Peter Heller sagt, die Käufer entscheiden, nicht politische Vorgaben trotz Subventionierung - und das E-Auto bietet keine Vorteile. Roland Tichy: Es geht bei SUV und E-Auto nicht um Technik, Ökonomie oder sonst was, sondern nur um Lifestyle. Gefühl. Nicht um technische Daten. Roland Ticky denkt, daher wird das E-Auto gewinnen.
Lieber Peter Heller,
Sie haben ein glänzendes Plädoyer gehalten, warum Elektromobilität nicht funktioniert. Nun sagt meine Nachbarin: „Ich will auch einen Tesla.“ Sie findet den toll. Die geringe Reichweite langt ihr – über hundert Kilometer fährt sie mit der Bahn oder fliegt.
Lieber Roland Tichy,
einer der größten Fehler, den man bei der Analyse von Innovationen machen kann, ist, von sich selbst auf andere zu schließen. Wenn Ihre Nachbarin sagt, Strecken von mehr als 100 km fahre sie ohnehin nicht mit dem Auto, dann heißt das doch eigentlich nur, daß sie einfach nicht gerne mit dem Auto fährt. Wenn sie ihr Leben so organisieren kann, dann ist das auch in Ordnung. Die meisten Menschen können das nicht. Eisenbahn und Flugzeug bringen einen nur zu Bahnhöfen und Flughäfen – und das sind in der Regel nicht die eigentlichen Ziele. Die meisten Menschen müssen außerdem ökonomische Entscheidungen treffen. Und da stellt sich dann eben die Frage, ob man auch bei geringen Distanzen mit einem kleinen Benziner nicht doch wesentlich günstiger unterwegs ist (man ist, deswegen gibt es den Otto-Motor immer noch).
Der E-Motor ist schneller von null auf hundert, das stimmt. Sicherheitsrelevant allerdings ist das Beschleunigungsvermögen von hundert auf hundertfünfzig. Und da glänzt der Otto, sowohl hinsichtlich des Drehmoments, als auch hinsichtlich der Effizienz. Wer also viel Landstraße fährt, mit ständigem Geschwindigkeitswechsel und manchmal vielleicht nicht so ganz gut eingeschätzten Überholmanövern, wählt einen kleinen Vierzylinder-Otto. Wer viel Autobahn bei gleichmäßig hoher Geschwindigkeit fährt, der nimmt den Diesel oder auch ein Gasauto (LPG oder CNG). Der Elektromotor bietet in beiden Fällen keinen spezifischen Vorteil. Da fällt mir nur das schnellere Anfahren an der Ampel ein. Toll, unglaublich sinnvoll, vor allem in der Stadt.
Lieber Peter Heller,
Ich glaube, wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass es einfach „geil“ ist. Auch nicht weniger irrational als ein 100.000-Euro 12-Zylinder, mit dem man Brötchen holt am Sonntag. Oder ein SUV in einem Land ohne Dschungel. 30% sind aber solche SUVs.
Lieber Roland Tichy,
Ja, der 12-Zylinder-Sportwagen ist irrational. Er ist allerdings auch nicht dazu gedacht, Mobilitätsbedarfe zu erfüllen. Mit ihm fährt man zum Spaß (Spaß ist aber auch ein oft unterschätzter Bedarf). Soll das nicht mehr gestattet sein? Elon Musk zielt auf diese Käuferschicht. Dort wo die Reichen und Schönen in großer Zahl vorkommen und wo seine Batterien witterungsbedingt auch wirklich das leisten, was im Katalog steht (im sonnigen Kalifornien), dort hat er Erfolg. Und dort, wo Reglementierungen ihm einen Vorteil verschaffen (im weniger sonnigen Norwegen). Überall anders sieht es deutlich schlechter aus. Ist eine Technologie zukunftsweisend, die man erzwingen muß?
Lieber Peter Heller,
Genau. Das ist der Punkt. Beim Sportwagen räumen sie ein, man fahre ihn nicht, um anzukommen, sondern um zu fahren. Also irrational. Wie ein SUV in einem Land ohne Dschungel. 30% der Neuverkäufe sind aber solche SUVs.
Lieber Roland Tichy,
Der SUV ist die seit Jahren mit Abstand erfolgreichste Automobil-Klasse, die Gelddruckmaschine für die Autokonzerne und bei den Nutzern immer beliebter, auch bei mir übrigens. Trotzdem finde ich nur negative Artikel in der Presse. Tesla wird hochgejubelt, eine Firma, die Verluste schreibt, der SUV dagegen verdammt, obwohl ihn die Leute kaufen. So klaffen veröffentlichte und reale Welt manchmal auseinander. Die Architektur des Offroaders auf ein normales Straßenfahrzeug zu übertragen ist eine geniale Idee. Die nur keiner als solche erkennt. Deutschland hat eben Innovation verlernt. Der SUV bietet dem Kunden ein hohes Maß an Sicherheit und Komfort, er bietet ordentlich Stauraum, er ist robust, flexibel und weist einen hohen Wiederverkaufswert auf. Über den Erfolg einer Innovation entscheidet der Käufer. Und niemand sonst. Allein die erhöhte Sitzposition, der bequeme Einstieg und die Crashsicherheit werden in einer alternden Gesellschaft den Markterfolg von SUVs langfristig sichern. In den Dschungel würde ich mich aber mit keinem dieser SUVs wagen.
Lieber Peter Heller,
ich habe nichts gegen SUVs. Es geht um Rationalität, die Sie bei E-Autos vermissen. Die Innenstädte sind durch SUVs total verstopft, völlig irrational. Mobilität ist eine Kombination aus Technik und Mode. die Technik ist beim Batteriefahrzeug so limitiert wie beschrieben, und beim SUV ist es nicht eine herbeigeredete Rationalität, sondern das „Gefühl“, sicher oben zu sitzen und Fahrradfahrer jederzeit unbeschadet totfahren zu können. Der eine liebt halt Panzer, der andere E-Autos.
Lieber Roland Tichy,
Wäre es denn besser, die Innenstädte wäre durch Limousinen oder Kombis verstopft?
Man sollte trennen zwischen den Dingen, die etwas mit Elektromobilität zu tun haben und denen, die nicht damit zusammenhängen.
Das Szenario „Kurzstrecken-Elektromobilität“, möglicherweise noch in Verbindung mit autonomen Fahrzeugen (die allerdings nicht von der Antriebsart abhängen) würde die Städte erst recht verstopfen.
Wie gesagt, Kunden wie ihre Nachbarin müssen sich entscheiden, ob sie für Elektromobilität wesentlich mehr ausgeben, obwohl ein kleiner Benziner ihre Bedarfe eben auch erfüllen könnte. Ein Elektrofahrzeug bietet keine spezifischen Vorteile als Substitut für ein konventionelles Fahrzeug. Es ist nicht schneller, nicht effizienter, nicht preiswerter, nicht sicherer, nicht komfortabler. Es kann auch im besten Fall nur genau das, was ein Verbrenner auch kann (noch kann es das nicht, auch nicht Model 3). Und mal ehrlich: So fehleranfällig ist ein Verbrenner mit Getriebe schon lange nicht mehr. Ein Akku verschleißt schneller und ein E-Motor ist technisch gesehen auch nicht simpel. Die Vorstellung, man könne hier an den Wartungskosten sparen, ist abwegig. Die Personalkosten sind der bei weitem größte Posten auf einer Inspektionsrechnung. In Zukunft wird das Software-Update weit mehr zu Buche schlagen, als der Austausch einiger mechanischer Komponenten. Und zwar bei Verbrennern und Batteriefahrzeugen gleichermaßen.
Lieber Peter Heller,
es geht in beiden Fällen nicht um Technik, Ökonomie oder sonst was, nur um Lifestyle. Gefühl. Nicht um technische Daten. Ich fürchte, da wird das E-Auto gewinnen. Übrigens: Die ersten Benz-Kutschen waren vermutlich unzuverlässiger als das perfekte System der Thurn-und-Taxis-Postkutschen. Sprechen wir uns in 5 Jahren wieder.
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