Saudi-Arabien: Wieder der beste Freund statt Iran

Für Donald Trump ist Kronprinz Mohammed der Garant, der ein durchgreifendes Modernisierungsprogramm Saudi-Arabiens und der gesamten Region durchsetzt. Es ist die Abkehr vom Pro-Iran-Kurs des Vorgängers Obama.

© Spencer Platt/Getty Images
Crown Prince Muhammad bin Nayef of Saudi Arabia addresses the General Assembly at the United Nations in New York City

Dass US-Präsident Donald Trump auf seiner gegenwärtigen Nahost-Reise Saudi-Arabien als einzigen arabischen Staat besucht, ist in erster Linie das Verdienst des Vizekronprinzen Mohammed ibn Salman al-Saud. Denn in Washington wird die Modernisierung des gewichtigsten arabischen Landes zur Kenntnis genommen. Und unter der gegenwärtigen US-Administration findet ein außenpolitischer Paradigmenwechsel statt. Außenpolitik wird wieder offen als Wahrnehmung nationaler Interessen definiert. Tatsächlich war das nie anders. Um eine effiziente Außenpolitik zu betreiben, gilt es, die nationalen Interessen des eigenen Landes im Einvernehmen mit anderen Staaten durchzusetzen. Doch, wenn es sein muss, auch in Konkurrenz mit ihnen.

Was sich von Zeit zu Zeit verändert, ist nicht diese Grundlage der Außenpolitik, sondern deren Marketing. Also die Art und Weise, wie ein Staat seine Außenpolitik rechtfertigt. Während der Amtszeit des abgetretenen amerikanische Präsidenten Barack Obama (2009-2017) wurden Menschenrechte als Gradmesser der Außenpolitik Washingtons hervorgehoben. Tatsächlich aber orientierte sich Washington auch während der Obama-Jahre an dem, was der Präsident und seine Außenminister als die nationalen Interessen der USA verstanden. Dies zeigte sich besonders deutlich an der Nah- und Mittelostpolitik der Vereinigten Staaten. Die Obama-Regierung suchte in erster Linie ein Arrangement mit dem schiitischen Mullah-Regime Irans. Daher tolerierte Washington, dass Teheran offen seine arabischen Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien und die Golfländer bedrohte, den syrischen Diktator Assad in seinem blutigen Krieg gegen das eigene Volk unterstützte, in Libanon die schiitische Terrormiliz Hizbollah förderte und eine iranische atomare Streitmacht zur Vernichtung Israels aufbaute.

Das 2015 erzielte Abkommen zur Begrenzung der nuklearen Aufrüstung Irans, das neben den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates auch von Deutschland unterzeichnet wurde, wird bis heute von Saudi-Arabien, den Golfstaaten und Israel abgelehnt, denn Iran bedroht weiterhin das Lebensrecht dieser Staaten. Präsident Trump nennt den Vertrag „den schlechtesten jemals geschlossenen Deal“. Teheran lässt nach wie vor Trägerwaffen für Atomsprengköpfe entwickeln. Iran finanziert weiterhin die Hizbollah, stärkt Assads Armee in ihrem Vernichtungskampf im eigenen Land. Darüber hinaus steckt Teheran hinter den Aufstand der schiitischen Huthi-Milizen im Jemen. Ziel der Huthis ist die Machtübernahme in Saana sowie ein Abnutzungskrieg gegen Saudi-Arabien.

Die Bilanz ist negativ durch und durch
Außenpolitisch hat Barack Obama versagt
Saudi-Arabien ist seit der Entstehung des Wüstenkönigreiches 1935 stets ein loyaler Verbündeter und zuverlässiger Rohstofflieferant Washingtons. Doch die Obama-Administration kritisierte neben Saudi-Arabien auch die traditionellen US-Verbündeten in der Region Ägypten und Israel. In Washington ignorierte man, dass sich unterdessen in Saudi-Arabien ein entscheidender Wandel vollzog. 2015 bestieg König Salman al-Saud den Thron. Der Monarch sah ein, dass sein Land dringend Reformen nötig hatte. Denn die Bevölkerungsstruktur hatte sich in den zurückliegenden Jahrzehnten drastisch verändert. 1970 lebten gerade einmal fünf Millionen Menschen in dem 2,2 Million Quadratkilometer großen Land. Seither hat sich die Einwohnerzahl auf 30 Millionen versechsfacht. Doch nach wie vor werden 75 Prozent der Staatseinnahmen durch Öl generiert. 90 Prozent der Beschäftigten sind in Staatsbetrieben angestellt. Ein Drittel der Bevölkerung ist unter 20 Jahre alt. Es herrscht eine beträchtliche Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen. Außenpolitisch und indirekt auch militärisch wird das Land wie erwähnt zunehmend von dem offensiven schiitischen Mullah-Regime in Iran bedroht.

Um diese vielfältigen Herausforderungen zu bestehen, braucht es eine dynamische Politik und eine durchgreifende Modernisierung. König Salmans Sohn, Mohammed ibn Salman al-Saud, war 2015 erst 30 Jahre alt. Doch er besaß schon damals klare Vorstellungen von den notwendigen Reformen. Die Abhängigkeit des Landes vom Öl muss reduziert werden. Es gilt, die petrochemische Industrie auszubauen und die Wirtschaft zu modernisieren. Saudi-Arabien soll zur Drehscheibe des Welthandels in Nahost entwickelt werden. Das Schul- und Bildungssystem muss effektiver werden, Frauen sollen zunehmend beruflich emanzipiert und schließlich sollen die Verteidigungsstreitkräfte ihren Standard weiter ausbauen.

Mohammed ibn Salman al-Saud entwickelte die „Vision 2030“. König Salman wusste, dass es nicht genügte, eine Vision zu entwerfen. Er wollte, dass der Zukunftsplan verwirklicht würde. Daher ernannte er seinen kreativen Sohn zum Vize-Kronprinzen und Verteidigungsminister sowie zum Chef des Hofprotokolls. Damit wurde der studierte Jurist zum zentralen Entscheidungsträger des Königreiches.

  • Als Verteidigungsminister unterstützte der Vizekronprinz die legitime jemenitische Regierung in ihrem Abwehrkrieg gegen die Huthi-Rebellen. Er vermied jedoch den Einsatz von Bodentruppen, um einen blutigen Landkrieg zu verhindern.
  • Der Verfall des Erdölpreises zeigte, dass es keine Alternative zu der von Mohammed ibn Salman betriebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung und Umstrukturierung gibt. Diese Pläne sollen mit einem nie dagewesenen Investitionsprogramm finanziert und realisiert, zu diesem Zweck soll der staatliche Ölkonzern Aramco teilweise an Investoren veräußert werden. Dabei wird mit Erlösen von zwei Billionen Dollar (!) gerechnet. Ausländische Investoren sind willkommen.

Umbruch im Orient: Saudi-Arabien und Israel
Potenzielle Allianz der Bedrohten. Europa betroffen.
Die neue Administration in Washington hat verstanden, dass Kronprinz Mohammed dabei ist, sein durchgreifendes Erneuerungsprogramm dynamisch zu verwirklichen. Amerikanische Firmen können sich in Zukunft nicht mehr auf die Lieferung von Waffen und von Erdöltechnologie beschränken. Das mächtige Modernisierungsprogramm des Kronprinzen wird sein Land zu einem Motor der Erneuerung der gesamten Region machen. Nicht nur die Vereinigten Staaten, auch Europa, speziell deutsche Produktionsfirmen und Dienstleistungsunternehmen, tun gut daran, frühzeitig die großzügigen Möglichkeiten für ihre Exportindustrie wahrzunehmen und sich auf den zahlreichen Feldern, vor allem in der Technologie, zu beteiligen.

Der starke Mann in Riad setzt auch außenpolitisch auf einen moderaten Kurs, den Frieden in dieser Weltgegend zu fördern. Vize-Kronprinz Mohammed möchte dazu beitragen, den arabisch-israelischen Konflikt beizulegen. Als Grundlage soll die von Saudi-Arabien entwickelte „Arab Peace Initiative“ dienen, die eine Anerkennung Israels im Austausch für einen Rückzug des jüdischen Staates auf die Grenzen von 1967 vorsieht. Über die Modalitäten der Flüchtlingsfrage herrschen allerdings noch grundsätzliche Differenzen. Doch prinzipiell sind sich Riad und Israel einig, dass der überholte Konflikt rasch beendet werden muss. Denn man hat einen gemeinsamen Gegner: das aggressive Mullah-Regime in Teheran. Der quasi offizielle Besuch des ehemaligen saudi-arabischen Generals Eshki im jüdischen Land fand dort große Zustimmung. Die Israelis begriffen, dass in Riad ein neuer Wind weht. Das Wüstenkönigreich sucht den Weg des Friedens und will als ehrlicher Makler auftreten.

Gemeinsam mit dem 81-jährigen König Salman treibt Vizekronprinz Mohammed sein Land mit aller Kraft an, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen und sie zu meistern. Vater und Sohn sind ein Glücksfall für Saudi-Arabien und die ganze Region. Sie stehen für die Kontinuität und die Reformbereitschaft des wichtigsten arabischen Staates.

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Kommentare ( 42 )

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Andreas M.
7 Jahre her

Der Iran war nie der beste Freund. Aber um im Nahen Osten zu wie auch immer gearteten Friedensgesprächen zu kommen, kommt man an die älteste Nation dort, den Iran, leider nicht vorbei. Dieses Land ist sehr gespalten. Da ist das überalterte Regime der Mullahs, auf der anderen Seite das Volk. Die Mullahs und die Führer sind am politischen wie auch wirtschaftlichen Machterhalt interessiert. Das Volk will im eigene Interesse Frieden mit dem Rest der Welt und wirtschaftlichen Fortschritt. Unsere saudischen Freunde, wie auch die vom Westen geretteten Kuwaitis, unterstützten vom Wahabismus getrieben den Salafismus, aus dem sich fast ausschließlich die… Mehr

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Wahabismus wird exportiert. Allerdings, die Muslime in Albanien, Kosovo, Sandzak, Bosnien etc.sind seit vielen Jahren dabei Wahabismus zu importieren. Offensichtlich sind die Regierungen empfaenglich fuer Islam und Geld. Man koennte failed states sagen. Saudis missionieren, genau wie Putin und Iran.
Ich betrachte Iran mit entsprechenden fanatischen staatlichen und religioesen Strukturen, Garden, Terorrapparat als groesseres Risiko!

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Iran hat andere Probleme als im Mittl. Osten Aggressor zu spielen!
Vielleicht soll die Regierung auch an die Bevoelkerung und nicht an Religion und Macht erst denken. Iranische Bevoelkerung sehnt sich nach Ruhe und Freiheit! Sie wissen in welchem Zustand Wirtschaft und Erdoelindustrie in Iran sind? Was fuer eine menschenverachtende Politik es ist, Geld und Resourchen zu verschleudern um in Ausland Kriege zu fuehren und Atomwaffen zu bauen!

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Haben Sie je in Iran oder Saudiarabien gelebt?
Haben Sie in einem arabischen, mohammedanischen Staat gelebt?
Sind Sie bereit Burka und aehnliches zu tragen und Muslima zu werden?
Wenn nicht, dann ist es was Sie schreiben irrelevant! Am besten Sie werden in Europa erwachsen und alt!

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Saudiarabien wurde nicht aus Hass gegen Iran verharmlost, sondern realistisch mit Iran vergliechen. Und, oh Wunder, Iran bedroht europaeische Interessen in Mittl. Osten unmitelbar. Manche moechten es nur aus ideologischen Gruende nicht erkennen!

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Danke, freut mich sehr! Haben Sie etwas zum Thema zu sagen?

Ralf Pöhling
7 Jahre her

Zitat:“Frieden kommt erst nach Absetzung der Autokraten in Riad.“

Das sehe ich ähnlich.

Johann Vetter
7 Jahre her

Die iranische Regierung ist „weniger aggressiv als … Israel“?

Wenn Sie das meinen.
Dann seien Sie aber auch auf deutlichen und berechtigten Widerspruch gefasst.

Wolleus
7 Jahre her

Warum leben Sie dann nicht im Iran?

DIN A4
7 Jahre her
Antworten an  Wolleus

Weil sie offensichtlich in Deutschland lebt, Sie Schlaumeyer.
Sophie hat zwischen SA und Iran eine Wahl getroffen und nicht zwischen SA, Iran und Deutschland.

Aber Hauptsache die eigene Dummheit zelebrieren.

Sophie
7 Jahre her
Antworten an  Wolleus

Weil man mich bisher nicht vor die Wahl gestellt hat, mich zwischen Saudi Arabien und Iran als Wohnort entscheiden zu müssen. Deshalb habe ich in einem ersten Satz geschrieben: Wenn ich die Wahl treffen müsste

Wolleus
7 Jahre her

In D dürfen Sie totalitär denken und schreiben. Im Iran würden Sie ob solcher Gedanken (sich totalitär gegen eine Staatsräson zu äußern – das sagt nichts über den materiellen Inhalt aus, sondern soll nur die Freiheitsgrade eines Nationalstaates darstellen) mutmaßlich zu Tode gesteinigt werden (ja mittelalterlich gesteinigt und nicht „nur“ mit einem Todesurteil belegt werden). Ich meine, Sie haben den Artikel von Dr. Seligmann überhaupt nicht verstanden und sollten ihn vielleicht nochmals lesen. Für mich ist es die Darstellung aus dem Sichtwinkel eines Volkes, welches sich seit Jahrzehnten täglich mit Gewalt seine Existenz, sein Recht auf Leben und Überleben ständig… Mehr