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Ostbeauftragter Wanderwitz stigmatisiert Ostdeutsche – und schadet seiner CDU

Der CDU droht ein Wahldebakel in Sachsen-Anhalt. Ausgerechnet jetzt behauptet Marco Wanderwitz, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, wesentliche Teile der Ostdeutschen seien nicht in der Demokratie angekommen. Womöglich ist die Kanzlerin mit solcher Wahlhilfe für die AfD durchaus zufrieden.

Marco Wanderwitz

imago images / Christian Spicker

Ausgerechnet in einem West-Medium wie der nach links abgedrifteten FAZ stigmatisiert der Ostbeauftragte, Marco Wanderwitz, in einem Podcast pauschal zehntausende Ostdeutsche als notorisch rechtsradikal und undemokratisch, weil sie eine Partei wie die Alternative für Deutschland wählen, die Teil der parlamentarischen Demokratie geworden ist: demokratisch in alle Landesparlamente, den Bundestag und die meisten Kommunalvertretungen gewählt. Die weitere Existenz und wieder erlangte Regierungsmacht der SED-Erben in Form der Linkspartei sind für Merkels CDU-Agitator hingegen kein Problem mehr.

Marco Wanderwitz wörtlich: „Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.“ Nur ein geringer Teil der AfD-Wähler sei „potentiell rückholbar“, urteilt der Ostbeauftragte radikal in seinem Podcast. Man könne darum nur „auf die nächste Generation“ hoffen: „Ja, ich habe das auch viele Jahre versucht, mir das schönzureden, bin aber mittlerweile soweit, dass ich das nicht mehr tue.“

Wanderwitz mag eigenständiges Denken und Handeln nicht tolerieren, weil seine Merkel-CDU, aber auch die CSU unter starken Wählerverlusten und historisch niedrigsten Wahlergebnissen leidet. Wer in einem sinkenden Kanonen-Boot sitzt, feuert jetzt noch einmal alle Geschütze auf vermeintliche Gegner ab. Die Ossis seien auch nach 30 Jahren eben nicht in der Demokratie angekommen. Kurz: „Alles Nazi, außer Mutti“.

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Wanderwitz erregt sich noch mehr: „Diese Menschen sind nicht durch gute Arbeit von Regierungen zurückzugewinnen. Leider.“ Mit „guter Arbeit“? Soso. Also mit Impfchaos, unsinnigen Corona-Vorschriften und überharten Strafen, ungezügelter Asyleinwanderung auf Kosten des Sozialsystems hart arbeitender Menschen und offener Juden-Feindlichkeit auf deutschen Straßen.

Was für verletzende und realitätsferne Wanderwitz-Urteile. Die Leute haben sich gefälligst in der Merkel-Demokratie wohlzufühlen, und dürfen dagegen nicht protestieren – schon gar nicht bei Wahlen.

Deswegen betone Wanderwitz gerne immer wieder, „dass in den neuen Ländern die Neigung, eine rechtsradikale Partei zu wählen, offensichtlich leider ausgeprägter ist als in den alten Bundesländern.“ Die AfD ist pauschal gleich rechtsradikal – so wird heute stigmatisiert und verleumdet. Dass Ostdeutsche selbst 30 Jahre nach dem Mauerfall auch linksradikale Gruppierungen wie die heutige Linkspartei alias PDS alias SED wählen, lässt Wanderwitz gleich ganz unter den Tisch fallen.

Selbstverständlich auch die Tatsache, dass seine Kanzlerin Angela Merkel seit 2010 mit ihrer Politik der alternativlos ausgereichten Euro-Milliarden an Griechenland sowie die grenzenlose und unkontrollierte Asyleinwanderung von Millionen Flüchtlingen aus dem Nahen Osten und Afrika nach Deutschland und Europa die AfD politisch erst gegründet hat. Zuvor waren konservative Flügel noch anerkannte Teile von CDU, CSU, FDP und SPD. Doch diese Mitglieder und Wähler wurden durch Merkels Politik vertrieben. Viele solcher Politik-Flüchtlinge fanden so in der AfD eine neue politische Heimat. Eine Partei, die bis 2010 nicht möglich war.

Davon will Wanderwitz natürlich nichts mehr wissen. Das FAZ-Gespräch endet gar mit seiner agitatorischen Feststellung, dass die „Brandmauer steht“: Wenn je nach Bundesland 70 oder 80 Prozent der Menschen sagten, sie würden unter keinen Umständen die AfD wählen. Jawohl Bürger Wanderwitz, die Nationale Front unter Führung der SED und die willige Rolle Ihrer Blockpartei CDU dürften Sie noch gut kennen. Es war eben nicht alles schlecht, schlecht in der DDR – Achtung Satire!

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Zurück zur CDU-Gegenwart: Wer wie Wanderwitz eine Woche vor einer Landtagswahl mögliche CDU-Wähler stigmatisiert, kann nur wollen, dass die Union einen wichtigen Stimmungstest vor der Bundestagswahl verliert. Nur so kann die AfD, wie eine INSA-Umfrage voraussagt, stärkste Kraft werden. Denn was für ein dummes Zeug – Ostdeutsche per se als potenziell rechtsradikal abzustempeln. Dabei sind vor allem viele Protest-Wähler hochgebildet. Gerade Ostdeutsche informieren sich im Netz durch neue Medien jenseits regierungsnaher Zentralorgane und bilden sich durch Abwägen wie früher eine eigene und nicht staatlich verordnete Meinung.

In den alten Bundesländern hingegen kennen viele Bürger nur ihr West-Fernsehen, was heute eigentlich wie Ost-Fernsehen ist. Sie glauben mehrheitlich dem Staatsfunk. Im Osten tut man es aus schlimmer Erfahrung und gutem Grund dagegen nicht.

Wanderwitz setzt insofern auf eine alte marxistisch-leninistische Taktik: Die Staatsführung muss nur ein Feindbild pflegen, einen Klassengegner anprangern, um von den eigenen Fehlern und Mangelzuständen abzulenken.

Doch ob Wanderwitz davon profitiert, ist zweifelhaft: Womöglich wurde er nach seinen jüngsten Verbalangriffen zum letzten Mal in seinem Wahlkreis Chemnitzer Umland-Erzgebirgskreis II gewählt. Schon bei der Bundestagswahl 2017 holte Merkels linke Hand in der CDU-Hochburg Sachsen lediglich 35,1 Prozent. Die AfD erzielte damals bereits 26,6 Prozent. Jetzt haben die Wähler dort von Wanderwitz persönlich noch eine Entscheidungshilfe bekommen.

Quelle: Statista

Wer hat hier ein gefährliches Demokratieverständnis?

Schon die Führungsspitze von Angelas Merkels befreundeter Partei „Die Grünen“ demonstrierte vor ostdeutschen Wahlen ein gefährliches Demokratieverständnis. Via Twitter wollte Grünen-Chef Robert Habeck vor der Landtagswahl „alles machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird“. 30 Jahre nach dem Mauerfall war Thüringen für den Spitzen-Grünen offenbar noch kein demokratisches Land. Habeck kann jetzt jedoch zufrieden sein. Die SED-Erben regieren mit seinen Grünen und der Rest-SPD unterstützt durch Merkels CDU im Block gegen AfD und FDP das Land in der Mitte Deutschlands. Immerhin hatte die Kanzlerin aus dem Ausland mehr oder weniger angeordnet, dass die demokratische Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten im Februar 2020 mit Hilfe von AfD-Stimmen „unverzeihlich“ sei, und deshalb „auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden“ müsse.

Nach Grünen-Chef Robert Habeck nun also Merkels Ost-Beauftragter und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Marco Wanderwitz. Der 45-jährige CDU-Politiker wurde 1975 im damaligen Karl-Marx-Stadt, seit 1990 wieder Chemnitz, geboren, und trat nach einem Jura-Studium erst 1998 in die CDU ein – also in die Partei, die dann jahrzehntelang Angela Merkel beherrschte. Der Kanzler der Deutschen Einheit, Helmut Kohl, wurde kurz darauf von der CDU-Generalsekretärin Merkel bereits öffentlich abgeurteilt.

War die Wanderwitz-Attacke auf Protestwähler ein Zufall?

Wohl kaum. CDU-Kreise vermuten sogar eiskalte Berechnung. Sie beobachten ohnehin schon seit diesem Jahr, dass Kanzlerin Angela Merkel ihrer Partei bei den laufenden Wahlen von Landtagen und Bundestag gar keinen Erfolg mehr wünsche. Aus ihrer Sicht gebe es kein Abonnement für die Union aufs Kanzleramt, hat sie sogar in die Fernsehkamera bei Anne Will gesagt. Sie wolle wohl lieber eine Grüne wie Annalena Baerbock und nicht ihren CDU-Chef Armin Laschet als Nachfolger, vermutet manch einer in der Union. Insofern finden CDU-Kreise, sei es wohl kaum ein Zufall, dass ausgerechnet Merkels linke Hand als Ostbeauftragter jetzt potenzielle CDU-Wähler als unbelehrbare Rechtsradikale stigmatisiere. Entweder sei Wanderwitz „hummeldumm“, was kaum der Fall sein dürfe, oder sehr direkt für Merkels Interessen unterwegs. Dafür spreche die pauschale Attacke auf Ost-Wähler in einem West-Medium wie der FAZ eine Woche vor einer wichtigen Stimmungswahl wie in Sachsen-Anhalt.

Die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld hat auf ihrem Blog bereits im April aus Erlebnissen ihrer persönlichen Gespräche mit Merkel und Spitzen-Grünen darauf hingewiesen: „Merkel will keinen CDU-Wahlsieg – Ich kenne sie seit 1990“.

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So betrachtet scheint die unwürdige Wähler-Attacke des Marco Wanderwitz kein Zufall zu sein. Schließlich hat Merkels Ostbeauftragter zusätzlich zweifelnde und unentschlossene CDU-Wähler zunächst in Sachsen-Anhalt aufgefordert, jetzt erst recht aus Protest die AfD als Alternative zur Union zu wählen. Später könnten sie dies dann auch noch in Berlin, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern oder zur Bundestagswahl tun. So wirkt ein Interview des Merkel-Mannes so richtig kollateral für die Union.

Es ist ja auch nicht sein erster Ausfall gegen die eigene Klientel. Schon die demokratische Wahl des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, zum Thüringer CDU-Direktkandidaten für den Bundestag torpedierte Wanderwitz mit der Empfehlung an die Wähler: „Ich würde Herrn Maaßen nicht in ein Parlament wählen.“ Sachsens konservative Werteunion und selbst ein Vorstandsmitglied der Jungen Union warfen Wanderwitz sogleich „parteischädigendes Verhalten“ vor. Vielleicht erfüllt Wanderwitz hier ebenso nur einen Auftrag aus dem Kanzleramt, vermuten Insider.

Es sei schließlich kein Zufall, dass Wanderwitz von Kanzlerin Merkel im Februar 2020 zum Ostbeauftragten ernannt wurde. Sein CDU-Vorgänger Christian Hirte hatte es gewagt, dem demokratisch gewählten Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) als „Kandidaten der Mitte“ zu seiner Wahl zu gratulieren. Hirte musste nach dem Merkel-Diktat aus dem Ausland über den „unverzeihlichen“ Wahlakt umgehend auf „Anregung der Kanzlerin“ zurücktreten. Ein williger Wanderwitz folgt als Ostbeauftragter, der mit seinem Interview nun einen regelrechten Proteststurm ausgelöst hat.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak rudert bereits gewaltig zurück. Er könne verstehen, wenn Ostdeutsche verärgert seien: „Ich glaube, dass gerade auch im Osten viele allergisch reagieren, wenn so pauschal geurteilt wird.“ Und es sei richtig, „dass die Menschen auch aufgrund ihrer Erfahrungen in der DDR kritischer sind, wenn Entscheidungen getroffen werden durch die Politik.“

Im Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks ist die Entrüstung unter Radio-Hörern von MDR-Aktuell besonders groß, die auf einer Servicenummer mehrheitlich ihre Empörung aufs Band sprechen können. MDR-Moderatorin Kornelia Kirchner bittet zwischen acht und neun Uhr regelrecht: „Wenn Sie Herrn Wanderwitz recht geben wollen, können Sie anrufen unter…“ oder „Sind Sie der Meinung, dass der Ostbeauftragte recht hat? “ So etwas passiert im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer dann, wenn nicht sein soll, was nicht sein darf. Eine öffentliche Wut-Welle hat die MDR-Funker offenbar ebenso voll erwischt wie die CDU von Marco Wanderwitz.

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