Beim Streit, ob in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden sollen oder nicht, stehen gut zwei Drittel der Unionsabgeordneten hinter Seehofer.
Vor einer Woche, vor der ersten Kanzlerin-Befragung im Bundestag, hatte es aus der SPD geheißen, für Angela Merkel werde diese Fragestunde zum „Doomsday“, dem „Tag des Jüngsten Gerichts“ oder „Tag der Rache“. Bekanntlich ging es dann ganz harmlos zu – ganz im Sinne einer schlagfertigen Regierungschefin.
Einem „Doomsday“ ähnelte dagegen die Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag. Das habe er in seinen 13 Jahren im Bundestag noch nicht erlebt, berichtete ein CDU-Abgeordneter nach der gut eineinhalbstündigen Aussprache. Die Botschaft der Abgeordneten sei eindeutig gewesen: „Wir haben von Merkels Alleingängen die Nase voll.“ Ein anderer sprach von einem „Ultimatum“ der Fraktion an die Adresse der Kanzlerin. Da Merkel keine gute Schauspielerin ist, konnte jeder im Fraktionssaal an ihrem Mienenspiel ablesen, dass ihr klar wurde, wie geschwächt sie inzwischen ist.
An Merkels „Flüchtlingspolitik” hat es seit 2015 immer wieder Kritik aus den eigenen Reihen gegeben. Doch wurde Merkels Position dadurch nie ernsthaft gefährdet. In der alten Fraktion hatte das Stimmungsbild bis zur Bundestagswahl 2017 so ausgesehen: ein Drittel unterstützte Merkels Kurs, ein Drittel war strikt dagegen, ein Drittel war zwar skeptisch oder ablehnend, stand aber aus machttaktischen Erwägungen zur Willlkommens-Politik der Kanzlerin. Das hat sich offenkundig geändert – auch unter dem Eindruck der schweren CDU-Verluste bei der Bundestagswahl und den anhaltend guten Umfragewerten für die AfD. Wäre es am Dienstag zu einer Abstimmung gekommen, hätte Merkel deutlich verloren.
Der Streit ist höchst gefährlich, weil keine Einigung denkbar ist, ohne dass entweder Merkel oder Seehofer schwer beschädigt werden würden. Ein Kompromiss zu Lasten der CSU ist aber kaum denkbar, weil die Bayern bei der Landtagswahl im Oktober nur dann eine Chance auf ein eindrucksvolles Ergebnis haben, wenn sie in der Flüchtlingspolitik endlich „liefern“. Der Zuspruch zur AfD in Bayern hat nämlich auch damit zu tun, dass die CSU Merkels Politik seit 2015 stets heftig kritisiert („Herrschaft des Unrechts“), sie letztlich aber immer mitgetragen hat. Das haben viele CSU-Wähler durch Wahlenthaltung oder Wechsel zur AfD bestraft.
Die CSU braucht mit Blick auf die bayerischen Wähler beim „Masterplan“ einen klaren, sichtbaren Erfolg; mit einem Formelkompromiss wäre ihr nicht geholfen. Sollte Merkel da – auch um den Preis ihrer eigenen Demütigung – nicht mitmachen, müsste die CSU aus der Großen Koalition ausscheiden. Eine „GroKo minus CSU“ wäre ohne parlamentarische Mehrheit, könnte aber vorerst weiterregieren. Die CSU wiederum würde dann versuchen, die Landtagswahl in Bayern zu einem Volksentscheid gegen Merkels-Flüchtlingspolitik zu machen. Das könnte der CSU bei den Bayern sogar die notwendigen Stimmen bringen, um die absolute Mehrheit der Sitze zu verteidigen.
Eines ist sicher: Für die CSU ist die kommende Landtagswahl die „Mutter aller Schlachten“, viel wichtiger als das Schicksal der GroKo in Berlin. Denn nur eine im eigenen Land sehr starke CSU kann weiterhin in Berlin eine wichtige Rolle spielen. Somit liegt der Ball in Angela Merkels Spielfeld. Sie will von ihrer Politik der offenen Grenzen auf keinen Fall abrücken. Sie will mit Rücksicht auf Europa keine nationale Lösung. Sie will die Zustimmung, die sie bei Wählern links von der Mitte und in gutmenschlichen Kreisen genießt, ebenso wenig verlieren wie die Option auf Schwarz-Grün.
Allerdings: Merkel hat in ihrer Karriere mehrfach bewiesen, dass sie zu abrupten Kurswechseln in der Lage ist. Beispielsweise spricht sie heute vom Mindestlohn, als hätte niemand dafür so gekämpft wie die CDU. Auch in der Flüchtlingspolitik hat sie seit 2015 gleich zwei Mal einen abrupten Kurswechsel vollzogen – von „wir können nicht alle aufnehmen“ über „wir schaffen das“ und zurück zu „wir können nicht alle aufnehmen“. Eine Konstante ist bei ihr aber unübersehbar: ihr politischer Überlebenswille. Oder besser: war bisher unübersehbar.
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Die CSU muss in erster Linie in Bayern stark sein, dazu wird sie auch Merkel fallen lassen. Das sie mit ihrer Politik GESCHEITERT ist, ist augenfällig. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es auch die CDU realisiert. Das wird spätestens bei den nächsten Wahlen passieren, wenn die CDU um die 30% bekommt und die AfD 20% + X einfährt. Die einstellige SPD erwähne ich genauso wenig, wie den Rohrkrepierer FDP…
Da war wohl die Hoffnung der Vater Ihrer Schlagzeile??!!
Die CSU kann nicht mehr als 40% in Bayern holen, auch nicht wenn sie aus der Koalition geht, denn das hiesse unsichere Zustände im Bund. Es wäre besser, wenn die CSU die „Taktik der tausend Nadelstiche“ anwenden würde. Will sagen, Konflikten nicht aus dem Weg gehen und damit Merkel als das aussehen lassen, was sie ist, die unbeliebteste Kanzlerin seit geraumer Zeit. Man muss auch weiter denken. Die Qualen für die CSU betreffen ein relativ kleines Feld, wenn auch ein wichtiges, aber nicht das Entscheidende. Wichtig ist m.E., dass sich die CSU erhält, vor allem ihre Optionen in der Bundesrepublik… Mehr
Sollte die CSU die absolute Mehrheit erreichen wird sie danach in Windeseile zu Merkel zurückkehren. Dann ist das Ziel der Postensicherung erreicht, um mehr geht es den Politikern doch nicht. Die haben ihre Richtung so oft geändert, die könnten als Ventilator an der Decke hängen. Wer Politikern irgendetwas, was sie vor der Wahl versprechen glaubt, der ist nicht nur naiv, der ist nicht lernfähig. Gebt ihnen wieder die Macht und sie werden euch wieder betrügen.
Politisches Überleben ist für Merkel der Normalzustand, schließlich wurde sie so geprägt in einem Staat in dem das politisch Überleben am besten durch kritiklose Akzeptanz der Vorgaben erreicht wurde. das jemand ihre Politik und ihre Person kritisieren, ja sogar ablehnen könnte, hat sie bis heute nicht für möglich gehalten, schließlich ist sie doch die Kanzlerin und dies ist für sie gleichzusetzen mit Staatratsvorsitzende. Also unantastbar. Demokratie interessiert sie nicht.
Die CDU wird in der Bedeutungslosigkeit versinken, (was mich persönlich nicht stören würde) wenn sie jetzt nicht handelt. Dies ist die letzte Chance.
Zwei Vorgänge sind der Lackmustest für Seehofers Glaubwürdigkeit:
Rücknahme der Grenzöffnung durch Ministerweisung (das könnte er ohne Parlamentszustimmung und ohne Merkels Zustimmung tun, der Hinweis auf geltendes Recht – Asylrecht, Genfer Konvention, Dublin III würden ausreichen, außerdem hat er ja sein Verfassungsrechtsgutachten) mit einem Telefonat / einer Email an den Chef der Bundespolizei Romann.
Auf Empfehlung Seehofers geschlossene Zustimmung der CSU zu dem von AfD und FDP beantragten Untersuchungsausschuß.
Wenn auch nur eines von diesen beiden nicht kommt, dann wissen wir, dass Seehofer uns hier wieder eine Scharade vorspielt, um Merkel an der Macht zu halten.
In der Tat sahen wir eine sehr schlagfertige Merkel….
Wenn Merkel aus ihrer Sicht alles richtig gemacht hat,verstehe ich nicht ,warum nun alles anders werden soll.Der Michelmama fehlt echt der Weitblick.
Solch einen Mist kann die doch keinem mehr verkaufen.
Ob Putin,Trump oder die EU Ostländer hat sie alle gegen sich aufgebracht.
Denke,in kurzer Zeit ist sie endlich weg vom Fenster.
ich habe mal auf die Website der Bayern-AfD geschaut. Na, das haut die Wurst nicht vom Teller. Wenn Gründe des Protestwählens wegfallen, dann wird die AfD nur ein mäßiges Ergebnis haben.
mal ne grundsäztliche frage..was soll eine neu entstandene partei machen außer gegen den verkorksten mainstream zu schwimmen. natürlich protestwähler,es könnte aber auch überzeugung der sachlage sein,schreibt niemand,komisch… es wird ja keine gelegenheit ausgelassen,um negatives über die afd zu schreiben ,dabei muß man wissen,wem die medien eigentlich gehören und wer das sagen in deutschland hat,bestimmt kein politiker. wenn ich höre das eine klatten 1 milliarde dividende bekommt,da weiß man wer hier steuer und wer nicht.das schlimme ist nur,dass der normale malocher viel zu wenig verdient und die exportüberschüsse immer größer werden,da zu wenig bimnnennachfrage. das ganze system ist ein etikettenschwindel per… Mehr
Eine grundsätzliche Wende in der Asylpolitik ist nur möglich, wenn Merkel als Kanzlerin und CDU-Vorsitzende abtritt und mit ihr die engste Kamarilla. Insofern wäre es zu befürworten, wenn beide Seiten auf Maximalpositionen beharrten und es endlich zum showdown käme. Vielleicht ist die CDU jetzt endlich reif dafür, sich aus dem Banne dieser verhängnisvollen Figur zu lösen.