Ein großer Teil der Sozialwissenschaftsstudenten an der Goethe-Universität will die Meinungsfreiheit einschränken. Wer etwa den Islam für inkompatibel mit westlicher Lebensweise hält, soll nicht an der Uni sprechen und vor allem nicht lehren dürfen.
Der „herrschaftsfreie Diskurs“ ist einer der zentralen Begriffe von Jürgen Habermas. Ausgerechnet an dessen Wirkungsstätte an der Frankfurter Universität sind viele oder gar die meisten Studenten der Sozialwissenschaften offenbar zum Diskurs nur bereit, wenn sie diesen selbst beherrschen.
Das ist das Ergebnis einer der seltenen Studie von Sozialwissenschaftlern, die sich mit dem eigenen Berufsstand beziehungsweise dessen Nachwuchs befassen. In der deutschsprachigen Zusammenfassung der auf Englisch verfassten Studie „Is Free Speech in Danger on University Campus? Some Preliminary Evidence from a Most Likely Case“ schreiben die Autoren Matthias Revers und Richard Traunmüller: „Unsere Umfrageergebnisse zeigen, dass sich Studierende häufig sprachlich angegriffen fühlen und dass sich ein beträchtlicher Anteil für die Einschränkung der Meinungsfreiheit ausspricht. Auch finden wir Hinweise für Konformitätsdruck. Sowohl hinsichtlich des Wunsches, die Redefreiheit einzuschränken als auch hinsichtlich der Hemmung, seine Meinung offen zu äußern, bestehen politisch-ideologische Unterschiede. Linksgerichtete Studierende sind weniger bereit, umstrittene Standpunkte zu Themen wie Gender, Einwanderung oder sexuelle und ethnische Minderheiten zu tolerieren. Studierende rechts der Mitte neigen eher dazu, sich selbst zu zensieren.“
Mit anderen Worten: Linksgerichtete Studenten haben die Diskurshoheit und setzen sie durch, die anderen schweigen. Wobei die Antwort auf die Frage, warum man „rechts der Mitte“ dazu neigt, „sich selbst zu zensieren“, auf den hinteren Seiten der Studie, wo Gespräche mit den Befragten wiedergegeben sind, deutlich wird: Sie haben Angst vor Repressionen – durch andere Studenten, aber auch durch Dozenten.
Keine Diskussion mehr an Universitäten
Befragt wurden 932 Studenten (54.1 Prozent Frauen, 42,2 Prozent Männer) der Sozialwissenschaften in Frankfurt von Mai bis Juli 2018. Die Antworten ergaben, dass je nach Thema zwischen einem Drittel und der Hälfte der Studenten nicht zulassen möchten, dass Zeitgenossen, die ihren Ansichten zu diesen Themen grundsätzlich widersprechen, Zugang zum Campus der Uni haben sollten; noch etwas höher ist die Anteil der Studenten, der solche Widersprecher aus dem Lehrkörper der Universität Fernhalten möchte. Ein knappes Drittel will sogar deren Bücher aus der Universitätsbibliothek verbannen. Konkret waren zum Beispiel nur 69 Prozent der Befragten der Ansicht, dass jemandem erlaubt sein solle, an der Universität zu sprechen, der „glaubt, dass der Islam unvereinbar mit dem westlichen Lebensstil“ sei. Als Dozent würden nur 32 Prozent der Befragten eine solche Person zulassen. Nur 23 Prozent würden einen Dozenten zulassen, der generell gegen Immigration eingestellt ist.
Die Studie belegt exemplarisch, was viele Menschen nicht nur an Universitäten wahrnehmen: Ein gesellschaftliches Klima der fortschreitenden Einschränkung dessen, was ohne unangenehme Folgen öffentlich gesagt oder geschrieben werden kann. Die Studie zeigt außerdem noch zweierlei: Die Forderung nach Einschränkung des Sagbaren wird oft mit der Befindlichkeit bestimmter Gruppen gerechtfertigt, die Schutz vor verbalen Zumutungen beanspruchen. Und: „Studenten, die die Linke, die Grünen oder die SPD wählten, erwiesen sich als signifikant intoleranter gegenüber kontroversen Ideen auf dem Universitätskampus“.
Rufmord an einem Wissenschaftler
Dass es bei der Intoleranz von Studenten nicht nur um Fantasien und Wünsche geht, sondern sich diese auch in ganz konkreten aggressiven Aktionen äußern, belegen unzählige Beispiele aus jüngerer Zeit nicht nur an amerikanischen Hochschulen, sondern auch an deutschen. Zum Beispiel wurde im vergangenen Jahr der Ökonom und frühere AfD-Politiker
Bernd Lucke mehrfach von AStA-Aktivisten, also gewählten Vertretern der Studentenschaft in Hamburg daran gehindert, seine Vorlesung zu halten. Er wurde „Nazi-Schwein“ genannt und physisch attackiert. Der Rückhalt der Universitätsleitung und des Wissenschaftssenators für seinen Professor war so gut wie Null.
Ähnliches erlebte der Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt beim Versuch eines Vortrages an der Universität zu Köln. An der Berliner Humboldt-University beschuldigten 2016 Studenten den Soziologen Ruud Koopmans öffentlich des „antimuslimischen Rassismus“ wegen seiner Forschungen über die Arbeitsmarktintegration von muslimischen Migranten. Regelrecht verfolgt von einer linken Polit-Sekte wird seit Jahren der Berliner Historiker Jörg Baberowski.
Die Autoren betrachten nach eigener Aussage ihre untersuchten Studenten als einen „most likely case“, weil die Frankfurter Uni schon seit den 60er Jahren ein Zentrum der linken Studentenbewegung war und als „training ground for the political left“ diene. Schließlich sei sie der Geburtsort der „Frankfurter Schule“ der Kritischen Theorie (mit Habermas als noch lebendem Vordenker). Lehre und Forschung in Frankfurt legten viel Wert auf Ideen, die mit der Kontrolle unerwünschter Aussagen in engem Zusammenhang stünden: kulturelle Anerkennung als Mittel der Verteilungsgerechtigkeit oder etwa das Konzept der „Intersektionalität“, das angebliche Diskriminierung mit dem vermeintlichen Nachteil durch überlappende Identitäten erklärt.
Es gibt wenig Grund für die Vermutung, dass die Ergebnisse unter Studenten der Sozialwissenschaften an anderen Hochschulen in Deutschland sehr stark von denen in Frankfurt abweichen würden. Und auch die Unterschiede zu anderen Fächern und Universitätsfakultäten dürften womöglich mittlerweile geringer sein, als sie es vielleicht einmal waren. Längst hat sich schließlich die Politisierung des Lehr- und Forschungsbetriebs im Dienste bestimmter ideologischer Botschaften aus den Sozial- und Kulturwissenschaften auch schon in die Naturwissenschaften ausgebreitet. Ein besonders eklatantes Beispiel dafür ist die „Jenaer Erklärung“.
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Wenn ich mir die Argumentationsfähigkeit vieler junger Menschen aus dem „linken“ Lager anschaue, also pro alles was mit Ökologie, Migration, NGOs und Globalismus zu tun hat, dann finde ich deren mehrheitlichen Wunsch, andere Meinungen zu verbieten, nachvollziehbar.
Da kommt nämlich oft nicht mehr als das Aufsagen von Parolen und der Versuch, andere negativ zu etikettieren und sich damit der Notwendigkeit einer Debatte zu entziehen. Hier zeigt sich der Niedergang Deutschlands, von dem Todenhöfer im anderen Artikel spricht.
Na ja und ein nettes Jöbchen mit Staatsknete soll schon auch noch rausspringen.
Wieder mal haben die Rechten recht gehabt in der Bewertung der Universitäten heutzutage; wieder einmal bestätigt sich der Blick von der traditionellen Warte aus. Wer in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren diesseits von Mond und Mars lebte, konnte das Ergebnis der Studie vorhersehen. Ein Lob gilt den Autoren insoweit, daß sie das Ergebnis auch so veröffentlicht haben. Wirkung wird es an Ort und Stelle nicht erzielen, stammt die Studie doch augenscheinlich von Biodeutschen mit womöglich Cis-Einstellung. Derlei toxische Männlichkeit nebst fehlender Diversität betrachtet die Welt in traditionellen Strukturen und Denkmustern und muß zwangsläufig falsch deuten. Somit wird die Studie… Mehr
„Ein Lob gilt den Autoren insoweit, daß sie das Ergebnis auch so veröffentlicht haben.“
Eben. Ich denke mal es gibt massig Themen gibt, mit denen man sich mehr Freunde macht in der Scientific Community. Irgend was mit „rechts“ und den richtigen Ergebnissen ist eine sichere Bank im Bezug auf den erfahrbaren Zuspruch und den Zugang zu Fördertöpfen.
Anders ein Ergebnis, dass die eigene Branche in ein kritikwürdiges Licht stellt. Danke auch von mir dafür.
Den Kommentatoren scheint nicht bewusst zu sein, was alles zu den Sozialwissenschaften gehört. Unter anderem umfasst der Begriff auch Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, mithin wichtige Disziplinen. „Brotlose Künste“ wie etwa Philosophie oder der literaturwissenschaftliche Teil diverser Philologien sind dagegen keine Sozialwissenschaften. Daher ist auch fraglich, welche Fächer die Studie überhaupt ausgewertet hat und auf welcher Grundlage die Ergebnisse beruhen.
„Auch finden wir Hinweise für Konformitätsdruck“
Das ist leider auch schon so in der Schule meiner Tochter. Sie ist in der 10. Klasse eines G8-Gymnasiums. Heute schreibt sie passenderweise eine Klausur in Wipo zum Thema Rechtsstaat. Ein Lernabschnitt (den wir vorher gemeinsam besprochen haben) ist: Das Paradoxon der Toleranz; sprich: absolute Toleranz kann es nicht geben, da es Ansichten und Personen gibt, denen gegenüber man nicht tolerant sein darf. Hier ist Intoleranz erlaubt.
Über dieses Thema haben wir lange diskutiert, damit sie das „Richtige“ in der Klausur schreibt…die Haltung des Lehrers und vieler Klassenkameraden ist nämlich die „Gute“.
Wie es zu den vielzitierten „12 Jahren“ in Deutschland kommen konnte? Echt jetzt – fragt man das wirklich noch?
„Intoleranz und Konformitätsdruck unter Studenten der Sozialwissenschaften“
DAS gabs schon zu meiner Studienzeit. Das Problem heute ist, es studieren viel zu Viele „irgendwas Soziales oder so“. Und die alle wollen nach einem bequemen Studium dann in Lohn & Brot stehen, möglichst im öffentlichen Dienst.
Die Aversion linker Studenten gegen Meinungsfreiheit kommt nicht von ihren vorgeblichen moralischen Maßstäben, sondern daß sie insgeheim wissen, daß sie falsch liegen und deshalb Angst vor den guten Argumenten der Gegner haben.
Meine Hoffnung, dass es dann doch nicht so schlimm wird, wie man aus der Studie herauslesen kann, beruht auf der Macht des Faktischen, wenn man das erste Mal seine Lohnabrechnung in Haenden haelt und Netto weniger als die Haelfte von Brutto ist.
Sozialkunde studiert man nur, wenn es für Maschinenbau nicht reicht. Diese Studienrichtung besteht aus ca. 80% Meinung die nicht validiert werden kann.
Was wird man wenn man fertig hat? Vielleicht Politiker? Fernsehen ist auch gut! Diese Richtung eignet sich auch als Wartestudium, um ein bisschen Bafög abzuziehen. Völlig egal was die da treiben!
Sozialkunde kann man nur auf Lehramt studieren, womit der Berufsweg vorgegeben ist. Man kann diese Studiengänge ja gerne kritisieren, sollte aber doch halbwegs wissen, wovon man spricht.
Und für die Politik ist ein abgebrochenes Studium bekanntlich die beste Voraussetzung.
Nun ja, nach den Erfahrungen meiner Kinder ist es im „MINT“- Bereich nicht grundsätzlich besser. Es gibt da lediglich weniger „kritische“ Themen. Aber im Umfeld wird durch die ASTA der gleiche Druck ausgeübt.
Studenten in MINT-Fächern haben in der Regel keine Zeit die „gesamte Welt zu retten“, die müssen in aller Regel lernen weil sie sonst ihre Prüfungen nicht bestehen. ASTA und sonstige Konsorten spielen da überhaupt keine Rolle weil denen diese Fächer viel zu schwer sind, dafür reicht es bei denen schlichtweg nicht.