Das ABC von Energiewende und Grünsprech 106 – Windkraftreserve

Je mehr die Energiewende vor unseren Augen zerbröckelt, desto absurder und abstruser werden Schuldzuweisungen und Lösungsvorschläge. Dabei wird deutlich, dass die dauerprogressiven klimaschützenden Funktionäre die Ahnungslosesten sind.

IMAGO / blickwinkel

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

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Windkraftreserve, die

Da beim besten Willen der um sich greifende Energiemangel, vor allem sichtbar an exorbitant steigenden Preisen, nicht mehr ignoriert werden kann, kommen wundersame Lösungsvorschläge.
Während vermeintlich Ewiggestrige nach einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke rufen, einer Ausweitung der Erdgasförderung im eigenen Land oder dem Einsatz von mehr Kohlekraftwerken, präsentiert Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) einen neuen Vorschlag:

„Ich wünsche mir statt Kohlekraftwerken, die aus der Reserve geholt werden, eine Staatliche Windkraftreserve. Hier kann die Bundesregierung konkret in die Energiesicherheit unseres Landes investieren!“

Eine missverständliche Formulierung kann man wohl ausschließen. Stromspeicher für Windkraft meinte er offensichtlich nicht, sondern in der Tat Windkraftanlagen. Was ist eine Reserve? Üblicherweise ein gespeichertes Medium oder eine Anlage, die bereitsteht, um bei Bedarf etwas zu produzieren. Nimmt man auf eine längere Autofahrt einen Kanister mit Treibstoff mit, kann man ziemlich sicher die Reichweite kalkulieren, die man mit dem Inhalt des meist blechernen Gefäßes erreichen kann. Für den Strom gibt es keine Kanister und weil er zunehmend knapp und teuer wird, Stromspeicher absehbar nicht kurzfristig in nötiger Menge zur Verfügung stehen werden, möchte Herr Müller-Kraenner Windkraftanlagen in Reserve stellen.

Damit wären sie von der regulären Stromproduktion ausgeschlossen, der nichtproduzierte Strom müsste aus anderen Quellen mit entsprechenden CO2-Emissionen erzeugt werden. Genau deshalb gibt es aber im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den festgeschriebenen Einspeisevorrang, um den Strommix insgesamt emissionsärmer zu machen. Zunächst müsste also das EEG bezüglich dieses Einspeisevorrangs geändert werden, was Regierung und Branche seit Jahren erfolgreich zu verhindern wissen.

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Aber machen wir als Gedankenexperiment weiter. Wann würde man auf diese Reserveanlagen zurückgreifen müssen? Sicherlich in wind- und sonnenarmen Zeiten. Beispielsweise am 12. September 2022 um 4 Uhr, als ganze 1.988 Megawatt Windstrom ins Netz flossen, entsprechend drei Prozent der installierten Leistung aller Windkraftanlagen in Deutschland und 4,7 Prozent der Netzlast zu diesem Zeitpunkt. Praktisch wäre also dieser geringe Anteil durch stehende „Reserveanlagen“ noch geringer gewesen, ihre Zuschaltung wäre im Grunde fast ohne Effekt. In Zeiten der Windstille wäre das Ergebnis genau null.

Zufallsstrom als Reserve? Dieser Vorschlag ist unfassbar blöd.

Wer ist der Mann mit dieser Idee? Sascha Müller-Kraenner ist einer der Bundesgeschäftsführer der DUH, ein Diplom-Biologe, der auch Philosophie und Öffentliches Recht studierte. Nach Tätigkeiten beim Deutschen Naturschutzring sitzt er im Beirat der Internationalen Klimaschutzinitiative der Bundesregierung und des Instituts für Ökosystemmanagement der Universität Eberswalde. 2007/08 lehrte er an der Hertie School of Governance unter anderem zum Thema „Internationale Energie- und Klimapolitik“, 2007 erschien auch ein Buch von ihm. Danach sind keine Veröffentlichungen oder Lehraufträge mehr bekannt, vermutlich nahm ihn die Tätigkeit des Geldeintreibens bei der DUH voll in Anspruch.

Nun, da wir in der energetischen Sackgasse sitzen, denkt er nicht über Ursachen nach, sondern entwickelt abstruse Ideen, die Einblick in seine zementierte Öko-Weltsicht offenlegen. Leute seines Kalibers sitzen heute in Ministerien und Institutionen. Wenn Minister Habeck Betriebsschließungen als Betriebsferien interpretiert, so ist das nur die Spitze des Eisbergs der Inkompetenz, die in staatlichen Stellen und NGOs, die inzwischen GOs sind, die Zügel in der Hand halten.

Zu vermuten ist, dass der Vorschlag Müller-Kraenners ernsthaft geprüft werden wird. Zunächst wird der hilflose Aktionismus täglich grüßender Verbrauchertipps weitergehen. Mein Vorschlag: mehr sicher verfügbare Waschlappen als Reserve vorhalten.

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Kommentare ( 57 )

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Werner Geiselhart
2 Jahre her

Und wenn dann auch der letzte Depp merkt, dass Windräder nur liefern, wenn der Wind weht und ansonsten eine riesige gesundheitsgefährdende Umweltsauerei sind, dann kommt die DUH daher und verklagt die ganze Branche wegen Umweltverschmutzung.
Ich sage nur SF6, das hat Potential, besonders beim Rückbau.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/erneuerbare-energien-windkraft-treibhausgas-sf6-101.html
Dieser irre Haufen passt wie die Faust aufs Auge zur wissensbefreiten Bundesregierung.

Dr. Friedrich Walter
2 Jahre her

Vielleicht glaubt Herr Müller-Kraenner ja – analog zu „Kobold-Annalenchen“, die Strom im Netz speichern will – daß man Wind einfangen, in „Windbeuteln“ speichern und so eine Reserve anlegen kann. Da wäre er bei den „Grünen“ genau richtig, die bestehen fast nur aus geistigen Windbeuteln…!

A. Loeffler
2 Jahre her

Unfähig – Verbohrt – Überheblich.
Sind das nicht die drei Adjektive, die grün charakterisieren, auf dem neuesten TE-Titel?

Aladin
2 Jahre her

Um sein Heer von Asien nach Europa zu bringen, ließ Xerxes zwei Schwimmbrücken über den Dardanellen bauen. Leider hielten sie dem Sturm nicht stand. Xerxes befahl den verantwortlichen Brückenbauern die Köpfe abzuschlagen und der bösen Meerenge 300 Peitschenhiebe zu geben. Selbst Henker wurden an den Tatort geschickt, um den aufsässigen Wellen Brandmale aufzudrücken. 
Ich empfehle das heute nicht. Wir haben zu wenig Ingenieure auch ohne sie zu köpfen und die Atmosphäre auszupeitschen geht auch nicht. Prügelstrafe ist verboten, wir sollen es mit Freiheitsentzug der Winde versuchen. 2 Jahre Knast jeden unwilligen Hurrikan der nicht schafft uns Wind zu liefern.

tane
2 Jahre her

Fragen Sie doch mal einen Betreiber einer WKA wieviel Jahresertrag seine Anlage hat. In unserer Region liefert ein 3 MW Windrad ( statt 3*8760 Jahresstunde = 26,3 GWh) nur 4,3 GWh. Also nur 16,34% des Vollastequivalentes. Die Leistung ist Exp.3 abhängig. Über ca 25 m/s Windgeschwindigkeit ist Stop wegen Sturmsicherung. Wir haben eine installierte Solar-/Windleistung von über 120 GW, brauchen aber nur etwa 80GW. Es reicht trotzdem bei weitem nicht, weil es fast Null Speichermöglichkeiten gibt. Auch eine Verdopplung der Anlagen würde am Ergebnis nur wenig ändern. Aber um dies zu verstehen, braucht man physikalische und mathematische Grundkenntnisse, die bei… Mehr

November Man
2 Jahre her

Deutschland wir nicht von außen angegriffen, sondern von innen. Der alles zerstörende Angreifer heißt Rot/Grün. Den heißt es jetzt mit allen erlaubten Mitteln zu bekämpfen.

Werner Geiselhart
2 Jahre her

Der stellt sich das so vor:
Man stellt 1 Million Windräder auf und hält die Hälfte davon in Reserve.
Also 3 Windräder pro qkm, das müsste schon gehen, denkt der sich.
Im Ernst, ich vermute mal, der denkt echt so.
Mein Tipp, das DUH-Gebäude zunageln, wenn alle Mit“Arbeiter“ drin sind und einen geeigneten Psychiater reinschicken, der sein Bestes versucht.
Große Hoffnung habe ich nicht, aber einen Versuch wär’s wert.

Poltergeist
2 Jahre her

Wenn der Wind nicht weht und die Windräder stillstehen, sollte man diese mit Kohlestrom in Bewegung setzen. So funktioniert die „Grüne Transformation“

Babylon
2 Jahre her
Antworten an  Poltergeist

Vermutlich müßten dann ein paar technische Modifikationen erfolgen. Kann Nordex machen und müßte so zumindest einen Teil seiner Geschäftsaktivitäten nicht nach Indien verlagern, wie jetzt die vollständige Produktion neuer Windmühlen von Rostock nach Indien zwecks Kostenreduzierung.

jopa
2 Jahre her

Warum speichern wie nicht den Wind in der Atmosphäre, wie den Strom Im Netz? Ist doch alles schon ausgerechnet. (:-))))

Babylon
2 Jahre her
Antworten an  jopa

Heute, 13 Sep.2022, will der Wind überhaupt nicht wehen. Im Strommix laut FAZ nur 8,6%. Der Wind, ein Saboteur. Man sollte den Klageweg beschreiten.

stolzerSachse
2 Jahre her
Antworten an  Babylon

Wie recht Sie haben kann man HIER sehr deutlich ablesen
Heute, 13.9.22 um 13:20h 0,00 MW erzeugt von möglichen 15 MW installierter Leistung .
Tscha, auch im Schwarzen Walde ist es dunkel 😉

Jo Walter
2 Jahre her
Antworten an  Babylon

Und das ist derzeit schon viel, das dümpelt oft bei 4-5% rum. Gestern war hier in Frankfurt absolute Windstille. Die Blätter an den Bäumen haben sich nicht bewegt. Sehr gespenstisch. Aktuell minimale Luftbewegung, für WKAs reicht das nicht.

moorwald
2 Jahre her

Müller-Kraenner meint nichts anderes als eine Vermehrung der Windräder. Es ist eben die altbekannte Mär, man müsse nur genügend Windräder aufstellen, und habe dann genug elektrische Leistung zr Verfügung.
Also der Irrglaube, Quantität schlage in Qualität (Strom auch bei Flaute) um. Ein bißchen wie die Tonnen-Ideologie des verblichenen Sozialismus.