Dummheit, Bildungsmangel oder Kalkül – die SPD und das Reich

Erneut steht das Reichstagsgebäude im Zentrum des politischen Kampfes. Ausgefochten wird der Krieg der Symbole. Mit historisch unzulänglichen und bewusst falschen Bezügen, die die Politik hinsichtlich der Treppenbesetzer nun herzustellen sucht, erfüllt sie diesen ihren Traum der Heroisierung.

imago images / Future Image

Nun ist es doch geschehen – Berlins Innensenator Andreas Geisel hatte es geahnt und wollte deshalb vorsorglich das Grundrecht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit außer Kraft setzen lassen. Demonstranten haben es gewagt und tatsächlich bei wenigen Polizisten geschafft: Sie haben die Treppe des Reichstagsgebäudes bevölkert.

An sich wäre dieser Akt nicht der Rede wert. Bevor die Politik beschloss, den Zugang zum Reichstag für den Bürger grundsätzlich nur nach Personen- und Waffenkontrollen zu ermöglichen, waren die Treppen des Gebäudes Tummelplatz für Kurzverweiler, Touristen, Architektur- und Geschichtsbegeisterte. Erst als islamische Terroranschläge es notwendig sein ließen, alles, was irgendwie Symbolcharakter haben könnte, vor Volk und Terroristen zu schützen, wurde auch dieses 1894 fertiggestellte Gebäude zu einer Art „forbidden zone“. Noch in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts war es ein Vergnügen, auf einen Sprung von der Wilhelmstraße zum Platz der Republik zu gehen, und von Dach des Hauses einen Blick auf das nächtliche Berlin zu werfen.

Doch dann kann der Islamterror – und mit ihm die Zugangsbeschränkungen. Seitdem darf als „Außenstehender“ nur noch in und auf das Gebäude, wer eine Zutrittsberechtigung und sich durch das Containerdorf vor dem Gebäude geschleust hat, in dem er auf Herz und terroristische Absichten geprüft wird.

Nicht mehr „dem deutschen Volke“

Vorbei also nun die Zeiten, als noch galt, was seit 1916 groß über dem Haupteingang, gegossen aus dem Metall zweier Kanonenrohre aus den Befreiungskriegen, steht: „Dem deutschen Volke“. So war es einst gedacht, dieses vom Hugenotten-Abkömmling Paul Wallot geplante, eindrucksvolle Gebäude, das in seiner Geschichte immer wieder im Mittelpunkt deutscher Geschichte stand. 

Am 9. November 1918 vollzog der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann auf dem Westbalkon des Gebäudes den politischen Staatstreich, mit dem aus staatrechtlicher Sicht die freiheitlich-laizistische Verfassung von 1871 durch eine kurzfristig amtierende, sozialdemokratische Räteregierung außer Kraft gesetzt wurde, indem er ausrief: „Das alte und morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik.“

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Seitdem gehört es zur politischen Legendenbildung, das 1871 als föderalistischer Bundesstaat gegründete Reich als autoritäre Monarchie zu geißeln. Die Tatsache, dass der Aufbau des Reichs auf demokratischen Grundsätzen beruhte und lediglich das Präsidentenamt des Bundes an die Funktion des Königs von Preußen gekoppelt war – was wiederum die Ursache des Scheidemann’schen „Zusammenbruchs“ war, da Wilhelm II als König von Preußen abgedankt hatte und damit das Bundespräsidentenamt vakant war.

1918 also verkündeten Sozialdemokraten vom Reichstag aus die neue Republik ohne Preußenkönig mit dem Namen „Deutscher Kaiser“ als Bundespräsidenten, während die sich an Lenins Machtusurpation orientierenden Kommunisten unter Karl Liebknecht vor dem Berliner Schloss, welches seine Brüder im Geiste nach 1945 wegsprengen sollten, das Oxymoron einer „freien sozialistischen Republik“ ausrief.

Fortan nun diente der Reichstag den gewählten Weimarer Demokraten und Undemokraten als Tagungsstätte und Parlament, bis dann am 1. Februar 1933 der frisch im Amt ernannte Reichskanzler Adolf Hitler das Parlament für aufgelöst erklärte. Keinen Monat später standen der Plenarsaal nebst umliegenden Räumen durch Brandstiftung in Flammen. Bedeutungsschwanger als „Reichstagsbrand“ in die Geschichte eingegangen, wurde lediglich ein niederländischer Kommunist für schuldig befunden – alle weiteren Angeklagten um den internationalistischen Berufsrevolutionär Georgi Dimitroff wurde mangels Beweisen freigesprochen.

Hitler – und mit ihm die extreme Linke – jedenfalls waren nun das manifeste Symbol der bürgerlich-liberalen Demokratie los. Der junge Reichskanzler ließ sein künftiges Pseudoparlament in die Kroll-Oper umziehen – dem deutschen Volke diente künftig nur noch eine Ruine, dem Parlament ein Theater.

Die Machtübernahme durch die UdSSR

Wiederum symbolträchtig besetzten dann am Ende der rechtssozialistischen Terrorphase Soldaten der Roten Armee der Sowjetunion am 1. Mai 1945 das geschundene Gebäude. Nicht mit der Übernahme des totalitären Machtzentrums in der Reichskanzlei an der Wilhelmstraße, sondern mit der Übernahme des Symbols deutscher Demokratie ließ Stalin seinen Sieg feiern. Über dem deutschen Volke wehte nun die rote Fahne mit Hammer und Sichel – bis die Sowjetarmee den Stadtbezirk Tiergarten an die Amerikaner übergeben musste, wo die von manchen als Trutzburg behauptete Ruine bis auf Weiteres recht allein auf weitem Feld stand. 

In den Sechzigerjahren dann durfte der Bauhausanhänger Paul Baumgarten das ehrwürdige, aber arg zerstörte Gebäude im Stil der Zeit vergewaltigen. Immerhin jedoch war es nun wieder funktional zu nutzen – auch wenn unter dem Viermächte-Status für Berlin der Deutsche Bundestag dort nicht tagen durfte.

In der Demo drinnen beobachtet
Unter den Demonstranten: Friedefreude, Kaiserflagge
Erst nach dem Beitritt der Bundesländer der ehemaligen DDR sollte das immer noch dem deutschen Volke gewidmete Gebäude seine ursprüngliche Funktion als Tagungsstätte in freier und geheimer Wahl gewählter Abgeordneter zurückerhalten. Am 4. Oktober 1990, einen Tag nach der „Wiedervereinigung“ der beiden Restdeutschlands durch Beitritt der mitteldeutschen Länder zur BRD, tagten hier die Abgeordneten des Bundstages und der Volkskammer in gemeinsamer Sitzung. Am 20. Juni 1991 beschloss noch in Bonn der erste gemeinsame Bundestag mit 18 Stimmen Mehrheit das Reichstagsgebäude zum künftigen Sitz des Deutschen Bundestags. Bis zum 8. September 1999 sollte es nun noch dauern, bis dieses dem deutschen Volke gewidmete Haus zum ständigen Tagungsort der Parlamentarier wurde.

Seitdem allerdings schottet sich das Gebäude gegenüber seinem Volk zunehmend ab. Das Gebäude, einst als Symbol für ein freies, modernes Volk geplant und errichtet, wird zur Festung. Wie einst im Mittelalter soll künftig ein zwei Meter tiefer Graben das Gebäude gegen Frontalangriffe schützen. Die „weichen“ Flanken mit den Zufahrten zum Haupteingang sollen durch massige Zäune gegen Erstürmung gesichert werden.

Es ist immer nur Symbolik

So liegt es nun auf der Hand, dass dieses Gebäude, einstmals für das Volk errichtet und nun gegen dieses als Festung geplant, eine erneute Symbolkraft erhält. Und genau diese machten sich einige Demonstranten zunutze, als sie am 29. August 2020 die derzeit noch nur aus Polizisten ohne Graben bestehende Abschirmung durchbrachen und mit wehenden Fahnen die Treppe besetzen – Szenen, deren Dynamik einen unbeteiligten Zuschauer spontan an die Propagandaszene der Sergej-Eisenstein-Verfilmung von der Erstürmung des Winterpalais in Sankt Petersburg erinnerten.

Faktisch geschehen ist nichts. Ein paar Demonstranten erklommen die Treppe eines Gebäudes, ohne weiteren Schaden anzurichten. Als die Polizei zur Räumung kommt, ziehen sie ab. 

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Corona-Demonstration: Was bleibt
Doch es sind eben nicht die Fakten, sondern es ist der Krieg der Symbole, der nun ausgefochten wird. Schnell wird aus der vorübergehenden Besetzung der Treppe der Versuch, den Reichstag zu erstürmen. Solche Versuche allerdings sind bislang nicht belegt – das Gebäude war geschlossen und es hätte massiver Gewalt bedurft, um sich Zugang zu verschaffen. Doch das wäre dann auch nur eine tatsächlich unsinnige Aktion gewesen. Die zu „Erstürmern“ mutierenden Demonstranten hätten sich nur erhebliche Schadensersatzansprüche eingefangen, hätten sie tatsächlich den Versuch unternommen, ein zu diesem Zeitpunkt weitgehend leerstehendes Gebäude tatsächlich besetzen zu wollen.

Doch auch den „Erstürmern“ ging es selbstverständlich nicht darum, mit ihrer kleinen Hundertschaft nun die Macht im Staate zu übernehmen. Auch ihnen ging es um Symbolik – und dabei sind sie Dank der Überreaktionen aus dem politischen Hauptstadtbetrieb nun aller bestens bedient. Ihre Szene wird sie zu Helden stilisieren – gedankt dem politischen Überaktionismus jener, die bereits die Grundfesten des Staates wanken sehen wollen.

Es ist nicht nur diese Überhöhung, die aus einer vorübergehenden Treppenbesetzung einen Sturm auf die Bastille macht – es sind vor allem die historisch unzulänglichen und bewusst falschen Bezüge, die die Politik hinsichtlich der Treppenbesetzer nun herzustellen sucht und womit sie eben diesen Treppenbesetzern ihren Traum der Heroisierung erfüllt.

Politische Überreaktion als Vorspiel für den Angriff auf die Meinungsfreiheit

Bundesinnenminister Horst Seehofer, dessen Bundespolizei maßgeblich für den Schutz des Reichstagsgebäudes zuständig ist, spricht von „Chaoten und Extremisten“, die „das Zentrum der freiheitlichen Demokratie für ihre Zwecke missbrauchen“. 

Eine Treppe als Zentrum der Demokratie?, könnte nun zynisch gefragt werden. Doch wir haben verstanden: Die Treppe steht ab sofort für das Haus selbst, das Haus wiederum steht für das Parlament, das Parlament für den Berliner Politikbetrieb an sich. Insofern trafen die stürmenden, Treppe-besetzenden Demonstranten selbstverständlich die Berliner Politik ins Herz, wie es folgerichtig dann auch der Mann im Schloss Bellevue schnell feststellte.

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Es ist ein Herzstoß, bei dem die Behauptung von Chaoten ohne jeden Zweifel eine der persönlichen Position ist und Seehofer insofern eine zutreffende Beschreibung geliefert hat, als dass die Demonstranten vorübergehendes Chaos schufen, während die Unterstellung des Extremismus derzeit noch seines Beweises harrt, da weder eine Treppenbesetzung noch Nichtbefolgung staatlicher Anweisungen automatisch Extremismus, sondern erst einmal nur zivilen Ungehorsam belegen.

Doch hier nun muss das regierungsamtliche Narrativ greifen: Corona-Skeptiker sind Extremisten. Wobei sich die Frage stellt, ob die Treppen-Stürmer nun tatsächlich Corona-Skeptier waren, oder lediglich den Anlass für andere Zwecke genutzt haben.

Geschichtsklitterung soll den Angriff auf die FDGO belegen

Hier nun wird es krude und unübersichtlich. Denn die Herrschaften, die die Treppe besetzten, trugen einige Fahnen mit sich, die denen des Deutschen Reichs von 1871 bis 1918 entsprachen. Das nun könnte sie tatsächlich als Anhänger der sogenannten Reichsbürger-Idee kenntlich machen – eine abstruse Theorie, wonach das Deutsche Reich nicht 1945 durch die Alliierten zu Grabe getragen worden war, sondern bis heute fortbesteht. 

Unabhängig davon aber ist weder das Mitführen der Reichsflagge noch der Wunsch, zur damaligen Verfassung zurückzukehren, eine in der Bundesrepublik strafbare Handlung. Die Flagge der ersten deutschen Demokratie kann selbst dann, wenn sie von irgendwelchen politisch verwirrten Triebtätern missbraucht wird, niemals ein Symbol der Schande sein. Und der Wunsch, vielleicht sogar einen monarchischen Parlamentarismus nach dem Modell der 1871-Verfassung zu rekonstituieren, ist im politischen Pluralismus zulässig, solange er seine Ziele im demokratischen Wettstreit der Ideen formuliert und zu erreichen sucht 

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Insofern ist es auch bloße Ideologie und Propaganda, wenn der SPD-Bundespräsident und der SPD-Außen-Maas unisono erklären, dass „Reichsflaggen vor dem Parlament beschämend“ und „ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie“ seien. Nun, vielleicht sollte den Herren jemand erklären, dass jene Reichsflagge, die aus den vertikal angebrachten Farben schwarz-weiß-rot besteht, zwischen 1894 und 1918 ständig vor dem Gebäude geweht hat, ohne dass dieses in irgendeiner Weise „beschämend“ gewesen sei. Denn genau diese Flagge war die der ersten deutschen Demokratie, als ein in freier und geheimer Wahl gewähltes Parlament in diesem Gebäude zusammentrat und selbst Sozialdemokraten für die Finanzierung des Krieges stimmten.

Doch dass es Sozialdemokraten – vermutlich eine Folge sozialistischer Bildungsexperimente der vergangenen 50 Jahre – mit historischem Wissen nicht haben, ist nicht nur bei dem Saarländer und dem Westfalen festzustellen. SPD-derzeit-Möchtegernkanzler Olaf Scholz twitterte noch einen Zacken schärfer: „Nazisymbole haben vor dem Bundestag rein gar nichts verloren“. 

Da wäre ihm in der Sache nicht zu widersprechen – nur: Es gab vor dem Reichstag am 29. August keine „Nazi-Symbole“. 

Offenbar verwechselt der Osnabrücker die Flagge des Deutschen Reichs mit dem Propagandafetzen, den die nationalen Sozialisten der von ihnen gekaperten Republik nach 1933 aufzwangen. Zwar nutzte auch die NSDAP-Führung die klassischen Reichsfarben schwarz-weiß-rot, die als ursprüngliche Farben des Norddeutschen Bundes übrigens, so eine heraldische Deutung, mit dem schwarz-weiß für Preußen und mit dem weiß-rot für die freien Hansestädte gestanden haben sollen, doch gestaltete sie diese Farben gänzlich neu. Auf dem rot der Sozialisten, welches nun als flächendeckende Grundfarbe diente, wurde zentral ein weißes Rund gesetzt, dort hinein kam die nordische Hakenkreuz-Rune als Symbol der NSDAP.

Diese Flagge hatte also in ihrer Bedeutung nichts mehr von der ursprünglichen Reichsflagge – vielmehr machte das ideologische Symbol eine totalitären Bewegung deutlich, dass der einstmals bürgerlich-liberale und demokratische Staat durch die Ideologie des nationalen Sozialismus übernommen worden war. Wenn nun Scholz auf der Treppe des Reichstags „Nazisymbole“ zu erkennen meint, obgleich dort keine zu finden sind, stellt sich die Frage: Ist dieser Mann ohne jegliche historische Bildung, ist er einfach nur dumm, leidet er vielleicht an Wahrnehmungschwierigkeiten  oder versucht er vielleicht gar bewusst, Geschichte zu klittern, um darauf sein ideologisches Süppchen zu kochen? Was immer auch die Ursache sein mag – ein Ausweis von Kanzler-Tauglichkeit ist nicht davon. Ganz im Gegenteil.

Das Ziel: Die sozialistisch-autoritäre Haltungsrepublik

Doch die Zielrichtung ist unverkennbar. Ganz im Sinn kulturrevolutionärer Bilderstürmer soll alles, was des Sozialisten Horizont übersteigt, bewusst kriminalisiert werden. Deutsche Geschichte vor 1949 (noch, demnächst dann vermutlich vor 1989) wird zu einem Ablauf staatskrimineller Verschwörungen umgeschrieben – die kurze Phase zwischen 1920 und 1933 ausgenommen vielleicht, in der auf der Grundlage einer in Weimar verabschiedeten Verfassung ein demokratisches Grundgerüst damit begann, aus dem liberal-laizistischen Staat von 1871 ein staatspolitischen Arbeitsauftrag zu machen.

Also muss nun ganz im Sinne der überzeichneten Karikatur der ersten deutschen Demokratie durch Heinrich Mann auch das sogenannte „Kaiserreich“ (was es im eigentlichen Sinne nie gewesen ist) zum Hort des Nazitums gemacht werden. Bürgerlich-liberale Demokraten, die Fürsten und Königen 1871 nach langem Ringen die freiheitlichste deutsche Verfassung ihrer Geschichte abgerungen hatten, sollen mit den rechts-kollektivisten Geistesbrüdern der links-kollektivisten Sozialisten in einen ideologischen Topf geworfen werden, um am Ende des Prozesses alle Freiheitswerte des bürgerlichen Liberalismus zu Unwerten der nationalen Sozialisten erklären zu können. Jeder gegenwärtig noch mögliche Widerstand gegen die kollektivistische Zwangsbeglückung durch sozialistische Ideologen, der sich nach dem liberalen Abdanken der FDP nur noch außerparlamentarisch formuliert, soll in die große, alles fassende Nazi-Kiste geschmissen werden.

Auf falscher Symbolik eigene Süppchen kochen

Unbestritten, vermutlich waren jene, die nun mit Reichsflaggen vorübergehend die Reichstagstreppe besetzt hatten, ebenfalls politisch Verwirrte. Vermutlich auch haben sie selbst nicht begriffen, wofür das angebliche Kaiserreich faktisch gestanden hat. Vermutlich zweckentfremden sie die Flagge der ersten deutschen Demokratie tatsächlich für wirre, politische Anschauungen. Doch dafür kann die Reichsflagge nichts: Auch aus Hammer und Sichel wird kein NSDAP-Symbol, selbst wenn „Rechtsextremisten“ sie künftig für ihre Auftritte nutzen sollten.

Aber angesichts kontinuierlicher Volksverdummung durch sozialistische Bildungsexperimente bietet sich die Diffamierung auch unbelasteter Symbole durch eine historisch mehr als unkorrekte Behauptung zu „Nazisymbolen“ an, um der offensichtlichen Agenda der Abschaffung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit weiteren Verschub zu leisten.

Der Ex-SED-und-nun-SPD-Funktionär Andreas Geisel befindet, es hätten sich am 29. August Menschen versammelt, die „an unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung insgesamt Zweifel hegen und diese angreifen wollen“.  Sein Verständnis ende da, „wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen.“

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Damit liegt es auf der Hand: Geisel, der bereits die Demonstration am 29. August verbieten lassen wollte, um Berlin unter Verfassungsbruch vor „Corona-Leugnern, Reichsbürgern und Rechtsextremisten“ zu schützen, startet mit Unterstützung seiner ideologischen Freunde in Bundespräsidialamt und Bundeskabinett den Frontalangriff auf die Grundrechte. Demonstrationsrecht nur noch für Leute, die der linken Ideologie genehm sind. Wie beispielsweise dann, wenn grüne Bundestagspräsidentinnen gemeinsam mit Antifanten, denen „offen bekundete Zweifel an der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ offen bekundet zu eigen sind, gemeinsam skandieren: „Deutschland, Du mieses Stück Scheiße!“

Es geht also darum, aus einem verfassten Grundrecht ein politisches Wohlgefallensrecht zu machen. Dazu sind Verfassungsfeinden alle Mittel recht – auch die historisch unkorrekte Diffamierung deutscher Geschichte. 

Dabei darf gegenwärtig noch ein deutscher Staatsbürger unter dem Schutz des Grundgesetzes selbstverständlich sogar eine Partei gründen, die „Zweifel an der freiheitlicht-demokratischen Grundordnung“ hat. Wäre dem nicht so, dann hätte beispielsweise die KPD-SED-PDS-PdL längst verboten werden müssen. Doch solange diese Zweifel nur in der demokratischen Debatte vertreten werden, nicht jedoch aktiv die Abschaffung der FDGO betreiben, können solche Parteien in der BRD tätig sein. Und das selbst dann noch, wenn die Überwindung der FDGO und die Ersetzung derselben durch einen ideologisch geprägten Haltungsstaat stillschweigend und subversiv erfolgt.

Die Linken schaffen rechte Helden

Insofern aber ist das nun zu konstatierende Hochgeschreie jener paar vermutlich politisch Verwirrten, die kurzfristig die früher frei zugängliche Reichstagstreppe besetzten, dann doch weder Dummheit noch Bildungsmangel, sondern berechnendes Kalkül. Wer nicht für den sozialistischen Haltungsstaat ist, ist Nazi. Und Nazis gehören verboten und ihnen ihre Grundrechte entzogen. So lautet die wahre Agenda dessen, was wir gegenwärtig erleben.

Die staatlich betriebene Nazifizierung schafft sich notwendige Gegner

Die Frage allerdings wird sein, ob nicht die kontinuierliche Nazifzierung immer breiterer Bevölkerungskreise durch die machthabende Politikelite irgendwann nach hinten losgeht. Denn wer seine eigene, linke Agenda offenbar nur damit durchsetzen kann, indem er sich ständig mehr Menschen als Nazi-Hassfeinde und denen dann die Helden schafft, belegt damit nicht nur die Jämmerlichkeit der eigenen Ideologie – er wird auch bewusst zum Totengräber der demokratisch-freiheitlichen Ideale.

Wer sein Volk zu Nazis macht, weil er meint, darauf sein machtpolitisches Süppchen der Überwindung einer freien Gesellschaft kochen zu können, darf sich nicht wundern, wenn er eines Tages nur noch von solchen Nazis umgeben ist. Wer aus der kurzfristigen, lächerlichen Besetzung einer Treppe einen „Sturm auf den Reichstag“ macht, schafft sich selbst jene Helden, auf deren Brust er künftig zielen wird. 

Ideologie statt Vernunft

Ein vernünftiger Umgang mit jenen fahneschwingenden Treppenbesetzern wäre es gewesen, sie einfach freundlich darum zu bitten, die Treppe wieder zu verlassen und bei Widerstand mit sanftem Druck nachzuhelfen. Nun aber werden sie von der Politik und den Politik-hörigen Medien zu Helden einer Bewegung hochgeschrieben, die es ohne das politische Fehlverhalten der Herrschenden niemals gegeben hätte. So zeugt man sich seine Gegner selbst, indem man Kritiker und Verwirrte zu Anti-Helden der eigenen und Helden der generischen Ideologie macht. 

Und so betreibt man aktiv jene Spaltung, die man anderen vorwirft, die es ohne die eigene Spaltungsagenda in dieser Form nie gegeben hätte.

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Kommentare ( 140 )

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Christoph_Koehler
4 Jahre her

Das deutsche Kaiserreich war, anders als hier nahegelegt wird, keine parlamentarische Demokratie vergleichbar der der BRD, mit einem Staatspräsidenten mit der Bezeichnung „Kaiser“ an der Spitze. Ich zitiere aus der Seite des Deutschen Historischen Museums (https://www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/das-reich/reichsverfassung-1871.html). „Das deutsche Kaiserreich war eine konstitutionelle Monarchie. Die politische und militärische Führung lag beim Kaiser, der zugleich preußischer König und oberster Kirchenherr der Protestanten war. Er hatte das Recht zur Einberufung, Eröffnung, Vertagung und Schließung des Reichstags und ernannte den Reichskanzler, der im Regelfall auch preußischer Ministerpräsident war und als Verantwortlicher der Staatsgeschäfte den Vorsitz im Bundesrat führte. Der Monarch verfügte auch die Ernennung… Mehr

Arthas
4 Jahre her

Das Reichstagsgebäude steht in seinem heutigen Zustand symbolisch für Deutschland. Es ist nur noch eine Hülle, eine halbherzig rekonstruierte Steinfassade – im Innern entkernt und durch einen für die BRD typischen leblos-modernistischen Glaskasten ersetzt. Wer sich jedoch historische Bilder anschaut kann erahnen, was für ein stolzer Prachtbau dieses Gebäude ursprünglich mal war. Also im Grunde genommen genau wie Deutschland.

Karl Schmidt
4 Jahre her

Tatsächlich dürfte die groteske Inszenierung der Linken und ihres Bundespräsidenten drei Ziele verfolgen: (1.) Die bürgerliche Opposition soll diffamiert und stigmatisiert werden. (2.) Der öffentliche Raum (einschließlich der Medien) wird weiter exklusiv von Linken beansprucht, was schlicht die Beseitigung des demokratischen Rechtsstaates beinhaltet, der solche Parteilichkeit nicht nur nicht kennt, sondern sogar verbietet. (3.) Es müssen Vorwände gefunden werden, um radikalen linken Organisationen noch mehr Steuergelder aus den Einkommen aller Bürger zukommen lassen zu können. Es versteht sich von selbst, dass hier der politische Kampf gegen die AfD das eigentliche Ziel darstellt. Der Staat selbst darf in dieser Weise nicht… Mehr

KorneliaJuliaKoehler
4 Jahre her

War das mal wieder ein Wochenende. Ein einziger Demo-Krimi von Donnerstag bis Sonntag. Spannung ohne Ende. Reality-TV, vermischt mit FakeNews und Fake History vom Feinsten. Doch der Höhepunkt der Vorführung war eindeutig der Sturm im Wasserglas, hochstilisiert zum Orkan,………. und wären da nicht die 3 Musketiere gewesen, die das Schlimmste haben verhindern können und die Feste, unter Einsatz ihrer magischen Kräfte und ihres Lebens, mutig verteidigten……,wer weiß. Anschließend, vielleicht auch zwischendrin, nur noch billiges Schmierentheater von den Propagandisten der Möchtegern-Kaiserin von Europa (die mit der Hammer-und Sichel-Flagge). Nur ja kein Wort über das Motiv dieser Demo verlieren, dies könnte so… Mehr

Walter Eiden
4 Jahre her

Ich habs schon vor ein paar Tagen unter einem anderen Beitrag kommentiert: Staats-(und auch Flaggen)kunde ist nicht unbedingt mein Steckenpferd. Was ich aber weiss ist, dass Deutschland weder einen Friedensvertrag noch eine Verfassung (kurioser Weise aber ein Verfassungsgericht) hat. Und ich weiss dass Herr Schäuble himself Deutschland seit dem Kriegsende als nicht vollkommen Souverän bezeichnet hat. Beim Hinterfragen und Zusammenrechnen bin ich nicht ganz so schlecht wie bei der Staatskunde. Keinen Friedensvertrag + keine Verfassung = warum denn nicht? = siehe Schäubles Aussage = jemand anders hat die Souveränität über Deutschland = unser Staat + unsere Staatsform basieren auf einer… Mehr

Luigi
4 Jahre her
Antworten an  Walter Eiden

Hallo Walter Eiden, so wie unsere Bundesregierung und andere Staaten auch, muss man sehr deutlich zwischen Deutschland (dem weiterhin fortbestehenden Deutschen Reich) und der Bundesrepublik Deutschland unterscheiden (so wie es die sog. Deutschland-Doktrin im Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1973 auch deutlich ausführt – Zitat: „…Sie (die Bundesregierung) stellt alle von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Verträge als allein für die Bunderepublik Deutschland unter den Vorbehalt ihrer Revision durch das zur Handlungsfähigkeit gelangende Deutsche Reich verbindlich, dessen Handeln keine Bundesregierung vorgreifen darf….“). Das Völkerrecht sieht rel. klare Formen einer Staatsgründung und auch eines Staatsuntergangs bzw. eine Auflösung eines Staates vor. Gemäß diesen… Mehr

Muhammad Ali
4 Jahre her
Antworten an  Luigi

Hallo Luigi,
teile mir doch bitte mal mit, um welches Urteil des BVG es sich hier handelt?

ich danke dir!

Luigi
4 Jahre her
Antworten an  Muhammad Ali

Hallo Muhammad Ali, es handelt sich um das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 31.07.1973 zum Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR, Aktenzeichen: 2 BvF 1/73 zu lesen unter den Links der Webseite https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BVerfG&Datum=31.07.1973&Aktenzeichen=2%20BvF%201%2F73 In der Urteilsbegründung heisst es u. a. (in Bezug auf den o. a. Beitrag relevant): … Der Vertrag diene praktisch dem Verfassungsziel der Friedenssicherung, er diene dem Verfassungsziel der Humanität, indem er den Menschen praktische Vorteile bringe, er halte in Übereinstimmung mit dem Grundgesetzgeber am Fortbestand Deutschlands fest, er sei gemäß den Vorstellungen des Grundgesetzgebers ein Dokument für eine Politik, die sich nicht an den Interessen der… Mehr

Muhammad Ali
4 Jahre her
Antworten an  Luigi

Hallo Joachim,

Herzlichen Dank!

Gibt es irgendwo eine Sammlung dieses Thema betreffender höchstrichterlicher Urteile?
Es ist doch mühsam, Stück für Stück informationen zusammen zu suchen, die man dann einfacher sichten könnte.. Und wenn man über deren Existenz nichts weiß, dann geht so etwas schon gar nicht.

Nochmals, Herzlichen Dank!

Luigi
4 Jahre her
Antworten an  Muhammad Ali

Hallo Muhammad Ali, die mag es geben, für mich hat googeln schon gereicht. Mir ging es nur um den Fortbestand des Deutschen Reiches – und der wird ja in verschiedenen Bundesdrucksachen von der Bundesregierung so bestätigt. Hierbei zählt nicht die Menge oder Masse an Angaben, sondern der letzte Stand. Ich finde es immer wieder interessant, wie wenig Menschen in unserem Lande wissen, in welchem Staate sie leben, was für Bürger sie sind und wie der Status der BRD diesbezüglich ist – da wird leider in den Medien aber auch viel zu wenig klargestellt und viele Journalisten stellen das auch –… Mehr

Johann Thiel
4 Jahre her

Wenn‘s sein muss, halten unsere Politiker auch ne Flagge mit ner Prilblume drauf für Nazi.

November Man
4 Jahre her

Als linksextremistische Klima-Aktivisten, die Fridays-for-Future Aktivisten der jungen Grünen, sogar den Reichstag und den Plenarsaal stürmten, da gab es keinen so künstlichen und geheuchelten Aufschrei der linksgrünen Politiker und der L-Presse wie heute. Während die Abgeordneten im Aufenthaltsbereich vor dem Plenarsaal abstimmten (Thema: Aufhebung der Schuldenbremse für den zweiten Nachtragshaushalt), erschienen plötzlich linksgrünradikale Fridays-for-Future Aktivisten der jungen Grünen in der Westlobby des Bundestags, und kommen dabei sogar der Kanzlerin ziemlich nahe. Aber wenn sich bei einer friedlichen Demo der Querdenker 711 ein paar Leute auf nur auf die Staffel des Reichstags setzen, dann machen die linken Politiker und die L-Medien… Mehr

November Man
4 Jahre her

Als die linksextremen Greenpeace-Aktivisten am 3..Juli 2020 den Reichstag sogar über das Dach des Reichstags stürmten, da gab es keinen so geheuchelten Aufschrei der linksgrünen Politiker und der L-Presse wie jetzt. Diese linksradikalen Aktivisten haben es geschafft Seile, Kletter-Ausrüstung und ein zwanzig Meter breites Banner in und auf den Reichstag zu bringen. Dabei setzten sie die Botschaft auf einem leuchtend gelben Banner über den Westportal des Reichtagsbebäudes – unmittelbar unter der Inschrift „Dem Deutschen Volke“ und in der selben Schriftart. Linksextreme, Linksradikale Aktivisten von Greenpeace und die Anarchisten der Antifa sind unter linken Politiker und der L-Presse sehr beliebt. Und… Mehr

josefine
4 Jahre her
Antworten an  November Man

Das ware die Guten, deshalb keine wüsten Beschimpfungen und verunglimpfungen.

Luigi
4 Jahre her

Hallo, ein sehr „lehrreicher“ und treffender Artikel. Eine Anmerkung habe ich aber dennoch: Sie schreiben „…Das nun könnte sie tatsächlich als Anhänger der sogenannten Reichsbürger-Idee kenntlich machen – eine abstruse Theorie, wonach das Deutsche Reich nicht 1945 durch die Alliierten zu Grabe getragen worden war, sondern bis heute fortbesteht. …“ Nach meinem Kenntnissstand ist der Fortbestand des Deutschen Reiches der offizielle Standpunkt der Bundesregierung (siehe z. B. Bundesdrucksache 17/14807 vom 30.09.2013). Mal unabhängig wie man selbst oder irgendwelche Staatsrechtler oder Völkerrechts-Gelehrte zur Existenz/Fortbestand des Deutschen Reiches stehen, die Bundesregierung als offizielle Vertretung der Bundes Republik Deutschland definiert ihren völkerrechtlichen Status.… Mehr

November Man
4 Jahre her

Der Steinmeier hat also bei der „Erstürmung des Reichstages“ von jubelnden Anti-Demokraten „Reichskriegsflaggen“ gesehen , die direkt vor dem Reichstag geschwenkt worden seien. Ich habe mir viele Fotos und Videos angeschaut. Ich habe neben – nicht-nationalen Fahnen – nur die russische, die deutsche, die amerikanische, die türkische und die National-Fahne von Luxemburg gesehen. Zur Erklärung; Die „Reichskriegsflagge“ von 1933 bis 1938 und 1938 bis 1945 hat in der Mitte ein „Hakenkreuz“ auf rotem Grund. Sie ist verboten. Wer also solche echten Reichskriegsflaggen vor dem Reichstag gesehen hat, soll bitte die Bilder oder Videos mit nachprüfbarer, seriöser Quellenangabe veröffentlichen. Mit seriös… Mehr

josefine
4 Jahre her
Antworten an  November Man

Herr Spahn bemerkt in seinem exzellenten Artikel unterschwellig, dass die Politiker, die von „Nazi-Symbolen“ u. ä. Schwadronieren, unzureichende Geschichtskenntnissen besitzen.
Es ist beschämend, dass sich der ehemalige und jetzige Aussenminister u.a. so mangelhaft in der Deutschen Geschichte auskennen.