Die Grünen stellen sich ihr eigenes Gutachten gegen den Weiterbetrieb der Atomkraft aus

Das Gutachten einer Hamburger Kanzlei soll ein Gutachten des TÜV als „befangen“ und daher als „Gefälligkeitsgutachten“ brandmarken. SZ und Grüne machen damit Wirbel. Dumm nur, dass die Anwälte selbst befangen sind – der Kanzleichef sitzt im Vorstand von Greenpeace.

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Das Gutachten des TÜV Süd war ein Schlag in die Magengrube. In der Diskussion um die Zukunft der Atomkraft angesichts der Energiekrise mussten die Grünen, ob in bloßer Parteifunktion oder in den Ministerien, eine gefährliche Entwicklung in der Deutungshoheit hinnehmen. Plötzlich gibt es doch keine unüberwindbaren Sicherheitsrisiken, wie über Monate und Jahre postuliert. Und der TÜV setzte einen drauf: Man könnte auch die drei Kraftwerke, die 2021 vom Netz gingen, wieder in Betrieb nehmen. Doch für diejenigen, die Versorgungssicherheit für Luxus halten, war damit das letzte Wort nicht gesprochen.

Nachdem die Welt, die Frankfurter Allgemeine und sogar die Zeit die Segel gestrichen haben und für den Weiterbetrieb – in unterschiedlichem Grad – werben, bleibt die Süddeutsche Zeitung die letzte Bastion und steht nibelungentreu zum grünen Prestigeprojekt. Am Freitag schreibt sie einen Artikel, in dem sie der Darstellung der Rechtsanwaltkanzlei Michael Günther breiten Raum einräumt. Die Hamburger Kanzlei wirft dem TÜV Süd eine „schlampig argumentierende Auftragsarbeit“ vor, die „nicht als seriöse Bewertung anerkannt werden kann“.

Zudem bestehe der Verdacht, dass ein „Gefälligkeitsgutachten“ erstellt worden sei. Die Auftragsarbeit sei vielmehr „für den Einsatz als Waffe in der aktuellen Diskussion um eine Laufzeitverlängerung in der politischen Arena bestimmt“ gewesen. Die Prüfung durch die Hamburger Kanzlei wiederum – das kommentiert die Süddeutsche bemerkenswert klar – war ein Auftrag von Greenpeace. Damit nicht genug. Kanzleigründer Michael Günther ist Vorstandsmitglied bei Greenpeace International. Wenn jemand nach der Definition von Befangenheit gesucht hat: So sieht sie aus.

Greenpeace-Anwälte werfen dem TÜV vor, in Fragen der Atomkraft befangen zu sein

Warum das Gutachten zum Gutachten vonseiten der Öko-Lobby nun seriöser sein soll als das des TÜV, bleibt offen. Es ist scheinbar ein ehernes Gesetz, dass Konzerne, die Anteile haben, immer im Verdacht des Schlimmsten stehen, die NGO dagegen als makelloser Weißer Ritter auftritt. In Zeiten, in denen Mitglieder der Agora oder Greenpeace in den Ministerien als Staatssekretäre sitzen, wäre einem seriösen Medium anzuraten, sich mal eher mit den Connections zwischen Parteien und NGOs zu befassen, die über Bande spielen und ihre eiskalten Machtinteressen auf dem Rücken des Steuerzahlers ausfechten, als ein CSU-Papier gegen ein Grünen-Papier auszuspielen und zu behaupten, die Messe sei damit gelesen.

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Denn auch für die „Kritik in Berlin“, wie das Münchener Blatt schreibt, gibt es nur eine Stelle: den Atomphysiker Heinz Smital – ebenfalls von Greenpeace. Man muss beileibe kein CSU-Mitglied sein, um darin eine fadenscheinige, mediale Unterstützungskampagne zugunsten der angeschlagenen Grünen im Wirtschafts- und Umweltministerium zu wittern. Nicht anders verhält es sich mit dem Ansprechpartner aus der Energiebranche. Frank Mastiaux, der als Vorstandschef des Energiekonzerns EnBW als Zeuge aufgerufen wird, ist bekanntermaßen ein vorbehaltsloser Kämpfer für die Energiewende und ein Kernkraftgegner. Das Münchener Blatt pickt sich schon die richtigen Ansprechpartner aus.

Für die Bundespolitik, die angesichts des „Stresstests“ durch das BMWK unter Druck steht – schließlich soll die euphemistisch als „Streckbetrieb“ bezeichnete Fristverlängerung „vorbehaltslos“ geprüft werden – kommen solche Nachrichten natürlich wie ein Befreiungsschlag. Das Narrativ wird vorangetrieben: Der Ausstieg aus dem Ausstieg (aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg) ist in Wirklichkeit ein übles Manöver der Union, um die Grünen zu desavouieren. Ein Narrativ, dass Katrin Göring-Eckardt schamlos befeuert: „Wer jetzt über Atomkraft diskutiert, will den Grünen eins reinwürgen.“ Es ginge nur darum, ihrer Partei zu schaden.

Für die Grünen ist die Diskussion um Laufzeitverlängerungen nur dazu da, um ihnen eins „reinzuwürgen“

Die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nahm das Papier wohlwollend auf, nachdem sie schon zuvor getwittert hatte: „Als wäre der TÜV Süd eine Instanz, die eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke mal eben bescheinigen kann. Es geht Friedrich Merz und Markus Söder um die Rücknahme des Atomausstieg, nicht um Zukunft der Energieversorgung. Nicht mit uns! Denkt mal an TÜV Süd und Brasilien.“

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Selbst wenn heute die Lichter ausgingen, die Grünen verbarrikadierten sich in der Paranoia eines Angriffs durch den Klassenfeind. Dass es den Grünen nie um das Land und „die Menschen“ darin geht, sondern vor allem um das Durchdrücken ihrer eigenen Wunschvorstellungen, zeigte sich selten so offen wie in den vergangenen Tagen. Dass dies keinen Skandal und mediale Reaktion nach sich zieht, sondern im Gegenteil alte Unterstützer im Kampagnenmodus ein bestelltes Greenpeace-Gutachten als neutrales Argument gegen den Weiterbetrieb ins Feld führt, zeigt, welche kulturelle Hegemonie die Linke in Deutschland besitzt. Und dass man sich dafür auch eines für jeden Drittklässler durchschaubaren Tricks befleißigt, weil man sich so unangreifbar glaubt, setzt dem Ganzen die Krone auf.

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Kommentare ( 88 )

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Grandler
2 Jahre her

Natürlich ist das ein weiteres Schurkenstück der Grünen und ideologisch geframed, wie alles von denen. Aber es hat in der Tat ein Gschmäckle, wenn dieser nicht ganz lupenreine TÜV-Süd seine Bewertung darüber abgibt, denn dieser Staudammbruch damals in Brasilien Paraná in 2017 mit vielen Todesopfern, wird allgemein – d.h. hier in Brasilien – genau diesem TÜV-Süd angelastet, der wohl damals ein Gefälligkeitsgutachten für Vale Rio Doce erstellt hat. Ich lebe hier in Brasilien und kann mich genau an die Diskussion erinnern. Meines Wissens ist seitens Brasilien auch eine Klage gegen diesen TÜV-Süd dazu anhängig. Es wäre für die öffentliche Meinung… Mehr

Kassandra
2 Jahre her

Tja. Hybris. Statt dass sie sich therapieren ließen, haben sie die Rolle als Rächer für sich ausgesucht. Ich glaube, Danisch hatte den Gedanken hinsichtlich FFF auch schon.
Auch wenn man Migration wie Beglückung der ganzen Welt mit deutschen Steuergeldern ohne Maß und Verstand betrachtet, macht das Sinn. Mit dem bestenfalls Verfallenlassen all dessen, was für die Zukunft der nächsten Generationen wichtig wäre, auch. Merkel ist grün.

Habakuk06
2 Jahre her

Das ist doch alles nur Show. Die GRÜNENCHEFIN (hahaha) Ricarda Lang hat doch vollmundig bekundet, dass es einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke nicht geben wird. Heute in den Nachrichten.

AlterDemokrat
2 Jahre her

Ich denke auch, laßt sie spüren, was sie da wählen. Da es in Deutschland, anders als in Italien, keine konservative Partei außer der (ebenfalls anders als in Italien oder anderen demokratischen Ländern) gemobbten AfD gibt und alle anderen (und gerne gewählten) Parteien möglichst eng verbündet mit der grünen Partei ihre Macht zementieren wollen, ist es das Problem derjenigen, deutschen Bevölkerung, denn hier hört jede Solidarität für mich auf und ich unterstütze lieber jene Menschen, die auch auf der Straße sagen, daß all das gefährlich und nicht gut für unser Land ist.

Elki
2 Jahre her

Noch nicht einmal 15% der Wählerstimmen dank der SPD aber wohl die meisten Ministerposten. Wer regiert das Land? ist die eigentliche Frage. Die gewonne Macht wollen sie offenbar mit allen Mitteln verteidigen und mit ihrer „Basis“ haben sie nun wohl ein sehr großes Problem. Sie wissen, daß sie müssen, bei den AKW´s ohnehin und bei Gas wird die Realität zunehmend sehr hart für siewerden. Mir ist es gleich, ich wähle schon lange wirklich Konservative, die nicht mit der grünen Partei zusammen arbeiten.

Rob Roy
2 Jahre her

Die Grünen haben noch niemals etwas von Wirtschaft verstanden, ergo auch nicht von Energiewirtschaft. Habeck zum Wirtschaftsminister zu machen, ist die allerschlimmste Personalentscheidung, die je in einer Bundesregierung getroffen wurde. Nicht einmal Lauterbach richtet so ein Chaos und solche Zerstörung an.
Dass die Medien schweigen und Habeck sogar noch unterstützen, ist ja klar, man ist eben auf Regierungslinie. Dass aber kaum ein Bürger aufschreit, dass niemand auf die Straße geht, ist das eigentlich Tragische.
Die Leute hier wollen offenbar ihren eigenen Untergang. Westerwelles spätrömische Dekandenz ist zu einer Todessehnsucht geworden.

Widerborst
2 Jahre her

Lasst den Grünen doch ihren Willen und lasst uns die Atomkraftwerke abschalten. Desto eher ist dieser Spuk der verteuerbaren Engergien beendet.
Lasst uns freudig auf den Tag des länger anhaltenden Blackouts warten und danach einen Neuanfang ohne grüne Ideologie beginnen.
Es muss erst noch schlimmer kommen, bevor es wieder besser werden kann.
Früher war alles gut, dann wurde es besser. Es wäre besser, wenn alles wieder gut wäre. (Heinz Erhardt)

trafo
2 Jahre her

Ich weiß ja nicht auf welchem Planeten oder besser in welchem Universum die Leute leben, die glauben, die am 31.12.2021 außer Betrieb genommenen AKW einfach so mal „wieder einzuschalten“, quasi wie ne Lampe. Meine Güte, die pennen doch da nicht! Per 31.12.2021 heißt es RÜCKBAU BIS ZUR GRÜNEN WIESE! Mit anderen Worten: ABRISS! Seither sind runde 7 Monate vergangen! Was glaubt ihr was da noch funktionsfähig ist?? Da wird nicht zurück gebaut mit dem Hintergedanken das man das Kraftwerk mal wieder in Betrieb nehmen könnte! Die Jungs betreiben seit 7 Monaten ABRISS, weil das unsere Top-Politelite so will! Da wird… Mehr

Auswanderer
2 Jahre her
Antworten an  trafo

Ich will auch, dass die anderen 3 noch laufenden AKWs abgeschaltet werden. Wenn es uns trifft, dann bitte so hart wie möglich, damit die letzte Schlafmütze hier mal langsam merkt was da los ist.

ErwinLoewe
2 Jahre her
Antworten an  trafo

Noch gibt es für keines der 3 KKW Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C eine Rückbaugenehmigung. Noch haben diese 3 KKW gültige, unbefristete Betriebsgenehmigungen. Was ihnen fehlt ist die Genehmigung, Leistungsbetrieb fahren zu dürfen. Atomrechtlich müsste das Atomgesetz in einigen §§ geändert werden, was Bundesregierung und Bundestag innert 2 Wochen schaffen könnten, es müssten wiederkehrend fällige Prüfungen in den Anlagen durchgeführt werden, was kein Hexenwerk ist, es müssten Brennelemente beschafft werden, was auch keine Ewigkeit dauert, und es müsste der privatrechtliche Vertrag KKW-Betreiber/Bundesrepublik Deutschland zur Entsorgung/Endlagerung angepasst werden, was m. E. die schwierigste aller Aufgaben ist, da dann wieder Koryphäen wie… Mehr

Eberhard
2 Jahre her

„Wer jetzt über Atomkraft diskutiert, will den Grünen eins reinwürgen.“ Viele, ich auch, haben von Anfang an den von Merkel im Kurzschlussverfahren angeordneten Atomausstieg der BRD für einen der größten politischen und wirtschaftlichen Fehler gehalten und auch versucht öffentlich zu kritisieren. Eine für unsere Zukunft so wichtige Wende hätte zumindest eine breite Diskussion einschließlich detaillierter Alternativen und wenn es mit Demokratie entschieden wird, auch einer fundierten Abstimmung bedurft. Wie der Ausstieg angeordnet wurde, beweist eindeutig, welchen Tiefstand Merkels linksgrünes sozialistisches Demokratieverständnis bereits erreicht hatte. Wer da heute noch immer seine fast einsame Entscheidung zum Ausstieg, entgegen der weltweiten Entscheidung der… Mehr

Astrid
2 Jahre her
Antworten an  Eberhard

Und wer soll uns retten? Die jungen Leute, um deren Zukunft es geht? Eine unserer tollen Parteien aus dem Bundestag? Die Firmen in Deutschland? Hier wird uns gar nichts retten. Der Laden muss uns erst einmal so richtig um die Ohren fliegen und dann können wir uns die Augen reiben und schauen, was noch übrig geblieben ist. Die meisten Leute in Deutschland sind so links-grün versifft, da ist die Wohlstandsblase viel zu groß und die Leute, die nichts haben, leben schon lange in der Abschottung.

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Die Grünen können zetern wie sie wollen. Sie hatten auf französischen Atomstrom anstelle des deutschen gesetzt, um sich als Saubermänner präsentieren zu können, die den Ausstieg schaffen. Dumm nur, dass die französischen Atomkraftwerke in einem schlechten Zustand sind und deswegen reihenweise in die Wartung bzw. Reparatur müssen, während uns das Gas für die Gaskraftwerke ausgeht. Dumm gelaufen. Ich würde an Stelle der Grünen jetzt einknicken, denn ein Blackout inkl. Ausfall aller WLAN-Verbindungen dürfte ab Januar die grüne Parteipräferenzen der U35 gravierend negativ beeinflussen. Der verwöhnte Teil der Gesellschaft mag es gar nicht, wenn sein Konsumverhalten selbst ungünstig betroffen ist. Das… Mehr

horrex
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ich bezweifele, dass sie aus einem blackout etwas lernen werden.
„Schuldige“ finden werden sie!!!
Und unverdrossen in ihrer Weltrettungs-Agenda weitermachen.
Bis in diesem ehemals so schönen Land buchstäblich keine Stein mehr auf dem anderen ist … äh … ausser den Windmühlen natürlich.
Zynismus off!