Tichys Einblick
Klimamilliarden unbegrenzt vorhanden

Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 87: CO2-Vermeidungskosten

Es gehört zu den eher leidvollen Erfahrungen der Menschen, dass alles seinen Preis hat, meist in Form von Geld. Es gehört zum unangenehmen, aber seriösen Handwerk von Finanzministern, auf die Beschränktheit von staatlichem Geld hinzuweisen. Nicht so, wenn es um die Klimarettung geht. Da spielt Geld keine Rolle.

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

C wie

CO2-Vermeidungskosten, die

Die Vermeidung von CO2-Emissionen wird gegenwärtig in Deutschland zum alles überstrahlenden Ziel erklärt. In Umfragen sei festgestellt worden, dass die Bürger den Klimawandel für das dringendste Problem halten. Vermutlich lebe ich in einem völlig isolierten Bereich der Gesellschaft, denn in meinem Umfeld und auch in überregionalen Kontakten kann ich diese Gewichtung des Problems nicht feststellen. Man wundert sich höchstens über das Wetter.

Ich sehe es als sinnvoll an, weltweit Emissionen zu senken – über das zu Unrecht verteufelte CO2 hinaus. Nun ist Politik immer das Machbare, immer Kompromiss und Abwägung und am Ende einer Finanzierung vorbehalten.

Die finanzielle Belastung der Bürger hierzulande durch Staatsquote und Sonderlasten ist in der Weltspitze zu finden und eine weitere Steigerung droht. Die Reform der Grundsteuer geht für Eigentümer und Mieter vielleicht noch glimpflich aus, eine indexierte automatisch mit der Inflationsrate steigende GEZ-Gebühr droht zur regelmäßig steigenden Quasisteuer zu werden. Die Einführung einer Ausländermaut, verursacht von einer bayerische Regionalpartei zwecks Erhalts der Lufthoheit über den Stammtischen, ist zwar gescheitert, sie wird aber wiederkommen. In Form einer EU-Maut mit national aufgesatteltem „Klimabeitrag“, so ist zu vermuten.

Warum ein Gesetzentwurf, erarbeitet von Regierungsjuristen mit der Möglichkeit, den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zu befragen, vor dem EuGH in Luxemburg scheitert, wundert den Laien. Minister Scheuer spricht enttäuscht von einem Elfmeterschießen, so als sei das Verfassen eines Gesetzes Glücksache. Geschätzter Schaden durch das Agieren von Dilettanten für die Steuerbürger: Wohl ein dreistelliger Millionenbeitrag.

Dass der Gesetzentwurf mit der EU abgestimmt war, macht die Sache nicht besser. Womit die an Plattheit kaum zu überbietende SPD-Wahlreklame „Europa ist die Antwort“ ad absurdum geführt ist. Vier Wochen nach der Wahl dürfen die Wähler immer noch zuschauen, womit sich EU-Rat, -Kommission und –Parlament in ihren Hinterzimmern oder auf Poker-Gipfeln beschäftigen: mit sich selbst. Antworten gibt es keine. Der SPD fehlen ohnehin schon die richtigen Fragen.

Das Geld der anderen

Früher, als Politiker und hohe Beamte in Deutschland noch Ehre und Würde hatten, gab es Rücktritte oder Entlassungen. Heute wurstelt man sich durch, Ahnungslosigkeit schädigt nicht mehr den Ruf. Das Thema der Amtshaftung für Steuerverschwendung wird in der Öffentlichkeit stärker thematisiert und sollte konkret werden. Aber welche Krähe hackt … na Sie wissen schon. Im Verbund mit einer weiteren Verbürokratisierung des Landes, des Anstiegs staatsfinanzierter Beschäftigung und der Verringerung wertschöpfender marktlicher Tätigkeit beschreitet Deutschland den Weg wirtschaftlichen Abstiegs.

Zurück zur CO2-Problematik. Während es an Begründungen nicht mangelt, warum Renten und Sozialleistungen nicht gesteigert, Gebühren und Steuern nicht gesenkt werden können, sind „Klimagelder“ offensichtlich unbegrenzt vorhanden. Die so genannten CO2-Vermeidungskosten spielen in heutigen Diskusionen, wo es nur noch um –zig oder hunderte Klimamilliarden geht, kaum eine Rolle.

CO2-Vermeidungskosten sind die „effektiven Kosten einer Klimaschutzmaßnahme pro Tonne“, so das RP-Energielexikon. Diese Angabe wurde über die Jahre für verschiedene Technologien in vielerlei Studien untersucht. Dabei geht es nicht nur um Erzeugungstechnologien, sondern auch um Gebäudesanierungen oder die Abtrennung und Speicherung von CO2.

Die teuerste Form, CO2 zu vermeiden, ist nach Angaben der FAZ nach wie vor die Fotovoltaik mit 415 Euro pro Tonne, gefolgt von der Geothermie (345 Euro) und Offshore-Wind und Biomasse mit je 252 Euro. Der Zertifikatepreis liegt gegenwärtig bei etwa 25 Euro pro Tonne. Die Ertüchtigung eines alten afrikanischen Kohlekraftwerks würde etwa 5 Euro pro Tonne kosten. Deutsche Förderpolitik zeichnet sich auf diesem Feld traditionell dadurch aus, dass die marktfernsten Technologien am meisten unterstützt werden.

Die Vermeidungskosten werden maßgeblich durch die EEG-Umlage geprägt, indirekte Kostensteigerungen entstehen durch den Emissionshandel, Steuern, den Netzausbau und die Systemstabilisierung. Eine zusätzliche CO2-Steuer steht nicht mehr in Frage. Auch das ideologische Vorfeld kostet Geld, zum Beispiel für Studien: „Gendergerechtigkeit als Beitrag zu einer erfolgreichen Klimapolitik“, veröffentlicht vom Umweltbundesamt, wird zwingend hilfreich sein, die Emissionen zu senken. Näher möchte ich auf diese Studie nicht eingehen, das hat Dieter Nuhr (ab Minute 34:30) auf seine Weise schon getan.

Dabei ist das Feld der Energie fiskalisch schon gut angezapft. Die Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) schlägt beim Tanken zu, die Stromsteuer über die Steckdose. Die Mehrwertsteuer wird auf alle Preisbestandteile von Kraftstoffen und Strom erhoben, auch auf die Strom- und Energiesteuer. Eine Steuer auf die Steuer? Ja, im Energiewendewunderland ist dies eine Selbstverständlichkeit und unterliegt seltsamerweise nicht dem Doppelbesteuerungsverbot.

„Die Mehrwertsteuer ergibt sich aus dem Mehrwert einer Ware, der durch die Wertschöpfung eines Produkts entsteht und sich auf die Weiterveräußerung überträgt“, wird in Buchhaltungskreisen gelehrt. Und warum bildet die Besteuerung von Energie einen Mehrwert für Produzent und Verbraucher, der zu besteuern ist? Logische Folge ist, dass die Finanzminister mit Wohlwollen steigende Energiepreise sehen, sie sind die Booster für die Steuereinnahmen.

Geld oder Leben

Nun möchten die Grünen einen staatlichen Klimafonds von 100 Milliarden Euro auflegen und dafür auch eine Neuverschuldung in Kauf nehmen. Das Geld soll, das kann man positiv sehen, auch der Vorbereitung auf Klimaänderungen dienen. KGE, die Unvollendete, will dabei gleichzeitig „mehr Elektroautos und schnelleren Kohleausstieg“, offenbar ohne einen Zusammenhang zwischen beiden Forderungen zu erkennen. Vorher müssen noch 9.500 Megawatt Kernkraftwerksleistung emissionsarm ersetzt werden. Hat mal jemand eine Idee? Es sei alternativlos, schnell zu handeln.

Hinderlich daran, aber unbeachtet ist die Tatsache, dass sich China im Pariser Klimavertrag verpflichtet hat, ab 2030 die Emissionen zu senken. Bis dahin werden die Steigerungen im großen Reich des Ostens jegliche deutsche Einsparungen überkompensieren. Schon deshalb ist der Ruf nach Schnelligkeit Unsinn. Der theoretischen Abschaltung von reichlichen 80 Kohlekraftwerken in Deutschland stehen praktisch etwa 1.300 Kohlekraftwerke gegenüber, die in den nächsten Jahren weltweit in Betrieb gehen werden. Diese Informationen an jene, die zu wissen vorgeben, dass in sechs, acht oder zehn Jahren alles zu spät sei, wenn wir jetzt nicht handeln. Nach dieser Lesart ist es ohnehin zu spät.

Man sollte Berechnungen anstellen, was es kosten würde, grüne Verbalemissionen zu vermeiden. Meine Vermutung: Es würde sich rechnen angesichts des Schadens, den Grüne in absehbarer Zeit in der Regierung verursachen werden.

Im Übrigen soll die Senkung der CO2-Emissionen einem höheren Ziel dienen, der Verhinderung einer zu starken Erderwärmung. Maßgebend können also nicht Millionen und Milliarden Tonnen von vermiedenem CO2 sein, sondern die dadurch vermiedene Temperaturerhöhung in der Maßeinheit Kelvin (nein, nicht Kevin). Diese entspricht in der Wertigkeit den „Grad Celsius“, die man umgangssprachlich dafür verwenden kann. Einfach eine Bitte ans PIK in Potsdam: Wie viel Kelvin globale Erwärmung verhindert Deutschland durch die „Klimaziele“ 2030, wenn sie denn erreicht werden?

Dann ließen sich statt CO2-Vermeidungskosten die Temperatursenkungskosten pro Grad darstellen und die Relevanz aller deutschen Emissions-Senkungsmaßnahmen einschätzen.


Die mobile Version verlassen