Deutschland und Frankreich wollen Polen bei der Entwicklung eines neuen Panzers nicht dabei haben. Ohne Rücksicht auf übergeordnete strategische Überlegungen lässt man sich den gemeinsamen Bau von 800 Panzern entgehen. Die Polen suchen stattdessen einen Partner außerhalb Europas.
Anfang Dezember 2019 hat die Nato in London ihren 70. Geburtstag gefeiert. Es war nicht nur ein harmonisches Treffen, aber man war sich einig, dass man sich einig sein muss und dass es vor allem wegen Russland, China und wegen des internationalen Terrorismus keine Alternative zur Nato gibt. Unausgesprochen wurde auch klar, dass der Weg zu einer „europäischen Armee“ noch sehr weit, wenn nicht gar nur eine Fata Morgana ist.
Nun also steht auf der Wunschliste der Polen ein moderner, neuer Panzer, zumal das seit 1999 zur Nato gehörende Polen in seinen Panzerbeständen immer noch überholte Sowjetmodelle hat. Frankreich und Deutschland sind gleichzeitig dabei, einen neuen Panzer zu fabrizieren. Vor allem will man damit einen Beitrag zur Vereinheitlichung und damit zur Verbesserung der Schlagkraft der Nato leisten. Denn in den europäischen Nato-Armeen gibt es 17 verschiedene Kampfpanzer bzw. insgesamt 37 unterschiedliche Kampf- und Schützenpanzermodelle. Daraus will man einen einzigen machen, das ist das Ziel einer französischen Initiative – mit Deutschland als Hauptpartner. Der neue Panzer soll unter dem Namen „Main Ground Combat System“ (MGCS) laufen und Ende der 2030er Jahre eingeführt werden. Es ist die Rede von einem Bedarf an 2.500 Stück. Ein „Leopard-3“ soll es also nicht werden.
Widerstand gegen eine polnische Beteiligung kommt indes aus Frankreich. Hinter vorgehaltener Hand heißt es dort, Polen würde sich zu sehr an den USA orientieren. Diese Präferenz der Polen für die USA ist sichtbar. Polen bot den USA 2018 nämlich an, entgegen der Nato-Russland-Grundakte vom 27. Mai 1997, die dergleichen eigentlich einschränkt, eine US-Panzerdivision dauerhaft in Polen zu stationieren und dafür zwei Milliarden US-Dollar für Infrastruktur und anderes aufzubringen.
Überhaupt kauft Polen Waffen mittlerweile vor allem in den USA – etwa 32 US-Kampfflugzeuge vom Typ F-35 mit einem Volumen von 6,5 Milliarden Dollar. Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak kündigte zudem an, 20 amerikanische mobile Raketenwerfer samt Munition vom Typ Himars für mehr als 400 Millionen Dollar anzuschaffen. Polen zählt unter anderem wegen solcher Investitionen zu den gerade mal sechs europäischen Nato-Ländern, die zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aufbringen und somit die Zielvorgabe des Bündnisses einhalten. In den nächsten Jahren will die Regierung in Warschau diesen Wert sogar auf 2,5 Prozent steigern.
Für einen groß angelegten Kauf von Panzern bietet sich den Polen nun ein Partner in Fernost an: Südkorea. Das Unternehmen Hyundai Rotem würde Polen eine auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Version des Modells K2 anbieten – und sogar den Technologietransfer, den sich Warschau wünscht. Es ist die Rede von 800 Exemplaren. Nach so einem Deal würde Polen übrigens über mehr moderne Kampfpanzer verfügen als Deutschland und Frankreich zusammen.
Fazit
Es knirscht weiter in der Nato. Wenn Polen bilaterale Verträge mit den USA oder Südkorea abschließt, wird das Zusammenwachsen der europäischen Armeen noch schwerer. Die europäische Rüstungsindustrie wird damit weiter atomisiert. Oder aber es droht nach dem Brexit gar ein Auseinanderdriften der Nato in zwei Achsen: eine Washington-London-Warschau versus Paris-Berlin.
Vor allem aber: Die Sorge Polens um Russlands Militärpolitik ist alles andere als irrrational. Man muss die Polen verstehen. Zu ihrer historisch geprägten DNA gehört die Erfahrung mit Fremdherrschaft. Diese geht heutzutage gottlob nicht mehr von einem „Deutschland über alles“ aus, sondern sie ist tief geprägt erstens von den Erfahrungen mit dem russischen Zarenreich, Preußen und Österreich. Nach den drei polnischen Teilungen 1772, 1793 und 1795 hatte Polen bis 1918 aufgehört, als souveräner Staat zu existieren. Zweitens: Am 23. August 1939 gab es den Hitler-Stalin-Pakt, nachfolgend am 1. September 1939 den deutschen Überfall auf Polen. Aktuell kommt – drittens – für die Polen wie auch für die „drei baltischen Tiger“ Estland, Lettland, Litauen als Sorge vor allem die martialische Politik Putins in Sachen Georgien (Einmarsch der Russen und 5-Tage-Kaukasuskrieg 2008), Krim (Annexion im Februar/März 2014) und Ostukraine (ab April 2014) hinzu.
Ferner: Polen hat eine 500 Kilometer lange Küste zur Ostsee, die von Russen (und Chinesen) zu großen Seemanövern befahren wird. Polen hat über die Ostsee-Enklave Kaliningrad eine 232 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit Russland. Dort hat Russland im Mai 2018 begonnen, Iskander-Raketen zu stationieren. Diese Flugkörper haben eine Reichweite von 500 Kilometern, womit sie Warschau, Berlin oder Kopenhagen erreichen können. Russland hat mit dem Panzer-Modell T-14-Armata einen hochmodernen Panzer mit effektiver Schnellladevorrichtung. Experten meinen, dieser Panzer sei sogar dem Leo-2 überlegen. Russland hat drei Viertel seiner Luft- und Seebasen sowie 70 Prozent seiner Landstreitkräfte westlich des Urals stationiert.
Das sind die Fakten – nicht nur die für Polen relevanten Fakten.
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Die Linie Washington – London wird mit Sicherheit kommen, dafür sorgen die Deppen in der EU schon. Polen wird sich dieser Linie anschließen, auch wenn das Panzerproblem nicht wäre. Schon aus Angst vor Russland und aus Unsymphatie gegen Deutschland. Und Frankreich wird dann unter irgend einen Vorwand die Achse Paris – Berlin schleunigst verlassen, um nicht auf der falschen Seite zu stehen. Der Deutsche Michel wird wie einst wieder allein gegen alle dastehen. Diesmal aber ohne militärische Mittel und kann bequem geplündert werden. Merkel, von der Leyen und dieser Spaßvogel Maas sorgen schon bestens dafür, das europaweit eine Situation wie… Mehr
Es tut mir leid hier dem geschätzten Herrn Kraus widersprechen zu müssen. Er gerät in Widerspruch zu seiner eigenen (zutreffenden) Argumentation in seinem Buch „Nicht einmal bedingt abwehrbereit“, in dem er zu Recht darauf hinweist, dass wir eine eigene Rüstungsindustrie brauchen und das bei Gemeinschaftsprojekten zu viele Köche den Brei verderben (S. 104, 108 u.a. mit Beispielen). Arbeitsteilung ist traditionell wirtschaftlich und Deutschland sollte da, wo es führend ist, der Produzent/Lieferant bleiben: Zum Beispiel im Fahrzeugbau, einschließlich Panzerfahrzeuge, bei einem Teil der Artillerie und beim Bau konventioneller U-Boote und kleinerer Kriegsschiffe. In den übrigen Bereichen sollten wir zum Stopfen wenigstens… Mehr
Die neuen Panzer werden Ende der 2030er Jahre eingeführt, zu der Zeit sind Verbrenner bereits verboten. Der windradarme Pole wird hierbei ausgeklammert weil seine E-Panzer mit Kohlestrom betrieben werden müssten und das im Falle von kriegerischen Handlungen zu einer nicht hinnehmbaren Umweltbelastung führen würde.
Gut für die Polen.
Ein Nationalstaat braucht eine Armee, die stark genug ist sich zu verteidigen.
Deutschland geht in dem EU Eintopf auf und braucht das anscheinend nicht. Wir haben Maas, das muß reichen.
Polen sollte auch klar sein, dass die russischen Hyperschallraketen nicht mit Panzern bekämpft werden können.
Die Panzer taugen eher dazu die Grenzen zum maroden und wehrlosen Deutschland zu sichern oder gar dort einzumarschieren und die geforderten Reparationen („Rheinlandbesetzung“) einzutreiben.
Als Pilotprojekt für eine einheitlich ausgerüstete europäische Armee schlage ich in einem ersten Schritt das einheitliche Design für Uniformknöpfe vor.
Bei einem solchen europäischen Projekt werden für viel geringere Kosten alle nationalen Probleme sichtbar.
… machen wir mal ein kleines Gedankenexperiment. Polen stellt Reparationsforderungen an Deutschland in Höhe von 750 Milliarden Euro und bekräftigt dies, da politisch-diplomatisch nicht durchsetzbar, mit verdeckter militärischer Mobilisierung. Ein langes Wochenende reicht aus, sich mit einer starken Panzertruppe im Handstreich weite Landstriche im Nordosten Deutschlands als Faustpfand zu sichern. Leyens EU Kommission sagt du, du, du, die EU ist aber ein Friedensprojekt. Die anderen NATO-Staaten sagen, das ist ein bilaterales Problem, man hält sich zurück, das sollen die beiden Staaten untereinander ausmachen. Fast möchte man sich ein solches Szenario herbei wünschen, um die Probe aufs Exempel zu bekommen, dass… Mehr
Wie recht doch Eisenhower hatte:
„In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the military-industrial complex. The potential for the disastrous rise of misplaced power exists and will persist. We must never let the weight of this combination endanger our liberties or democratic processes. We should take nothing for granted. Only an alert and knowledgeable citizenry can compel the proper meshing of the huge industrial and military machinery of defense with our peaceful methods and goals, so that security and liberty may prosper together.“ (1961)
Die Linie Washington-London-Warschau hat schon aus der Historie Tradition. Schon 1942 wurde sie der Linie Berlin-Paris vorgezogen.
Das ist doch mal ne gute Nachricht! Denn wenn es mit dem neuen MGCS nicht so richtig klappt, können wir immerhin bei den Polen funktionsfähiges Material kaufen.