Nicht jede Sau, die durch das Dorf getrieben wird, existiert tatsächlich. Und nicht jedes Grunzen in Brüssel, Paris oder anderswo sollte man schon deshalb glauben, weil es besonders entschlossen vorgetragen wird.
Das schlechte Wetter vor Ostern lässt auch den Internationalen Währungsfonds von besseren Zeiten träumen. Dessen Chefin Christine Lagarde hat gerade einen Schlechtwetterfonds für die Eurozone vorgeschlagen. In Anlehnung an den so genannten „Rainy Day Funds“ der USA, der bei Naturkatastrophen unbürokratisch Hilfe zusagen könne, solle die Eurozone jetzt auch „eine Art zentrale Fiskalkapazität“ bereitstellen. Um, wie Lagarde es formuliert, „eine schmerzhafte Wiederholung der Erfahrung in den Krisenjahren 2008/2009 zu vermeiden“. Man müsse das Dach reparieren, wenn die Sonne scheint, so die Französin. Dazu sollen die Euro-Staaten jährlich 0,35 Prozent des BIP einzahlen. Für Deutschland wären das aktuell 11,4 Mrd. Euro pro Jahr.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Mitteln sei das Einhalten der EU-Fiskalregeln. Wer Gelder bekommt, soll nach Überwindung einer Krise anschließend mehr einzahlen müssen. Lagarde vergleicht den Charakter des Fonds mit dem einer KfZ-Versicherung. Ob sie dabei an einen Vollkaskoschutz ohne Selbstbeteiligung denkt? Wer weiß?
Die Euro-Schuldenkrise begann erst 2010 mit der drohenden Insolvenz Griechenlands. Hier war die Ursache eine mögliche Überschuldung und dadurch erhöhte Risikoaufschläge für griechische Anleihen. Für Investoren war nicht mehr klar, ob Griechenland dauerhaft seine Schulden bedienen kann. Bei hochverschuldeten Staaten wie Italien (Staat), Spanien (Privatsektor) und Irland (Bankensektor) zogen die Aufschläge bei den Anleihen ebenfalls an. Lediglich bei Irland hatte die Schieflage etwas mit der amerikanischen Immobilienkrise zu tun. Viele europäische, insbesondere deutsche Banken, wickelten ihre Geschäfte in Übersee über Banken oder Tochterunternehmen in Dublin ab.
Wir halten fest: In Griechenland, Italien und Spanien war es eine falsche Politik der dortigen Regierung, die dafür sorgte, dass entweder der Staatsapparat oder, wie in Spanien, die privaten Haushalte über ihre Verhältnisse lebten. In Deutschland war es in erster Linie ein Versagen staatlicher Industriepolitik. Der staatliche Bankensektor wurde über Staatsgarantien subventioniert und die Vorstände wurden nicht richtig kontrolliert und gingen Milliarden-Risiken zu Lasten der Steuerzahler ein.
Zweitens stammt der Vorschlag eines Schlechtwetterfonds nicht aus den USA – zumindest nicht in dieser Form. Denn die USA kennt keinen Schlechtwetterfonds auf nationaler Ebene. Was es gibt, sind zahlreiche Schlechtwetterfonds in den einzelnen Bundesstaaten. Deren Finanzierung ist von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr unterschiedlich. In einigen Bundesstaaten fließen die Haushaltsüberschüsse, in anderen eine feste Summe und wiederum in anderen Bundesstaaten Einnahmen aus bestimmten Quellen in den Fonds. Eine Studie des „Pew Charitable Trusts“ von April untersuchte Schlechtwetterfonds aus 47 Bundesstaaten. Fazit ist dabei: Es gibt keinen zentralen Schlechtwetterfonds in den USA, sondern ganz viele. Es gibt keine einheitliche Finanzierung und auch keine einheitlichen Auszahlungskriterien. Der eine Bundesstaat (Colorado) setzt ihn für schnelle Hilfen bei Naturkatastrophen ein, andere Bundesstaaten versuchen, wirtschaftliche Verwerfungen zu lindern. Doch das, was Christine Lagarde und zuvor auch Jean-Claude Juncker für die gesamte Euro-Zone vorschwebt, gibt es in den USA nicht.
Was lernen wir daraus: Nicht jede Sau, die durch das Dorf getrieben wird, existiert tatsächlich. Und nicht jedes Grunzen in Brüssel, Paris oder anderswo sollte man schon deshalb glauben, weil es besonders entschlossen vorgetragen wird.
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Herr Metzger, kennen Sie, nach dem Ausscheiden von Maggie Thatcher, noch eine andere Frau in Europa in einer politischen oder kirchlichen Führungsfunktion, welche von Kenntnis und Intelligenz geprägt ist? Mir fällt dazu gerade nichts ein, obwohl es inzwischen eine Quotildenquote von 50% in vielen Bereichen gibt.
Wenn ich das Bild dieser Frau schon sehe, wird mir übel. Ihr Blick ist wie der eines Geiers auf das Geld der anderen gerichtet. Auf das Geld des deutschen Steuerzahlers, das ja wohl für alles herhalten soll. Wie kann es diese Frau überhaupt wagen, solche Forderungen zu stellen? In keiner Weise demokratisch legitimiert, will sie in die Taschen anderer greifen, um das verdammte Lottersystem der Banken und ihrer raffgierigen Vorstände zu alimentieren. Wann wird der Bürger und Steuerzahlr endlich wach, um deser Abzocke ein Ende zu bereiten? Dass Lagarde diese „Superidee“ geraden bei Macel Fratzscher, diesem Europa-Phantasten, preis gab, gibt… Mehr
Für sooo falsch halte ich den Lagarde-Vorschlag nicht!!!
Immerhin zeigt er, dass der „Regelbruch“ (Stíchwort „bailout“) inzwischen mindestens Frau Lagarde Kopfschmerzen macht. Sie ihn – zumindest teilweise und in gewissem Sinne – gerne „repariert“ sähe. Denn durch ihn kehrt das Prinzip Für-meine-Schulden-hafte-ich- selbst wenigsten ein KLEINES Stück zurück. (Falls diese Regel im Falle des Falles nicht WIEDER gebrochen wird.) Ganz sicher ist DER Vorschlag besser als die längst nicht mehr NUR als nur als vage Vision im Raum stehende weitere „Vergemeinschaftung“ von Schulden. Sie wird bereits GEPLANT in Form der Banken-Haftungs-Gemeinschaft!!! –
„Für sooo falsch halte ich den Lagarde-Vorschlag nicht!!!“
Für mich liest sich diese „Vorschlag“ wie: Deutschland zahlt 11,4 Mrd. pro Jahr ohne Gegenleistung. Natürlich ist diese Gedanke nicht „sooo falsch“, es sei denn, man ist Deutscher.
„Nachtigall, ick hör dir trapsen!“ -die entscheidende Tatsache bei alledem dürfte doch sein, dass der IWF wohl der Meinung ist, dass die Eurozone einen solchen Geldtopf bald dringend brauchen dürfte.
Der Rest außenherum ist da doch nur noch die übliche Volksverdummung: Dass eine Versicherung prinzipiell eine gute Sache wäre (was sie nicht ist, wenn -um im Bild zu bleiben- sie von manch einem nur deshalb gewünscht wird, um Versicherungsbetrug machen zu können) und Geldbezieher das Geld später zurückzahlen müssten (was noch nie passiert ist und auch nie passieren wird -siehe Griechenlandhilfen und TARGET2-Salden).
Hört man Vorschläge, wie den von Lagarde, beschleicht mich immer wieder das ungute Gefühl, als würde jemand versuchen mir von hinten in die Hosentasche zu greifen. In die, in der das Portemonnaie steckt. Und etwas sagt mir : die Person ist französisch.
Kann man sicherlich machen. Es sollte aber jedes Land entsprechend der Höhe seines eigenen Risikos einzahlen. Und nur in Höhe der eigenen Einzahlungen kann es auch Auszahlungen geben. Einen weiteren Transferfonds kann es jedenfalls nicht geben.
Frau Lagarde kann leicht vom schönen Wetter träumen, sie weiß, dass Kanzlerin Merkel und ihr Volk, genau dieses schöne Wetter finanzieren werden.
Auch wenn diese „Sau“ (noch) nicht existiert, so frage ich mich doch, warum Frau Lagarde gerade jetzt eine solche durch das Dorf treibt?
Die Gefahr, dass die EURO-Zone unmittelbar vor einem großen Crash steht, äußern ja inzwischen durchaus ernstzunehmende Personen und dies deckt sich mit dem normalen, wirtschaftlichen Verstand eines Durchschnittsbürgers.
https://www.focus.de/finanzen/boerse/interview-mit-autor-des-draghi-crashs-banken-insider-warnt-in-zwei-jahren-fliegt-uns-das-system-um-die-ohren_id_8570527.html
Frau Lagarde ist gewiß eine bemerkenswerte Frau. Sie ist aber zuvorderst Französin.
Nun denn, werter Herr Schäffler, ich denke schon, dass sich diese elitären Spezialisten Gedanken machen, wie sie das letzte Tröpfchen aus uns heraus pressen können. Nur sollten wir kleinen Leute (Anwesende ausgenommen) durch unser doch sehr intelligentes Politpersonal Madame wissen lassen, dass wir nichts mehr zu verschenken haben.
Danke für den Report und dass Sie 2010/2014 Flagge gezeigt haben. Ich habe seinerzeit alle Debatten und Abstimmungen gez-mäßig verfolgt. Der gesamte Abnickverein war „eine Schande für …..“