Bundeskanzler Scholz behauptet in seiner Regierungserklärung, es gebe keine gesellschaftliche Spaltung. Die vermeintlich Unsolidarischen hat er also sprachlich schon ausgebürgert. Dabei wäre es so einfach gewesen, ein Zeichen des inneren Friedens auszusenden mit einer Formel Willy Brandts.
Olaf Scholz hat seine erste Regierungserklärung als Bundeskanzler im Bundestag als doppelte Kampfansage begonnen: gegen das Virus beziehungsweise die Pandemie einerseits und gegen diejenigen andererseits, die er als „eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten“ bezeichnete. Wobei ihn das Virus und seine Gefährlichkeit in der Erklärung gar nicht besonders beschäftigten.
„Wir werden den Kampf gegen die Pandemie mit der größten Entschlossenheit führen“, sagte er martialisch phrasenhaft. „Wir werden diesen Kampf gewinnen, wir werden diese Krise überwinden.“ Wie schon unter seiner Vorgängerin und bei Corona-Politikern allgemein üblich führte er dabei nicht aus, worin dieses Gewinnen bestehe. Glaubt er immer noch, es werde bald kein Corona-Virus mehr geben? Wir erfahren es nicht.
So befeuert Scholz weiter die Legende von der immunisierenden Impfung, die durch Tausende geimpfte Infizierte, Hospitalisierte und auch Gestorbene längst widerlegt ist. Von dieser Wahrheit war dementsprechend keine Rede bei Scholz. Wie befreiend und befriedend, wäre es gewesen, hätte der neue Kanzler und frühere Finanzminister nur so einen Satz gesagt wie: Unsere großen Hoffnungen und Versprechen über die Impfung haben sich nicht erfüllt, der Impfstoff wird das Virus nicht aus der Welt schaffen, aber er kann Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, womöglich das Leben retten. Ich empfehle Ihnen daher, sich im eigenen Interesse impfen zu lassen.
Stattdessen markierte Scholz nach einem Dank an die, „die in der Zeit der Pandemie alles richtig gemacht haben“, den Feind: „Eine kleine extremistische Minderheit in unserem Land hat sich von unserer Gesellschaft, unserer Demokratie, unserem Gemeinwesen und unserem Staat abgewandt, nicht nur von Wissenschaft, Rationalität und Vernunft.“ Für sie findet Scholz die Attribute: „Wirklichkeitsverleugnung“, „absurde Verschwörungsgeschichten, mutwillige Desinformation, gewaltbereiter Extremismus“.
Zwischendurch kommt zwar auch ein versöhnlicher Satz: „Wir haben Respekt vor ernst gemeinten Einwänden, wir hören zu, wir suchen die Debatte, wir sind offen für Kritik und Widerspruch. Wir geben aber auch den Versuch nicht auf, bislang noch zurückhaltende zu überzeugen, dass sie sich doch impfen lassen.“ Doch die nächste Kampfansage kommt sogleich: „Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwingen.“
An keiner Stelle seiner Regierungserklärung macht Scholz klar, wo für ihn die Grenze zwischen den Millionen Ungeimpften, den vielen Tausenden friedlichen Demonstranten und jener winzigen Minderheit von enthemmten Extremisten verläuft. Gehört ihr etwa jeder Ungeimpfte, jeder Demonstrierende schon an? Scholz lässt das offen.
Dann kommt der erstaunlichste Abschnitt dieser Regierungserklärung: „Unsere Gesellschaft ist nicht gespalten. Die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger verhält sich solidarisch, vernünftig und vorsichtig. Die Bundesregierung ist die Regierung dieser überwältigenden Mehrheit. Sie ist die Regierung aller solidarischen, vernünftigen und vorsichtigen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land und sie ist ausdrücklich auch die Regierung derjenigen Bürgerinnen und Bürger, die noch Zweifel haben oder ganz einfach noch nicht dazu gekommen sind, sich impfen zu lassen.“
Was sich vielleicht zunächst wie ein Zeichen des Friedens anhört, ist also letztlich durch dieses „noch“ nur eine Aufforderung zur Kapitulation: Diejenigen, die sich weiter nicht impfen lassen, können sich von dieser Bundesregierung nicht vertreten fühlen. Für die Millionen Ungeimpften bleibt also nur die Wahl, sich doch noch impfen zu lassen, oder die Unsicherheit, ob sie denn nun zu jener „winzigen Minderheit von enthemmten Extremisten“ gehören, die Scholz indirekt zu Ausgebürgerten erklärt.
Scholz hat gleich zu Anfang seiner Regierung eine große Chance versäumt, nicht als Corona-Kanzler, sondern als Kanzler des inneren Friedens anzutreten. Wie befreiend und befriedend wäre ein solcher Satz aus Kanzlermund gewesen: Auch wenn ich ihre persönliche Entscheidung gegen die Impfung schwer nachvollziehen kann und für unvernünftig halte, so will ich doch auch der Kanzler der Ungeimpften sein.
Scholz, der der Partei Willy Brandts angehört und seine Regierung unter das sprachlich schiefe Pseudo-Brandt-Motto „Mehr Fortschritt wagen“ stellt, hätte sich ein anderes Brandt-Motto zum Vorbild nehmen können. Es lautet „Wandel durch Annäherung“ und stand über der neuen Ostpolitik. Wie damals eine sozialliberale Regierung den äußeren Feinden des Westens und den Spaltern Deutschlands die Hand reichte und das Gespräch mit ihnen suchte, um den Frieden in Europa und der Welt zu erhalten, hätte die neue Ampel-Regierung jetzt die Chance und die Verpflichtung, die innere Feindschaft in der deutschen Gesellschaft zu überwinden.
Scholz hat heute vor dem Bundestag klargemacht, dass er kein Kanzler des inneren Friedens sein will. Er setzt auf Kampf, auf Unterwerfung oder völligen Ausschluss. Alles, was er schließlich noch im Rest der Regierungserklärung unter häufiger Nennung der Vokabeln Fortschritt und Respekt behauptete und ankündigte, verblasste dagegen. Fast schon zynisch erschien da gegen Ende ein Satz, den man sonst als Banalität hätte abhaken können: Die großen Probleme werde man nur dann bewältigen, „wenn uns unterwegs nicht der Zusammenhalt abhanden kommt“.
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