Die grüne Linkspartei passt bestens zu den roten Linken

Neben CDU/CSU und SPD wirken die Grünen plötzlich frisch und unverbraucht. Da sie seit 14 Jahren im Bund nicht mehr regieren, genießen sie den Status, alles versprechen zu können und nichts liefern zu müssen.

ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images

Die Bäume der Grünen wachsen weiter in den Himmel. Jetzt zeigt auch das Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen (FGW) ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU/CSU und den Grünen an – zwischen einer stark an Zuspruch gewinnenden Öko-Partei und einer vor sich hin schrumpfenden Union. Bei der FGW liegt die Union mit 27 zu 26 Prozent knapp vor den Grünen. INSA hatte kürzlich einen ähnlich kleinen Vorsprung der CDU/CSU ermittelt (26 zu 25). Bei Forsa hatten die Grünen (27 %) dagegen knapp vorn gelegen (27 zu 26). Weit abgeschlagen folgen SPD und AfD mit jeweils 13 Prozent.

Man darf solche Momentaufnahmen nicht überbewerten. Die Grünen profitieren in Umfragen derzeit von ihrem starken Ergebnis bei der EU-Wahl, wo sie mit 20,5 Prozent ihr mit Abstand bestes Ergebnis auf Bundesebene erzielt haben. Wie immer nach Wahlen legt der Wahlsieger in Umfragen zu, weil viele Befragte unbedingt bei den Siegern sein wollen.

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Das Hoch der Grünen ist leicht erklärt. Weil ihr ureigenes Thema „Klimapolitik“ die Menschen aktuell mehr bewegt als illegale Zuwanderung, Bildungschancen oder Altersarmut, gewinnen sie an Sympathie und Zustimmung. Das hat weniger damit zu tun, dass Schüler freitags „streiken“ oder im Internet ein Video auf großen Zuspruch stößt, das wegen der Umweltpolitik die „Zerstörung der CDU“ propagiert – und die der SPD gleich mit. Umwelt ist das zentrale politische Thema, weil die Menschen den heißen, trockenen Sommer des vergangenen Jahres noch gut in Erinnerung haben und wegen der Temperaturen in diesem Frühjahr für die kommenden Monate ähnliches befürchten wie 2018: brütende Hitze, „verbrannte“ Rasenflächen in Parks wie in privaten Gärten, Hitze- und Dürreschäden in den Wäldern, ausgetrocknete Flüsse, Ernteausfälle, gesteigerte Waldbrandgefahr. Das alles schlägt sich auf dem Konto der Grünen nieder, und zwar unabhängig von ihren konkreten Lösungsvorschlägen. Hier zahlt sich eben aus, dass die Grünen seit Jahrzehnten auf „Klima, Klima, Klima“ setzen.

Die Grünen profitieren zugleich von den Fehlern und Schwierigkeiten der einst großen Parteien. Die Sozialdemokraten unterhalten das Publikum seit Jahren mit ihren innerparteilichen Kämpfen und Intrigen. Seit die SPD den unter Gerhard Schröder eingeschlagenen wirtschaftspolitischen Kurs verlassen hat und ständig versucht, die Linkspartei links zu überholen, hat die Partei außer ihrer großen Tradition nicht mehr viel zu bieten. Der CDU/CSU wird von den Wählern zwar durchaus die größte Wirtschaftskompetenz zugeschrieben. Doch das zählt in Zeiten von Vollbeschäftigung in den Augen der Wähler wenig. Zudem hat die CDU sich unter Angela Merkel „modernisiert“ und somit Platz gemacht für eine Partei rechts von ihr.

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Neben CDU/CSU und SPD wirken die Grünen plötzlich frisch und unverbraucht. Da sie seit 14 Jahren im Bund nicht mehr regieren, genießen sie den Status, alles versprechen zu können und nichts liefern zu müssen. Da zudem das politische Gedächtnis der meisten Menschen sehr kurz ist, erinnert sich bei den lauten Klagen der Grünen über soziale Verwerfungen kaum noch jemand daran, dass Hartz IV ein Gemeinschaftswerk von Rot-Grün war und die „Agenda 2010“ keineswegs von Gerhard Schröder im Alleingang durchgesetzt worden ist. So präsentieren sich die Grünen als politische Kraft, die mit tatsächlichen und vermeintlichen Fehlentwicklungen gar nichts zu tun hat.

Die Grünen stehen für die irreale Hoffnung, der weltweite Klimawandel ließe sich in Berlin stoppen. Fürs „Kleingedruckte“ interessieren sich die meisten Bürger nicht. Die Grünen haben zurzeit neben dem richtigen Thema auch die passenden Spitzenpolitiker. Gegenüber Robert Habeck und Annalena Baerbock sieht das politische Personal der Konkurrenz alt aus. Der in jeder Beziehung stets ungekämmt wirkende Habeck verzückt das Publikum mit ebenso wortreichen wie unkonkreten Statements. Daneben gibt die perfekt gestylte Baerbock die durchsetzungsstarke Powerfrau. Wobei beide von den öffentlich-rechtlichen Sendern und einem Teil der Printmedien längst zu Heilsbringern verklärt worden sind. Seit den Zeiten von Willy Brandt sind keine Politiker von den Medien so gehätschelt, gefördert und nahezu kritiklos begleitet worden wie das grüne Paar Habeck-Baerbock.

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Die Grünen taten und tun viel, um sich als bürgerliche Partei zu präsentieren. Die harten Flügelkämpfe zwischen „Fundis“ und „Realos“ sind Vergangenheit. In Baden-Württemberg und Hessen regieren sie zusammen mit der CDU. Doch kamen Grün-Schwarz in Stuttgart und Schwarz-Grün in Wiesbaden nur zustande, weil den Grünen angesichts der Schwäche der SPD eine linke Alternative nicht zur Verfügung stand. Denn im Kern sind die Grünen eben kein bürgerlicher Öko-Verein, sondern eine linke Umverteilungs- und Verbotspartei, garniert mit Gender-Gaga. Der nette Herr Habeck macht aus seiner Vorliebe für Enteignungen, höhere Steuern, der Wiedereinführung der Vermögensteuer und einer Grundsicherung, die den Empfängern frei stellt, ob sie arbeiten wollen oder nicht, keinen Hehl. Doch verpackt er das gerne in verschwurbelte Schachtelsätze, wo dem Ja stets ein Aber folgt, so dass sich jeder herauslesen kann, was er will.

Dass die Grünen keine bürgerliche Partei sind, demonstrieren sie gerade in Bremen. Dort geht sie mit der SPD und der Linkspartei eine Links-Koalition ein. Dass die Grünen vorher mit der CDU Sondierungsgespräche geführt hatten, gehörte in die Abteilung Tarnen und Täuschen. Auf diese Weise poliert man am Image als offene, „coole“ Partei, obwohl den meisten Grünen die DDR-Nostalgiker von der Partei „Die Linke“ lieber sind als die CDU. Bremen ist ja kein Einzelfall. In Berlin und Thüringen regieren die Grünen schon länger mit den beiden roten Parteien, in Erfurt sogar unter einem Ministerpräsidenten der Linkspartei.

In der CDU geben sich viele der Hoffnung hin, nach der nächsten Bundestagswahl – ob 2019, 2020 oder 2021 – könnte es für ein schwarz-grünes Bündnis reichen. Auszuschließen ist das nicht. Sollte rechnerisch aber auch eine Mehrheit von Grünen, SPD und Die Linke möglich sein, würden die Grünen diese Konstellation vorziehen. Bei Grün-Rot-Rot winkte den Grünen nicht nur das Kanzleramt. Grün-Rot-Rot bedeutet auch: Jetzt regiert zusammen, was zusammen gehört.

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