Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 59: Solarcloud

Strom in der Cloud ist wie virtueller Kuchen. Man wird davon nicht satt.

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Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

S wie

Solarcloud, die

Mit dieser netten neuen Wortschöpfung bewirbt Eon eines seiner Produkte. Die Cloud genannte Einrichtung war bisher nur in IT-Kreisen bekannt und bezeichnet dort einen großen externen Speicher, der irgendwo im Datennetz schwebt („Wolke“) und die Daten von Nutzern speichert. Das verringert den Speicherbedarf beim Einzel- oder Geschäftskunden, kostet dann aber meist auch Miete. Zuweilen werden etwa bei der Telekom Zusatzleistungen angeboten wie Datenanalyse, Abrechnungen und anderes.

In Biere bei Magdeburg betreibt und erweitert die Telekom einen Superspeicher mit 20.000 Servern. Dieser schluckt neben den Daten auch Energie, mehr als 18 Megawatt elektrische Leistung sind nötig, abgesichert durch 30 Notstromdiesel. Immerhin werden im Endausbau 30 Petabytes gespeichert, was dem Datenvolumen von 30 Milliarden Büchern entspricht.

Trotz des Energieaufwandes handelt es sich beim Inhalt der Cloud um Daten ohne Energieinhalt. Jeder Kunde, der seine Daten in die Wolke schiebt, kann sehr sicher sein, auf genau diese bei Bedarf wieder zugreifen zu können.

Den gleichen Eindruck versucht Eon mit der Solarcloud zu erwecken. Sauberen eigenen Solarstrom im Sommer einparken, um sich im Winter retour und sauber versorgen zu lassen. Es ist die Vorspiegelung der Möglichkeit, intersaisonal Strom speichern zu können. Es ist ein Fake, der über die Realitäten der Energieversorgung hinwegtäuscht (Slogan: „Mit der E.ON SolarCloud 100% ihres Solarstroms nutzen“). Es ist eine Werbemasche, die in den Kunden fatal falsche Vorstellungen über die Funktionsweise unseres Energieversorgungssystems weckt. Es wird die Existenz von Langzeitstromspeichern vorgegaukelt.

Im konkreten Fall wird der überschüssige häusliche Solarstrom ins Netz gespeist und verbraucht, im Winter gibt es „dreckigen“ Atom- und Kohlestrom zurück. Es entspricht dem Zeitgeist, auch Strom als virtuelles Gut zu betrachten, so wie bei der Blockchain-Technologie der Eindruck erweckt wird, Stromversorgung sei vor allem ein zu digitalisierendes Datenproblem. Im Grunde ist die Solarcloud eine Stromcloud und ein virtueller Speicher, der mit realer Stromspeicherung nichts zu tun hat.

Virtuelles Licht macht gutes Gewissen

Eon möchte Geld verdienen und seiner durchgrünten Zielgruppe natürlich nicht sagen, dass in dieser virtuellen Cloud kein Strom gespeichert wird. Das Geschäftsmodell ist einfach und besteht in einem virtuellen Stromkonto bei Eon, auf das der Solarkunde eben Strom einzahlt oder abhebt. Damit tritt er die Einspeisevergütung nach EEG an Eon ab und nimmt auch dessen Graustrom im Winter ab (den er sich sonst vielleicht von einem Ökostromanbieter geholt hätte). Damit bindet Eon diese Kunden und kassiert auch die EEG-Umlage für die privaten Anlagen. Um das Angebot rund zu machen, bietet Eon gegen höhere Grundgebühr weitere Bausteine wie den Effizienzcheck der Fotovoltaikanlage, eine Versicherung oder eine „Sonnenscheingarantie“ für den Fall, dass in meteorologisch ungünstigen Jahren die Anlage den projektierten Ertrag nicht erreicht. Und so man noch keine eigene Anlage hat, gibt es alles als Komplettpaket für 14.699 Euro.

Den Vertragspartnern gaukelt Eon vor, durch „eigenen“ in den Winter hinübergeretteten Strom ihren „Autarkiegrad“ zu erhöhen. Auch dieser Begriff ist im Wortsinn falsch, denn man kann nur zu 100 Prozent autark sein – oder eben nicht. Autarkie im Eigenheim bedeutet nicht weniger als die Trennung vom öffentlichen Netz, alle anderen Interpretationen über so genannte bilanzielle Autarkie sind Etikettenschwindel. Die Crux einer Stromversorgung besteht darin, zu jeder Sekunde bedarfsgerecht zu versorgen, so wie es das öffentliche Netz tut.

Korrekt formuliert können Nutzer eigener Fotovoltaik- oder anderer regenerativer Anlagen einen auch hohen Selbstversorgungsgrad erreichen, der im Winter allerdings stark abfällt. Dann hilft auch weiterhin konventioneller Strom.

Sollten perspektivisch viele Haushalts- und Gewerbekunden einen hohen Selbstversorgungsgrad erzielen, wäre der Ausbau der Offshore-Windenergie ein kolossaler Irrweg. Keine Form der Stromerzeugung ist zentraler als die auf dem Meer. Ihr Vorteil: Der Strom kommt auch im Winter. Der Nachteil: Er kommt manchmal auch nicht.

Die Erkenntnis, dass virtueller Strom nicht zur Abdeckung reeller Bedarfe geeignet ist, wird sich früher oder später durchsetzen. So lange ist das Angebot von Eon ein Geschäftsmodell, befördert durch einen Marketingtrick für grünorientiertes Verbraucherklientel auf der Basis eines Fakes. Man kann genau so wenig Strom virtuell speichern, wie man ein virtuelles Stück Kuchen essen kann. Der Link zum Medikament in der Cloud, gesendet von der Apotheke des Vertrauens, hilft auch nicht heilen.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop

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Kommentare ( 13 )

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Felix Schmidt
6 Jahre her

Klasse, besonders der letzte Absatz.
Die Naturgesetze gelten eben auch für Wähler der Grünen…

Hans Diehl
6 Jahre her
Antworten an  Felix Schmidt

Klasse, besonders der letzte Absatz. Wähler der Grünen sind da offensichtlich etwas mehr mit der Materie vertraut, weil ihnen bekannt ist, dass aus den Naturgesetzen zusammen mit Logistik ein lukratives Geschäftsmodell werden kann . Schauen Sie mal hier. https://idblog.hdm-stuttgart.de/strompreis/category/rechercheergebnisse/ Diese zwei Artikel beantworteten sehr gut unsere Frage, wer eigentlich an der Strombörse einkauft. Denn es wurde immer nur von Versorgungsunternehmen, Stromhändlern, industriellen Großkunden und Banken gesprochen. Nun wissen wir dazu gehören auch die Stadtwerke und Unternehmen, wie E.ON, RWE usw. Es gibt also keinen Zwischenhändler mehr. Der Grund dafür, dass Unternehmen wie RWE auch an der Börse einkaufen, obwohl sie… Mehr

Gernot Radtke
6 Jahre her

Was Sie, verehrter Herr Hennig, hier in Ihren hoffentlich noch lange fortgesetzten Beiträgen liefern, ist wissensbasierter Faktencheck und Ideologiekritik vom Allerfeinsten. Dafür ein Riesenkompliment! Der Kampf gegen Verdummung und besonders gegen extreme (kackdreiste) Verdummung durch den grünen Weltobskurantismus ist zwar unabschließbar, zeitigt aber doch immer wieder beste Aufklärung. Gegen die Lüge hilft nur die Wahrheit. Seien Sie ruhig stolz auf Ihre Beiträge dazu!

Gerd Dammhirsch
6 Jahre her

Eon handelt nach dem Prinzip:

„Mundus vult decipi, ergo decipiatur.“

Katjes wirbt ja auch mit einem als Muslimin verkleideten weiblichen Model im Hidschab. (Diese Produkte kommen mir ab jetzt nicht mehr ins Haus.)

Thomas
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Hennig,
vielleicht könnten Sie in einem Ihrer nächsten Artikel einmal die Haftungsfrage beleuchten. Denn mittlerweile gibt es ja immer mehr Grund- und Hausbesitzer welche PV und Windkraftanlagen nicht selbst betreiben, sondern die Flächen nur verpachten/-mieten. Wer haftet denn eigentlich irgendwann für den Rückbau und die Entsorgung wenn die „Wir sind 100% ÖKO“ GmbH (Pächter/Mieter, mit begrenzter Haftung) beim Insolvenzrichter war????

Ben Krüger
6 Jahre her

14.699,-€ ist eine scharfe Kalkulation. Also nicht mal 14.700,-€! Bedeutet für meinen Haushalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt, dass sich die Anlage bereits in 40,8333 Jahren amortisiert. Das klingt so verlockend wie ein Urlaub im Wohnmobil. Beiden gemeinsam ist, man muss es mögen.

Dr. Mephisto von Rehmstack
6 Jahre her

Mich würde interessieren, wie die Leistungsbilanz bzw der Wirkungsgrad der gesamten installierten Solarenergie für die letzten vier Monate aussieht.

Mlw-reloaded
6 Jahre her

Heute beim Focus gelesen: Werbung für Mini-Solaranlagen für den heimischen Balkon. Kommen einfach in die Steckdose und man spart sich Stromentnahme aus dem Netz. Gut gedacht, aber: Scheint die Sonne, ist man normalerweise nicht zuhause. Der Solarstrom geht dann ins Ortsnetz, wird von den Nachbarn verbraucht, durch deren Zähler natürlich, während der eigene Zähler natürlich eine Rücklaufsperre haben muss. Effektiv schenkt man damit als angeblicher „Selbstversorger“ dem Netzbetreiber Geld! Alles fürs grüne Gewissen…

Hans Diehl
6 Jahre her
Antworten an  Mlw-reloaded

Sonst wird immer kritisiert, dass nur Hausbesitzer an den Vorteilen Energiewende teilhaben können, jetzt bekommen Mieter im obersten Stockwerk auch die Gelegenheit Sonne zu ernten, ist es einigen auch wieder nicht recht.

Es gibt doch auch Mieter die ernten Tomaten auf ihrem Balkon, und verschenken einige davon. Warum soll Sonne ernten was anderes sein, zu mal niemand dazu gezwungen wird.

mlw-reloaded
6 Jahre her
Antworten an  Mlw-reloaded

Als Reaktion auf die Antwort, die mich zwar per Mail erreichte, aber hier nicht sichtbar ist: Sicher KANN man so etwas machen als Privathaushalt. Und damit mindestens einen Teil Strom sparen, das was tagsüber ohnehin viel verbraucht wird. Je mehr man in der Lage ist, seinen Stromverbrauch mit der Sonne zu synchronisieren, desto besser die Ausbeute. Privatvergnügen wie das kleine Hochbeet. Mich stört aber die plumpe Gegenrechnerei, die marktschreierische Lobhudelung, man könnte damit ohne Aufwand richtig Geld sparen und – Achtung! – die Anschaffungskosten ruckzuck wieder reinholen. Das ist schlichtweg falsch und sinnbildlich für unseren verklärten Umgang mit erneuerbaren Energien,… Mehr

Rainer Küper
6 Jahre her

Es ist ein Jammer, erleben zu müssen, wie die E.ON-Führung den grüngetüchten Weltenrettern im Berliner Klimazirkus hinterherkriecht.

Thorsten
6 Jahre her

Hier wird schöner Schein verkauft – erfahrungsgemäß dürfte dies für die angepeilte Zielgruppe ausreichen und den erstrebten Umsatz generieren.

Genial auch die begriffliche Verknüpfung mit dem IT-Trendthema Cloud Computing. Das riecht nach Digitalisierung, Aufbruch und schönen neuen Welten! Wo wir hingehen, brauchen wir keine physikalischen Gesetze – die versteht eh keiner! Die sind was für ängstliche Spießer und Ewiggestrige!

Note für die Eon-Marketing-Abteilung: Doppelplusgut!