Gradmesser für das Absurde

Das „Trump-Risiko“ lässt die Börsen hyperventilieren. Gymnasiasten demonstrieren fürs Klima und gegen schweres Mathe-Abitur.

© Spencer Platt/Getty Images

„Politische Börsen haben kurze Beine“, lautet ein eherner Leitsatz auf dem Börsenparkett. Seit Donald Trump gilt das nicht mehr. Der US-Präsident sorgt mit seinen Twitter-Nachrichten regelmäßig für gewaltige Marktbewegungen an den Weltbörsen, ob mit seinen jüngsten Strafzoll-Verschärfungen gegen China oder auch mit konkreten Attacken auf deutsche und japanische Autobauer. Die Neue Zürcher Zeitung schrieb jüngst vom „Trump-Risiko“ und fragte: „Wer will schon sein Portfolio den limbischen Twitter-Stürmen Trumps aussetzen?“

Die Irrationalität eines egomanen Präsidenten scheint inzwischen gar den Einfluss der Notenbanken zu toppen, die mit ihrer ultralockeren Geldpolitik seit Jahren Aktien und Vermögenspreise haussieren lassen. Wenn eine Notenbank zur geldpolitischen Normalität zurückkehren will, wie es die US-Notenbank in den vergangenen zwei Jahren eingeleitet hat, dann entfaltet nicht nur die Politik einen gewaltigen Druck, vorgeblich aus Sorge um die Konjunktur, in Wahrheit eher wegen der steigenden Zinsen für die immensen Staatsschulden, sondern auch die Märkte gieren nach billigem Notenbankgeld und Staatsanleihenkäufen der Zentralbanken. Denn alles, was die Renditen für „sichere“ Staatspapiere senkt, lässt Billionen von Anlegerliquidität in die Finanzmärkte fließen und treibt dort die Kurse.

Einen Gradmesser für das Absurde liefert ein Index, der „Bloomberg-Barclays-Global-Aggregate-Negative-Yielding-Index“. Im vergangenen Jahr ist das Volumen von ausstehenden Anleihen in Europa, die eine negative Rendite aufweisen, um ein Fünftel auf 10.000 Milliarden Dollar geklettert. Als Anleihen mit einer negativen Rendite vor rund zehn Jahren erstmals auf den Markt kamen, hielten das die meisten für eine vorübergehende Anomalie aufgrund der Finanzkrise. Doch die Illusion ist längst geplatzt. Wer heute dem Staat Geld leiht, erhält dafür häufig keine Zinsen mehr, sondern muss dafür sogar bezahlen. Für die im Vergleich zu Unternehmensanleihen große Ausfallsicherheit wird so eine Art Zusatz-Steuer fällig. Besonders bemerkenswert: Noch vor Jahren sahen viele Investoren den Euro als Währung vor dem Aus. Doch jetzt bezahlen Anleger Geld dafür, dass sie Deutschland, aber auch Frankreich, Euro-Anleihen abkaufen dürfen. Die Finanzwelt ist aus den Fugen geraten.

Auch an der Bildungsfront regiert die Irrationalität. Unter dem Applaus der breiteren Öffentlichkeit schwänzen Zehntausende von Schülern Freitag für Freitag den Unterricht, um für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Aktuell schreiben Zehntausende von Gymnasiasten Petitionen, weil sie das diesjährige Mathe-Abitur zu schwer empfunden haben und deshalb einen günstigeren Bewertungsschlüssel für die Benotung einfordern. Wer diesen Kontext für zu polemisch einstuft, dem sei ein nüchternes Argument für den deutschen Bildungswahnsinn an die Hand gegeben. Vor allem in städtischen Regionen liegt die Übergangsquote aufs Gymnasium bei bis zu 100 Prozent. Oft sind die Eltern die Antreiber. Glauben wir wirklich, dass alle Kinder und Jugendlichen das Abitur schaffen können?

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Kommentare ( 20 )

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akimo
5 Jahre her

Oswald Metzger war Grüner. Da muss man ihm wenigstens den Trump-Hass lassen

Der Ketzer
5 Jahre her

„Vor allem in städtischen Regionen liegt die Übergangsquote aufs Gymnasium bei bis zu 100 Prozent.“ Am Ende haben wir zuviele, die allein aufgrund eines wie auch immer bewältigten Studiums Anspruch auf „Chefposten“ erheben, aber es fehlen diejenigen, die qualifiziert sind, die eigentliche fachliche bzw. inhaltliche Arbeit zu leisten. Hinzu kommt, dass solche Chefs innovative und kreative Mitarbeiter nicht mehr als solche erkennen und z.T. sogar als „Bedrohung“ empfinden. Die hohen Gymnasialquoten haben die Haupt- und Realschulen zu „Restschulen“ verkommen lassen – im Bereich der Hauptschulen sicher auch bedingt durch einen hohen Anteil von Schülern, deren deutsche Sprachkenntnisse und Motivation gleichermaßen… Mehr

Cubus
5 Jahre her

„Vor allem in städtischen Regionen liegt die Übergangsquote aufs Gymnasium bei bis zu 100 Prozent.“ Woran das wohl liegt? Am Genie unserer Bildungpolitiker: Wenn man die Realschule eindampft und als Alternative zum Gymnasium nur noch eine Gemeinschaftsschule hat, in der die guten Schüler die weniger guten Schüler mitziehen sollen, was bleibt da den Eltern noch? Man wollte lieber Synergien nutzen als ordentlich Geld in die Hand nehmen und die Hauptschule zukunfsfähig machen. Und dann kam auch noch die Inklusion hinzu. Wenn man eine Realschule mit einer Hauptschule und einer Sonderschule zusammenlegt, muss man sich nicht wundern, dass man wieder bei… Mehr

elly
5 Jahre her

Und die Freitags Schulschwänzer Wohlstandskids halten auch noch Schilder mit der Parole „make love not CO2“ hoch. https://www.welt.de/wirtschaft/article193252883/YouGov-Umfrage-Vor-allem-Aeltere-lehnen-eine-CO2-Steuer-ab.html Dabei zeigte eine Studie 2017 deutlich: „Kinderwunsch streichen, Klima retten Auf Auto und Fleisch verzichten und weniger Flugreisen machen – mit diesen Maßnahmen können Sie das Klima schützen. Doch laut Forschern ist noch wirksamer: ein Kind weniger in die Welt setzen.“ https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klima-weniger-kinder-bekommen-hilft-das-a-1157812.html Darf man natürlich in Deutschland nicht so laut sagen, denn hier herrscht die Behauptung vor, Kinder wären unsere Zukunft. Diese fff Kids kopieren die Parolen ihrer Vorfahren ohne Sinn & Verstand. „make love not war“ machte damals durchaus Sinn. Ich… Mehr

Bummi
5 Jahre her

Das Abi ist Massenware. In der DDR gingen von 30 Kindern 3 bis 5 auf das Gymnasium. Bei meinen Kindern waren es ca. 50 %. Das Niveau wurde massiv gesenkt. Kann nach der Verteilung von Intelligenz nicht anders sein.

StefanH
5 Jahre her

Alles halb so schlimm: Auf dieselfreien Biolandbetrieben werden demnächst wieder viele Knechte und Mägde gebraucht. Zeit für Unfug werden die allerdings wenig haben …

T. Pohl
5 Jahre her

„Glauben wir wirklich, dass alle Kinder und Jugendlichen das Abitur schaffen können?“

Wenn Sie noch nie von normal (Gauss) verteilten natürlichen Populationen gehört haben, dann glauben Sie natürlich auch, dass 100% der Gymnasiasten das Abitur schaffen können. Und dann glauben Sie auch, daß zahlreiche Mitmenschen, die quasi ohne Bildung und nicht noch lange hier sind, ihre Renten erwirtschaften werden können.
Die Unbildung pepetuiert sich eben. Und dann beklagt man sich über das schwere Mathe-Abitur, obwohl die Aufgaben (wie ich gehört habe) nur das Niveau der Mittelstufe (und nicht Oberstufe = Abitur) haben.
Sic transit gloria Germaniae!

Reimund Gretz
5 Jahre her

Lesen Sie auch die täglichen Wahnsinnsmeldungen was in Deutschland inzwischen abgeht und denken sie das darf doch alles nicht wahr sein? Dann gehören sie zu dem Personenkreis der erkannt hat, es muss sich dringendst etwas ändern in Deutschland. Wenn Sie jetzt noch erkennen, keine Partei und auch kein Politiker wird daran etwas ändern werden Sie die Eigeninitiative ergreifen und sich für den Ausweg entscheiden, den das Grundgesetz vorsieht! Dem werden sie nicht freiwillig zustimmen, deshalb müssen wir dieses Recht wie beim Sturz der DDR durch Zusammenhalt der Gesellschaft durchsetzen!!! Handeln wir bevor dieser § 146 aus dem Grundgesetz gestrichen wird!!!… Mehr

Riffelblech
5 Jahre her

Liebe Mitforisten : Mal an den flotten Spruch des Mittelalters gedacht,der heute mehr denn je gilt : “ Ich halt sie dumm und du hälst sie arm “ Gemeint damals Kirche und König . Heute – der gleiche Ablauf : der Staat hält uns arm in dem er Steuern bald auch auf Luft erheben und die Schule läßt keine wirklichen Leistungsträger mehr zu .In beiden Fällen ist der Staat schuldig . Mal wegen Unersättlichkeit ,mal wegen einer seit 1968 um sich greifenden Grünroten ideologischen Verblödung .

Holger Baade R.E.D.
5 Jahre her

Im Gegensatz zu den deutschen und EU-„Spitzenkräften“, denen die Medien jede unvorstellbar weltfremde Entscheidung als Glanzstück politischen Weitblicks attestieren, macht Trump Realpolitik. Der US-Präsident hat – wie hier die AfD – sämtliche öffentlichen Lautsprecher und Schmierfinken gegen sich. Folglich muss man andere Formen der Öffentlichkeitsarbeit wählen.
Und zu den Zinsen: In den USA gibt es immerhin – trotz der schwindelerregenden Staatsschulden – keine Negativzinsen, während in dem himmelhochjauchzenden imaginären „Europa“ über Mittel und Wege nachgedacht wird, wie man diese noch weiter in den Negativbereich verschiebe kann.
Da steht mir der „Egomane“ deutlich näher, als unsere Nasenbohrer in Legionsstärke.