Undemokratische Absprachen der „demokratischen Parteien“

Berechtigte Auskünfte über Wahlziele und Programme bekommen auf Beschluss der Generalsekretäre nur noch „einige wenige vorab gemeinsam vereinbarte“ Verbände und Organisationen. Ein neuer Fall von Ausgrenzung und Missachtung in der Berliner Republik.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Falls es zur vorgezogenen Bundestagswahl kommt, treten die etablierten Parteien gemeinsam schon mal tüchtig auf die Bremse. Vor allem, wenn Verbände und Interessierte sie um Auskünfte über ihre Wahlziele und Programme bitten. Informationen sollen nur noch „gesellschaftlich relevante“ oder besser genehme Verbände und NGOs bekommen. Wahlprüfsteine anderer sind unerwünscht.

Die sogenannten „demokratischen Parteien“ – zu denen sich inzwischen auch die Nachfolger der Täterpartei aus der SED-Diktatur „Die Linke“ zählen darf – haben sich im Grunde zu einem politischen Ausgrenzungskartell zusammengeschlossen.

Sie ziehen jetzt nicht nur Brandmauern gegen ihren Staatsfeind Nummer eins, die Alternative für Deutschland, hoch – nein, sie grenzen jetzt auch kleine, unabhängige oder unliebsame Verbände aus, die sie nicht mehr mit berechtigten Informationen über ihre Wahlziele versorgen wollen.

SPD, FDP, Grüne, CDU/CSU und Die Linke versenden derzeit offensichtlich Einheitsbriefe an Verbände, die Tichys Einblick zugespielt wurden. Folgende Musterbriefe wie hier von SPD und Grünen sollen Auskunftswünsche für Wahlprüfsteine von vielen kleinen Verbänden und Interessierten abblocken.

„Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf haben sich die Generalsekretäre der Parteien SPD/Bündnis 90/Die Grünen/FDP/CDU/CSU/Die Linke darauf geeinigt nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten.“

„Darüber hinaus bearbeiten die Parteien eine begrenzte Anzahl an Wahl-o-mat-Formaten, die ebenfalls gemeinsam vorab ausgewählt wurden.“

Erstens, sollen wohl nur die vermeintlich „Richtigen“ Auskünfte für Wahlprüfsteine bekommen.

Zweitens, werden offensichtlich Wahl-o-maten mit Informationen oder Propaganda versorgt, die dann wahrscheinlich den etablierten Parteien die besten Wahlempfehlungen einbringen.

Die Berliner Politik entwickelt eine Zwei-Klassengesellschaft

Diese Zwei-Klassen-Behandlung im untergehenden Ampelland und der wohl künftigen Merz-Diaspora ist völlig neu. Im Grunde ist es ungeheuerlich von den etablierten Parteien, einfach festzulegen, wer für ihre Demokratie wichtig ist, und wen man einfach ausgrenzen kann. Aber diese Geisteshaltung der selbst ernannten Demokraten und Qualitätsmedien passt ins heutige Bild des linksorientierten Mainstreams. Nur wer auf der richtigen Seite links der Mitte steht, wird informiert.

Dabei sind gewünschte Auskünfte an die politischen Parteien vor einer Bundestagswahl eine gute Tradition. Denn Verbände bitten vor jeder Wahl die Parteien um Antworten auf für sie wichtige Fragen – für sogenannte Wahlprüfsteine. Das ist ein üblicher Prozess der Meinungsbildung in allen möglichen Interessengruppen. Am Ende können diese Gruppen entscheiden, welche Partei ihre Interessen am besten vertreten würde.

Unter anderem hat ein großer Digitalverband an 96 Bundestagsabgeordnete konkret 14 Fragen gestellt. Einige verwiesen sofort auf die Zuständigkeit der Parteizentralen. Andere Parlamentarier antworteten gleich mit dem Einheitsschreiben der Parteien. Ein AfD-Abgeordneter hat schon am ersten Tag die Fragen beantwortet.

Jetzt haben die etablierten Parteien entschieden, angeblich aus „Zeitgründen“ nur noch die Fragen ausgewählter „wichtiger“ oder besser ihnen genehmer Verbände zu beantworten. So stoßen sie viele Interessengruppen hart vor den Kopf und betreiben Politik nach Gutsherrenart. Das nennen sie dann Demokratie.

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Kommentare ( 68 )

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Giovanni
29 Tage her

Willkommen in der DDR 2.0. Es gibt sie wieder, die neue SED aus CDU/CSU,SPD,Grüne,FDP, BSW und den Linken!!! Die Brandmauer ist die neue geistige Berliner-Mauer.

Rob Roy
30 Tage her

Mein einziger Wahlprüfstein ist die Frage:
„Lieben Sie Deutschland?“
Da werden manche Politiker ins Stottern kommen, andere grün anlaufen oder zornesrot werden.
Aber die Antwort ist einfach: „Ja“ oder „Nein“.

Johann Thiel
30 Tage her

Ganz hilfreich wäre es, Begriffe wie „Wahlprüfsteine“ am Anfang eines Artikels zu klären und nicht erst am Ende. Letztlich brauchen sich die Verbandsfritzen die nicht am Lobby-Bingo teilnehmen dürfen gar nicht zu beklagen, soll‘n sie doch die Parteiprogramme lesen. Dieser ganze Verbands- und Parteienfilz ist wesentlicher Teil des Problems unserer Republik. Keiner hilft den Parteien mehr sich den Staat zur Beute zu machen als die Verbände. „Wahlprüfsteine“, ich glaub‘ es hackt.

Niklot
1 Monat her

Die Wähler der Kartellparteien werden dieses Verhalten wieder mit 80 % der Stimmen honorieren.

Eberhard
1 Monat her

Sollen sie nur so weiter machen. Sie schaufeln sich damit ihr eigenes Grab. Nur eine dynamische Welt, die wirklich alle Für und Wider erfasst und berücksichtigt, bringt dauernden Fortschritt. Das ist in der Natur so, eben auch in der Politik und ihren Gesellschaften. Ausschließen funktioniert eben nicht auf Dauer. Wo dort kein gemeinsamer Nenner mehr gefunden, zehrt die verursachte Spaltung auf allen Seiten. Wer ausgrenzt, macht die Positionen der Ausgegrenzten nur immer bekannter und damit steigt die Zustimmung für diese. Wenn sich dann in der Zukunft noch ergibt, dass die Berücksichtigung bestimmter und bekämpfte Positionen schwere politische und wirtschaftliche Fehler… Mehr

Klaus Uhltzscht
1 Monat her

Ich habe bis heute nicht gewußt, daß es sowas wie Wahlprüfsteine überhaupt gibt. Aber ich habe ich wohl nichts verpaßt. Hand aufs Herz – welcher Unternehmer macht irgendeine Entscheidung von solcherlei kindischer Demokratiesimulation abhängig? Als Fördergeldempfänger oder staatliche NGO kann man sowas ja machen. Ganz einfach als Werbung, daß der eigene Name bei den staatlichen Organen nicht vergessen wird, wenn die Beute aus den Steuereinnahmen aufgeteilt wird.

murphy
1 Monat her

Es wird sich zeigen wie Informationmauern der Altparteien gegen ihre Wähler wirken. Ich finde, wenn eine Blockpartei nichts zu sagen hat, sollte sie das auch den Mund halten.

Last edited 1 Monat her by murphy
Okko tom Brok
1 Monat her

Bei Wirtschaftsbossen würde man eine “Kartellbildung” prüfen. Müsste ein Verfassungsschutz nicht auch eine Art “Kartellamt” für Parteien sein?

Nixverstehen
30 Tage her
Antworten an  Okko tom Brok

Müsste der Wähler selbst nicht entscheiden können, dass eine Kartellbildung ihm nicht zugute kommt?

bfwied
1 Monat her

Was für eine Bananenrepublik! Was für ein rasanter Niedergang, nicht nur der Wirtschaft etc., sondern auch des angeblich demokratischen Rechtsstaates. Was für eine Farce! Aber die Deutschen schlafen, „ich kann doch nicht …., die sind doch …!“ Ich wette, die SPD erhält über 20 %, die Grünen mind. 15 %, die CDU 35 %, die AfD 10 %. Das war’s dann mit D. Runter geht es nach der physikalischen Formel der Fallgeschwindigkeit, und hier ist nicht einmal das bremsende Moment wirksam. Aber rauf zur Spitze, das ist sehr, sehr mühsam und benötigt viel Kraft bzw. Leistung. Grüne können runter(-„schubsen“), durch… Mehr

Egozentrik
1 Monat her

Diese undemokratischen Absprachen sind es, die die Menschen – zumindest die (nach)denkenden – an unserer und damit überhaupt an der Demokratie zweifeln lässt! Und wenn dann sogar diejenigen, die sich demokratisch verhalten wollen und sogar sich wehren gegen diese Absprachen, die das menschliche und ethische Verhalten auf den Kopf stellen, als undemokratisch und faschistisch bezeichnet werden, ist unseren Politikern, den Mainstreammedien, aber vor allem unserer Justiz der menschliche Kompass verrutscht. Und hier liegt die besondere Krux unseres Systems: Die fehlende Gewaltenteilung! Indem die Staatsanwaltschaften weisungsgebunden gegenüber den Politikern sind, kann jede Anzeige (zum Beispiel die auf Grund des Artikels 26… Mehr