Die magische Inflationsbekämpfung der Bundesregierung

Die Bundesregierung prophezeit eine gesunkene Inflationsrate für 2023 – dank ihrer Gas- und Strompreisbremse. Doch diese ist durch Staatsschulden finanziert, wird also die Inflation mindestens mittelfristig selbst befeuern.

IMAGO / photothek
Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner, 10.10.2022

Regierungspolitiker rühmen sich gerne selbst. Das ist nicht neu. Aber wie Robert Habecks Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dies tut, ist schon erstaunlich. Man spricht sich sozusagen Zauberkräfte zu, die alle bisherigen historischen Erfahrungen mit Staatsschulden und Teuerungsraten auf den Kopf stellen.

Die vermeintlich frohe Botschaft: Die Inflation im kommenden Jahr werde doch nicht – wie von den meisten Ökonomen erwartet – noch stärker als in diesem ausfallen, sondern auf rund sieben Prozent zurückgehen.

METZGERS ORDNUNGSRUF 07-2022
Ludwig Erhard: „Inflation ist Folge einer verbrecherischen Politik“
Das berichtet das Handelsblatt jetzt vorab aus der am Mittwoch zu veröffentlichenden „Herbstprojektion“ der Bundesregierung.  Die bisher gemeldeten Inflationszahlen seien zu hoch und noch nicht endgültig: „Die Regierungsbeamten haben nun noch die von der Ampel geplante Gas- sowie die Strompreisbremse eingearbeitet. Das sei der Grund, dass die finale Inflationsprognose für das kommende Jahr letztendlich einen Prozentpunkt niedriger ausfalle, hieß es aus Regierungskreisen.“ Anders gesagt: Die Bundesregierung attestiert sich, dass sie die Inflation senke. Aber sie verschweigt, dass das Mittel dazu, nämlich neue Staatsschulden, die Inflation selbst beschleunigen wird – allenfalls leicht zeitversetzt.

Natürlich wird die Gas- und Strompreisbremse akut die Preisbelastung für Gas- und Stromkunden senken. Da die Kostenlast, die die Bundesregierung den Verbrauchern abnimmt, aber nicht aus der Welt zu schaffen ist (sofern man nicht für ein größeres Energie-Angebot sorgt), sondern vom Staat auf anderen Schultern verteilt werden muss, stehen dafür nur zwei Möglichkeiten offen: eine andere Prioritätensetzung, also der Verzicht auf andere Staatsausgaben, oder zusätzliche Staatsschulden. Nur ersteres wäre eine für die Gesamtinflation neutrale Maßnahme zur Stützung der Energiepreise. Die Energiekonsumenten würden dadurch auf Kosten anderer volkswirtschaftlicher Interessen entlastet. Das wäre eine ordnungspolitisch vernünftige Maßnahme zum Schutz der Verbraucher und zum Erhalt der energieintensiven Industrie, die als Basis der Volkswirtschaft Priorität vor sozialpolitischen Staatsaufgaben haben muss.

Doch eine schuldenfinanzierte Energiepreisbremse ist ein Illusionstheater. Sie wird mit Sicherheit eher früher als später Teuerungsfolgen andernorts haben für diejenigen, die für die Schuldenlast des Staates geradestehen.

Zeitenwende
Die Inflation ist Dynamit für die Politik
In dieser Meldung aus dem einst von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack geleiteten Ministerium offenbart sich also der ganze Niedergang der deutschen Ordnungspolitik. Ludwig Erhard schrieb in seinem Buch „Wohlstand für Alle“: „Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen.“

Nun versuchen die Macher dieser leichtfertigen Inflationspolitik, beziehungsweise ihre noch leichtfertigeren Nachfolger, diese als das Gegenteil von dem darzustellen, das sie ist, nämlich als Anti-Inflationspolitik. Staatsschulden als Mittel zur Inflationsbekämpfung zu erklären, ist bei Lichte betrachtet mehr als bizarr, es hat schon orwellsche Qualität. Damit ist eingetreten, wovor Ludwig Erhard in seinem Buch warnte:

„Es ist ein grandioser Irrtum, wenn ein Volk oder ein Staat glaubt, eine inflationistische Politik einleiten und betreiben, sich aber gleichzeitig gegen deren Folgen absichern zu können. Dies kommt dem Versuch gleich, sich an den eigenen Haaren hochheben zu wollen. Es gilt umgekehrt, alle Kräfte darauf zu konzentrieren, eine Inflation zu verhüten und jedes schuldhafte Verhalten, das zu einer inflationistischen Entwicklung führen könnte, vor der gesamten Öffentlichkeit zu brandmarken und dadurch zu verhindern.“

 

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Kommentare ( 9 )

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Joerg Gerhard
2 Jahre her

Die Franzosen und die Dems in den USA sind ja auf dem gleichen Trip.
Die Briten machen auch das Gleiche, sind aber wenigstens so ehrlich zuzugeben, dass sie damit nur die naechste Wahl kaufen wollen.
Auf jeden Fall Nobelpreis-faehig und -verdaechtig. Egal ob’s klappt, s. Bernanke.

Waldorf
2 Jahre her

Die schaffen das! Wir können getrost unsere Politik, bzw. deren Latrinenparolen ignorieren, es wird solange es geht nur ein „weiter so“ oder „mehr vom Falschen“ geben. Rotgrün+ kennt, wie Merkel, nur eine staatliche Reaktion auf „Krisen“ und die heißt Geldgiesskanne, auf Pump natürlich! Dass damit Inflation nur noch weiter angefeuert wird, glauben sie einfach nicht, wie alles andere, was Kritiker sagen, auch nicht. Sie wissen es eben einfach besser, wie zur Energiewende. Abschalten und Angebotsverknappung hat nichts mit hohen Preisen zu tun, nur Putin ist daran schuld. Aber gut sind hohe Preise doch irgendwie, denn dann schrumpft die Nachfrage, Menschen… Mehr

Alf
2 Jahre her

Wir brauchen keine Gas- und Strompreisbremse.
Es genügt, die Steuern auf Energie zu senken. Das kann man sofort machen und man muß sich keine Gedanken über die Rückzahlung machen.
Das wußten schon die alten Römer.
Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est
Arglistig handelt, wer etwas verlangt, was er augenblicklich wieder zurückgeben muss.
Wie handelt jemand, der gar nicht zurückzahlen will, was er unrechtmäßig eingenommen hat?
Die Ampel hat ein ähnliches Modell. Der Staat verdient an seinen Bürgern, weil es doch so schwierig ist, die Bürger zu entlasten.

Flohau
2 Jahre her

Der Staat bremst nichts und schafft nichts. Die Gaspreisbremse ist in erster Linie eine Umverteilung von Haushalten ohne Gasheizung zu Gunsten der Haushalte mit Gasheizung. Sozialistischer Eingriff in selbstverschuldete Mangelwirtschaft. Mehr ist es nicht, da kann man sich noch so selbst beweihräuchern.

Warte nicht auf bessre zeiten
2 Jahre her

Ich hoffe nur, es gibt ein „Schattenkabinett“, das die Sache übernehmen kann, wenn diese Scharlatane und Wanderprediger vom Hof gejagt sind. Selbst die Leserkommentare im Tagesspiegel sind geprägt von Fassungslosigkeit und blanker Wut. Prognosen für 2023 würde ich auf keinem Feld wagen. Da kommen Sturzbäche aus allen Richtungen. Es wird nichts bleiben, wie es ist.

Kampfkater1969
2 Jahre her

Dieses Konstrukt der Preisbremsen hat die Konsequenz, dass ja diese importierten Güter subventioniert werden. Das bedeutet letztendlich, dass dies auf den Außenwert des Euro drückt. Gegenüber anderen Währungen wird also der Euro fallen. Auch für alle anderen Euroländer.
Diese Aktion der Ampel führt also zum Unmut der übrigen Euroländer, sofern die dieses Spiel nicht mitmachen wollen oder können!

chloegrace1312
2 Jahre her

Aber, aber, Herr Knauss, jetzt kommen Sie diesen drei schlichten Geistern doch nicht mit solch komplexen Zusammenhängen. Das verstehen die nicht.

PLP
2 Jahre her

Für Kinderbuchautoren und Praktikanten auf Posten, auf die eigentlich Manager hingehören, mag das logisch klingen. Wenn man zudem im Ministerium erfahrene Volkswirte gegen Ökobeppos austauscht, kann man sich das gegenseitig einreden. Die Realität sieht anders aus: Der Vorlaufindikator der Produzentenpreise liegt derzeit bei 37 % und der wird mit einem time lag von „drei Monaten plus x“ an die Konsumentenpreise weitergegeben. Dann sind wir bereits bei 12 %. Und da die EZB ihre ursächlichen Aufgaben der Geldwertstabilität mit Rücksicht auf die überschuldeten EU-Staatshaushalte im Süden und in Frankreich nicht wahrnimmt, wird sich daran in den nächsten 3-4 Jahren nicht viel… Mehr

Dr_Dolittle
2 Jahre her

Es ist seit der sogenannten Griechenlandkrise (bei der nach meiner Kenntnis keine Griechen gerettet wurden) ausdrücklicher Staatsauftrag die Inflation zu befördern. Warum sollten sie jetzt, so nah am Ziel, damit aufhören?