Vom Winde verweht – die nationale Sicherheit

Die geplante Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes behebt Fehlsteuerungen nicht, sondern dient vor allem der Gewinnsicherung der Ökoindustrie.

imago images / Rupert Oberhäuser

In der Industrie werden Mitarbeitern für besonders belastende Tätigkeiten Zuschläge gezahlt. Zum Beispiel für das Arbeiten bei großer Hitze, Staub, Lärm, in engen Behältern oder in großer Höhe. Bei Betrachtung der Bundestagsdebatte zur Novelle des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) am 30. Oktober hätten auch die Zuhörer eine Erschwerniszulage redlich verdient. Ein uninspirierter Minister und Redebeiträge von ausnahmslos allen Parteien ohne jeglichen Neuigkeitswert und auf bescheidenem Niveau. Neben aktuellen Stunden gibt es auch sehr trübe Stunden im Parlament.

Das EEG bleibt eine in Gesetzesform gegossene teure Illusion. Der Entwurf der Novelle enthält keine echten Neuigkeiten, nur ein Drehen an Stellschrauben, die seine Fehlsteuerung insgesamt eher verstärken denn beheben. Mehr vom Alten ist das Ziel, mehr alte Erneuerbare ohne Hinweis auf mögliche neue Technologien. Ein Gesetz zur Gewinnsicherung der Ökoindustrie. Die zuständige Lobby führt die Regierung an der kurzen Leine. In diesem Jahr werden etwa 24,6 Milliarden Euro über die EEG-Umlage gewälzt. Davon lässt sich genug abzweigen für Werbung, PR und Politikbeeinflussung. Bereits 2004 erkannte die damalige Oppositionsführerin Merkel:

„Auf die Dauer gibt es so viele Profiteure der Windenergie, dass Sie keine Mehrheiten mehr finden, um das noch einzuschränken“. ¹

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In der EEG-Novelle soll die Illusion fortgeschrieben werden, mit einem Immer Mehr an Wind- und Solaranlagen die Stromversorgung des Landes rund um die Uhr sowie die 100-prozentige Elektromobilität, die komplette Umstellung des Wärmebedarfs und aller Wirtschaftsprozesse auf Strom durch diese sichern zu können. Professor Freiesleben von der TU Dresden schrieb unlängst nüchtern dazu einen Fachbeitrag
und verdichtete dazu die Fakten wie folgt:

„Die geplante Substitution der elektrischen Energie . . . ist durch EE nicht möglich – die Energieversorgung ist auf dieser Basis nicht sicher . . .
Und wenn noch nicht einmal der Stromsektor abgedeckt werden kann, wie sollen dann die Sektoren Verkehr und Wärme befriedigt werden?“

In ihrer Realitätsverweigerung lassen sich die Energiewender nicht von Zahlen, Daten, Fakten beirren. Die Einflussnahme der Lobby gipfelt in der Formulierung im Gesetzentwurf, die die Erneuerbaren zur Frage der „nationalen Sicherheit“ erklärt.

„Die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien liegt im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit.“

Dies heißt im Umkehrschluss, dass jede Windstille und/oder Dunkelheit die nationale Sicherheit gefährdet. Was daraufhin zu tun wäre, um diese Sicherheit wieder herzustellen, steht nicht im Entwurf. Man kann sich denken, dass dann Gaskraftwerke und Pumpspeicherwerke den Strom liefern müssen und auch die ungeliebten Kern- und Kohlekraftwerke, die man abzuschalten gedenkt. Ziel ist natürlich, Genehmigungen für Wind- und Solaranlagen gegen den Anwohner- und Naturschutz brachial durchsetzen zu können. Widerspruch kann durch den Verweis auf eine Sicherheit abgebügelt werden, wozu man plötzlich den sonst peinlich vermiedenen Begriff „national“ wieder hervorholt. Die EU wird nicht einbezogen, eine isolierte deutsche Energiewende, deren einzig verlässliche Punkte Abschalttermine sind, zeigt an dieser Stelle rückwärtsgewandtes nationales Denken. Die Welt spricht von einem Treppenwitz und sieht den Bogen überspannt.

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Wirtschaftsminister Altmaier spulte emotionslos eine erwartbare Rede ab, musste sich noch kurz von einer desorientierten Abgeordneten anhören, dass der nachhängende Netzausbau kein Problem sei, und führt dann als größtmöglichen Qualitätsbeweis für den Gesetzesentwurf an, dass der grüne Baden-Württembergische Umweltminister Untersteller diesen gelobt habe. Ein Regierungsmitglied interpretiert das Lob eines Mitgliedes einer Oppositionspartei positiv. Früher hieß es beim Lob vom Gegner, man habe etwas falsch gemacht. Heute sehen wir: Schwarz-Grün wird nicht nur kommen, es ist schon da.

Ein wenig Marktwirtschaftskosmetik noch vom Minister, eines Tages soll das EEG überflüssig werden. Bezeichnend für die Qualität seiner Arbeit ist die derzeit einsetzende Hektik um die Regelung der Einspeisebedingungen für Hausdach-PV nach Ende des Förderzeitraums. Ein großer Chor fordert die Verlängerung der Förderung von Windkraftanlagen über den teils mehr als zwanzigjährigen Förderzeitraum hinaus. Zwei Monate vor dem Auslaufen einer 20-jährigen Zwangsumlage oder, anders gesagt, einer Langzeitsubventionierung.

Mitglied des Chores ist der SPD-Abgeordnete Saathoff, der zunächst das große Klimakatastrophenbild malt und wohl meint, mit ein paar tausend Windkraftanlagen in Deutschland mehr, zuzüglich vieler Quadratkilometer Solarflächen, würde die Erdatmosphäre reagieren und den Klimawandel einstellen. Also zumindest solle es ein Signal an andere Länder sein, womit er zugibt, dass deutsche Energiepolitik Symbolpolitik ist.

Windkraftanlagen, die ab 2021 aus der Förderung fallen, solle es ermöglicht werden, „am Markt“ zu bleiben. Seit wann arbeiten EEG-geförderte Anlagen am Markt? Die Direktvermarktung, die durch die Managementprämie auf EEG-Umlageniveau angehoben wird, ist nur eine abgefederte Marktsimulation. Natürlich meint Saathoff den Subventionsmarkt, der für Altanlagen erhalten bleiben soll. Aber Anlagen, die nach 20 Jahren nicht wettbewerbsfähig sind, sind es auch nach 23 oder 26 Jahren nicht. Durch den massenhaften Ausbau setzt hier die Kannibalisierung ein. Bei guten Windverhältnissen ist so viel Strom im Netz, dass der Marktpreis verfällt und ungeförderte Anlagen nicht mehr ihre Fixkosten erwirtschaften könnten. Die gefeierten niedrigen Stromgestehungskosten nutzen nichts, wenn vor allem zu Zeiten großen Stromangebots und niedrigen Preise produziert wird.

Die interessanteste Frage von allen warf Ralph Lenkert von den Linken am Ende auf:

„Wo soll 2050 der Strom bei einer Dunkelflaute von Norwegen bis Italien und von Polen bis Frankreich herkommen?“

Da war er wieder, der große Elefant im Raum, über den nicht zu sprechen eine schweigende interfraktionelle Übereinkunft der etablierten Parteien besteht. Aber genau die Antwort darauf wäre eine Antwort zur nationalen Sicherheit.

Zu den Redebeiträgen geht es hier (erst den Redner, dann „Parlamentsfernsehen“ anklicken)


¹ – Energiekonferenz am 29.10.2004 in Köln


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Kommentare ( 26 )

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Christian
4 Jahre her

Für das scheitern der Energiewende wird man nicht Corona verantwortlich machen können.Das schlimme ist, dass elementarste physikalische und betriebswirtschaftliche Gesetze außer Acht gelassen werden. Das geht offensichtlich auch nur bei einer schlecht gebildeten, wohlstandsverwahrlosten und trägen Bevölkerung.Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist will es keiner gewesen sein bzw von nichts gewusst haben.

Gert Friederichs
4 Jahre her

Zitat: „Aber Anlagen, die nach 20 Jahren nicht wettbewerbsfähig sind, sind es auch nach 23 oder 26 Jahren nicht.“
Nein, die Lebensdauer der Luftverquirrler beträgt ja so in etwa 20 Jahre! Danach kommt der kostenträchtige Abriss.
Die EEG-Novelle ist 178 Seiten stark. Ich bezweifle, dass auch nur ein geringer Prozentsatz der über das Gesetz entscheidenden Abgeordneten sich das Durchlesen angetan hat. Ich auch nicht!

Lucius de Geer
4 Jahre her

Der Sozialismus lebt von der Verwaltung des Mangels. In der Zuteilung künstlich verknappter Ressourcen macht sich der autoritäre Staat unverzichtbar. Darauf hinaus will man auch beim Strom: Verknappung des Angebots, um es dann nach ideologischen Kriterien zuteilen zu können. Beispiel: Städter ohne Autos und eigene Wohnung sind gut, Landbewohner mit Verbrenner und viel Wohnraum sind schlecht – das wird einer der Aufteilungschlüssel sein, nach denen in Zukunft kontrollierte Lastabwürfe stattfinden, um einen Blackout zu vermeiden.

alter weisser Mann
4 Jahre her

Die Weltretter in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
Das Ende derartiger Selbstverklärung ist bekannt, die Fallhöhe ist diesmal allerdings heftiger.

Niklas
4 Jahre her

Die Öko-„Industrie“ ist eine wahre Goldgrube. Woher ich das weiß? Weil ich mit meinen Aktien und Beteiligungen in diesem Bereich inzwischen knapp 600% Gewinn gemacht habe. Ich habe mir gedacht „Wenn ich mit diesem hirnverbrannten Mist schon bis aufs Blut gereizt werde, dann möchte ich an der galoppierenden DUMMHEIT wenigstens mitverdienen!“ und das habe ich getan. Investoren-Regel #1: Sobald der Staat die Brieftasche aufmacht, sprudelt das Geld völlig unabhängig von allen unternehmerischen Qualitäten oder Entscheidungen und völlig unabhängig davon, wie rotzeschlecht das Produkt ist. Eine todsichere Sache, richtig Moneten zu scheffeln! Die Einschränkungen, die auf uns wegen diesem ganzen Schwachsinn… Mehr

Schmisi1
4 Jahre her

Ich habe das so verstanden: Der Ausbau von Wind- und Solarstromerzeugung wird stark ausgeweitet (kostet viel Geld). Für den Fall von Dunkelflauten werden massenhaft Gaskraftwerke gebaut, die langfristig mit „grünem“ Gas betrieben werden (kostet viel Geld). Fällt zu viel Wind- und/oder Solarstrom an, wird mit Power-to-Gas das „grüne“ Gas erzeugt und gespeichert (kostet viel Geld). Geld spielt doch keine Rolle!

Arndt Schuster
4 Jahre her

Es ist mir unverständlich, warum die Rolle der AfD gerade bei den Energiefragen unter den Teppich gekehrt wird. Sie prangert im Bundestag beständig den Wahnsinn der Energiewende an. Als einzige Partei vertritt sie die Stimme der wirtschaftlichen und umweltpolitischen Vernunft.

Johann Thiel
4 Jahre her
Antworten an  Arndt Schuster

Weil man lieber den belanglosesten Artikel über die FDP veröffentlicht, als auch nur im Ansatz Gefahr zu laufen eine wahre Aussage der AfD zu veröffentlichen, sei sie auch noch so wichtig. Dieses Selbstverständnis des Journalismus ist einfach überall gleich. Für mich sehr traurig und ernüchternd ist, dass gar nicht mal mangelnder Mut der Grund zu sein scheint, sondern viel mehr eine Art Standesdünkel im Journalismus der diesem Beruf einfach inhärent ist. Das der Journalismus damit regelmäßig seinem eignen Anspruch nicht gerecht wird, war nie deutlicher als heute.

Lucius de Geer
4 Jahre her
Antworten an  Arndt Schuster

Die Stimmen aus der AfD werden bei TE generell unter den Teppich gekehrt. Vermutlich will man sich noch nicht mehr exponieren, was ich verstehen kann.

Kassandra
4 Jahre her
Antworten an  Lucius de Geer

Wobei das in der derzeitigen Lage „nicht hilfreich“ ist.

SteffX
4 Jahre her

Ich bin mir sicher, dass unsere Politiker bis heute nicht verstanden haben, was das „p“ bei der Leistungsangabe kWp bedeutet. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen und die nicht verstandenen Leistungsschwankungen auszugleichen wird nun „the next big thing“ in Form von Power to Gas gestartet, um den Klimawandel im Weltzentrum des Geschehens aufzuhalten. Wie wäre es, wenn man – bitte wissenschaftlich fundiert – überlegen würde, wie man pro Euro Einsatz maximal viel CO2 einsparen könnte? Wind- und Sonnenenergie kämen bei diesen Überlegungen sicherlich nicht in dem Maß vor, wie es uns die Politik einreden möchte. Aber unsere Parteisoldaten werden dies… Mehr

Ruhrler
4 Jahre her

Der zweite Teil des Szenarios fehlt: Die massive Einschränkung der individuellen Mobilität, die Zerstörung stromfressender Industrien, und die Verdichtung des Wohnraums statt des Häuschens im Grünen. Das ist es nämlich was die Grünen unisono fordern und (siehe Radwege in Berlin) auch lokal durchsetzen. Die Folterwerkzeuge werden bereits gezeigt, nur eine Frage der Zeit wann sie auch benutzt werden. Ohne eine Senkung des Energieverbrauches wir das sonst nichts mit der Energiewende, egal wie viele Vogelschredder die Landschaft verschandeln.

Ulrich
4 Jahre her
Antworten an  Ruhrler

So, wie weiland Kennedy vor der Sanktionen gegen Kuba sich die Sicherstellung seines persönlichen Bezugs von Zigarren durch seine Berater garantieren ließ, werden unsere Obergrünen sich ihr weihnachtliches Eisschlecken in L.A. (Schulze) oder den Neujahrsurlaub auf dem Pferd in den Anden (Özdemir) nicht vermiesen lassen.

MG42
4 Jahre her

Klimawandel? Seh ich nicht so, wie überall berichtet – jedenfalls ist es meinen Bienen weiterhin im Sommer zu frisch. Da scheint etwas nicht zu stimmen – offensichtlich verwechseln die Klimasekten da etwas. Das fängt bei CO2 an – je mehr desto mehr Pflanzenwachstum = mehr zu futtern für die Erdbevölkerung und endet bei den Temperaturen = je mehr Bäume in der Stadt, desto kühler dh. bis zu 10 Grad an einem heißen Sommertag.