Landbesitz wird wieder zur primären Quelle für Macht, Status und Wohlstand. In dieser Hinsicht beschreibt die Energiewende den Weg ins Feudalsystem der Energiewirtschaft.
Noch bis vor etwa 200 Jahren waren politische Macht, gesellschaftlicher Status und ökonomischer Wohlstand eines Individuums unmittelbar mit dem Besitz fruchtbaren Landes verknüpft. Denn die für Ackerbau, Viehzucht und Forstwirtschaft verfügbaren Flächen bildeten die bedeutendste Energieressource. Allein Grundbesitz ermöglichte die Produktion der wesentlichen Energieträger Nahrung, Holz und Holzkohle. Erstere diente der Versorgung von Menschen und Nutztieren, die in Abwesenheit von Kraftmaschinen fast allein alle mechanische Arbeit zu leisten hatten. Letztere waren die mit Abstand bedeutendsten Wärmequellen für das produzierende Gewerbe und für die Haushalte.
Wasser- und Windkraft stellten seit jeher nur ergänzende Quellen dar, deren Möglichkeiten von geographischen Gegebenheiten abhingen. Kriege wurden nicht wegen des Zugangs zu schnell fließenden Strömen und windigen Küsten geführt, um dort Wasser- oder Windmühlen zu errichten. Sie dienten häufig einer Erweiterung des Staatsgebietes zur Erhöhung der Biomasseproduktion als einzig vorhandener Wachstumsperspektive.
Industrialisierung befreite von Biomasse
Mit der industriellen Revolution änderte sich die energetische Grundlage menschlicher Gesellschaften umfassend. Die durch den geringen Wirkungsgrad der Photosynthese definierten Entwicklungsgrenzen wurden überwunden. Maschinen standen als neue Arbeitstiere zur Verfügung. Ihre Nahrung entstammte nicht mehr dem Ackerbau, sondern der verdichteten in Kohle, Öl und Erdgas gespeicherten Sonnenenergie. Die Kernkraft schließlich gestattete die vollständige Unabhängigkeit von der Launenhaftigkeit natürlicher Prozesse und der Zufälligkeit der Verteilung fossiler Energieressourcen.
Diese Entwicklung bedeutete eine Verschiebung der Macht, von den Landbesitzern auf das produzierende Gewerbe, den Handel und die Konsumenten. Das einst knappe und vom Adel kontrollierte Gut Energie wurde für jedermann zu jedem Zeitpunkt verfügbar. Es entstanden Wohlstand und freiheitliche, durchlässige Gesellschaften, in denen der Status des einzelnen nicht mehr davon abhing, ob er in eine Familie von Landbesitzern hineingeboren wurde. Und es gab eine Perspektive anhaltenden Wachstums unabhängig von der territorialen Größe. Wissen, Kreativität und Innovationspotential entwickelten sich zu entscheidenden, unbegrenzt verfügbaren Ressourcen.
Die Energiewende dreht das Rad der Zeit wieder zurück. Biomasse, so sehen es die Planungen der Bundesregierung vor, soll bis 2050 Mineralöl als wichtigsten Primärenergieträger ablösen.
Im Jahr 2050, so der Plan, sollen Energiepflanzen mehr als 1.200 PJ an Primärenergie liefern. Die erforderliche Anbaufläche betrüge hochgerechnet 55.000 km². Da weder die Menge des eingestrahlten Sonnenlichtes noch der Wirkungsgrad der Photosynthese menschlicher Kontrolle unterliegen, werden Optimierungen in den nachgelagerten Prozessen der Bewirtschaftung der Felder und der Verwertung der Pflanzen daran nicht viel ändern können.
Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland beträgt 169.000 km². Der weit überwiegende Teil davon dient der Gewinnung von Tierfutter. Nahrungsmittel für Menschen werden auf 45.000 km² angebaut. Im Jahr 2050 soll also das Territorium der Energiepflanzen größer sein als das der Ernährung.
Zu der Frage, auf wessen Kosten die Ausweitung der Anbaufläche für Energiepflanzen erfolgt, schweigt das Energiekonzept der Bundesregierung. Ohne Wälder zu roden, wird es nicht gehen. Man könnte natürlich auch biogene Energieträger importieren, dann träfe es halt den Dschungel in den äquatorialen Regionen noch stärker als heute schon. Aus Erdöltankern würden Palmöltanker und von der häufig mit der Energiewende verknüpften Idee der Unabhängigkeit von Einfuhren aus politisch instabilen Regionen hätte man sich zu verabschieden.
Energiewende: Feudalsystem der Energiewirtschaft
Die Wälder in Deutschland geraten durch die Energiewende ohnehin unter Druck. Feste Biomassen wie Holz, Torf und Stroh sollen ihren Anteil an der Primärenergieversorgung von den heutigen etwa 400 PJ auf mehr als 800 PJ im Jahr 2050 mindestens verdoppeln. Die umfassende Umgestaltung unserer Kulturlandschaft endet nicht bei Windrädern und Solarparks. Sie wird sich vor allem in flächendeckenden, industriell bewirtschafteten Monokulturen auf den Feldern und in den Wäldern manifestieren.
Die Energiewende verteilt den Wohlstand um – von denen, die kein Land besitzen, um darauf Wind-, Solar- oder Bioenergie zu gewinnen, zu denen, die das können. Die Politik betreibt die Rückkehr des Feudalsystems in der Energiewirtschaft. Früher leisteten die Menschen Frondienste auf dem Acker eines anderen, um nicht nur sich selbst, sondern auch den mit Wein, Weib und Gesang beschäftigten Baron durchzufüttern. Heute zahlt man drauf für die Energieproduktion in der Fläche.
Nicht „erneuerbar“ oder „regenerativ“ sind geeignete Bezeichnungen für Wind, Sonnenlicht und Biomasse. Der Begriff „naturinvasive Energien“ oder NIEs gibt ihren Charakter besser wieder. Denn sie schöpfen nicht wirklich aus unbegrenzt vorhandenen Quellen. In Wahrheit sind ihre Potentiale von der knappsten aller Ressourcen abhängig: Von der Landfläche, die für ihren Ausbau zur Verfügung steht. Das Energiekonzept der Bundesregierung beschreibt ein Szenario, in dem die Möglichkeiten hierzulande bis an die Grenzen des Machbaren ausgereizt werden. Und selbst dann können Wind, Wasser, Sonne und Biomasse nur etwa 25% der Primärenergie bereitstellen, die wir heute benötigen. Es besteht kein weiteres Ausbaupotential. Sollten die Einsparziele verfehlt werden, dann bliebe nur die Erweiterung unseres Territoriums, beispielsweise durch die Nutzung von Flächen in anderen Ländern. Landbesitz wird wieder zur primären Quelle für Macht, Status und Wohlstand. In dieser Hinsicht beschreibt die Energiewende den Weg zurück ins Mittelalter.
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