Der Wähler soll die Amtszeit begrenzen – nicht das Gesetz

Der amerikanische Präsident kann nur zwei Mal für vier Jahre gewählt werden, sein französischer Amtskollege zwei Mal für fünf Jahre; dann ist Schluss.

Christian Lindner führt die oppositionelle FDP an. Zu seiner Arbeitsplatzbeschreibung gehören ständige Angriffe auf die Regierenden. Über die Kanzlerin, der er seit dem Scheitern der FDP nach vier Jahren Schwarz-Gelb in herzlicher Abneigung verbunden ist, sagte er jetzt: „Frau Merkel hat meinen persönlichen Respekt. Aber im 13. Jahr ihrer Kanzlerschaft ist sie politisch erschöpft. Sie wagt nichts Neues mehr. Die Dinge sind festgefahren.“

So weit, so normal. Dass ein Oppositionsführer zu lauten Lobgesängen auf den Regierungschef anhebt, wäre auch unüblich. Aber Lindner ging noch weiter. Der von ihm diagnostizierte politische Erschöpfungszustand Merkels verleitet ihn zu einer Prognose und einer Forderung. Die Prognose: „Jeder andere Regierungschef wäre fortschrittlicher als Frau Merkel. Das hat einfach mit der Länge der Amtszeit zu tun.“ Und die Forderung: „Inzwischen bin ich dafür, die Amtszeit von Regierungschefs in Deutschland auf acht oder zehn Jahre zu begrenzen.“

Es ist nicht bekannt, dass die FDP demnächst im Bundestag den Antrag einbringt, das Grundgesetz zu ändern, um die Amtszeit von Bundeskanzlern und Bundeskanzlerinnen zu begrenzen. Erstens hätte der Vorstoß keine Chance auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Zweitens sind Politiker immer schlecht beraten, Gesetze oder gar die Verfassung aufgrund einer aktuellen Situation ändern zu wollen. Wäre Lindner zum Beispiel Finanzminister in einer schwarz-gelben Regierung, empfände er dieselbe Kanzlerin vielleicht als geradezu dynamisch.

Nun muss man nicht allzu erfinderisch sein, um im 13. Jahr der Regentschaft Merkels auf das Thema „Amtszeitbegrenzung“ zu kommen. Es taucht – nicht zuletzt in Sommerinterviews – immer wieder auf, ebenso wie die Forderung nach einer Direktwahl des Bundespräsidenten oder der Ruf, zahlungsunwilligen Vätern den Führerschein zu entziehen. Schließlich gibt es Beispiele für eine Zwangspensionierung von politischen Führungskräften. Der amerikanische Präsident kann nur zwei Mal für vier Jahre gewählt werden, sein französischer Amtskollege zwei Mal für fünf Jahre; dann ist Schluss. Ähnliche Regelungen gibt es in Argentinien und Brasilien. Auch Cuba hat nach dem Ende der Castro-Dynastie die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Mal fünf Jahre begrenzt.

In Deutschland wollen Markus Söder und die CSU in Bayern die Amtszeit des Ministerpräsidenten ebenfalls nach amerikanischem Vorbild limitieren. Die Idee entstand freilich, als die CSU noch glaubte, alles andere als eine eigene absolute Mehrheit könne es im Freistaat gar nicht geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Markus Söder – ohne Begrenzung – weit über 2028 hinaus den Freistaat regieren könnte, dürften inzwischen selbst in der CSU viele nicht mehr sehr hoch einschätzen.

Nun gibt es zweifellos gute Argumente, durch eine zeitliche Begrenzung der Gefahr vorzubeugen, dass durchs ewige Regieren verschlissene Politiker sich noch ans Amt klammern, obwohl es für das Land besser wäre, sie würden durch eine neue, frische Kraft ersetzt – und für sie persönlich auch. Aber beim „Term-Limit“ ist es wie bei der starren Altersgrenze in der Rentenversicherung: Der eine kann schon mit 55 Jahre nicht mehr, während der andere mit 70 noch fit ist. Nur nebenbei: Keine andere Partei bekämpft starre Regeln in der Rentenversicherung so vehement wie Lindners FDP.

Wer für gesetzliche Regelungen plädiert, misstraut im Grund den demokratischen Entscheidungsprozessen – innerparteilichen wie gesamtstaatlichen. Helmut Kohl hätte nicht 16 Jahren lang im Kanzleramt bleiben können, wenn die CDU/CSU ihn nicht mehr für die Bundestagswahl 1994 um Kanzlerkandidaten gekürt hätte. Und diese Unions-Entscheidung für Kohl hätte nichts genutzt, wenn die Wähler 1994 nicht vier weitere Jahre mit Kohl möglich gemacht hätten. Nicht anders war es 2017: Die CDU/CSU wollte, dass Merkel Kanzlerin bleibt – und in der Wählerschaft gab es keine Mehrheit gegen sie.

Christian Lindner darf der Meinung sein, dass „jeder andere Regierungschef fortschrittlicher als Frau Merkel“ wäre. Es ist auch sein gutes Recht, über eine Grundgesetzänderung nachzudenken, um in Zukunft „ewige Kanzlerschaften“ auszuschließen. Aber er muss sich fragen lassen, warum ausgerechnet ein Liberaler wie er in dieser Frage nach dem Staat ruft – und dem demokratischen Mechanismus misstraut. Das klingt er eher wie ein staatsgläubige „Sozi“ und nicht wie ein Freier Demokrat.

Post Scriptum. Wie immer man zu Barack Obama stehen mag: Ohne „Term Limit“ wäre er 2016 zweifellos wiedergewählt worden und hätte dem Land und der Welt Donald Trump erspart. Nur mal so.

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Kommentare ( 104 )

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104 Comments
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conferio
6 Jahre her

Ist es die Hitze? Anders kann man den Beitrag von Herrn Müller Vogg nicht erklären. Trump wird niemals Präsident werden…das waren seine Worte. Obama hat sich für Clinton eingesetzt….und sie wurde nicht gewählt. Trump ist das Ergebnis eine dummen Politik von Obama, der ebenso gescheitert wäre.
Yes we can….wir schaffen das…fällt ihnen das nicht auf?
Amtszeitbegrenzung ist ein must für jede Demokratie, da die Führer ihre Machtposition derart ausbauen können, das eine Abwahl fast unmöglich ist.
China geht den Merkel Weg, und das gefällt ihnen, Herr Müller Vogg?

A. Schmidt
6 Jahre her

Wenn man es besser findet, auch in 20 Jahren noch von einer Angela Merkel regiert zu werden, die ihre Mehrheit dann im 34. Jahr ihrer Kanzlerschaft durch eine noch rotere Politik und Koalitionen mit immer linkeren Gruppen zementiert, dann muss man an der derzeitigen Regelung festhalten. Ich kann Lindners Kritik an der geltenden Rechtslage jedenfalls gut nachvollziehen! Es gibt gute Gründe dafür, dass die Amtszeit in den USA beschränkt ist. Was die Rentenversicherung angeht: Auf verfassungskonforme Weise wird man die leider nicht durch noch mehr unfaires Abkassieren bei Selbständigen ohne Gegenleistung wie bei der Merkelschen Krankenversicherungs-Novelle vor ein paar Jahren… Mehr

karel
6 Jahre her
Antworten an  A. Schmidt

Durch den Geburtenrückgang seit den 70ern fehlen heute
ca. 10 Mio Kinder, davon heute schon etwa 5 Mio als Beitragszahlende.
Im Gegenzug kamen über die Jahrzehnte bis heute ca. 5 Mio Migranten
Vorwiegend aus Ländern außerhalb Europas.
Bleibt nur die Frage,
wer denn nun diese Eigentumsansprüche nach 14.GG „bezahlen“ soll?

Luisa Nemeth
6 Jahre her

Werter HMV, ich bin auch für eine begrenzte Amtszeit. Aber was Sie da zu Obama sagen? ?? Ich gehe mal davon aus, dass Sie (so ab und zu) auch unkonventionellere, neo-konservative Publikationen lesen + auf YouTube schauen. Alle Bekannte und durchaus kritische Freunde in USA sind mit der Politik ihres Mr. President Donald Trump immer mehr einverstanden. Er hat nicht nur rhetorisch was drauf, sondern versteht auch was vom BigBusiness – zum Wohle des Volkes. Ich denke nicht, dass er innerlich abgehoben ist, sondern mE das komplette Gegenteil vom Clinton-Obama-Clan. Er hat schon vieles eingehalten, was er vor der Wahl… Mehr

Dreiklang
6 Jahre her

Es geht wohl vor allem um die Verhinderung von Korruption. Die „Schwarzen Kassen“ von Kohl waren ja keine Portokassen. Und die „Spender“ werden nicht nur aus der Begeisterung heraus, eine bürgerlich-liberale Partei zu unterstützen, in den „Kohl-Fond“ einbezahlt haben. Dafür wird die eine oder andere handfeste Gefälligkeit schon zu erwarten gewesen sein.

Luisa Nemeth
6 Jahre her

Werter Herr Müller-Vogg, was bitte kann ich als einzelner Wähler tun, um die Amtszeit der politischen Führung zu begrenzen?????? Seit Ewigkeiten versuche ich genau das mit meinem Kreuzchen. Nein, das gesamte System ist seit mindestens 10 Jahren total aus den Fugen geraten. Mit Euro + EU fing das Desaster an, was abzusehen war!!!!! AM hat die Rettungsschirme kräftig aufgespannt, die Gruppe um Draghi, Monti, Ram…. Baroso, Juncker, Schultz – AM kam sich wichtig , wichtig vor, unsere Volksvertreter haben den „Untergang unserer Soziyalsysteme“ abgenickt. Und Herr Gauck, hat, trotz Reklamationen der Bevölkerung, ratifiziert. Euro ohne Volksabstimmung, Rettungsschirm ohne uns zu… Mehr

Brandenburg
6 Jahre her

Sind Sie wirklich der Überzeugung, dass der Kriegstreiber und Clintons-Intimus Obama besser als Trump ist? Nordkorea, Russland, Steuerreform, Arbeitsquote, Nato-Politik, No zum Klimawandel und zur Abtreibung, Abschaffung des Genderwahnsinns, Vernunft in der Migrationspolitik, Sicherheit, IS-Vernichtung, Interessenpolitik, Realität statt Utopien etc. Zu jedem Punkt kann man Erfolge nennen, für die Obama acht Jahre Zeit gehabt hat, ohne diese Zeit irgendwie zu nutzen. Wenn die Wähler einen weiteren Obama gewünscht hätten, wäre doch Hillary Clinton gewählt worden? Für Deutschland wäre ein Trump-Wende dringend geboten!

Gutmuetiger
6 Jahre her

Die USA hat zwar diese Regel mit den 8 Jahren, hat aber einen guten (schlechten) Weg gegunden, diesen zu umgehen. Die Präsidentschaft wird einfach in der Familie weitergegeben, Bush, Clinton, Kennedy….
Nur hat Trump den Clintons diesmal den Mittelfinger gezeigt.

Mozartin
6 Jahre her

Ich überlege, welchen Vorteil hatte die „illegale Parteienfinanzierung“ für Helmut Kohl? Er konnte größer wirken und mächtiger, als ihm durch unsere Gesetze zustand. Das kam gut an und die Wähler wussten es ja nicht. Was macht Merkel so stark? Vielleicht ihre Verbindung in die ehemalige Führungsriege der DDR?… Selbst gestürzt, werden sie doch alles tun, sie an der Macht zu halten? Es reichen doch schon nur leise auftauchende Verunglimpfungsversuche bei wirklich seriösen Politikern… Dieses Handwerk könnte ein in der DDR erprobtes gewesen sein…? Jedenfalls konnte Merkel eher aus historischen Gründen an die Macht kommen. Viele konnten nicht wissen, was man… Mehr

Mozartin
6 Jahre her

Das stimmt, Herr Müller-Vogg und ich war traurig, dass Obama nicht wiedergewählt werden konnte, aber nicht weil dadurch Trump verhindert worden wäre.
So gehe ich nicht an Politik heran.
Ich finde die Amtszeitbegrenzung in den USA sehr sinnvoll, weil sich sonst politische Machtstrukturen gegen die einzelnen Staaten ausbilden können.
Unsere Länder haben die Möglichkeit über den Bundesrat sich Gehör zu verschaffen, aber auf EU-Ebene würde ich gar die Begrenzung auf eine Amtszeit und eine weitere nur bei 2/3 Mehrheit befürworten, weil die Machtbalance der zusammengefügten Staaten nicht solipsistisch gefährdet werden darf.

Hruotland
6 Jahre her
Antworten an  Mozartin

Um eine Verfestigung politischer Machtstrukturen gegen Staaten zu verhindern, reicht es nicht aus die Amtszeit des Präsidenten zu verkürzen. Vielmehr müsste das gesamte politische Personal ausgetauscht werden, realistisch betrachtet ist das jedoch unmöglich.

Gutmuetiger
6 Jahre her

In der ersten Version meines Post wurde „das Wort“ Verfassung von Autovervollständigung falsch wiedergegeben, sorry.