Steinmeier ist selbst nicht ganz ehrlich – leider

Ja, es wäre nicht zu spät, um uns in der „Flüchtlingspolitik” „ehrlich zu machen“. Doch Frank-Walter Steinmeier wagte es nicht, dies selbst konsequent zu tun.

© Sean Gallup/Getty Images

Der Bundespräsident wurde am Tag der Deutschen Einheit beim Thema Flucht und Migration sehr deutlich. „Wir müssen uns ehrlich machen“, forderte er. Und er tat es auch – jedenfalls bedingt.

Ehrlich war Frank-Walter Steinmeier, als er eine Unterscheidung forderte zwischen politisch Verfolgten und denen, die aus wirtschaftlicher Not zu uns kommen. Ehrlich war er auch, als er eine Klärung verlangte, „welche und wie viel Zuwanderung wir wollen, vielleicht sogar brauchen.“

Ehrlich war Steinmeier auch bei seinen Forderungen an Flüchtlinge und Zuwanderer. Sie müssen nach Ansicht des Staatsoberhaupts „unsere Sprache lernen“, unsere Verfassung ebenso akzeptieren wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
An die aus Osteuropa, Afrika oder den muslimisch geprägten Regionen zu uns Kommenden hatte er noch eine spezielle Forderung: „Zum Deutsch-Werden gehört, unsere Geschichte anzuerkennen und anzunehmen.“

So sprach der Präsident. Es war die abgehobene Sprache eines Staatsoberhaupts, das sich nicht in parteipolitische Grabenkämpfe begeben will und soll. Es war aber auch – deutlicher formuliert – das bei dem Ex-Außenminister Steinmeier gewohnte diplomatische Geschwurbel.

Versuchen wir also zu übersetzen, was der Bundespräsident gesagt hat:

  • Unterscheidung zwischen Asylbewerbern und „Wirtschaftsflüchtlingen” „zurückzugewinnen“ bedeutet nicht weniger als zurück zu einer Asylpolitik nach Recht und Gesetz.
  • Seine Integrations-Forderungen sind im Grunde der Ruf nach einer deutschen Leitkultur, weil die Verfassung als Leitlinie allein nicht ausreicht. Die Pflicht, „unsere Geschichte anzuerkennen und anzunehmen“ steht nämlich nicht im Grundgesetz.

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Ja, es wäre nicht zu spät, um uns in der „Flüchtlingspolitik” „ehrlich zu machen“. Doch Frank-Walter Steinmeier wagte es nicht, dies selbst konsequent zu tun. Sonst hätte er, der während der „Flüchtlingskrise” und des staatlichen Kontrollverlusts Außenminister war, hinzufügen müssen, dass die Bundesregierung damals schwere Fehler gemacht hat. Er hätte auch deutlich werden müssen „wie viel Zuwanderung“ denn seiner Meinung nach nötig und möglich ist. Schließlich hätte das Staatsoberhaupt sagen müssen, was mit den Zuwanderern geschieht, die seinen Integrations-Kriterien nicht gerecht werden oder bewusst dagegen verstoßen.

Werden antisemitische Zuwanderer, die den Holocaust leugnen, des Landes verwiesen? Und was geschieht mit muslimischen Ehemännern und Vätern, die ihren Frauen und Töchtern elementare Menschenrechte verweigern? Auf all das bleibt der Präsident eine Antwort schuldig.

Mit Sicherheit hat es vielen Mitgliedern der „Refugees are welcome here“-Fraktion nicht gefallen, was Steinmeier in seiner Einheitsrede gefordert hat. Aber wer als moralische Instanz an der Spitze des Staates ein ganzes Land auffordert, sich ehrlich zu machen, müsste selbst mit gutem Beispiel vorangehen – mit umfassender Ehrlichkeit.

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Kommentare ( 20 )

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Henryke
7 Jahre her

Viel Glück bei der Suche in diesem vom Irrsinn verwalteten Lande;-)

Talleyrand
7 Jahre her
Antworten an  Henryke

Danke. Irrsinn ist auch Sinn.

T.Chemnitzer
7 Jahre her

Ich meine, Steinmeier wurde BP, weil er bei Trump im Weißen Haus keinen Zutritt mehr erhält (vorlautes Mundwerk „Hassprediger“). Trump mag sich denken, wer ist schon dieser Kanzleichef von Schröder? Gabriel bekam Steinmeiers Außenamt, weil beide auf eine 2.GroKo hofften. Beide konnten nicht wissen, dass Schulz der-
art baden ging. Ich glaube, dass die 20,5 SPD-Prozente ein Zählfehler sind.Niem- and wollte die alte Tante SPD mit unter 20% gedemütigt sehen.

treu
7 Jahre her

Völlig richtig, aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß Sie so etwas von irgendeinem Vertreter des aktuellen Parteiherrschaftssystem hören werden! Geschweige denn von einem in dieser Position. Der „Dienst am Vaterland“ ist diesen Leuten, die dasselbe am liebsten so schnell wie möglich abschaffen und in den EU-Beamtenmoloch aufgehen lassen würden, nicht nur suspekt, sondern völlig fremd.

Ralf Schweizer
7 Jahre her

Warum sollte denn einer, der bereits als Aussenminister eine groteske Fehlbesetzung war, jetzt im neuen Gewand auf einmal zu grosser Form auflaufen? Nach Roman Herzog wurde dieses Amt doch nur noch als Sammelstelle für regierungsunkritische Versager ad absurdum geführt.

Poco100
7 Jahre her

Onkel Steinmeier, der toppt sogar noch Wulf und Gauck zusammen. Ernst nehmen kann man ihn ebenso wie andere eh nicht (mehr).
Hauptsache er hat seinen Willen: nämlich Präsident spielen. Muß er ja andererseits auch jetzt, denn als AM oder von diesem Amt mußte er ja nach der Trump Wahl sozusagen „über Nacht“ reisaus nehmen….

Michel Rieke
7 Jahre her

Netter Versuch, aber Sie werden ihren Riesling weiter selbst bezahlen müssen. Aber für Empfehlungen für guten Riesling bin ich immer offen. Zum Wohl!

Thomas
7 Jahre her

Es ist der Rapper.

Jaco Sandberg
7 Jahre her

Das ist nutzlos, weil das den Kern des Islam berührt. Warum ist das so unverständlich? Der Islam ist im Grunde eine Ideologie wie der Faschismus. Es gibt zwar auch spirituelle Teile, aber diese Ideologie greift sehr stark in das reale Leben ein. Und diese Ideologie ist NICHT reformierbar, da das Wort eines Gottes absolut ist.

Mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen.

Bundeswahrsager
7 Jahre her

Jetzt aber mal ehrlich…einzig und allein das „Steini-Girl“ hatte diesen Mann voll verstanden. Damals.
Bei dieser Nummer kamen mir bereits 2009 erste Gedanken zum Thema „Flucht“.
Leider.
https://www.youtube.com/watch?v=kfIBc5PG3LI

T. Pohl
7 Jahre her

Ja, es wäre nicht zu spät, um uns in der „Flüchtlingspolitik” „ehrlich zu machen“. Doch Frank-Walter Steinmeier wagte es nicht, dies selbst
konsequent zu tun.

Ja, es scheint als hätte ihn eine unerklärliche Amnesie befallen (Rede zum 3.10). Da stellt sich nur die Frage ist das schlimmer, als seine ehemalige Regierungschefin, die nach eigener Aussage gar nicht „wüsste was sie hätte besser machen können ? Sie hat es ja genau durchdacht!“. Es fällt da einfach schwer zu entscheiden welche(r) von beiden realitätsfremder ist.