Auf Ihr Bayern! Schaut auf Eure Verfassung!

Die Demütigung des Nationalstolzes und die Renaissance eines bayerischen Patriotismus zusammen könnten reichen, um in Bayern eine neue Front gegen den Norden zu gründen.

IMAGO / Future Image

Am 17. März hat die Mehrheit der rotgrüngelben Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein neues Wahlrecht beschlossen. Es bedeutet das Abdrängen des Wahlkreismandates in die Bedeutungslosigkeit, trifft damit sowohl die CSU als auch die PdL. Die potentiellen Opfer wollen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Wie dieses politisch besetzte Gremium entscheidet, steht in den Sternen. Unabhängig davon jedoch könnten einige lang- und mittelfristige Konsequenzen an Relevanz gewinnen, an die bislang noch niemand gedacht hat.

Kurzfristig die Chance der CSU zur absoluten Mehrheit

Beginnen wir mit den kurzfristigen. Das neue Wahlrecht ist ein Angriff auf die CSU, die sich in der Gefahr befindet, bei künftigen Bundestagswahlen trotz der Eroberung aller oder zumindest der meisten Wahlkreise Bayerns im Berliner Bundestag nicht mehr vertreten zu sein. Es wird der CSU nicht schwerfallen, daraus einen in mehrfacher Hinsicht bedeutsamen Angriff der ohnehin seit Jahrhunderten kritisch beäugten „Preißn“ zu interpretieren. Sozialisten, auch wenn sie sich demokratisch nennen, grüne Neomarxisten und selbst „Liberale“, die ursprünglich ihre Hochburg im Südwesten des Deutschen Reichs hatten, waren in Bayern zu keinem Zeitpunkt wirklich machtvoll.

Der Bismarck’sche Kulturkampf gegen den Katholizismus gehört im Alpenvorland ebenso zur kollektiven Erinnerung wie die Legende von einem militaristischen Staat Preußen, der Bayern 1870/71 erst in den Kampf gegen Frankreich und dann in das aus der Preußenhauptstadt Berlin regierte Reich gezwungen hatte. Die Tatsache, dass es beim Kulturkampf nicht gegen Bayern, sondern gegen den vatikanischen Einfluss ging, und der zu jenem Zeitpunkt ohnehin bereits entmachtete König Ludwig II den Überlegungen der bayerischen Regierung in München folgte, wird dabei gern übersehen.

Doch unabhängig davon gibt es eine bayerische Nationalidentität, die gelegentlich auf heftigem Kollisionskurs mit der länderübergreifenden deutschen Identität geht. Nicht, dass Bayern sich nicht als Deutsche empfänden – doch oftmals gewinnt das „Mia san mia“, das nicht nur der FC Bayern pflegt, in seiner Bedeutung deutlich gegenüber einer gesamtdeutschen Identität. Die rotgrüngelbe Transformationspolitik, die den Volksbegriff final tilgen will und den Nationalstaat ebenfalls als Fehlkonstrukt betrachtet, befördert diese Entwicklung in Bayern ebenso wie in den Ländern der ehemaligen DDR, die sich von der selbsternannten Bundeselite über den Tisch gezogen fühlen.

Im Ergebnis konnte die CSU als bayerische Landespartei seit Gründung der BRD eine deutliche Führungsrolle im Freistaat übernehmen. Selbst bei der Landtagswahl des Jahres 2018, bei der die CSU 10,5 Prozentpunkte verlor und auf „nur“ noch 37,2 Prozent kam – ein Ergebnis, von dem die Schwesterpartei CDU in manchen nichtbayerischen Ländern nur träumen kann –, war die Dominanz nicht zu übersehen. Die Sozialdemokraten wurden mit 9,7 Prozent und einem Verlust von satten elf Prozentpunkten fast schon zur Splitterpartei und unterstrichen so den bereits beim CSU-Ergebnis sichtbaren Charakter der Landtagswahl als Anti-Merkel-Abstimmung. Nutznießer waren damals vor allem die strukturkonservativen Freien Wähler mit 11,4 Prozent, die AfD mit 10,2 Prozent sowie die Grünen mit 17,2 Prozent, also alles Parteien, die damals nicht für die Bundespolitik verantwortlich gemacht werden konnten.

Abgestraft wurden 2018 die Parteien der damaligen Bundestagskoalition – was wiederum auch bedeutet, dass eine damals abgestrafte Partei dann, wenn sie nicht länger für die Bundespolitik verantwortlich gemacht wird, durchaus verlorene Wähler zurückgewinnen kann.

Bereits vor der Berliner Wahlrechtsänderung deutete sich Entsprechendes an. Im Wahltrend vom 19. Februar 2023 hatte die CSU mit gewichteten 41,4 Prozent bereits 4,2 Prozentpunkte gegenüber 2018 gutgemacht. Die mit der CSU auf Landesebene koalierenden Freien Wähler konnten sich mit einem minimalen Verlust von 0,2 Prozentpunkten behaupten. Auf der Verliererstraße bewegen sich die SPD mit einem weiteren Minus von 1,4 Pp und die FDP mit ebenfalls 1,4 Pp. Leichte Verluste musste mit 0,5 Pp die AfD hinnehmen. Die Grünen konnten sich bislang weitgehend stabil mit einem geringen Verlust von 0,4 Pp halten. Allerdings ist bei all diesen Zahlen zu bedenken, dass sie in gewisser Weise doppelt gewichtet wurden: Einmal durch die Umfrageinstitute, dann durch den Anbieter des Wahltrends. Und – besonders wichtig: Alle Umfragen wurden vor dem Wahlrechtshammer gemacht.

Opportunist Söder wird die Chancen nicht liegenlassen

Es ist naheliegend, dass Markus Söder nun bereits die ganz großen Kaliber auffährt und sogar den Bundespräsidenten auffordert, das neue Wahlrecht nicht abzusegnen. Ob Steinmeier dieser Aufforderung folgen wird, bleibt abzuwarten. Sein Herz schlägt ohne jeden Zweifel mit denen, die die CSU lieber heute als morgen loswerden wollen. Andererseits begäbe er sich in eine gewisse Peinlichkeit, wenn er zustimmt und das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz tatsächlich eine heftige Watsche erteilen sollte. Steinmeier wird insofern seinen eigenen wissenschaftlichen Dienst mit der Prüfung beauftragen und versuchen, Zeit zu gewinnen, weil andernfalls seine Parteiabhängigkeit abschließend unverkennbar wäre.

Söder und seine CSU werden das Gesetz nutzen, um den früheren Bayern-Patriotismus wiederzubeleben. Das könnte auch deshalb, weil die CSU in Berlin keine Regierungsverantwortung mehr trägt, durchaus erfolgreich sein. Erstes Opfer einer derartigen Mobilisierung wäre die FDP, die in Bayern abschließend auf Marginalgröße schrumpft. Aber auch bayerisch fühlende Sozialdemokraten könnten den Angriff auf ihre Nationalidentität verübeln und der SPD ihre Stimme verweigern.

Söder hat nun mit einem Mal durchaus Chancen, an frühere Erfolge seiner Regionalpartei anzuknüpfen. Das bayerische Original Aiwanger ist mit seinen Freien Wählern zwar von der Berliner Wahlrechtsänderung kaum betroffen, könnte jedoch ebenfalls den bayerischen Nationalstolz entdecken mit dem Hinweis, dass es nicht angehen könne, wenn künftig 60 Prozent und mehr der Bayern in Berlin von jenen 30 Prozent vertreten werden, die in Bayern nicht gewählt wurden. Zudem könnte auch die AfD gewisse Probleme bekommen, wenn sich herumspricht, dass das Direktmandatskillen ursprünglich von ihr in die Diskussion gebracht worden war – übrigens eine strategische Dummheit mit Blick auf künftige Wahlkreisergebnisse in Thüringen und Sachsen. Halbwegs stabil dürften tatsächlich nur die grünen Transformatoren aus der anstehenden Schlacht ziehen. Es sei denn, deren Wähler bergreifen, dass sie ebenso zu Opfern der neomarxistischen Triebtäter werden, wie der Rest der Republik.

Auch bei über 5 Prozent verliert die CSU

Unterstellt also, Söders CSU gelingt bei den anstehenden Landtagswahlen der große Sprung nach vorn, weil die Bayern ihren Nationalstolz wiederentdeckt haben. Wäre damit auch der Wiedereinzug in den Bundestag gewährleistet? Vermutlich ja, denn die 5-Prozent-Hürde auf Bundesebene sollte derzeit noch mit der Unterstützung der Bayern übersprungen werden können. Das aber bedeutet keinesfalls, dass die CSU auch künftig mit mehr als 40 Abgeordneten aktiv den Ton in Berlin mitbestimmen kann. Denn von den direkt gewählten Kandidaten würden nur noch so viele einziehen, wie nach Verhältniswahlrecht einen Anspruch geltend machen können. Hinzu kommt, dass die gegen das Grundgesetz gerichteten Bestrebungen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu verschenken und strafrechtlich unmündige Kinder über die Parlamente mitbestimmen zu lassen, jene Regionen außerhalb Bayerns stärken könnten mit der Konsequenz, dass auch ein starkes CSU-Ergebnis in Bayern nicht mehr reicht, um die Bundes-Fünf-Prozent zu erreichen.

Die Demütigung des bayerischen Patriotismus

Denken wir also noch einen Schritt weiter und führen wir die Demütigung des Nationalstolzes und die Renaissance eines bayerischen Patriotismus zusammen. Das allein könnte reichen, um in Bayern eine neue Front gegen den Norden zu gründen.

Hinzu kommt, dass die gedemütigten Bayern gegenwärtig 5,5 Milliarden ihres Staatshaushalts an den Länderfinanzausgleich auskehren müssen, wo diese wiederum ausgerechnet mit 3,36 Milliarden im tiefrotgrünschwarzen Moloch Berlin verschwinden. Was könnte ein echter Freistaat nicht alles Schönes mit diesen Milliarden finanzieren!

Was also sollte die Bayern davon abhalten, nicht nur einen Aufstand zu proben, sondern über einen Ausstieg aus dem woken Bund nachzudenken? So etwas ist zwar im Grundgesetz nicht vorgesehen, denn dieses war von vornherein darauf angelegt, die nach 1945 verbliebenen, restdeutschen Länder zu versammeln – doch es gibt keine explizite Klausel, die es einem Bundesland verbietet, einen solchen Schritt zu gehen.

Hinzu kommt rein argumentativ, dass frühere Argumente wie „Volkszugehörigkeit“ zumindest in den Kreisen jener, die die Wahlrechtattacke vollzogen haben, auch nicht mehr gelten. Zwar steht in der Präambel des Grundgesetzes noch etwas von „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet“ –, aber wenn Deutschland ohnehin politisch abgeschafft und die deutsche Volksidentität geschasst ist und diese zentraleuropäische Region zur aus Brüssel gesteuerten EU-Teilprovinz wird …

Deutsche gibt es auch außerhalb der Bundesrepublik

Bereits heute sind Menschen aus dem deutschen Kulturkreis in mindestens viereinhalb souveränen Staaten anzutreffen: BRD, Österreich, Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg. Da kommt es auf einen fünften, der ohnehin immer Freistaat gewesen ist, auch nicht mehr an.

Der Opportunist Söder könnte also, um „die in Berlin“ richtig zu ärgern, mit dem Argument, die Preußen würden Bayern abschließend unterwerfen wollen, einen solchen Ausstieg aus der föderalistischen Bundesrepublik platzieren lassen. Damit wäre zumindest viel Aufregung organisiert – und die rotgrüngelben Anti-Bayern würden sofort die ganz harten Nazikeulen schwingen. Das aber wird schwierig.

Einem mit der bayerischen Verfassung übereinstimmenden Separatismus wird kaum entgegengehalten werden können, dass er geeignet sei, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören. Artikel 28 GG fällt somit aus. Spannender ist hingegen Artikel 29. Der beschreibt das Procedere bei der Neugliederung des Bundesgebiets – aber der Ausstieg eines Bundeslandes ist keine Neugliederung, da dadurch die anderen Bundesländer nicht tangiert werden (höchstens auf dem Südabschnitt der A7, wo es ständig zwischen Bayern und Baden-Württemberg hin und her geht).

Dann gibt es den „Bundeszwang“ nach Artikel 37. Der Bund kann eingreifen, wenn ein Land aus dem Ruder läuft. Das aber tut es nicht, wenn es eine Volksbefragung darüber durchführt, ob sich Bayern aus der Bundesrepublik zurückziehen soll. Denn auch darüber gibt es im Grundgesetz keine Regelung.

Es bleibt lediglich Artikel 91, der ein Bundesland ermächtigt, „zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ Polizeikräfte anderer Länder und des Bundesgrenzschutzes anzufordern. Diese Ermächtigung greift für den Bund dann, wenn das betroffene Land dazu selbst nicht mehr in der Lage ist – was spätestens dann herbeikonstruiert werden könnte, wenn Bayern tatsächlich eine aktive Separation betriebe. Allerdings wäre eine Separation, die auf demokratischen Grundsätzen beruht, letztlich kein Angriff auf den Bestand des Bundes. Denn den gäbe es auch anschließend noch – nur eben ohne Bayern. Zudem, um das noch einmal zu unterstreichen, es kein explizit für solche Fälle eines geregelten Abschieds anwendbares Bundesrecht gibt. Lediglich, wenn es in Bayern zum Putsch einer radikalen Organisation und der Abschaffung der Bayerischen Verfassung käme, mit der ohne Volksabstimmung die Gründung eines eigenen Staates verkündet würde, könnte der Bund einmarschieren.

Laut Verfassung ist Bayern ohnehin ein souveräner Staat

Auch steht die Separation, die durch das bundesdeutsche Grundgesetz nicht geregelt wird und damit nicht verboten sein kann, in keinerlei Widerspruch zur geltenden Verfassung des Freistaats. Deren Artikel 1 bis 12 regeln die „Grundlagen des Bayerischen Staates“ – und nicht eines Bundeslandes der Bundesrepublik Deutschland.

Hier wird nicht nur dargelegt, dass Bayern ein demokratischer „Volksstaat“ ist (Art. 2), der sich zu einem geeinten Europa bekennt (Art. 3a), ohne eine EU-Mitgliedschaft explizit festzuschreiben, sondern es wird auch über den „Träger der Staatsgewalt“ von einem bayerischen Volk gesprochen, welches eindeutig nicht identisch ist mit einem deutschen Volk. Zudem trennt die Verfassung den nicht näher definierten Volksbegriff von einer bayerischen Staatsangehörigkeit und der bayerischen Staatsbürgerschaft.

Ein deutscher ist kein bayerischer Staatsbürger

Staatsangehöriger des Freistaats Bayern ist jeder auf bayerischen Grund und Boden siedelnder Mensch, der die Staatsangehörigkeit durch Geburt, durch Legitimation, durch Eheschließung oder durch Einbürgerung erworben hat (Art. 6). Die bayerische Staatsbürgerschaft erhält, wer als ein solcher Staatsangehöriger sein 18. Lebensjahr vollendet hat (Art. 7).

Im Rahmen ihrer gegenwärtigen Mitwirkung in der Bundesrepublik Deutschland räumt die Bayerische Verfassung zudem „allen deutschen Staatsangehörigen, die in Bayern ihren Wohnsitz haben“, die gleichen Rechte und Pflichten ein wie den bayerischen Staatsangehörigen. Diese Regelung entspricht den Grundlagen der Bundesverfassung von 1871, in der erstmals jedem Angehörigen eines der Bundesstaaten – und zwar ohne Bezug auf eine „deutsche“ Volks- oder Reichszugehörigkeit – ein eben solches Recht in jedem anderen Land des Deutschen Bundes garantiert wurde. Die Bayerische Verfassung macht damit deutlich, dass sie die entsprechenden Regelungen von 1871 bis heute akzeptiert, dabei aber unterscheidet zwischen einer deutschen und einer bayerischen Staatsangehörigkeit.

In der logischen Konsequenz bedeutet dieses: Ein Angehöriger des Bayerischen Staates kann zwar gleichzeitig auch deutscher Staatsbürger sein, also über eine Doppelstaatsangehörigkeit verfügen – niemals aber kann ein deutscher Staatsangehöriger, der die bayerische Staatsangehörigkeit nicht erworben hat, Staatsbürger des Staates Bayern sein.

Bayern muss sich aus Berlin nichts vorschreiben lassen

Klingt ein wenig abstrus? Vielleicht – für jene, die sich daran gewöhnt haben, dass die Bundesaufteilung nach Ländern ohnehin nur noch politische Formsache ist. Doch es wird überaus real und relevant für den Fall, dass die Institutionen des Bundes übergriffig werden und das bayerische Volk aus seiner Mitwirkung an den Angelegenheiten des deutschen Volkes laut Grundgesetz ausschließen wollen.

Als genau ein solcher Fall kann nun jedoch das Vorgehen der Bundestagsmehrheit in Sachen Wahlrecht verstanden werden, wenn dadurch ein bedeutender Teil der bayerischen Volksvertreter aus dem Bundestag ausgeschlossen und über Listenwahlrecht durch unpatriotische Vertreter von Miniparteien wie SPD und FDP ersetzt werden soll. Auch die Neomarxisten der „Grünen“ dürften im bayerischen Sinne eher als Vertretung jener nicht-bayerischen „deutschen Staatsangehörigen , die in Bayern ihren Wohnsitz haben“, verstanden werden denn als bayerische Staatsangehörige. Sie Behalten im Falle des Austritts des Staates Bayern aus dem Bund zwar ihre Rechte, werden jedoch nicht automatisch bayerische Staatsangehörige und schon gar nicht bayerische Staatsbürger. Auch dürften sie aus diesen Gründen nicht zu jenen gezählt werden, die die Bayerische Verfassung als Volk der Bayern definiert.

Umgekehrt aber würde im Falle der uneingeschränkten Souveränität jeder bisheriger Staatsbürger Bayerns seine deutsche Staatsangehörigkeit behalten, denn da diese erteilt ist und laut Grundgesetz nicht aberkannt werden kann, bleibt jeder souveräne Bayer gleichzeitig Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland (allerdings nicht unbedingt „Deutscher“, weil zwischen deutschem und bayerischem Volk getrennt wird). Damit ändert sich für den Bayern in Sachen Staatbürgerschaft nichts. Wie bereits dargelegt, ist das faktisch keine Neuerung, da der Bayer auch heute über zwei Staatsangehörigkeiten verfügt.

Die Bayerische Verfassung umsetzen

Warum also sollte die CSU nicht schlicht und einfach die Staatlichkeit Bayerns, die ohnehin in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben ist, ernst nehmen? Zitieren wir an dieser Stelle Art. 2 der Bayerischen Verfassung: „Bayern ist ein Volksstaat. Träger der Staatsgewalt ist das Volk. Das Volk tut seinen Willen durch Wahlen und Abstimmung kund. Mehrheit entscheidet.“

Wenn nun den Bayern bewusst wird, dass die rotgrüngelben Preußen einen Generalangriff auf ihre Mitwirkung an der Bundespolitik gestartet haben und sie zudem noch Zahlmeister für die finanzpolitische Unfähigkeit der „Preißn“ sind – warum sollte Söder nicht eine Volksbefragung darüber ansetzen, ob aus der Bayerischen Verfassung Ernst wird? Die Frage müsste nicht einmal einen Ausstieg aus der Bundesrepublik beinhalten. Sie könnte einfach lauten: „Sind sie als bayerischer Staatsbürger dafür, dass der Freistaat Bayern seine Mitwirkung an der deutschen Bundesrepublik einstellt und gemäß seiner Verfassung als souveränes Staatswesen die Interessen seiner Bürger vertritt?“

Zwar müssten nach Stand der Dinge auch die deutschen Nichtbayern mit Hauptwohnsitz in Bayern an einer solcher Volksbefragung teilnehmen können – doch angesichts der Tatsache, dass deren politische Vertretungen es selbst bei den letzten bayerischen Landesparlamentswahlen nur auf 35,6 Prozent der Stimmen gebracht hatten und zudem davon auszugehen ist, dass viele bayerische AfD-Wähler nach deren Verrat an den bayerischen Interessen ebenso für die uneingeschränkte Eigenstaatlichkeit stimmen werden, wie auch manch Wähler aus den Reihen der FDP-Wähler und vielleicht sogar aus den Reihen der SPD deren antipatriotische Attacke sühnen will, steht einer deutlichen Mehrheit bei der Volksbefragung nichts entgegen.

Wenn der Bundesgrenzschutz in Bayern einmarschiert

Vermutlich gäbe es in einem solchen Falle die eine oder andere Stimme, die den sofortigen Einmarsch der bundesdeutschen Bundespolizei fordert, um die Separatisten festzusetzen und die Bayern zur Zwangsmitgliedschaft im Bund zu verpflichten – ähnliche Muster sind aus dem Konflikt Katalonien-Spanien bekannt. Abgesehen davon jedoch, dass ein solches Vorgehen kriegsähnliche Zustände organisieren könnte, ist es weder durch Bayerische Verfassung noch durch das Grundgesetz gedeckt.

Ich wiederhole: In der Bayerischen Verfassung findet sich keine Klausel, die den Staat Bayern auf ewig und überhaupt an die Bundesrepublik kettet. Und im Grundgesetz, welches seit 1949 vom Bayerischen Parlament abgelehnt wurde und deshalb für Bayern juristisch nicht gilt, fehlt eine Klausel, die das Vorgehen eines Ausscheidens beschreibt – womit letztlich feststeht, dass dieses durch einen einfachen, demokratischen Mehrheitsentscheid der Bürger jederzeit möglich sein muss, soweit dieses nicht mit einem Angriff auf den Bund einhergeht. Und das tut es nicht, wenn die Bayern schlicht nur ihre Verfassung ernstnehmen und die auch danach bestehende Bundesrepublik verlassen.

Der souveräne Staat Bayern wiederum wäre über seine Verfassung, die selbst nach dem Verständnis des Grundgesetzes (Artikel 146 GG) eine höherrangige Bedeutung hat, in weiten Teilen sogar deutlich demokratischer und liberaler als das Grundgesetz, an dem ständig herumgeschraubt wird. Warum also sollten die Bayern angesichts der Übergriffigkeiten der Linkssozialisten aus dem Norden nicht ernst machen? Meinen Segen als ebenfalls Freier Hansestädter hätten sie. Schließlich stellt sich auch an der Elbe zunehmend die Frage, ob man sich die Zukunft seiner Kinder durch radikale Minderheiten im Namen irgendwelcher ideologisch herbeigedichteter Schimären dauerhaft zerstören lassen will.

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Kommentare ( 62 )

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62 Comments
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Michael M.
1 Jahr her

Bravo, Bravo, Bravo. Ich würde jeden einzelnen Satz ihres Kommentars mit unterschreiben.

Max Anders
1 Jahr her

Sezession unter diesen aktuellen Rahmenbedingungen ist wahrscheinlich das vernünftigste. Mit Bayern ziehen dann die Sachsen gemeinsam zurück in die für die Länder defnitiv bessere Kleinstaaterei. Das größte Geberland und ein Nehmerland sind dann nicht mehr Teil dieses norddeutsch/preußischen Staatenbundes. Aber Herr Spahn, geben Sie sich nicht allzuvielen Hoffnungen hin und schauen sie ins woke München, nach Augsburg und sonstwohin, dort ist bereits Hopfen udn Malz verloren, was Sie noch so schön als bayrischen Patriotismus beschwören. Das wird nichts, solange es der Schickeria noch so blendend geht. Erst wenn der FC Bayern eine Fahrstuhlmannschaft wird und in den BMWs und Audis… Mehr

Andreas Stueve
1 Jahr her

Ich wäre, obwohl waschechter Mecklenburger, ebenfalls für eine Sezession. Diese wird im konservativ – rechten Spektrum eine Mehrheit finden.
Der beste Weg, den “ neomarxistischen Trieb- Tätern “ (Wort der Woche!) zu entfleuchen. Bayern ist stark genug dazu, wohlan. Und es wäre ein weiterer Nagel im Sarg der EUdSSR. MACHEN, SÖDER!

Zirbelnuss
1 Jahr her

Etwas Besseres kann uns Bayern nicht passieren, endlich befreit, von der Berliner Bevormundung. Wir brauchen einen Ministerpräsidenten der unsere Kultur wertschätzt und unsere Traditionen anerkennt. Unser schönes Land soll bewahrt werden. Die Bayern sind ein fleißiges Volk, wir brauchen unser sauer verdientes Geld für Bayern und unsere Bevölkerung. Wir entscheiden unsere Geschicke durch ehrliche Volksabstimmungen. So soll unsere Politik ticken.Wir wollen keine GENDERDEPPEN.

Mausi
1 Jahr her

Das würde mich viel mehr interessieren, als ein Artikel über den bayerischen Nationalstolz: Die CSU könnte eine Listengemeinschaft mit der CDU eingehen.

monsalvat
1 Jahr her

Bitte nehmt die Thüringer und die Sachsen mit!

Der Ketzer
1 Jahr her

Nun ja, Bayern ist nicht der einzige Freistaat (siehe Sachsen und Thüringen). Im Falle einer Sezession schickt die SPD wahrscheinlich die Antifa nach München, um einen Putsch zu organisieren, Frau Baerbock wird auf dem Völkerrecht herumreiten und Herrn Söder „die Beine wegschlagen“ wollen und Frau Flak-Zimmermann wird dafür sorgen, dass die Antifa mit schweren Waffen versorgt wird. ?
Man stelle sich vor, Bayern, Thüringen und Sachsen tun sich zusammen und steigen gemeinsam aus …

Last edited 1 Jahr her by Der Ketzer
Boudicca
1 Jahr her
Antworten an  Der Ketzer

Die Reinheit des Bieres und Brezen ohne Würmer wäre gesichert.???

Biskaborn
1 Jahr her

Interessant aber wenig realistisch! Söder und seine CSU sind längst vergrünt und opportunistisch bis in die Haarspitzen. Die machen jetzt ein wenig Krach der bald verhallen wird. Dann stimmen sie wieder ein in die grüne Transformation und in den Kampf gegen die AfD, nein diese CSU ist nicht wirklich zu gebrauchen wenn es darum geht, dieses Land vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen!

hannelore thomas
1 Jahr her
Antworten an  Biskaborn

Die CSU ist in der Tat total vergruent wie auch die CDU. Eigentlich noch grüner als die Grünen. Vielleicht mit einem anderen Ministerpräsidenten. Und haben auch alles bei Corona mitgemacht und wollen auch das Klima schützen.

Johann Thiel
1 Jahr her

Hübsche Idee, wie immer von Herrn Spahn mit überzeugender Sorgfalt dargestellt, aber leider nur ein Wunschtraum. Zum einen gibt es in Deutschland so wenig Deutsche, die den Namen Deutsche verdienen, wie es in Bayern, Bayern gibt, die den Namen Bayern verdienen. Zum anderen gibt es in der Welt in der wir heute leben, nur zwei Politiker welche die Standhaftigkeit, den Willen und die Fähigkeit hätten, eine solche Sache wirklich durchzuziehen. Trump und Putin. Bei letzterem, bin ich davon überzeugt, dass wenn Herr Spahn bei ihm ein gutes Wort für die Bayern einlegen würde, dieser sich nicht lange bitten ließe. Wie… Mehr

Waldorf
1 Jahr her

Thüringen und Sachsen sind ebenfalls Freistaaten. Die Idee „Bund“ als Nachfolger von „Reich“ ist weder in Granit gemeißelt noch ein historisches Kontinuum. Das Wilhelminische Reich von 1870/71 ist natürlich der rechtliche Pate Weimars (incl des 3.Reiches) und der aktuellen Bundesrepublik, aber ohne eigene Bestandsgarantie – wie alle Zusammenschlüsse von Staaten, Königreiche, Fürstentümer etc. Reiche und Kaiser ohne eigenes Land sind halt nett, aber nur solange machtvoll, solange ihre „Regionalfürsten“ sich noch dem Reich zugehörig fühlen und ihre Ressourcen einer „Reichsregierung“ zur Verfügung stellen. Das waren über Jahrhunderte schlicht 2 Dinge: Soldaten/Armeen und Geld/Tribut Und wischt man den zahllosen modernen Wortnebel… Mehr

Tomas Spahn
1 Jahr her
Antworten an  Waldorf

Es gibt kein „Wilhelminisches Reich“. Das Deutsche Reich von 1871 war ein Bundesstaat mit einem Präsidenten, der qua Amt vom König von Preußen gestellt wurde und den Namen „Deutscher Kaiser“ führen durfte. Die Weimarer Republik entstand faktisch durch einen Staatstreich, der eine demokratische Republik schuf, welche in der Rechtsnachfolge des Bundes von 1871 stand. Es gibt kein „Drittes Reich“. Das ist eine Propagandabezeichnung der Nationalsozialisten. Die Weimarer Verfassung wurde nie außer Kraft gesetzt mit der Folge, dass ab 1933 alle Staatsorgane verfssungswidrig gehandelt hatten. Das 1871 gegründete Reich endete 1945 mit der Festnahme und Absetzung der Reichsregierung und der Ersetzung… Mehr

Waldorf
1 Jahr her
Antworten an  Tomas Spahn

Ich habe es etwas laxer formuliert und danke für Ihre Präzisierungen. Dass das Deutsche Kaiserreich von 1870 nicht Wilhelminisches Reich genannt wurde oder wird ist klar und dass die Verfassung eine damals sehr moderne, bürgerliche und demokratische war, dürfte Allgemeingut sein, was von mir auch nicht ansatzweise in Zweifel gezogen wurde. Vor vielen Jahren habe ich ein Seminar gehalten, über die Kontinuität der Reichsverfassung 1870 über Weimar zum Grundgesetz der Bundesrepublik. Sie ist sehr weitgehend. Die völkerrechtliche Frage der Nachfolge untergegangener Staaten bzw ob echte, neue Staatenbildung/Gründungen vorliegen, ist ein anderes Paar Schuhe. Jedenfalls war Weimar der Ansprechpartner für Reparationsforderungen… Mehr