In der Flüchtlingsfrage sind viele Medien parteiisch – was sonst?

Nach Köln ist vor Köln: Die Ereignisse der Silvesternacht haben offenbart, wie verzerrt das mediale Bild von Zuwanderung und Integration ist. Das hat manchen Medienmacher nachdenklich gemacht. Doch nach dem Erschrecken über das kollektive Versagen der überregionalen Medien ist inzwischen fast wieder der Alltag eingekehrt.

Der Medien gesammeltes Schweigen in den Tagen nach der Kölner Silvesternacht hat eine Diskussion entfacht, die so vor einem Jahr – von Pegida-Schreihälsen einmal abgesehen – niemanden interessierte: nämlich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit unserer Medien. Dass wir eine vielfältige, pluralistische Medienlandschaft haben, ist unbestritten. Doch immer mehr Menschen fragen sich, ob die Medien beim Thema Flüchtlinge weniger neutrale Beobachter als Partei sind?

Die pauschale Verurteilung aller Medien als „Lügenpresse“ ist in diesem Zusammenhang ebenso absurd wie demagogisch. Dass die Medien ganz bewusst Falsches verbreiten, gar noch auf Anordnung der Obrigkeit, ist purer Unsinn. So etwas entspringt allenfalls den Hirnen von Verschwörungstheoretikern. Natürlich wird bisweilen falsch berichtet, aber eher fahrlässig und nicht vorsätzlich. Eine ganz andere Frage ist, ob die Berichterstattung und Kommentierung nicht per se flüchtlingsfreundlich ist und ob nicht bestimmte Ereignisse kaum oder gar nicht erwähnt werden, um das Klima der „Willkommenskultur“ nicht zu gefährden. Das wäre freilich ein Verstoß gegen den Informationsauftrag der Medien im Allgemeinen und der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Besonderen.

Hier einige Beobachtungen und Thesen zur Glaubwürdigkeit der Medien:

Der Meinungsjournalismus dominiert die „Nachrichten“: Ja, es war einmal – da wurden Nachrichten und Kommentare noch säuberlich getrennt. Der Leser konnte sich informieren und dank der gelieferten Fakten zu einem anderen Ergebnis kommen als der Kommentator. Tempi passati. Längst vermischen fast alle Zeitungen munter Meinung und Nachricht. Schon die Schlagzeile ist häufig ein politisches Statement.

Im Fernsehen ist der Hinweis, jetzt komme der Kommentar, ein Witz. Die Damen und Herren Moderatoren ordnen das, was gezeigt wird, vorher und hinterher ein, kommentieren also pausenlos. Hat gar ein Interviewpartner nicht so geantwortet, wie erhofft, wird er erst verabschiedet und bekommt dann noch einen verbalen Tritt. Tagesthemen und heute journal sind keine Nachrichten- sondern Kommentar-Sendungen.

Der politische Standort der Journalisten schlägt sich in ihrer Arbeit nieder: Ehrliche Journalisten werden nicht abstreiten, dass ihre eigenen politischen Ansichten selbstverständlich ihre Arbeit beeinflussen. Das ist so lange kein Problem, als Nachrichten und Kommentare getrennt werden. Aber das war einmal – siehe oben.

Etwas anderes kommt hinzu. Die Journalisten sind in Bezug auf ihre politischen Präferenzen alles andere als repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Wenn die Mitglieder der Bundespressekonferenz einen Wahlbezirk bildeten, gäbe es eine klare rot-rot-grüne Mehrheit. Das zeigen auch alle Studien über den politischen Standort deutscher Journalisten: Zwei Drittel stufen sich selbst als „links von der Mitte“ ein. Dass das so ist, kann man täglich lesen, sehen und hören.

Im Zeichen der „Willkommenskultur“ werden die Risiken und Kosten der Zuwanderung weitgehend ausgeblendet: Man muss sich nur an den Medientenor des vergangenen Sommers erinnern. Die Flüchtlinge wurden allesamt als Bereicherung begrüßt, ihr Beitrag, das angeblich erstarrte und vergreiste Deutschland auf Trab zu bringen, euphorisch gefeiert, mit ihnen wurde selbstredend der Fachkräfte-Mangel beseitigt. Man musste ob all der Lobgesänge schon Angst haben, die Fluchtursachen in fernen Ländern könnten beseitigt werden. Wie brachte doch BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise den ungeregelten Zustrom so schön auf den positiven Punkt? Weise wörtlich: „Das ist eine gute Bereicherung unserer Arbeitswelt und unserer Gesellschaft, dass da nicht überall ältere graue Herren durch die Gegend laufen und langsam mit dem Auto auf der Autobahn rumfahren, sondern das wird eine lebendige Gesellschaft.“

Da fanden sich in den Medien nur noch wenige, diese Perspektive trüben zu wollen. Etwa durch Hinweis auf die hohen Kosten der Zuwanderung für Unterhalt, Verwaltung, Sicherheit und Bildung, auf objektive Grenzen der Integrationskraft einer Gesellschaft oder die Gefahr, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Zuwanderer bis zum Lebensende auf staatliche Transferleistungen angewiesen sein werde.

Auch Bilder sind Kommentare: Die Standard-Bebilderung von Nachrichten über die Flüchtlingskrise sind Familien mit kleinen Kindern, die den Betrachter aus großen braunen Kulleraugen hilfesuchend anschauen. Wie hartherzig muss man da sein, um kein Mitleid zu empfinden? In unserer vom Bild dominierten Medienwelt kommt die Mehrheit der Flüchtlinge allerdings nicht allzu oft vor: die jungen Männer, die 68 Prozent aller Zuwanderer ausmachen. Kein Wunder: Deren Anblick löst nicht so positive Assoziationen aus wie ein kleines Mädchen.

Angesprochen auf eine eigene, entsprechend bebilderte Moderation kam die NDR-Journalistin Anja Reschke am Montag bei „hart aber fair“ ins Schwimmen. „Ich nehme an, die Bilder waren aus der Woche, aus der Tagesschau“, stammelte sie. Und schloss ihre Verteidigungsrede mit den Worten: „Ich glaube nicht, dass da eine Absicht dahintersteckt.“ Wahrscheinlich ist ihr diese einseitige Bildauswahl schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie diese Art der Meinungsmache für ganz selbstverständlich hält.

In Bezug auf kriminelle Ausländer haben die Medien sich selbst einen Maulkorb verpasst: Natürlich kommen nicht in erster Linie Kriminelle aus Syrien, Afghanistan oder Marokko zu uns – aber es sind nicht wenige darunter. Und jeder von ihnen ist einer zu viel. Dass die Straftaten von erst kürzlich zu uns gekommenen oder schon länger hier lebenden Ausländern nur bedingt in den Zeitungen oder im Fernsehen auftauchen, hat einen einfachen Grund: Verleger und Journalisten haben sich selbst einen Maulkorb verpasst. So heißt es in der Richtlinie 12.1 des Pressekodex: „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.“

Das hat keine Regierung angeordnet, das ist kein Gesetz. Nein, das ist eine völlig freiwillige Verabredung von Verleger- und Journalistenverbänden, der Öffentlichkeit einen Teil der Wahrheit vorzuenthalten. Nicht alle Redaktionen halten sich daran, aber die meisten. Nicht mit zusammengebissenen Zähnen, sondern freiwillig und freudig, um einen Beitrag zum gutmenschlichen Miteinander zu leisten. Das ist eben angewandte MultiKulti-Ideologie.

Die Polizei passt sich den Medien an: Es ist nachvollziehbar, dass die Polizei den Medien nicht liefert, was diese gar nicht wissen und worüber sie nicht berichten wollen. Da wird dann geschönt, dass sich die Balken biegen: Täter haben keine Staatsangehörigkeit und keine Herkunft, Sexualdelikte werden als Körperverletzung gemeldet, Sinti und Roma werden zu Menschen mit häufig wechselndem Wohnsitz, kriminelle libanesische Clans zu Großfamilien und der Ehrenmord ist halt ein Mord wie viele andere. So bastelt man den Anschein einer heilen Welt – auf ausdrücklichen Wunsch der Medien.

Die einseitigen Pro-Flüchtlinge-Kampagnen hat die öffentliche Diskussion radikalisiert: Wenn fast jeder Zweite der Ansicht ist, man könne zum Thema Flüchtlinge nicht seine Meinung offen äußern, ist das Unsinn: Hier kann jeder sagen und schreiben, was er will. Nur: Wer sich kritisch zur Flüchtlingspolitik äußert, muss damit rechnen als Ausländerfeind, Hetzer oder Neonazi tituliert zu werden. Das gilt besonders für vom Mainstream abweichende Journalisten. Umfragen zeigen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung den Eindruck hat, ihre kritische Haltung zur Flüchtlingspolitik spiegle sich in den Medien nicht wieder. Dieses Ohnmachtsgefühl hat nicht wenige Menschen radikalisiert, was sich wiederum in hasserfüllten Beiträgen im Internet niederschlägt. Als Reaktion darauf veröffentlichen die meisten Medien online keine Leserkommentare mehr zum Thema Flüchtlinge. Was wiederum denen Auftrieb gibt, die behaupten, man dürfe hierzulande nicht sagen, was man denke.

Die Journalisten verstehen sich nicht als Beobachter sondern als Aktivisten: Natürlich wollen Journalisten Einfluss nehmen. Das legitime Mittel dazu ist der Kommentar. Doch die meisten Medienmacher verstehen sich nicht mehr nur als Beobachter und Kommentatoren; sie verstehen sich als politische Aktivisten, die schon durch die Auswahl der Nachrichten, ihre Gewichtung und auch durch entsprechende Kommentierung Einfluss nehmen, ja Politik machen wollen. Und das für einen guten Zweck: im Dienst und im Sinne der Willkommenskultur.

Das wird in vielen Redaktionen von oben gefördert. Natürlich nicht durch explizite Anordnung, sondern durch sanfte Führung. Es war ja kein Zufall, dass beispielweise über die widerlichen Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte ausführlich berichtet wird, über kriminelle Flüchtlinge, oder über ideologisch, ethnisch oder religiös begründete gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen so gut wie gar nicht. Wer das nicht glauben wollte, müsste das seit Köln wissen.

Nach Köln ist vor Köln: Die Ereignisse der Silvesternacht haben offenbart, wie verzerrt das mediale Bild von Zuwanderung und Integration ist. Das hat manchen Medienmacher nachdenklich gemacht. Doch nach dem Erschrecken über das kollektive Versagen der überregionalen Medien ist inzwischen fast wieder der Alltag eingekehrt. Nicht die völlig aus dem Ruder gelaufene Zuwanderung macht den meisten Meinungsmachern Sorge, sondern die dadurch erst möglich gewordene Stärkung der Rechtspopulisten und Rechtsradikalen. So bekämpfen die Medien eine Entwicklung, die sie indirekt selbst fördern. Die AfD sollte nicht so laut über die Medien schimpfen; sie sind ihre besten Wahlhelfer.

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