Wenn es hinter dem Kanzleramt einen Friedhof für Merkel-Opfer gäbe, wäre der Andenpakt prominent vertreten. Friedrich Merz gebührte dort sogar ein besonders großes Mausoleum.
Mit der Teilzeit-Rückkehr von Friedrich Merz auf die politische Bühne erlebte ein Phantom der CDU seine Wiederauferstehung: der legendäre Andenpakt. Der Versuch von Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender zu werden, beflügelte die Phantasie vieler politischer Beobachter. Männliche CDU-Politiker, sozialisiert in der Ära Kohl, versuchten angeblich, in der CDU die Macht zu ergreifen. Und die Niederlage von Merz, so die gängige Interpretation, war zugleich die Niederlage Ewiggestriger, war das Scheitern eines konservativen „roll back“.
Richtig ist: Es gab ihn, jenen „Geheimbund“ innerhalb der CDU, dessen Mitglieder viel Einfluss hatten. Den Aufstieg Angela Merkels zur Kanzlerin konnten sie jedoch allenfalls verzögern, aber nicht verhindern. Und gegen Merkels Plan, mit Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Wunsch-Nachfolgerin durchzusetzen, war der Andenpakt letztlich machtlos.
Der Andenpakt war das Produkt einer Südamerika-Reise hoffnungsvoller Jung-Unionisten im Jahr 1979. Auf dem Flug von Caracas nach Santiago de Chile schlossen sie bei viel Whiskey einen eher unpolitischen Pakt und forderten „mehr Ambiente“ in der Politik. Was heißen sollte: Auf politischen Bildungsreisen sollte der Spaß nicht zu kurz kommen. Daraus entwickelte sich eine politische Seilschaft innerhalb der CDU, deren Mitglieder durchaus politischen Einfluss hatten.
Die Liste der Pakt-Gründer und Mitglieder liest sich wie ein „Who is who“ der CDU. Die wichtigsten: Ministerpräsident Volker Bouffier (Hessen); EU-Kommissar und Ex-Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger; Altbundespräsident und Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff; die Ex-Regierungschefs Roland Koch (Hessen) und Peter Müller (Saarland); die Ex-Bundesminister Franz Josef Jung (Verteidigung) und Matthias Wissmann (Verkehr); der ewige Europa-Politiker Elmar Brok; der Ex-Hoffnungsträger der Merkel-Skeptiker, Friedrich Merz; Arbeitgeber-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner; die in ihren Ländern gescheiterten Spitzenkandidaten Christoph Böhr (Rheinland-Pfalz) und Friedbert Pflüger (Berlin), Ex-Sparkassenpräsident Heinrich Haasis, der Privatfernsehen-Pionier Jürgen Doetz und noch einige weitere CDU-Politiker. Wobei man wissen muss: Koch und Merz waren 1979 noch gar nicht dabei. Sie wurden erst später als „Brüder im Geiste“ kooptiert.
Was als Nebenprodukt einer politischen Auslandsreise entstanden war, entwickelte sich später zu einem wichtigen inoffiziellen Bündnis innerhalb der CDU. Man wollte die Kohl-CDU erneuern und sich zugleich gegenseitig unterstützen. Dass einer aus der Truppe Kanzler werden sollte, darf man unterstellen. Zur Modernisierung der CDU haben die damals jungen Herren einiges beigetragen, aber im Laufe der Jahre verhinderte selbst die Zugehörigkeit zu diesem Kreis nicht interne Rivalitäten. Dass kein Pakt-Bruder Kanzler geworden ist, hat auch damit zu tun, dass keiner der Parteifreunde zugunsten eines anderen zurückstecken wollte.
Lange Jahre hat der „Geheimbund“ davon gelebt, dass niemand so genau wusste, was die Herren miteinander so tun und was sie noch vorhaben. Bis Christian Wulff 2001 gegenüber seiner Parteivorsitzenden Angela Merkel die Existenz des Pakts ausplauderte. Es kam dann sogar zu einem Treffen der „Geheimbündler“ mit der von ihnen nicht sehr ernst genommenen CDU-Vorsitzenden. Das Merkel-Lager sorgte prompt dafür, dass das alles im „Spiegel“ zu lesen war. Von Stund‘ an wurde viel über den „Andenpakt“ spekuliert und geschrieben. Aber der Mythos war zerstört. Faktisch wurde aus dem politischen Bündnis im Laufe der Jahre eher ein Freundeskreis, der sich ein, zwei Mal im Jahr trifft und über alte Zeiten spricht.
Viele Medien versuchten jetzt, den Comeback-Versuch von Merz als die späte Rache des Andenpakts an der ungeliebten Angela Merkel zu interpretieren. Aber nicht jede „gute Story“ hält einem Realitäts-Check stand. Richtig ist, dass Roland Koch tat, was er konnte, um die Kandidatur von Merz zu befördern. Aber der innerparteilich heute viel einflussreichere Bouffier stand zu Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer. Was bei all den Theorien über den heimlichen oder unheimlichen Einfluss der Pakt-Brüder gerne übersehen wird: Die meisten Mitglieder dieses Freundeskreises befinden sich längst im politischen Ruhestand. Ihr letzter großer Erfolg liegt deshalb 16 Jahre zurück. Damals konnten sie die Kanzlerkandidatur Merkels zugunsten ihres Favoriten Edmund Stoiber verhindern. Doch Stoiber verlor die Wahl, Merkel wurde Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Merz geriet politisch ins Abseits.
Als der Andenpakt gegründet wurde, war Deutschland noch geteilt und Angela Merkel dachte nicht im Traum an eine politische Karriere. Als sie später zielstrebig in der CDU die Macht übernahm, hatte der angeblich so mächtige Andenpakt ihr nichts entgegenzusetzen. Friedrich Merz und Roland Koch scheuten die direkte Konfrontation, Oettinger ließ sich nach Brüssel wegloben, Wulff ins Bundespräsidialamt. Wenn es hinter dem Kanzleramt einen Friedhof für Merkel-Opfer gäbe, wäre der Andenpakt prominent vertreten. Friedrich Merz gebührte dort sogar ein besonders großes Mausoleum.
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Am Ende darf man es wohl Horst Seehofer danken, der CSU, dass es zumindest ein Endzeitpunkt für die Kanzlerschaft Merkel gibt. Ich glaube das er dafür am Meisten getan hat, und das werde ich, bei aller, vor allem aktueller Kritik, dem guten Horst nicht vergessen.
Zukünftige, auch, Gott bewahre, AKK, Kanzler*innen werden es nicht so leicht haben der Bevölkerung „ein Vesper in die Taschen zu reden“. Das Spiel, und das muss man ihr lassen, beherrscht Merkel wie kein anderer Politiker in Deutschland.
Der Anden-Pakt war eigentlich nur ein Versprechen, nicht gegeneinander zu kandidieren, aber keine inhaltliche Seilschaft.
Viel gefährlicher, weil ideologisch, war und ist bis heute die Pizza-Connection, jener Geheimbund in der CDU, der diese Partei koalitionstauglich für die Grünen machen will. **
Der Andenpakt umfaßt doch Kohls Buben, die in den siebziger und achtziger Jahren auf dem Campus vor den lila Latzhosen geflüchtet sind, ihnen gönnerhaft die Straße überlassen und derweil im „Popper-Outfit“ an ihre Karriere gedacht haben. Daß sie einmal später Kreide fressen, dankbar die Aufnahme ins grüne Idyll entgegennehmen und für jeden Unsinn die Hand heben werden, hätten sie gewiß weit von sich gewiesen.
Hinter dem „Dicken“ können sie sich nicht mehr verstecken, da muß halt der Rockzipfel der Kanzlerin herhalten. „Mutti“ kann und mag ich nicht schreiben!
Aus heutiger Sicht liest sich die Mitgliederliste in weiten Teilen wie ein Who is Who linksgedrehter CDU-Politiker. Schwer zu erkennen, was daran konservativ sein soll.
Andenpakt? War das ein Ausflug von Gymnasiasten, die den Wehrdienst verweigert, und Jura studiert haben? Diese Leute musste Merkel nicht aus dem Wege räumen, die haben von selbst den Hinterausgang gesucht, um sich einen schlanken Fuß zu machen. …und wie wir lernen durften, ist so ein Pakt rechtlich nicht bindend, also schnell weg!
Ach, Herr Müller-Vogg, hat sich wirklich jemals jemand ernsthaft für diese Merkel-Gefallenen eines ominösen Anden-Pakts interessiert? Die wollten ernsthaft die CDU reformieren? Irgendwie hat das wohl niemand je bemerkt, und so ist die Partei nun bei AKK gelandet, Endstation Friedhof Spreeschleife. Was mit Herrn Merz passiert ist, der so schnell wieder entfleuchte, wie er vom Himmel nieder kam, wüsste man doch aber zu gerne. Immerhin hat er fast die Hälfte der Stimmen gewonnen. Warum startet er keine Sammlungsbewegung, warum verlassen all die Konrad-Erben und die Mittig-Konservativen, die Werte-Union nicht diese alte moderige CDU und scharen sich um Merz und gründen… Mehr
Merkel hat die CDU auf den Grünen SOZIALISTIN Weg…als Moderne verkauft… geführt. Die Union ist wie die SPD schon lange auf dem Friedhof!
Und wieder fragt man sich wie schon so manches mal in der deutschen Geschichte, wie konnte es nur so weit kommen und vor allem, wie hat das ein Einzelner(Einzelne) so schaffen können und konnte nicht verhindert werden?
Weil es eben wahrscheinlich nie ein Einzelner ist?
Ach, Elmar Brok isr wirklich Europapolitiker? Ich dachte der Typ mit der Gurgelstimme ist ein Comedy-Gag im Deutschlandfunk.
Herr Hugo Müller-Vogg, der Artikel beschreibt eindrücklich die Spiele der Macht in der Politik. Es ist interessant geschrieben und zeigt den Auf- oder Abstieg politischer Karrieren auf, mit dem Fazit, dass die Mehrheit von der Minderheit begraben wird. Politik ist aber nicht erfunden worden um Politkarrieren erreichen zu können, sondern innerhalb einer Demokratie die besten Lösung für Alle dieses Verbundes finden, um- und durchzusetzen. Wenn Sie Ihr eigenes Fazit ernst nehmen würden, müssten Sie zur Erkenntnis gelangen, dass ein solches Politsystem nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Ich kann Ihnen nur empfehlen sich einmal Gedanken über Direkte Demokratie zu… Mehr