Die höchstamtlichen FakeNews, mit denen die USA seinerzeit bei der UNO ihre Intervention im Irak begründeten, sollten noch in guter Erinnerung sein. Angeblich verfügte der sunnitisch-laizistische Diktator Saddam Hussein über Arsenale an Massenvernichtungswaffen – was damals durchaus glaubwürdig erschien. Schließlich hatte Hussein selbst mit deren Besitz geprahlt und einige Jahre zuvor ein komplettes kurdisches Dorf mit Chemiewaffeneinsatz vernichtet. Gleichwohl: Gefunden wurden die Massenvernichtungswaffen bis heute nicht, ihr angebliches Vorhandensein hatte jedoch mit dem 20. März 2003 den Beginn eines seit längerem erwogenen Kriegs gegen das Zweistromland veranlasst.
Als gut zehn Jahre später im Nachbarland Syrien der von Außen befeuerte Krieg zwischen den Bevölkerungsgruppen auf seinem Höhepunkt war, sollten es wiederum Chemiewaffen sein, die nach den Worten des früheren US-Präsidenten Barack Obama eine „rote Linie“ bilden sollten, welche durch Diktator Assad zu überschreiten einen Einsatz der US-Armee veranlassen würde. Prompt war es im April 2018 so weit: Das Assad-Regime sollte laut einem von BBC verbreiteten Bericht der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bei einem Angriff auf Zivilisten und Aufständische in der Stadt Douma Giftgas eingesetzt haben. Der Weltbevölkerung wurden Bilder von Toten präsentiert, die Zahl von über 50 zivilen Opfern kursierten in den Medien.
Das Assad-Regime wies seine Beteiligung zurück, doch der Bericht der OPCW schien derart eindeutig, dass die USA, Frankreich und Großbritannien am 18. April zahlreiche Luftangriffe gegen Stellungen des Assad-Regimes flogen und aktiv in das Kriegsgeschehen eingriffen.
Unterdrückte Erkenntnisse schaffen Selbstkritik
Nun räumt die BBC ein: Ja, die Vorwürfe stimmen. Tatsächlich seien seinerzeit jene Hinweise auf die Möglichkeit einer gegen Assad gerichteten Propaganda-Show bewusst unterdrückt worden. Vielmehr hätte die Berichtserstattung der BBC die Skeptiker in der OPCW gezielt und vorsätzlich diffamiert, um deren Bedenken ausblenden zu können. Zu diesem für den Sender überaus unerfreulichen Ergebnis kam die sendereigene Kontrollinstanz, die Exekutive Complaints Unit (ECU), im Rahmen einer Untersuchung des Vorgangs. Die Controller stellten fest: „BBC investigative journalist Chloe Hajimatheou failed to meet the Corporation’s editorial standards for assurancy by reporting false claims“. Sinngemäß übersetzt: Investigativ-Journalist Chloe Hajimatheou – die Briten verzichten gottlob auf den Genderschwachsinn – verfehlte die BBC-Standards zur Fakten-Sicherung durch die Übernahme nicht gesicherter Behauptungen.
Mit anderen Worten: BBC ist heute nicht nur der Auffassung, seinerzeit mehr als unvollständig berichtet zu haben und dadurch möglicherweise einer Propagandashow aufgesessen zu sein – die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt des Vereinigten Königreichs räumt auch ein, durch mangelnde Berücksichtigung journalistischer Standards eine Mitverantwortung für die unmittelbar darauffolgenden Einsätze der Alliierten im Kriegsgeschehen zu haben.
Das international renommierte Medium stellt damit trotz und gerade aufgrund seiner Mitverantwortung gleichwohl unter Beweis, dass es sich auch dann journalistischen Standards verpflichtet fühlt, wenn diese durch das damit verbundene, mehr als schlechte Erscheinungsbild letztlich zum Nachteil des Senders gereichen – ein Prozess, auf den man bei den haltungsgerechten, bundesdeutschen ÖRs vermutlich ewig würde warten müssen.
In Syrien nichts neues
Was übrigens den Kriegsschauplatz Syrien selbst betrifft, könnte die Überschrift lauten: Im Südosten nichts neues. Nach wie vor beschießen sich tagtäglich syrische Einheiten mit den von der Türkei unterstützen Islamkämpfern in der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes. Die kurdische Widerstandsbewegung in der von der Türkei widerrechtlich besetzten Provinz Afrin ist ebenfalls weiterhin aktiv. Am Euphrat beschäftigt sich die Türkei mit gelegentlichen Angriffen auf Stellungen der kurdisch-arabischen Syrian Democratic Forces, welche sich mit Attacken gegen die türkischen Invasionstruppen revanchiert. Auch die USA sind immer noch im Geschäft und konzentrieren sich gegenwärtig darauf, Stützpunkte und Einheiten der Iranischen Garden, die in Syrien eigene Interessen verfolgen, durch Luftschläge zu dezimieren.
Auf einen tatsächlichen Frieden allerdings wird das geschundene Land noch hoffen müssen. Vor allem die Ansprüche der Türkei, die sich als Schutzmacht der Radikal-Muslime im Hinterland der türkischen Hafenstadt Iskenderun versteht und territoriale Ansprüche auf Kurdengebiete geltend macht, halten den Konflikt am Köcheln und liefern sowohl Putin die Begründung für die russische Militärpräsenz, wie es dem Iran den Einsatz von schiitischen Einheiten aus libanesischer Hisbullah und eigenenRevolutionsgardisten ermöglicht.