Wie deutsche Medien den Starship-Flug als Misserfolg runterschreiben

Verkehrte Welt: Wer nur die deutsche Medien konsumiert, musste in dem Glauben bleiben, dass auch der jüngste und dritte Start der bisher größten Rakete der Welt scheiterte. Dabei war so viel Wumms wie noch nie im Spiel.

IMAGO / UPI Photo
SpaceX startet am Donnerstag, den 14. März 2024, seinen dritten Flugtest des Starship

Die größte und schwerste Rakete, die je gebaut wurde, hob am vergangenen Donnerstag ab. Ein Koloss aus 5000 Tonnen Eisen, Aluminium und vor allem Methan und flüssigem Sauerstoff als Treibstoff schoben sich langsam in den Himmel – in eindrucksvollen Großaufnahmen deutlich zu sehen. Die neue Riesenrakete Starship des Weltraumunternehmens SpaceX startete vom Launch Complex 1 auf der Starbase in Boca Chica, Texas, USA – erfolgreich.

Sogar bei der Übertragung eines Baseballspiels der New York Mets zeigten die Sportkameras den Vorbeiflug mit dem langen glühenden Schweif aus dem Raketenmotor, und die Moderatoren bewunderten während des Spiels den Raketenstart.

— Teslaconomics (@Teslaconomics) March 14, 2024

Das von seinem Volumen her von vielen ehrfürchtig als „Monster“ bezeichnete Starship startete, die Trennung der Stufen funktionierte einwandfrei, sie flog über den Atlantik über Südafrika um den halben Erdball über den Indischen Ozean. Geklappt hatte auch die Betankung verschiedener Tanks in der Rakete in der Schwerelosigkeit. Die erste Stufe flog aus 60 Kilometer Höhe wieder zurück, konnte allerdings bei etwa 900 Metern über dem Meeresspiegel nicht mehr weiter abbremsen, weil dafür kein Treibstoff mehr da war.

Die zweite Stufe erreichte den Scheitelpunkt der Flugbahn bei 150 Kilometern Höhe. Der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre über dem Indischen Ozean funktionierte zunächst auch, doch dann konnte die Steuerung das Raumschiff nicht mehr richtig stabilisieren. Die Rakete wurde dann offenbar zerstört.

Dieser Testflug darf tatsächlich als ein Meilenstein angesehen werden. Solche Tests kann man ähnlich wie Crashtests bei der Automobilentwicklung nicht im Labor nachbauen oder gar simulieren, man muss ausprobieren und sehen, was daraus gelernt werden kann. SpaceX-Chef Elon Musk hat schließlich die Parole ausgegeben: learning by doing. Vorgesehen war nicht, beide Stufen zurückzuholen. Das Entscheidende für die Entwickler: Sämtliche Telemetriedaten konnten empfangen und aufgezeichnet werden – wichtigste Grundlage für die weiteren Entwicklungsarbeiten. Sie sind übrigens für jedermann online zu sehen.

Ein Trick von Weltraumunternehmer Musk ist die Verwendung von vielen einzelnen Motoren. Wurden frühere Raketen von einem gewaltigen Triebwerk angetrieben, so sitzen am Boden von Starship 33 einzelne Raptor-Motoren. Die müssen nicht mehr mit einer solch hohen und damit sehr teuren Ausfallsicherheit gebaut werden wie ein einzelnes Triebwerk. Fallen einige in der kritischsten Phase des Fluges, dem Start, aus, übernehmen die restlichen.

Die 33 Motoren sind ringförmig angeordnet; die Inneren sind schwenkbar und können den gewaltigen Raketenkörper ausbalancieren und steuern. In Sachen Energiebilanz sollte man allerdings nicht zu pingelig sein: Bei dem Gesamtgewicht von rund 5000 Tonnen gibt es lediglich eine Nutzlast von 100 Tonnen. Raumfahrt ist ein extrem energieintensives Geschäft.

Bisher wurden Raketen mit einer Verbrennung von flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff angetrieben. Eine Kombination, die einen der höchsten spezifischen Impulse liefert, also den höchsten Wumms. Doch die Ingenieure von SpaceX benutzen flüssiges Methan, das mit flüssigem Sauerstoff in den Motoren verbrannt wurde. Denn Elon Musk will bekanntlich andere Planeten besiedeln können und hat vor allem deshalb seine Weltraumfirma gegründet.

Schon bald soll ein bemannter Raumflug zum Mars starten. Auf unserem Nachbarplaneten soll dann Methan als Treibstoff für den Rückflug hergestellt werden können. Der Flug jedenfalls verlangt nach nervenstarken Raumfahrern; misslingt die Produktion von Methan mithilfe der Elektrolyse von Wassereis, das es in ausreichender Menge auf dem Mars gibt, stünde nicht mehr genügend Treibstoff zur Verfügung. Der vom Sauerstoff abgespaltene Wasserstoff soll dann mit dem Kohlendioxid in der Atmosphäre des Mars zu Methan umgewandelt werden. Die notwendige Energie soll ein Solarkraftwerk liefern.

Auf die Medien ist man nicht mehr angewiesen, um das bisher einzigartige Experiment zu verfolgen. Der gesamte Flug konnte sehr gut in Echtzeit verfolgt werden, er wurde über die Starlink-Satelliten gestreamt. Die gehören praktischerweise auch Elon Musk. Sogar die kritische Wiedereintrittsphase in die Erdatmosphäre mit der bläulichen Verfärbung des Plasmas war zu sehen. Dabei wurde bei bisherigen Landungen von Raumschiffen aufgrund der Ionisierung der Luft die Übertragung von Funkwellen blockiert.

Nur ARD, ZDF, ntv, Bild und die anderen Medien müssen etwas komplett anderes oder durch ihre politisch gefärbte Filterbrille gesehen haben, demnach Musk bei gar nichts mehr Erfolg haben oder Recht behalten darf. Sie bezeichneten den Starship-Flug als Misserfolg.

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