Der Winter steht vor der Tür. Das bringt Besonderheiten mit sich, zum Beispiel weniger Solarstrom. Mehr Licht!, möchte man rufen, aber Energieversorgung ist kein Wunschkonzert. Die vergangene Stromwoche war ein Hinweis auf die Zukunft.
Die Stromwoche 44 war herausfordernd und spannend. So sagt man nach heutiger offizieller Sprachregelung, wenn es sich um die Beschreibung zunehmend problematischer Lagen handelt. Sie weicht in ihrer Besonderheit von der Wetterwoche 44 ab. Die war für Ende Oktober/Anfang November stinknormal. Nicht zu kalt, zeitweise neblig, zeitweise windarm. Als meteorologisch zwangsläufig betroffener Bürger konnte man gut mit ihr leben.
Auffällig im Stromnetz war der fast durchgängige Stromimport, er erreichte am 2. November um 18 Uhr mit 13.700 Megawatt (MW) eine beachtliche Größe. Wer beliefert uns? Zum Beispiel am 3. November um 6 Uhr halfen uns unsere Nachbarn mit folgender elektrischer Leistung aus: Schweden 600 MW, Ost-Dänemark 760, West-Dänemark 2.360, Norwegen 1.070, Frankreich 2.730, Schweiz 340, Österreich 420, Tschechien 1.080. Selbst aus Polen zogen wir Strom, was selten ist: 280 MW. In die Niederlande exportierten wir 3.400 MW, davon gingen 1.440 MW weiter nach Belgien und eine geringe Menge nach Großbritannien (Quelle).
Dabei herrschte zu dieser Zeit nicht gänzlich Flaute. 5.600 Megawatt kamen von den Windmühlen an Land und auf See, knapp acht Prozent der installierten Leistung. Die Behauptung, man könne x-tausend Haushalte mit ihnen versorgen, was eine bedarfsgerechte Lieferung voraussetzen würde, ist nach wie vor einer der Standardfakes der Energiewendepolemiker. Die Photovoltaik war um 18 Uhr nicht mehr präsent.
Leider lag für diesen Zeitpunkt die Angabe der spezifischen CO2-Emission der eigenen Stromerzeugung nicht vor. Für den Monat Oktober waren es 363 Gramm pro Kilowattstunde. Kläglich viel für ein Land, das in 20 Jahren sein Stromsystem und den gesamten anderen Energieverbrauch dekarbonisiert haben will.
Die deutschen Braunkohlekraftwerke waren fast alle am Netz, sie regelten die Schwankungen aus, gingen zum Teil auch außer Betrieb in die Reservestellung, nur Jänschwalde Block A und Lippendorf Block S standen durchgehend. Die Behauptung, Braunkohlekraftwerke seien schlecht regelbar ist ein weiterer Standardfake der Energiewender. Sollte Ihnen das jemand erzählen, so fragen Sie einfach nach der Regelgeschwindigkeit, dann gibt es ratlose Gesichter.
Auch die Steinkohlekraftwerke waren gut in Betrieb, nur fünf standen durchgängig die gesamte Woche. Ziemlich viel teures Erdgas wurde verfeuert, vor allem in der Wärme-Kraft-Kopplung, also nach dem Wärmebedarf geregelt.
Von der Ökoenergie zu diesem Zeitpunkt (Wind 5.600 MW plus 6.500 MW Wasserkraft, Biomasse und anteilig Müllverbrennung) sollen beispielhaft bereits im Jahr 2030 satte 10.000 MW abgezweigt werden, um nach der Wasserstoffstrategie Elektrolyseure zu betreiben. Diese Leistung steht dann dem Netz nicht mehr zur Verfügung, wodurch der Import steigen würde. Weiterhin werden bis 2030 nach Gesetz weitere 5.900 MW Leistung aus Braunkohlekraftwerken abgeschaltet. Aber bis dahin wird noch kein einziges Gaskraftwerk, das nach Habecks Kraftwerksstrategie gebaut werden soll, in Betrieb sein.
Was hat die Bundesregierung vor? Die Photovoltaik soll auf 215.000 MWpeak (bei optimalem Sonnenstand) ausgebaut werden, heute speisen 93.000 theoretische Sonnen-Megawatt ein. Ziel sind auch 115.000 MW Windkraft an Land und 30.000 auf See, vorhanden sind bereits 72.000 MW installierte Zufallserzeugung. Bei Windstille oder Schwachwind ist die installierte Leistung allerdings völlig irrelevant.
Eine ähnliche Wetterwoche 44 im Jahr 2030 würden wir trotz dieses Zubaus nur mit Mangel überstehen, mit einer „intelligenten“ Regelung der Verbraucherseite oder umgangssprachlich einer Rationierung.
Die Gesetzlosen
Weiterhin ignoriert das Habeck-Ministerium sein eigenes Gesetz. Das Monitoring des Kohleausstiegs in Form eines Zwischenberichts, der erstmalig bereits zum 15. August 2022 hätte vorgelegt werden müssen (§54 KVBG – Kohleverstromungsbeendigungsgesetz), erfolgt nicht. Als Ausrede wird auf den Ukraine-Krieg verwiesen. Aber gerade deshalb wäre ein Monitoring umso wichtiger. Den rotgelben Teil der Regierung wie auch die Opposition im Bundestag scheint dies jedoch nicht zu stören, man gewährt dem grünen Ministerium großzügig eine gewisse Narrenfreiheit. Das ist eine Fahrlässigkeit, die folgenreich sein wird.
Die Aussichten sind trüb wie ein Gurken-Smoothie mit Banane und Rucola. Absehbar ist ein rundum subventioniertes Energiesystem, beginnend bei der EEG-Förderung, über gestützte Netzentgelte, einen subventionierten Industriestrompreis und einem staatsfinanzierten Kapazitätsmarkt beim Strom, bis man künftig eventuell auch dem Haushaltsstrompreis aus sozialen Gründen wird beispringen müssen. Die Frage, wo bei sinkender Wertschöpfung im eigenen Land das Geld herkommen soll, wird durch den vom Kanzler versprochenen Aufschwung beantwortet.
Auch die Stromwoche 45 beginnt spannend. Am 4. November um 6 Uhr 30 steigt der Import auf 19.600 MW (Quelle), das entspricht der vollen Leistung von 13 Kernkraftwerken wie Isar 2. Die weiteren Winterwochen werden interessant sein, vor allem teuer. Mehr Importe in dunklen Zeiten und mehr Redispatch, verursacht durch die extremen Schwankungen der Naturenergie zwischen Mangel und dem im Winter eher seltenen Überschuss, kommen auf die Rechnung. Diese Energiepolitik ist durchaus nachhaltig. Nachhaltig schädlich.
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Erst einmal Danke für den informativen Artikel.
Wir können abwarten, wann unsere Nachbarn keine Kapazitäten mehr frei haben um uns zu beliefern …
Dann wird und bleibt es ein Weilchen dunkel …
Die Ampel hat Deutschland nicht nur energiepolitisch völlig ruiniert. Jedenfalls mit Sicherheit, was die kontinuierliche, wirtschaftlich orientierte Stromversorgung betrifft. Stromrationierung sind für die Ampel notfalls auch eine Option. Diese unverschämte Arroganz von ideologisch irregeleiteten Politikern, die sich nicht an ihren Amtseid halten, stattdessen an sich zu Bütteln von linksgrünen Neomarxisten mit ihren Entscheidungen machen, ist derart widerlich, dass ich dafür nur Worte finden würde, die nicht ganz „stubenrein“ im Sinne strafrechtlicher Relevanz sein würden. Deswegen lasse ich sie einfach weg.
Wenn wir dann erstmal alle unsere Verbrenner abgegeben und gegen E-Autos getauscht haben, brauchen wir doppelt soviel Strom, was die privaten Haushalte betrifft. Um die Sorgen und Nöte der Bürger besser zu verstehen, will man dann noch irgendwann mit KI anfangen, sodass man noch ein paar größere Rechenzentren braucht, wofür sich Microsoft bereits die Rechte an einem Atomkraftwerk in den USA gesichert hat. Dass man dafür auf deutsches Know-how und ESG-Engineering verzichtet, scheint in unserem Wirtschaftsministerium noch unentdeckt geblieben zu sein. Also wieder ein klarer Fall. Unser Weltklima retten wir auf unsere Art. Egal, was andere davon halten.
Und für Sonne muss man wohl zusätzlich danach fragen, wie dieser Strom verbraucht wurde. Was der Staat an EEG Umlage bezahlt hat und wie hoch der Börsenwert des Stroms war. Oder wieviel unverbraucht exportiert wurde und zu welchem Preis.
Ich bin fasziniert von dieser App! Könnten Sie vielleicht die installierte Leistung erklären, wenn man in der Anzeige der Energiequellen auf z. B. Kohle geht?
Für das Protokoll:
Tibber ruft für heute, Mittwoch, den sechsten November 2024 für die Stunde von 17.00 Uhr bis 18.00 Uhr für seine Kunden des dynamischen Stromvertrages einen Preis von 113,96 Cent pro Kilowattstunde auf. Die darauffolgende Stunde wird mit einem Preis von 112,17 Cent veranschlagt.
„Die Photovoltaik soll auf 215.000 MWpeak (bei optimalem Sonnenstand) ausgebaut werden, heute speisen 93.000 theoretische Sonnen-Megawatt ein.“ Irgendwie stehe ich gerade auf der Leitung. 93.000 was? MWpeak?
Ich muss im Internet mal installierte Leistung im Vergleich zur tatsächlichen Leistung suchen.
https://strom-report.com/windenergie/: „Deutschland hat mit 69.475 Megawatt in Europa die meiste Windleistung installiert. … Der Wind leistete mit 139 Terawattstunden [TWh] Ökostrom insgesamt den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.“
Wie können knapp 70.000 Megawatt zu 139 Terawattstunden werden?
Hier in Berlin ist die ganze Woche absolut trübe Tasse- kein Wind, keine Sonne. Laut Wettervorhersage soll es auch die nächsten Tage so bleiben.
Interessant wäre jetzt die Frage, wie hoch ist aktuell der Anteil der Kohlekraftwerke an der Stromproduktion und wieviel CO2 wird gerade täglich dadurch in die Luft geblasen?
Wie ist der Stand bei den versprochenen 30 neuen Gaskraftwerken, die ja lt. Frau Kemfert die Kohlekraftwerke als back- up- Kraftwerke bis 2030 ablösen sollten????
Danke für diesen erschütternden und zahlenreichen Blick auf die Fakten.
Köln: Instabile Netzspannung! Netzfrequenz flukturiert, netzgesteuerte Uhren gehen 3 – 4 Minuten nach. … Pro Woche!
Das wird ein spannender Winter!
Früher, mit Atomkraft, war der Industrie-Strompreis bei 2 Cent, mit immer mehr „Regenerativen“ ging es rauf bis 4-6 Cent. Während die letzten Monate meistens ein einigermaßen stabiler Preis von <10ct. gehalten werden konnte, ist der Durchschnittspreis zur Zeit auf über 23ct. hochgeschnellt. Wir haben aber noch nicht mal Winter! Es ist also nicht schwer, sich auszumalen, was für katastrophale Zeiten regelmäßig auf einen zukommen können. Was haben die vergrünten Altparteien als Lösung im Gepäck? Mehr Wind und PV bei gleichzeitigem Abschalten von immer mehr grundlastfähigen und zuverlässigen Kraftwerken. Auch die Gesamtmenge ist seit Ampelantritt um 17% gesunken, obwohl wir für… Mehr