Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 66 – Arabische Solarkraftwerke

Der Mai ist gekommen, die Sonne steigt immer höher und die Freunde solarer Energienutzung sind guter Dinge. Dazu passend Meldungen aus dem arabischen Raum.

© STRINGER/AFP/Getty Images
Visitors look at screens displaying images of the Mohammed bin Rashid Al-Maktoum Solar Park on March 20, 2017, at the solar plant in Dubai. Dubai completed a solar plant big enough to power 50,000 homes as part of a plan to generate three-quarters of its energy from renewables by 2050.

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

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Solarkraftwerke, arabische

In den vergangenen Wochen berichteten unsere Medien voller Freude über Großinvestitionen in Fotovoltaikanlagen in Ägypten und Saudi-Arabien. Beide Länder, und auch einige ihrer Nachbarn, wollen Solarenergie verstärkt nutzen. Der Kronprinz der wahabitischen Monarchie geht neue Wege, wozu er gute Gründe hat. Er möchte die Abhängigkeit vom Öl reduzieren und den Energiemix verbreitern. Das Land ist groß, die Sonne heiß und die Preise der Module sind historisch niedrig. Geld gibt es im Königreich (noch) genug. Wolken und Regen, vor allem Nebel und Schnee sind selten oder nie.

Die Zahl der Menschen ist eher klein (knapp 32 Millionen) und es gibt einen hohen Bedarf an Kühlleistung für die, an guten Wohnstandard gewohnten Einheimischen. In der Mittagshitze, wenn am meisten gekühlt werden muss, speisen die Paneele viel Strom ein. Passt. Die Meerwasserentsalzung kann angebotsabhängig variabel gefahren werden, passt auch. Solarthermische Kraftwerke können die Wärme teilweise speichern und auch bei Dunkelheit Strom liefern. Geht auch.

Die Nutzung der Sonnenenergie spart Öl und Gas, das dann für den Export zur Verfügung steht und den Preis auf dem Weltmarkt niedrig hält – ein grünes Paradoxon, wie von Professor Sinn beschrieben. Eine insgesamt wirtschaftlich sinnvolle und logische Entwicklung, über die man nicht schreiben müsste, würde sich an diesem Beispiel nicht die deutsche Tendenzberichterstattung deutlich zeigen. Indem viele Medien über die geplanten Solarinvestitionen ausführlich berichten, entsteht zwangsläufig der Eindruck, arabische Länder würden ihr Energiesystem umbauen, gleichsam eine Wende nach deutschem Vorbild vollziehen, hin zu 100 Prozent Erneuerbar.

Die Meldungen zu den Solarinvestitionen sind weder gelogen noch falsch, aber sie sind, wie so oft, nur die halbe Wahrheit. Unser Pressekodex fordert Achtung vor der Wahrheit, der ganzen. Informationen sollen mit gebotener Sorgfalt gemeldet werden. Gehörte es früher zum guten journalistischen Handwerk, die Leser (heute: Medienkonsumenten) möglichst umfassend und ausgewogen mit Meldungen zu versorgen, nach denen sie sich eine Meinung bilden können, wird heute so berichtet, dass Meinungsbildung in eine gewünschte Richtung erfolgt.

Energiewendeerfolgsjournalismus

Unsere weitgehend links-grün zu verortende Journalistenschar bleibt meist bei der Wahrheit, bevorzugt aber oft nur eine Teilmenge Halbwahrheit. Indem zum Beispiel ausführlich (und begeistert) über die arabischen Solaraktivitäten berichtet wird, breitet man in den entsprechenden Meldungen den Mantel des Schweigens über ägyptische Investitionen in das weltgrößte Gaskraftwerk und den Einstieg Ägyptens, Saudi-Arabiens und etlicher anderer Länder in die Kernkraft. Diese Informationen gibt es auch, zum Beispiel hier, aber sie stehen nicht auf Seite 1.

Zu einer ausgewogenen Berichterstattung würde gehören, zu recherchieren und den Nachrichtenempfängern ein umfassendes Bild aus dem jeweiligen Land zu liefern. Dazu muss man nicht investigativ sein, man muss als Journalist nur seinen Job machen. Aber wenn der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis heute weniger für journalistische Qualität, eher für unbeugsame Haltung verliehen wird, zeugt das von einem geänderten Verständnis von Journalismus. Galt früher Regierungskritik in den Medien als große Möglichkeit der Profilierung und Belebung der öffentlichen Diskussion, ist heute die Verteidigung von Regierungsentscheidungen und die Einteilung der Welt in Gut und Böse, angesagt.

Sozialen Medien wird zu Recht vorgeworfen, massenhaft Fakes zu verbreiten. Über Fakes in unseren Medien wird indes wenig gesprochen. Neben den angeführten Halbwahrheiten gibt es auch echte Fakes, zum Beispiel die Mär von den Windkraftanlagen, die x-tausend Haushalte versorgen könnten. Jeder energietechnisch noch so unbedarfte Journalist sollte inzwischen wissen, dass Windkraftanlagen nur einspeisen können, was die Natur gerade liefert und eben nicht nach Bedarf regeln können. Kein konventionelles Kraftwerk kann damit ersetzt werden. Aber mit solchen Formulierungen kann man versuchen, der Bevölkerung weiszumachen, ein Umstieg von grund- und regellastfähiger Stromproduktion auf Zufallseinspeisung sei möglich. Mit derartigen Formulierungen lassen sich Leser und Meinungen beeinflussen. So soll die Energiewende zum Erfolg geschrieben werden.

Warum nun Kernkraft in so sonnenreichen Ländern? Mohamed-al-Mazrouei, Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und derzeitiger OPEC-Chef, sieht das in einem Handelsblatt-Interview für sein Land so: Es sei ein bestimmter Anteil der Grundlast mit Atomkraft zu sichern, weil die Preise für (importiertes) Gas schwer zu prognostizieren seien und man weg von fossilen Energien wolle.
„Unsere Energiestrategie 2050 sieht 44 Prozent erneuerbare Energien vor, sechs Prozent Atomstrom, 38 Prozent Strom aus Gas und zwölf Prozent aus besonders sauberer Kohle. Mit diesem Energie-Mix verringern wir unseren CO2-Ausstoß um 80 Prozent. Das setzt aber auch ein Reduzieren des Energieverbrauchs pro Kopf um 40 Prozent voraus.“ Auch die mit Sonne verwöhnten Länder kommen ohne einen ausgewogenen Energiemix nicht hin und streben eine unrealistische „Dekarbonisierung“ bis 2050 auch gar nicht erst an.

Nun liefert Russland in großem Umfang Kernkraftwerke in den arabischen Raum (16 Reaktoren allein nach Saudi-Arabien) und verschafft sich wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Auch in Afrika, wo es mit Ghana, Südafrika, Nigeria, Kenia, Marokko und Tunesien Planungen, oder auch schon Verträge gibt. Wirtschaftlicher Aufschwung kann Fluchtursachen reduzieren und Flüchtlingsströme verringern.

Exportierter Krieg

Siemens lieferte Ägypten Gaskraftwerke, weiter trägt Deutschland wenig zum Ausbau der Energieversorgung in Ägypten und Saudi-Arabien bei. Kernenergetische Anlagen kommen ohnehin nicht in Frage (Teufelszeug). Nachdem CCS (CO2-Abscheidung und Speicherung) politisch verhindert wurde, können wir auch keine neue Kohletechnologie liefern, keine neuen Lösungen im Bereich der regenerativen Energieumwandlung. Deutschland wähnt sich in einer imaginären Vorreiterrolle, die in der Praxis nur aus Abschaltplänen und dem massenhaften, aber nicht zielführenden Ausbau altbekannter regenerativer Anlagen besteht. Voller Naivität hofft man, allein durch Vorbildwirkung würde die Welt auf diesem Weg folgen.

Die Russen bauen neben Saudi-Arabien auch in der Türkei Kernkraftwerke. Während sie damit wirtschaftliche Entwicklung fördern, liefert Deutschland beiden Ländern Waffen für Angriffskriege. Das ist schlecht fürs Klima – vor allem das politische.
Überhaupt scheint der Frieden aus Sicht unserer Regierung überbewertet. „Nie wieder Krieg“ war die heute veraltete Losung unserer Kriegs- und Nachkriegsgeneration. Ihre Botschaft versandet zusehends. Heute geht es darum, „den Frieden auch robust durchzusetzen“, wie Chefkommentator Krauel am 5. Mai in der „Welt“ schreibt. So lesen sich Vorkriegskommentare. Da sich Deutschland derzeit nicht im Kriegszustand befindet, bleibt offen, wo genau er durchzusetzen ist. Vermutlich am Hindukusch, in Mali und in der Ukraine.

Mit dem Maas bis an die Memel, mit der Uschi in den Krieg? Eine begrenzt einsatzfähige Bundeswehr bewahrt uns (noch) vor zu „ehrgeizigen“ Zielen in anderen Ecken der Welt. Territoriale Selbstverteidigung ist nur noch vordergründig der Zweck der Bundeswehr. Medial läuft die Vorbereitung, Krieg als politisches Instrument einzusetzen, wieder Menschenleben angeblich höheren Zielen zu opfern.

Es brennt in vielen Gegenden dieser Welt. Die Eskalation zum Krieg 3.0 würde alle Klimaängste in den Schatten der arabischen Module treten lassen. In einer zum Selbstzweck verkommenen Klimadiskussion, kommt dieser Aspekt nicht vor. Ohne Frieden ist alles nichts.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop

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Kommentare ( 4 )

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Udo Kemmerling
6 Jahre her

Saubere Analyse zur Energiestrategie diverser nahöstlicher Länder. Dann der kapitale Umfaller zum Thema „exportierter Krieg“. Waffen schießen nicht, Menschen schießen. Es gehört zum grauslichen Repertoire der Kampfbegriffe von Kulturmarxisten, dass mit Waffen automatisch der Krieg kommt.
Schon der Römer wußte: si vis pacem para bellum.

Thorsten
6 Jahre her

Der Autor sollte verstehen, dass CSS nicht richtig funktioniert sondern nur ein Spielprojekt der Industrie ist, dass Hypotheken für die Zukunft schafft.

Hinter den Wünschen von Saudi-Arabien und der Türkei eigene Kernkraftwerke zu betreiben, steht auch der (heimliche) Wunsch Atomwaffen zu haben. Saudi-Arabien hat dies schon indirekt zugegeben.

Frank Hennig
6 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Vermutlich meinen Sie „CCS“ (carbon capture and storage). Das hat im Versuchsmaßstab funktioniert in der Versuchsanlage Schwarze Pumpe nach dem Oxyfuelverfahren. Das abgeschiedene CO2 besaß eine hohe Konzentration und Reinheit. Auch die Speicherung in Ketzin bei Potsdam, betreut durch das Geoforschungszentrum Potsdam, war erfolgreich. Einfach mal recherchieren und nicht die Fakes der Ökoszene glauben.
Dass die Energiewirtschaft sich nicht stärker am Thema engagiert, hat den Grund, dass angesichts der niedrigen CO2-Zertifikatspreise ein wirtschaftlicher Betrieb nicht in Sicht wäre.

notname
6 Jahre her
Antworten an  Frank Hennig

Lieber Herr Henning,

die ganze CCS-Technik ist eine teure Spielerei, denn Sie verteuert ein Kraftwerk erheblich und verschlechtert zusätzlich den Wirkungsgrad.

Im Übrigen: Warum sollte man diese Technik einsetzen, wenn Strom aus Wind & Sonne bereits ca. 4 ct/kWh kostet und ab 2021 sogar auf ca. 3 ct/kWh fällt?

Gesicherter Strom aus einem Verbundkraftwerk bestehend aus einem Wind- und Solarpark, einer relativ kleinen Batterie für die Feinregelung im Tagesgang und aus einem Gasturbinenkraftwerk für die Absicherung kostet bereits 30% weniger als Strom aus einem Steinkohlekraftwerk.

Da lohnt sich die CCS-Technik endgültig nicht mehr.