Gerechtigkeit, diverse Heilsversprechen und keine Steuersenkungen waren die Kernaussagen vieler Wahlprogramme. Die energiepolitischen Aussagen haben den „Volksparteien“ nicht geholfen, die Grünen können sich vom Wahlergebnis bestätigt fühlen.
Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.
W wie
Wirtschaftsbegrünung, die
„Wir begrünen unsere Wirtschaft . . .“ stand in der Überschrift des Grünen-Wahlprogramms. Wer grün wählt, verhindert die Klimakatastrophe, so die verkürzte Botschaft. Die 20 „dreckigsten“ Kohlekraftwerke sollen sofort abgeschaltet werden. Ersatz gäbe es durch: „Architektinnen und Bauarbeiter bauen Häuser, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen“. Warum Architekten und Bauarbeiterinnen diskriminiert werden, wissen nur die grünen Chefideologen.
Wahlkampfzeiten sind Perioden, in denen Wahlprogramme verteilt werden, die kaum jemand liest, die nach der Wahl nur noch hinweisenden Charakter haben und aus Sicht der Parteien vom Wahlvolk hoffentlich schnell vergessen werden. „Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, sagte schon Oma und Müntefering beklagte die Unfairness, Politiker an ihren Wahlversprechen zu messen. Aber ein Minimum der Versprechen sollte bei einer Regierungsbeteiligung schon eingelöst werden.
Nun ist die Wahl gelaufen und die vermutlich neue alte Kanzlerin steht unter dem Druck, eine Regierung bilden zu müssen. Minderheitenregierung oder Neuwahlen sind ob ihrer unberechenbaren Folgen keine Optionen. Daher wird in Koalitionsverhandlungen mit Gelb, Grün und Bayrisch-Dunkel die eigene Position sehr biegsam sein, da hatte Schulz in der Elefantenrunde schon recht. Dass aus ihrer eigenen Partei Grundsatzpositionen gegen ihren situativ opportunistischen Schlingerkurs standhaft vertreten werden, ist kaum zu erwarten. Dafür werden Kauder und Altmaier schon sorgen.
Ganz im Gegensatz zum karibisch lockeren Jamaika werden die Koalitionsverhandlungen dennoch zäh wie alte Hammelsehne, boshaft wie Schneewittchens Mutter und langwierig wie ein Flughafenbau. Dafür werden grüne, gelbe und bayrische Teilnehmer sorgen. Im Blickpunkt stehen die „Obergrenze“, die innere Sicherheit, die EU-Schuldenunion und mehr.
Die Energiewende bleibt im Schatten und wird mit einiger Wahrscheinlichkeit Verhandlungs- und Zugeständnismasse von CDU/CSU und FDP an die Grünen. Natürlich werden keine zwanzig Kohlekraftwerke abgeschaltet werden – aber eine geringere Zahl tut Schwarz-Gelb nicht weh. Dann noch ein terminierter Kohleausstiegsplan nach dem Motto „bis dahin gibt es ja noch mehrere Wahlen“, um die grüne Seele zu beruhigen. Dass dann schon heute niemand mehr in sichere Energie investiert, stört im Machtpoker nicht. Das EEG wird in der Wirkung erhalten bleiben, auch wenn man sich auf kosmetische Änderungen einigen wird. Subventionen für EE-Anlagenbetreiber werden verlängert und auf breitere Basis gestellt werden, indem man CO2-Abgaben auf Benzin, Diesel und feste Brennstoffe einführt. Dadurch kauft man sich das Verbrennerverbot ab, das FDP und CSU keinesfalls zulassen können. Auch die Ausländermaut geht durch, die Lufthoheit über bayrischen Stammtischen wiegt schwer. Den Grünen kann man bei der Verwendung der Einnahmen eine Klimakomponente zusagen.
In Bayern gibt es nur wenige Kohlekraftwerke, die CSU wird also auch nicken, wenn die nächsten ihrer Art zwangsabgeschaltet werden. Zudem sitzt die Masse der EEG-Nutznießer in Bayern. 2015 flossen 5,36 EEG-Milliarden dorthin, fast genau so viel, wie das Land in den Länderfinanzausgleich einzahlte (5,45 Milliarden). Im Hinblick auf die Landtagswahlen muss die bayrische Landbevölkerung mit ihren flächendeckend mit Fotovoltaikanlagen belegten Scheunendächern bei Laune gehalten werden. Auch hofft die mittelständische Ökoindustrie darauf, dass die FDP die Umverteilung von unten nach oben sichert. Diese wird ihre Klientel nicht enttäuschen.
Die Grünen gestehen den Gelben den Finanzministersessel zu und kriegen dafür das Umweltressort.
Und die großen Konfliktpunkte? Die werden schon noch abgeräumt: Die „Obergrenze“ wird umbenannt und mit Ausnahmen versehen, die innere Sicherheit mit mehr Polizei verbessert (wo sich ohnehin alle einig sind) und offene Fragen wie die Videoüberwachung so verkompliziert und verwässert, dass sich zwar nicht die Sicherheit, aber das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung steigern lässt. Die Schuldenunion wird auf später vertagt (auf Zeiten nach dem Schuldenschnitt für Griechenland). Die entsprechenden Formulierungen, um den Koalitionsvertrag dem grünen, gelben und schwarzen Parteifußvolk schmackhaft zu machen, werden sich finden lassen.
Keine der künftigen Regierungsparteien hat ein besonderes Interesse an dem Versorgung sichernden Teil der Energieinfrastruktur. Es wird den Realitäten überlassen bleiben, sich in Erinnerung zu bringen. Wie am 22. September um 17 Uhr, zwei Tage vor der Wahl. Da erreichte die Windenergieeinspeisung in Deutschland einen markanten Tiefpunkt von 296 Megawatt. Die anderen 53.000 Megawatt installierter Leistung standen tatenlos zur Zierde der Landschaft und zum Vorteil für die Vogelwelt einfach so herum. Dass maßgebende Politiker diese 0,5-Prozent-Leistungsverfügbarkeit der Windenergie als künftiger „tragender Säule“ der Energiewende wahrnehmen, ist wahrscheinlich, aber unerheblich. Die Grünen werden gebraucht für die Macht.
Nach den Koalitionsverhandlungen wird eine zutiefst westdeutsche Regierung unter Führung von Frau Merkel stehen. Ihr wird es ziemlich egal sein, wer Vizekanzler und Minister wird, solange ihre eigene Macht erhalten bleibt. Es läuft auf ein beschleunigtes Energiewende-„Weiter-so“ hinaus, die Geschwindigkeit auf dem Weg in die Sackgasse wird sich erhöhen. Merkels fulminanter Spruch zum Wahlkampfauftakt war Drohung genug: „Sie kennen mich ja . . .“.
Eigene Fehler ihrer vergangenen Amtszeit konnte sie nicht erkennen.
Die Wirtschaftsbegrünung kann beginnen.
Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop: www.tichyseinblick.shop
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Alles wird so bleiben wie es war, entnehme ich dem Artikel, wenn auch mit zähneknirschendem Unterton des Autors. Lassen Sie mich für den energiepolitischen Sektor zwei Punkte erwähnen, wo der Autor offensichtlich etwas uninformiert scheint. Zitat: 1) Dass dann schon heute niemand mehr in sichere Energie investiert, stört im Machtpoker nicht. Zitat Ende. Glaubt der Herr Hennig tatsächlich, dass RWE Milliarden in „unsichere“ Energie investiert.??? Siehe hier. http://www.handelsblatt.com/technik/energie-umwelt/erneuerbare-energien-rwe-investiert-milliarden-in-oekostrom/2896496.html Zitat: HB ESSEN. Der Energiekonzern RWE will sein Geschäft mit Ökostrom mit Milliardensummen ausbauen. Vom nächsten Jahr an solle die neue gegründete RWE Innogy pro Jahr mindestens einer Milliarde Euro in den… Mehr
Ich habe einige Jahre in Asien gelebt und als Selbstversorger die Strukturellen Probleme vor Ort ausgeglichen. Schaue ich mir die Grünen und deren Wähler an, in deren Gefolge die Merkel Truppe und die Linken, da fällt mir nur folgendes ein. Früher sagte ich immer, auf der Erde leben noch über 80 % der Menschen auf Bäumen. Ich dacht damals, in Ländern wie Deutschland sei der Anteil geringer. Mittlerweile behaupte ich, der Anteil ist viel größer. In vielen anderen Ländern sind die Menschen mangels Bildung nicht informiert und den Verhältnissen ausgeliefert. In Deutschland sind die Menschen jeder Zeit in der Lage… Mehr
Das Dumme daran ist aber, hier geht es nicht um das bisschen Energie für Ihr Zuhause. Es geht um Energie für die Wirtschaft, für Krankenhäuser, Versorgung usw. Wenn das Netz kollabiert, dann gibt es Tote. Wenn die Wirtschaft auswandert, dann ist es vorbei mit der schönen lebensverlängernden Medizin. Wir leben nicht auf einer Insel. Wir sind hochgradig abhängig von einer sehr komplexen Infrastruktur.
Je eher ein großflächiger Blackout einsetzt, der vielleicht 5 % der Bevölkerung (4 Millionen) für eine Woche betrifft (kein Strom, kein Wasser, kein Benzin, keine Heizung, nur noch Notoperationen, dafür Plünderungen), desto eher haben wir die Chance, dass dieser Unsinn endet. Ich hoffe nur, dass der Blackout nicht bei mir zu Hause sein wird. Vielleicht ja in einer Gegend mit besonders vielen CDU- und Grünen-Wählern.
…ja – es wird so kommen müssen! Anders sind Urgrüne nicht zu überführen!