellschaft. Auch hier gilt: Die Regeln werden uneingeschränkt durch die aufnehmende Gesellschaft aufgestellt, von niemandem sonst.
Leider ist noch eine vierte Kategorie zu vermelden. Sie soll hier als jene beschrieben werden, deren Mitglieder aus dem ausschließlichen Zweck in einem Land Aufenthalt suchen, um sich dort mit Regelbruch ihr persönliches Leben zu verschönen. Hierbei ist es nebenrangig, ob dieses unter Missbrauch vorhandener Sozialsysteme oder durch aktive Kriminalität erfolgt – aus der Sicht der Betroffenen sind diese Personen Schmarotzer. Systematisch könnten sie in die Gruppe Zwei der Einwanderer oder die Gruppe Drei der Gastarbeiter fallen. Da jedoch sowohl Gastarbeitern wie Einwanderern zu unterstellen ist und dieses auf die überwiegende Mehrheit auch uneingeschränkt zutrifft, die Regeln des Gast- oder künftigen Heimatlandes zu akzeptieren, wird diese vierte Gruppe der „Schmarotzer“ hier explizit gesondert ausgewiesen.
Alle in einen Topf
Statt nun dem Bürger die Möglichkeit zu geben, die Vielschichtigkeit derjenigen zu begreifen, die Einlass in die Bundesrepublik begehren, wurden in gemeinsamer Aktion von Politik und Medien alle – vom Kriminellen bis zum Schutzbedürftigen – zum „Flüchtling“. Gleichzeitig wurde so der „Flüchtling“ zu jemandem, der grundsätzlich als Einwanderer zu gelten hat. Und der Bürger fragte sich zu Recht: Warum ist jemand ein Flüchtling und kein Einwanderer, wenn er doch ohnehin nicht mehr in seine Heimat zurückkehren wird; und warum muss ich einen Kriminellen, der nur hierher kommt um von unserem Wohlstand zu schmarotzen, als Flüchtling begrüßen?
Da wurden plötzlich und unerwartet Fragen laut. Doch statt, wie es ihre Aufgabe wäre, diese Fragen sachgerecht zu beantworten, schmiedete das Kartell aus Politik und Medien weiter an seiner Flüchtlingslegende. Muss sich der Belehrungspakt aus Politik und Medien da noch wundern, wenn immer mehr Bürger sich von dieser Pauschalisierung, die jegliche Differenzierung verunmöglichen soll, irritiert fühlen? Mehr als nur instinktiv erkennen sie, dass es hier nicht um Information, sondern um Manipulation geht. Eine Manipulation, die aus dem kritischen Bürger ein willfähriges Instrument ihm fremder Interessen machen will.
Aus illegaler Einwanderung wird Menschenrettung
Die kontinuierliche politmediale Manipulation fand eine Fortsetzung in der Umformung einer Grenzschutzaktion zur Mittäterschaft beim illegalen Grenzübertritt. Jene Einwanderungswilligen an der nordafrikanischen Mittelmeerküste – selbst offizielle Stellen räumen mittlerweile ein, dass es sich dabei fast ausschließlich um Wirtschaftsmigranten aus Zentral- und Nordafrika handelt – sollten ursprünglich im Sinne des legalen Grenzschutzes von der Einreise in das von ihnen erhoffte Schlaraffenland abgehalten werden. Die Spanier hatten zu diesem Zweck beispielsweise an den Grenzen ihrer afrikanischen Exklave Melilla gut bewachte Zäune errichten lassen. Sie hätten es sich schenken können. Denn auch aus den Wirtschaftsmigranten wurden „Flüchtlinge“ – und die Grenzschützer sahen ihre Aufgabe nicht mehr darin, die Grenzen zu schützen, sondern für jene, die sich unter Kenntnis des Risikos in Lebensgefahr begaben, eine kostenfreie illegale Einreise zu gewährleisten, statt die Aufgegriffenen zurück zu ihren Abreiseorten zu begleiten.
Kontrollverlust auf beiden Seiten
Der Bürger fragte sich einmal mehr, warum man ihm auch hier Sand in die Augen streut. Und die Antwort lautete wie bereits bei der unkontrollierten Masseneinreise in die nordeuropäischen Wohlstandregionen: Die Politik war unfähig, ihre Hauptaufgabe zu gewährleisten und das ihr anvertraute Gemeinwesen vor dem scheinbar Unkontrollierbaren zu schützen. Kontrollverlust – das ist das schlimmste, was man einer Regierung attestieren kann. Kontrollverlust – das ist im Sinne der Kontrolle der Regierenden dann auch das schlimmste, was den Medien passieren kann.
Um den kollektiven Kontrollverlust nicht eingestehen zu müssen, klammerte sich das Kartell der Unfähigen nicht nur um jeden Preis an den neu- und fehldefinierten Begriff des „Flüchtlings“ – es vernebelte und vernebelt auch weiterhin die Tatsachen und bestärkt so ein ums andere Mal den Verdacht des Bürgers, nur noch als manipulierbare Masse wahrgenommen zu werden.
Der „Flüchtlingsdeal“
Als es im Frühjahr 2016 dadurch, dass zahlreiche Länder auf dem Balkan die illegale Einwanderung auf ihr Territorium nun verweigerten, in Griechenland zu einer Art des menschlichen Rückstaus kam, sann die Politik nach Wegen, das ohnehin völlig überforderte, bis über die Hutschnur verschuldete und zur Selbstverwaltung faktisch unfähige Land zu entlasten. Man traf sich mit dem östlichen Nachbarn Türkei, der bislang ungehindert die illegale Ausreise von Einwanderern in die EU zugelassen hatte, und kam nach einigen Gesprächen zu dem, was den Bürgern als „Flüchtlingsabkommen“ präsentiert wurde.
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