Wiedereinstieg in die Kernenergie? Christian Lindner kapituliert mal wieder

Von diesem Finanzminister und FDP-Chef, wie er sich im jüngsten Interview zeigt, haben Grüne und SPD wahrlich nichts zu befürchten. Weder in Sachen Kernenergie noch in der Haushaltspolitik zeigt Lindner Durchsetzungswillen. Da spricht einer, der jeglichen Mut vermissen lässt.

IMAGO / Bernd Elmenthaler
Christian Lindner, Bundesfinanzminister, FDP, und Annalena Baerbock, Grüne, Bundesaußenministerin, im Bundestag, 20.10.2022

Es hätte eigentlich nun wirklich keines Beleges mehr dafür bedurft, dass Christian Lindner, der 2017 mit dem Motto „lieber nicht regieren als schlecht regieren“ den Anschein der Prinzipientreue und Standhaftigkeit vermittelte, nun exakt das Gegenteil davon verkörpert. Aber Lindner hat in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung trotzdem nochmal einen solchen Beleg gegeben. Es ist ein Dokument darüber, wie das offensichtlich unbedingte Verlangen nach der fortgesetzten Teilhabe an der Macht den Charakter verderben, also jedes aufrichtige Wort verhindern kann.

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Das beginnt schon in den ersten Sätzen, als er nach der Schuldenbremse gefragt wird und angesichts einer tatsächlichen Neuverschuldung in dreistelliger Milliardenhöhe mit „Sondervermögen“ und „Doppelwumms“ behauptet, sein Haushalt sende „ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger sowie die Finanzmärkte, dass Deutschland weiter an der Stabilitätspolitik festhält“. Solch ein Satz ist wohl eher ein Signal, dass der Finanzminister entweder jeglichen Bezug zur Wirklichkeit seines eigenen Verantwortungsbereichs verloren hat, oder sowohl Bürger als auch Finanzmärkte für dumm hält. Auf Nachfrage bestätigt er dann letztere Annahme, indem er sagt, die „Fiskalregel“ gelte für „Ausgaben, die nicht krisenbedingt unabweisbar sind“. Bürger und Finanzmärkte wissen also nun, dass diese Regel nichts wert ist. Eine Regel, die bei Krisen nicht gilt, ist schließlich keine.

Immerhin zeigt Lindner aber auch Humor, als er auf die Frage, wann „der letzte Euro aus den diversen Krisenprogrammen erstattet“ sein werde, antwortet: „Die Pandemiekredite der vergangenen Jahre werden in den fünfziger Jahren zurückgeführt sein. Ähnlich verhält es sich mit den Krediten, die wir jetzt aufgrund des Energiekrieges aufnehmen müssen.“ Im Jahre 2060 sollte man den dann 91-jährigen Lindner nochmal darauf ansprechen.

Nach dem Grünen-Beschluss zur Atomkraft
Die FDP muss jetzt die Ampel abschalten, nicht nur im eigenen Interesse
Damit auch der letzte bisherige FDP-Wähler weiß, wie bereitwillig Lindner vor den Wünschen von Koalitionspartnern kapituliert, sagt er zum Thema Atomkraft: „Einen dauerhaften Wiedereinstieg in die Kernenergie halte ich weder für sinnvoll noch für realistisch. Die Kosten sind enorm hoch. Ich sehe gegenwärtig keinen privaten Investor, der dafür in Deutschland infrage käme. Ich kenne auch keine Versicherung, die bereit wäre, das Risiko eines Super-GAUs abzubilden. Das heisst, man würde einen staatlichen Betrieb, staatliche Investitionen und staatliche Haftung brauchen. Für einen Marktwirtschafter ist das ein Signal, Abstand zu nehmen. Wir haben mit den regenerativen Energien wirtschaftliche Alternativen, die langfristig auch ökonomisch sinnvoller sein werden. Überlegen Sie mal, was passiert, wenn das Uran auf der Welt knapp und teuer wird. Die Sonne wird nicht knapp.“

Leider kam der Interviewer nicht auf die Idee zu fragen, wie hoch denn die Kosten des Nichtbetriebs der Kernkraftwerke sind, und welche Versicherung eigentlich bereit ist, das Risiko der Energiewende abzubilden. Das letzte bisschen Rest an Nicht-mit-den-Grünen-einverstanden-Sein zeigt Lindner schließlich dann doch noch, als der Interviewer feststellt: „Aber die Sonne scheint nicht immer.“ Worauf Lindner immerhin die Forderung stellt, „dass wir unsere heimischen Öl- und Gasvorkommen explorieren und nutzen sollten, sowohl in der Nordsee als auch an Land“.

Wie energisch Lindner seine Forderungen nicht durchsetzt, wird auch in diesem Interview aus seiner Wortwahl deutlich: Er will „nach diesem Energiekrieg über eine Verbesserung der Attraktivität des Standorts Deutschland mithilfe des Steuerrechts nachdenken“. Nicht etwa verbessern will er die Attraktivität, sondern darüber nachdenken. Er sorgt auch nicht für eine stabile Finanzpolitik, sondern: „… dränge ich darauf, unsere Finanzpolitik nicht so expansiv anzulegen wie während der Corona-Pandemie“.

Zum Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco im Hamburger Hafen sagt er: „Das ist verantwortbar, wenngleich ich auf das damit verbundene politische Signal gerne verzichtet hätte. Wir werden für künftige Fälle darauf hinwirken, unsere gesetzliche Investitionskontrolle zu verbessern.“ Er hätte gerne verzichtet, konnte aber offensichtlich nicht; er verbessert nicht, sondern wirkt darauf hin.

Selten hat ein Mann so sehr an seiner Machtposition gehangen und dabei so bereitwillig auf die Ausübung dieser Macht verzichtet.

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Kommentare ( 47 )

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Riffelblech
2 Jahre her

Lindner ist der personifizierte politische Waschlappen ,den man an jeden Hacken hängen kann . Er erfüllt seine Aufgabe ohne Überzeugung,ohne Wissen und Kenntnis . Nur eben in seiner Funktion als Waschlappen ,den schlicht Andere benutzen . und schon ist er zufrieden.
Einen Politiker mit Herz und Verstand ,eines Bosbach, einer Wagenknecht ,einer Weidel , das sind alles Auslaufmodelle .
Heute sind Strohfeuer gefragt ,siehe Baerbock,siehe Habeck ,siehe Wißmann .
Alle ersetzbar,alle ohne politischen Nachhall ,wenn man nicht das Hohlköpfige bei ihnen findet . Aber sich gut versorgen ,das lassen die Herrschaften sich sehr wohl !

Phil
2 Jahre her

Sie scheinen es nicht bemerkt zu haben, aber der „Point of no Return“ war schon lange vor „Corona“ erreicht. Die sogenannte „Energiewende“ scheitert schon alleine bei der Stromproduktion an den Gesetzen der Physik und dies nicht erst seit gestern. Da hilft aber alle Einsicht wenig, denn Befehl ist Befehl und man geht lieber sehenden Auges in den Untergang als an diesem Ziel etwas zu ändern oder gar die Methode wie dieses Ziel zu erreichen wäre zu überdenken. Ich denke der Grund für das Versagen der transformatorischen Kräfte liegt darin begründet, dass aus politischem Zwang, (bzw. von Menschen über andere Menschen… Mehr

Klaus D
2 Jahre her

Die FDP wäre ja auch dumm denn die meisten wähler wollen keine atomkraftwerke vor der haustüre haben. Wir sehen doch was die grünen für probleme haben zb windkraftwerke. Der logik nach müßten jetzt windkraftwerke ohne ende gebaut werden aber kaum was passiert hier politisch und das weil die meisten wähler auch keine windkraftanlagen vor der haustüre haben wollen.

Rob Roy
2 Jahre her

Wir werden erst dann wieder in die Kernkraft, aber auch in fossilie Energie, einsteigen und damit unsere Energieversorgung gewährleisten, wennn die Grünen politisch vernichtet sind. D.h. auch in Landtagen keinen Einfluss mehr nehmen können. Das wird aber noch viele Jahre und einige Wahlen benötigen, bis die Menschen, die vielleicht nicht mal die Grünen direkt wählen, aber deren Agenda tolerieren, begreifen, wohin es mit den Grünen geht – nämlich nicht in eine friedliche und prosperierende Zukunft. Bis allerdings wieder Vernunft in unsere Gesellschaft einkehrt, gibt es vielleicht keine Wahlen mehr. Denn wenn die Grünen die Möglichkeit hätten, die Macht auch außerparlamentarisch… Mehr

Ms.Headlost
2 Jahre her

Ich habe gestern irgendwo gelesen das die Esken ca. 50.000€ MONATLICH erhält, von Verdienen will ich nicht sprechen! Da wird das Gehalt bei Lindner ja in der ähnlichen Höhe liegen. Wer wöllte darauf verzichten? Wir als Volk sollten dafür sorgen, das sich die Politiker nicht mehr auf unsere Kosten fürstlich entlohnen! Es ist GENUG!!!!

Frank M.
2 Jahre her

Es war doch im Grunde zu erwarten, dass die Lindner-FDP dem woken linksgrünen Kurs nichts entgegensetzen wird. Nicht ohne Grund musste die integre, intelligente Frau Teuteberg ihren Posten als FDP-Generalsekretärin noch vor der heißen Wahlkampfphase räumen.

Giovanni
2 Jahre her

Selten hat ein Mann so sehr an seiner Machtposition gehangen und dabei so bereitwillig auf die Ausübung dieser Macht verzichtet.“
Ja, dies ist eine sehr gute Beschreibung. Die Regierenden der FDP sind dermaßen machtversessen. Es ist Ihnen offensichtlich egal, daß sie nach den nächsten Bundestagswahlen, von der politischen Bühne verschwinden könnten. Bis dahin wollen sie sich noch aus dem „Futtertrog“ bedienen und bereichern.

MachiavelliNiccolo
2 Jahre her

Gegenüber diesem Mann ist jeder Pudding ein Granitstein.
Man kann nicht einmal ansatzweise irgendeine oppositionelle Haltung zu linksgrün erkennen!
Hält ihm etwa jemand von vorne nicht sichtbar eine Walter PPK in den Nacken? Oder steht er unter Drogen, so wie er dreinschaut?
Nein, ich denke er spürt nur den dicken Geldbeutel auf dem er sitzt.
Wer braucht so eine Partei?
Wer braucht so einen Politiker?
Für welche Leistung werden solche Leute vom Steuerzahler zwangsalimentiert?
Es ist nicht mehr zu aushalten. FDP kann weg!

Kappes
2 Jahre her
Antworten an  MachiavelliNiccolo

In 2023 wird es Wahlen in Bremen und Bayern geben. Wenn man den Wahlumfragen trauen kann, wird die FDP dann wohl in diesen Bundesländern (wo sie momentan vorhanden sind) „weg“ sein.

StefanZ
2 Jahre her

Was erwartet man eigentlich noch von der FDP? Nachdem die Wirtschaftsvertreter sich alle grün angemalt haben, muss auch die „Wirtschaftspartei“ der grünen Ideologie folgen. Es ist also nur logisch, dass Lindner und Co sich um die eigenen Pfründe kümmern. Eine große Zukunft hat die FDP wohl nicht mehr. Ein Scheitern der Ampel würde Lindner und Co in die absolute Bedeutungslosigkeit katapultieren. Die nächste Regierung wird ziemlich sicher Grün-Schwarz und das gelbe U-Boot wird dann endgültig untergehen. Ein Scheitern der Ampel, würde dies doch nur beschleunigen. Die Mehrheit der Wähler würde es der FDP sicher nicht danken. Die von der FDP… Mehr

Klaus Weber
2 Jahre her

Nicht nur Lindner, die gesamte FDP ist eine einzige Katastrophe für ihre Wähler! Man hat sie in aller Regel gewählt als Korrektiv in welcher Koalition auch immer. Und was haben wir bekommen? Einen Finanzminister, der aber auch jede finanzpolitische Schweinerei mitmacht. Einen Justizminister der die gesellschaftspolitischen Zündeleien von roten oder grünen Kolleg*innen, die bis zur vorsätzlichen Körperverletzung von Jugendlichen gehen, nicht nur mitträgt, sondern sie sogar anführt. Und eine kriegslüsterne Rüstungslobbyistin, die zwar keine offizielle Funktion in der Regierung hat, die aber dermaßen laut und einflussreich ist, daß einem Angst und Bange werden kann……